Volltext Seite (XML)
Onterl^ItunL und V^issen fs s. n — 21. Zanurtp 1<ZZ2 ^SckslsettL v»)ltzi-re>t Oer Kampk um 6!e Uand8ctmrer /Vu8ZSNA Immer enner, leise leise, Ziehen sich die Leb',,'kreise. Seit der Verjagung der Mandschu-Dynastie von Chinas Thron brennt es von Zeit zu Zeit und immer wieder lichterloh in dem alten Kronland Den Mandschu-Kaisern gehörte bis zur chinesischen Revolution ein mehr als zweimal so grostes Land wie Deutschland. Sie hatten die weiten Steppen bemüht srei von chinesischer Einrvanderung gehalten. Nur schwellende Nomaden hausten dort. Dann durste Rustland seine Bahn nch Mulden bauen, deren südöstlicher Teil nach dem russisch japanischen Krieg von Japan übernommen wurde, obwohl auch Japan das Land nicht gehörte. Nach Sun Pat Sens Revolution siedelten sich .durch den Bürgerkrieg in China, und durch Räuber, Soldaten, Beamte ausgcplünderte chinesische Bauern in der Mandschurei an. Aber auch Japan interessiert« sich für das menschenarme Land. Man erinnerte sich des immer wachsenden Ueberschusjes der Bevöl kerung und vergab doch, an die Bedürsnislosigkeit und den niederen Lebensstandard der chinesischen Bauern zu denken. Man konnte nicht konkurieren. Schon eher geeignet waren die den Chinesen verwandten Koreaner, die sich auch bald nieder liehen. Aber dle japanische Regierung, der Korea untersteht, bekam es mit Disserenzen zwischen chinesischen und koreanischen Bauer» zu tun. Es gab ernste Konslikte. Nun ist wieder Krieg in der Mandschurei. Noch vor nicht langer Zett habe ich das Land dort oben besucht. Auch damals saren kleine Geseihte im Gange. Als der Zug von Korea her den breiten Paluslust kreuzte und wir mit der südmandschu- lischcn Bahn weiter ins Land fuhren, sah ich erstaunt aus die Gattung, die Geschütze schlecht gepflegt und bedient. Die Flug zeuge ohne genügend ausgebildete Piloten. Ihnen gegenüber kämpfen andere, ausgezeichnete, tadellos ausgerüstete und nach europäischem Muster ausgebildete japa nische Truppen, aus meist bäuerlicher Bevölkerung. Als die Ja paner den Bogen mit dem Gewehr vertauschten, den Kimono mit der Uniform, führten sic auch die allgemeine Wehrpflicht ein. Der Japaner ist ein Krieger seit der alten Somureizeit. Er ist tapser und patriotisch, und das Ntilitär hat noch heut« eine besondere Stellung im Staate, denn es untersteht nur dem Kaiser. Die Minister wissen wohl, dah sie mit dieser Tat sache rechnen müssen, denn nicht bei ihnen steht es. ob in der Mandschurei weiter gekämpft werden soll. Das Militär ent scheidet selbst. Ungleiche Gegner stehen sich gegenüber. Mehrere hundert- Schwindet hin, was prahlt und prunkt. Schwindet Hassen, Hassen, Lieben, Und ist nichts in Sicht geblieben, Als der letzte dunkle Punkt. rauieno annepicye Soldaten und notwendig, um gegen ein«» Minderzahl von nur einem Sechstel Japaner zu kämpfen. UnV doch ist die ganze Meli gespannt auf den Ausgang, denn da» Tor der Mandschurei wird auch von 'Nordamerika und Rutzlaich! genau beobachtet. Sie werden scharf anspassen, damit Chim» nicht vorzeitig vor Japan kapituliert und Japan nicht zuviel erreicht. dis Tx L»^,^ Wenn die kauten sterZen Ilippigen und zerrissenen Gebirge, die so verschieden von denen Koreas sind. Die weiten Steppen der Mndschurei sind mit Hirse bcslanzt und ausgedehnte Sojabohnenselder ziehen sich schier endlos hin. Wir reisen tiefer ins Land hinein mit dieser wundervoll ordentlichen, guten, schnellen, sauberen mandschurischen Eisen bahn. Svas ihr nicht alles gehört, was sie nicht alles aus ihrem jährlichen Ueberschust, besonders dem Transport der Sojabohne errieten kann', da sind OeimiiN'.» »»d «tobren» gruben und Hasenantagcn, Lagerhäuser, Dampfcrgescllschastcn, Slrastenbahncn, Gaswerke. Schulen, Krankenhäuser, Siedlun gen, Hotels. Das ist ein Erwerbsunternchmen der japanischen Negierung aus chinesisch«»» Boden, von