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r. veUa-r. virusttr-, tz. Januar I9l< < Leipziger Tageblatt. Nr. s. M«r-ra-Nmg»dr. Sette S. Eichhörnchen und fimsela. tv«« «»serar Dresdner Red «ttio«) Scha» fett ettw, Reihe »01» Jahre» find besonders «l» de» Kreise» der Obst- und Gartenbesitzer Klagen darüber lavt geworben, daß Amseln und Eichhörnchen überall da, wo sie i» erheblichen Mengen vorhanden fiwd. Schade» anrichten, »nd es find gesetzliche Mahd regeln gefordert worden, die geeignet seien, diese der be» Tiergattungen zu vermindern. Zn Petitionen, die dem Landtage 1907/08 zugingen, wurde behauptet, doch di« Amseln dort, wo sie in großen Mengen auf träte», Verwüstungen an Beeren-, Stein- und Kern obst anrichteten, auch den jungen Singvögeln nach stellte» und erwachsene Singvögel vertrieben. Ähn lichen Schaden richteten die Eichhörnchen an den Baumfrüchten an, indem sie die Knospen von den Baumfrüchten abbifien und di« Nester der nützlicl)en Singvögel ausnähmeu. Zn einem schriftlichen Be richt« der Beschwerde- und Petitionsdeputation der Zweiten Kammer vom 21. Mai 1908 (Nr. 439) wur de» diese Klagen al- berechtigt anerkannt, und beide K-Unmern haben daraufhin die Petitionen der Re gierung einstimmig zur Erwägung überwiesen. Infolgedessen hat di« Regierung mit Dekret Nr. 7 mrterm 11. November v. Z. dem Landtage einen Gesetzentwurf zugehen lassen, der die Zweite Kammer in der Plenarsitzung vom 18. November be schäftigt hat und über den jetzt die Gesetzgebungs deputation dieser Kammer durch den Abg. Frenzel sKons.) einen sehr sorgfältig gearbeiteten Bericht vorlegt. Der Bericht rekapituliert zunächst kurz die Ge sichtspunkte, die für Einbringung des Gesetzentwurfs massgebend gewesen sind, und sieht die Tendenz des Entwurfs darin, dass der Abschutz der Amseln und Eichhörnchen von einer Erlaubnis der Verwaltungs behörden abhängig gemacht werden soll. Wie weiter aus dem Bericht hervorgeht, ist das Ministerium des Innern nicht damit einverstanden, datz das Gesetz nur versuchsweise auf ein Jahr etngcfiihrt werde, wohl aber ist es bereit, im Wege der Verordnung zu bestimmen, datz die Genehmigung zum Abschutz von Amseln und Eichlwrncl-en immer nur auf ein Jahr erteilt werden soll. Die Deputation hat dabei Be ruhigung gefaßt. Es erscheint aber doch richtiger, diese Beschränkung dann gleich in den Gesetzestext auszunehmen, damit einer svstematischen Ausrottung Weser beiden Tierarten vorgebeugt wird, und man hätte erwarten sollen, datz die Deputation die Ein fügung der Worte „jeweils auf ein Jahr" in die 85 1 und 2 des Entwurfs beantragt hätte. Viel leicht lätzt sich dies übrigens noch in der Schlust- beratung des Entwurfs nachholeu, die ja bereits auf den 13. Januar angesetzt ist. Es war erklärlich, datz bei Beratung des Entwurfs die Frage an die Negierung gerichtet wurde, ob sie geneigt sei, eine Nenderung der Bestimmungen über die Abgrenzung der Jagdbezirke, über Anmeldung von Wi ldschadenvergütun- gen, über die Aufzählung der jagdbaren und nichtjagdbaren Vögel und der Vögel, di« Vogelschutz geniesten, sowie über die jetzt nicht erschöpfende Aufzählung der jagdbaren Tiere überhaupt und eine gründliä>e Reform und Kodifikation des ge samten Jagdrcchts in die Wege zu leiten. Datz diese Frage von der Regierung rundweg verneint worden ist, wird allgemeines Bedauern erregen, denn ei»e Kodifikation des gesamten Jagdrechts ist schon aus Gründen der Ueberfichtlichkeit sehr notwendig, und überdies trägt das jetzt gültige Jagdgesetz das Datum des 1. Dezember 1864, ist also durchaus nicht »ehr zeitgemäß. Immerhin wird man es verstehen, wenn die Deputation im Interesse einer raschen Ver abschiedung des vorliegenden Entwurfs von einer wei teren Verfolgung der Angelegenheit Abstand genom men hat. Ebenso wird man es billigen, daß Äe Re gierung in, Interesse des Vogelschutzes von einer Ausdehnung des vorliegenden Entwurfs auf die Stare abfehen, jedoch prüfen will, ob es sich nach dem jetzigen Bestände der sächsischen Fauna empfiehlt, gewisse Vögel dem Jagdrechte zu entziehen und da mit dem Reichsvogelschutzgesetz vom 30. Mar 1908 zu unterstellen. Die Negierung hat weiter entsprechend einem schon in der allgemeinen Vorberatung geäußerten Wunsche zugesagt, darauf