dem auch die Chinesen Nutzen haben. Der südwestliche Ast dieser Bahn führt nach Dajren. Gegen über liegt Pekings Hasen. Tientsin, der mit seinen leeren Piers wenig Geschäftigkeit zeigt. Man lebt sein« Tage in öst lichem Gleichmut dahin. Anders Dairen an der siidmand- schurischen Elsrnlmhn. Ein Hfen voller Schisse, auch deutsche. Sie bringen deutsche Maschinen und Maschinenteile, Glas und Photoapparal« ins Land und nehmen Sojabohnen dafür in Tausch, um sie in die Welt zu tragen. Dairen, das ist wohl China, von dem der Boden dieser Stadt siir neunundneunzig Jahre gepachtet wurde, aber was hat Japan aus dem Boden gemacht! Einen Welthandelsplatz von groster Bedeutung Auf deu breiten Asphaltstrassen zwischen den weihen grossen Büro häusern, den modernen japanischen Hotels, den Autos, Trams, der japanischen Polizei sucht man vergebens, und vielleicht leider, nach einem asiatischen Bauwerk alter oder neuer Kunst. In dem vornehmen Wohnviertel aber wohnen znfluchtsuchende, chinesische Flüchtlinge, abgesetzte Generale, Gonvernenre, hohe Würdenträger, die nutzer Sehweite ihre Zeit abwarten, bis sie wieder zur Macht gelangen können. In Mulden sehen wir Truppentransporte, Nachschub und Proviant. Da gehen japanische Soldaten und tragen in kleine „hucken" verpackt Munition in die vordersten Linien. Chine sische und koreanische Lohntulis schleppen die Lasten hinterher. Nach chinesische Sanitäter, Soldaten, die Arzneikisten haben, und der „Train", der die Geschirre und Lebensmittel siir die Truppe trägt. Gefangene chinesische Infanterie, mit grossen, runden Hüten, um die Gesichter vor Witterungseinflüssen zu schützen, marschieren düster vorüber. Nicht weit von Mulden am Flusse des Liao, den man in dem jetzigen Kriege für sehr geeignet hält, um die erhitzten Streitkräfte der Japaner und Chinesen ein wenig voneinander zu isolieren und Verhandlungen anzubahnen, liegt Kin - tschau, nun Kriegsschauplatz. Von dem berühmten Berge von Noushan schaut man auf die kleine, von Mauern umgebene Stadt. Vielfältig und schwer verständlich bleibt das Leben in der Mandschurei, und es ist nicht einfach, es wirklich kennen« zulernen. In den Winkelgassen der Stadt gehen zerlumpte Chi nesen und magere Kinder und suchen Arbeit, denn cs ist später Herbst und auf den Feledern nichts mehr zu tun. Man ist arm und doch gibt es noch Romantik. Ein Stratzenhändler hält eine Zeitung in Händen. Ich mochte sie gern erwerben, denn es sind schöne Bilder darin, und bitte darum. Lächelnd reicht er sie mir — Geld — nein —. Er handelt ja nicht mit Zeitungen, aber mit Tonwaren. Dabei üehi der Mann so verschlissen und klapprig ans, aber höflich bleibt er, wie jeder Chinese. Biele Kulis Hausen, wenn sie keine Wohnung mehr haben, in Erdhöhlen; fast wie Tiere graben sie sich in den felsigen Ge birgen ein, aber sie werden sich doch eines Tages, wie säst alle Chinesen, hocharbeitcn. So füllt sich die weite Mandschurei immer mehr und mehr mit flüchtenden Söhnen aus dem Reiche ber Ritte. Das sind Chinesen, die nichts mehr zu verlieren haben und denen der Bürgerkrieg alles nahm. Können sie als tzuli nichts mehr verdienen, werden sic Soldat, nicht aus pa triotischem Gesllhl, dem Chinese» gilt nicht der Staat, aber die Jamilie alles. Soldat sein ist „Ving". Das ist niederste Kaste, tlcub die Generäle sind meist einfachster Herlunst. Sie eigne» sich die nötige Bildung an und umgeben sich mit Beratern, die äludemiker sind und verschiedene Sprachen sprechen, oder mit Ingenieuren, di« Arsenale verwalten können. Die Ausrüstung der chinesischen Truppen, die oft monate- lung keinen Sold erhalten, ist ungleich, meist eine graue Leinenuniform von europäischem Schnitt, am Futz den leichten chinesischen Halbschuh aus Stoff. Die Soldaten tragen die Ge wehre. wie es Ihnen gerade patzt Die Waste» sind verschiedener Wieder meldete der Telegraph