achten zu wollen, daß Un - fug im Gebrauche der Schußwaffe tunlichst vermieden werde, und datz demgemäß die Erlaubnis -um Abschuß von Amseln nur vertrouenswürdigen und zuverlässigen, mit der Handhabung von Schieß gewehren vertrauten Personen erteilt werden darf. Ferner hat sich die Regierung Vorbehalten, zu bestim men, daß für gewisse Jahreszeiten Erlaubnisscheine für den Abschuß nicht ausgestellt werden. In Betracht kommen wird insbesondere die Zeit, in der die Amseln Junge haben, um diese Jungen nicht dem grausamen Tode des Verhungerns auszusetzen. Wenn freilich für die Erlaubnisscheine auch noch Gebührenfreiheit ge fordert wurde, so ging das entschieden zu weit. Wer ern wirtliches Interesse daran hat, einen solchen Er laubnisschein zu erhalten, wird ein« müßige Gebühr, wie sie gefordert werden soll, gern bezahlen. Ge- biihrenfreihoit würde lediglich zur Folge haben, daß zahlreiche nach Lage der Sache kaum oder gar nicht gerechtfertigte Anträge auf Erteilung solcher Scheine einlaufen würden. Einfacher als betreffs der Amseln liegen die recht lichen Verhältnisse betreffs der Eichhörnchen. Hier hat die Deputation der Aufhebung der Schonzeit zugesvimmt, ebenso der vorgeschlagenen Regelung, wonach die AmtShauptmannsck-aft und in Städten mit revidierter Städteordnung der Stadtrat die Genehmigung zum Abschuß von Eichhörnchen er teilen kann, wenn diese Tiere in Gärten Schaden an richten. Die Deputation hält diese Regelung für be gründet und für geeignet, den vorgebrachten Klagen zu begegnen, wie auch den Wünschen des Heimat schutzes zu entsprechen. Auch erachtet sie es für selbst verständlich, daß die -u dem Abschuß von Amseln zu erlassend- Ausführamgsbestimmung auch auf den Zlb- schuß von Eichhörnchen sinngemäße Anwendung fin den muß. Die Deputation beantragt demgemäß die unveränderte Annahme des gesamten Gesetzentwurfs nach der Vorlage. Da ein besonderer Termin für das Inkrafttreten des Gesetzes im Entwürfe nicht genannt ist, so wird es — seine sicher zu erwartende Verabschiedung durch die Kammern vorausgesetzt — mit dem 14. Tage nach Ablauf des Tages in Kraft treten, an dem das betreffende Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes in Dresden ausgegsben worden ist. zv4 7. Ausbeutung Indiens durch England. v. I.-0. Daß die Engländer ihr indisches Reich wesentlich im Interesse Englands verwalten und aus beuten. wivd den Engländern von den Eingeborenen Indiens schon lange zum Vorwurf gemacht. Neuer dings sind, wie die .Leitschrift für Soztalwissenschaft" in ihrsm Heft 11 vom Jahre 1911 feststem, wiederum zwei Tatsachen bekannt geworden, die diese Klagen zu unterstützen scheinen. Die genannte Ze tschrift teilt hierüber folgendes mit: Die indische Negierung bedarf geaenwärtig Mr Ausprägung neuer Rupien einer gewissen Menge von Silber. Die letzte Stlberausprägung fand im Jahre 1907 statt. Anstatt nun das notige Silber bei einer Firma zu kaufen, die früher mit der Lieferung beauftragt wurde, ist plötzlich die Firma Samuel Montagu L Co. herangezogen worden, die bisher noch niemals dafür berücksichtigt worden war. Als die Frage aufgeworfen wurde, weshalb die Negierung sich plötzlich an diese neue Firma gewandt habe, lautete die Antwort zunächst, daß man ein spekula tives Herauftreiben des Silbers habe vermeiden wollen, und deshalb unter der Hand lieber mit dieser Firma einen Vertrag für die Lieferuiw fest ab geschlossen habe. Indessen gewinnt die Sache einen recht unangenehmen Beigeschmack dadurch, daß be kannt wurde, der Chef dieser Firma sei der Bruder des Unterstaatssekretärs für Indien. Selbst eine Zeitschrift wie der „Spectator" meint, datz die Regie rung besser getan hätte, eine Chance für einen etwas billigeren Einkauf zu verlieren, als sich der Gefahr einer Mißdeutung auf Grund Lieser verwandtschaft lichen Beziehungen auszusetzen. Einstweilen erscheine es unglaublich, daß die Minister nicht ein feineres Ehrgefühl besäßen. Burke hat dies in ähnlichem Zu sammenhänge „die Keuschheit der Ehre" genannt. Dieser höchst peinliche Fall ist nicht der einzige solcher Art. Kürzlich hat vielmehr Mr. Touche, Mitglied Les Parlaments, in der „Morning Post" darauf hingewiesen — worum sich die öffentliche Meinung in England bisher recht wenig gekümmert