in diesen Tagen aus fast allen deutschen Gauen das Steigen der Fluten, und in mehre ren Gegenden Deutschlands durchbrachen die leistenden Hoch wasser die schützenden Damme, alles llberslulend, zerstörend, mit sich fortreistend. Viele beklagen den Verlust ihres Obdachs, ihres Eigentums, und auch Menschenleben forderten die Natur gewalten. Wer nicht selbst einmal eine Hochrvasserkatastrophe erlebt hat, kann sich nur schwer ein Bild machen von dem Vernich tungswerk der Fluten, die stündlich steigen und immer mehr an Gewalt zunehmen. Heute noch trägt der Fluh seine Wasser in ruhiger und gleichmästiger Bahn zu Tal. Da plötzlich schlägt das Wetter um. Aus frostiges Schneewetter folgt ein vor zeitiger lauer Frühlingstag. Die Menschen, die am Strom wohnen, schauen ängstlich diesen Wandel der Temperaturen. Sie wissen, was für sie auf dem Spiele steht. Auch den nächsten Tag hält die milde Witterung noch an. Die Folge ist. dast im Gebiet des Oberlaufes des Stromes die graste Schnceschmclze einsetzt. Die Gebirgsbäche, die vor ein paar Tagen nur als dünne und durchaus gutmütige Rinnsale zu Tal eilten, schwellen zu reistenden Fluten an. Eie crgichcn ihre Wassermasjen in die Nebenflüsse des Stromes, der — aus vielen hochgchcnden Flutzläusen gespeist — die Wogen nicht so schnell ins Meer tragen kann. Die Folge ist ein ständiges Steigen des Lstasjer- standes. Nun beginnt der Telegraph zu arbeiten. Stündlich jagen sich die Depeschen, die in Zahl?» die wachsende Gcsahr anzcigen. Die Menschen stehen an den Kaimauern und sehen zu. wie das LBasser einen Zentimeter nach dem anderen höher emporleckt. Jetzt reicht es schon säst bis zum Rande. Einzelne Wellen schlagen schon Uber die Mauer hinweg und spülen über den Fahrdamm. Hunderte von Händen arbeiten fieberhaft in den umliegenden niedrigen Stratzenzügen, um die Keller und Unter geschosse zu räumen. Dann brausen die Fluten in die Stadl herein, schmutziggelb und schlammig, ergiesten sich in die Keller, in die Lagerschuppen des Hafens, in die Wohnungen zu ebener Erde und liegen hier ruhig und breit und faulig, während der Strom rveiter wachst und anschwillt. Die Menschen haben sich in die oberen Stockwerke geslüchtet und sitzen hier in ihren Stuben und warten . Boote bringen ihnen das Notwen ¬ digste zum Leben durch die Fenster, Kraute iverdcn in höchster Gefahr aus dem gleichen Wege rreggeschasji. Und wenn dann vielleicht nach Wochen die Wasser zuriickgehen, lammen die Menschen in ihre verwüsteten Behausungen, die voll stinkigem Schlamm und Sand und Unrat sind. * Dah eine solche Katastrophe graste Menschenopfer gesordert hätte, ist in Mitteleuropa in den letzten Jahren dank der durch weg wohlorganisicrtcn Abwehrmastnahmen nicht mehr zu ver zeichnen gewesen. Die letzte graste Wasjerkatastrophe erlebte Europa im vergangenen Jahre, im Februar 1!M, in Rumä nie». Das mächtige Delta der Donau kurz vor der Mündung war in seiner ganzen Ausdehnung zugesroren. Von Osten her, von Rustland, wehten Eiswinde herüber, die das Gefrieren der trägen MUnduttgsslitten noch beschleunigten. Da wurde aus Europa der Einfall einer milden Witterung gemeldet. Die Einwohner der unterhalb der Mündung liegenden Stadt Valkov zitterten in dem Gedanken an die Gcsahr. die ihnen drohte. Das Unheil nahm seinen Laus. Im Gebiet der oberen Donau begann die Eisschmelze. Der Flust wuchs und wuchs, und die Einwohner von Valkov sahen erschreckend die steigen den Fluten. Die Eisschicht vor der Mündung war so dick, dast die Wassermasjen sie nicht durchstosten konnten. So stauten sich die Wogen unterhalb der Stadt Valkov und die Folge war, dast die Donau in wenigen Stunden sämtliche Strastenzüge Meter hoch ausfllllte. Die Menschen fanden nicht einmal Zeit, zu fliehen. Sie zogen in die oberen Stockwerke ihrer Häuser und sahen sich hier ringsum von den drohenden gelben Fluten