hatte —, datz die gesamte indische Geschäftswelt schon seit langer Zeit schwere Klage darüber führe, daß die indische Regierung sehr große Geldsummen in Lon doner Bankgeschäften anlege, anstatt in Indien. Augenblicklich sind z. B. fast 9 000 000 Pfd. Sterl. aus dem letztjährigen Ueberschust der indischen Finanz verwaltung an verschiedene Banken und Geldgeschäfte in London ausgeliehen worden, und von der indischen Goldreserve ist mehr als 1009 000 Pfd. Sterl. kurz fristig in London verliehen, während fast 16 000 000 Pfund Sterling der Goldreserve in Papieren in Eng land angelegt sind. Dem englischen Wirtschaftsleben ist diese Be fruchtung durch indisches Geld natürlich sehr an genehm. In Indien ist man aber durchaus nicht damit einverstanden, datz das dortige Geld, anstatt auf indischen Banken untergebracht zu werden, zur Befruchtung des englischen Finanz- und Wirtschafts lebens dient. Selbst die „Times" hält diese Frage für so be deutend, datz sie eine ganze Aufsatzreihe darüber brachte. In dem ersten Aufsatz sprach ein anglo indischer Korrespondent offen die Befürchtung aus: „Lassen Sie einmal die Meinung allgemein werden, daß die Interessen Indiens weniger in Betracht ge zogen werden als die der Bankiers und Makler von London — dann können wir wohl das Ende der britischen Herrschaft in Indien erleben." Tatsächlich kn»» es «ei»«» Zweifel unterliegen, daß die Stimmung i» Indien durch diese Vorkomm nisse, die selbstverständlich auch dort bekannt werden, eine erhebliche Verschärfung erfahren hat. E» ist nicht nur das in den letzten Jahrzehnten dort stark entwickelte, gelehrte Proletariat, das diese Klagen eifrig erörtert und oft übertreibt. Auch die ruhigeren Elemente der Eingeborenen Indiens werden sich daran beteiligen. Und sicherlich werden sich ihnen viele in Indien lebende Engländer anschlteßen, deren Pflichtgefühl es nicht erträgt, daß diese» Land .zugunsten Englands ausgebeutet werde oder datz >n»ch nur der Schein entstehen könne, daß dies der Fall sei. Wenn der englische Polizeipräsident dort ein Iahresgehalt von 60 000 ein Richter des obersten Gerichtshofes sogar ein solches von 100 000 -4t er hält, so datz viele Tausende indischer Familien zu sammengenommen nicht über ein gleiches Einkommen verfügen, wenn 8 000 000 Pfund für das Pokizei- und Gerichtswesen, 20 000 000 Pfund für das Heer wesen. dagegen nur 1^ Millionen für das Unter- richtswcsen verwendet werden, so genügt allein schon die Zusammenstellung dieser Zahlen, die indische Bevölkerung gegen die englische Herrschaft einzu nehmen. Man weiß, daß die Verwendung indischer Truppen im englischen Interesse, aber auf Kosten Indiens (wie z. B. 1878 und im abessinischen Feld zug) beute nicht mehr ruhig ertragen werden würde. Auch die Swadeshi-Beweaung. die seit 1905 großen Umfang angenommen hat, hat von neuem gezeigt, datz die englische Herrschaft in Ostindien in den Herzen der Eingeborenen noch keine feste Wurzel ge schlagen hat. Wiederholen sich aber Matznahmen, wie die oben geschilderten, so könnte die Unzufrieden heit leicht einmal einen für England sehr unange nehmen Grad erreichen. Preßstimmen. Der von uns dieser Tage mitgeteilte Vorschlag des Staatsrcchtslehrers Läband, feste Matriknlar- beiträge einzuführen, begegnet vielfach starkem Widerspruch. So schreibt der „Dresdner An zeiger": „Hier werden so zahlreiche, zum Teil richtige, zum Teil recht bedenkliche Gedanken durcheinander geworfen, daß es nötig sein wird, diese wichtigen prägen demiünM einmal im Zusammenhang -u be leuchten. Das steht jedenfalls fett, Laß es nicht im Interesse der Einzelstaaten und des Charakter» des Reiches als Bundesstaats läge, feste Matrikular- beiträge, d. h. eine neue direkte Reichssteuer, die alljährlich nach Belieben der jeweiligen mehr oder weniger demokratischen Mehrheit des Reichstages erhöht werden könnt«, einzuführen. So weit, daß ein Antrag auf Festlegung der Matrttularbriträge im Reichstag oder im Bundesrat gestellt werden wird, scheint es übrigen» noch nicht zu sein, denn die „Bäurische Staatszeitung" nimmt von den Aus führungen Laband» Awar Notiz, bemerkt aber, datz sie „diese Anschauungen de» Staatsrechtslehrers von rnear als 19000 Zerrten aaertzunnte» Krattikunx8mitte1tür liörper uack bl«rv«a