des Stromes cingeschlosscn. Am 1,1. Februar ivar die Katastrophe üb«r sie hereingebrocheu. Sie sandten sofort ein drinaendes Telegramm an sie Regierung in. Bukarest, Sa» lautete: „808! Die Masjermasscn in den Kanälen heben sich vor« Minute zu Minute. Die Eismassen gestatten dem Wasser keine« freien Ablauf. Es droht uns die Vernichtung. Sendet sofort Eisbrecher!" Wären die Eisbrecher, die in diesem Telegramm angcfor- - werden, rechtzeitig zur Stelle gewesen, so hätte die letzte Katastrophe vermieden werden können. Sobald eine Rinn« t» das Eis gebrochen worden wäre, wären dir Hochsluten in» Meer abgeslosjen. Aber die Eisbrecher kamen zu spät. Immer höher stieg das Wasser in den Häusern. Die Menschen hatten sich schon auf die Dächer gefluchtet und warteten stündlich, von den reistenden Fluten ersatzt und in den sicheren Tod gerissen z» werden. Eine Stunde nach der ersten Depesche sendet der be drängte Ort einen zweiten und letzten Hilferuf an div nächste Mililärstation: „808! Die Stadt ist von den schmutzigen Wellen über, flutet. Eisbrecher sind noch immer nicht erschienen, tzOstit Menschen sehen dem Tod ins Auge!" Dann zerstörten die Fluten die telegraphischen Leitungen und die Welt blieb im Ungewissen über das Schicksal der Be völkerung von Valkov. Ausgesandte Flugzeuge waren dann Augenzeugen der Verzweiflung, die in dec Stadt ausbrach. Unbarmherzig forderten die entfesselten Elemente ihre Opjer. Ueber HMtz> Menschen mutzten in den Fluten ihr Leben lassen. Gegen die zuständigen Behörden erhob sich spater der Vorwurf, sie hätten die drohende Gefahr früher erkennen und rechtzeitig durch Eisbrecher siir einen ungehinderten Abslutz der zu er wartenden Wnsjermengen sorgen müssen. Hundertmal grausamer und unerbittlicher aber wüteten di« Hochwasjerslnten im Sommer des vergangenen Jahres i n Chin a. Das war wohl die grösste und furchtbarste Kata strophe, die die Welt überhaupt in den letzten Jahrhunderten erlebt hat. Das Unglück begann damit, dast der Pangtse-Flust über die User trat und die Lande überflutete. Die Wasser er gossen sich in das Gebiet von Han tau, dessen Einwohirer flüchteten oder aber in den Wellen umtamen. Um das Un heil zu vervollständigen, brach dann noch eine Unwetter katastrophe über das ohnehin schon aufs äusterste gefährdete Land herein, ritz die Häuser und Stätten ein, aus deren Dächern die verängstigten Menschen ihr End« erwarteten. Ein Wirbel sturm verwüstete die letzten ganz geblielienen Dämme. Ganze Provinzen wurden in wenigen Tagen meterhoch unter Wasser gesetzt. Die Städte und Dörfer brachen zusammen und über lieferten ihre Einwohner dem Wassertod. Als dann die Fluten zurückgingen, trat eine neu« Gefahr auf. Es war der Negierung nicht möglich, in die verwüsteten Gebiete genügend Lebensmittel zu senden. Tausende und Aber tausende starben elend den Hungertod. Dann bra«l>en die Seuchen aus. für deren wirksame Bekämpfung wiederum die Mittel fehlten. In dem Schlamm, den die zurückgchenden Wasser hintcrliesten — Hunderttausend« unbeerdigte Leichen und Tierkadaver lagen ringsum — brannte die Sonne und bil dete jene PestliH, die die Seuchen begünstigte. Hier wirksam« Hilfe zu bringen, hätte cs einer Hilfsaktion der ganzen Welt bedurft. Doch die Welt schwieg. 'Nur hier und da un gehörte Tiers,übe. die Weltöffentlichkeit aufzurufcn. So starben in China — nach der ossiziellcn Schatzung rund z w e «Milli» n e n M e nsche n durch die Fluten, durch Hunger und durch die Seuchen. Mehr als zehn Millionen Menschen verloren autzerdem ihr Obdach und ihr gesamt«» Hab und Gut. » wine an Ausdehnung säst gleich groste Katastcophe «rlebiea die Vereinigten Staaten im Jahre l!>27, al» der Mississippi, der Erde grösster Strom, über di« Us«r trat. Wenn auch diese llebersckrwemmung nicht annähernd soviel Mensck-cnlebe» forderte, wie di« chinesische Kaiasiroiche. s«