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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.12.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111227021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911122702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911122702
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-12
- Tag 1911-12-27
-
Monat
1911-12
-
Jahr
1911
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wie man ja sehen konnte, Tür und Tor ««öffnet, schien nur den Deutschen wirtschaftliche Privilegien zuzugestehen, zum Schaden der Engländer, Rusten ulw., und erlaubte wegen der weitergeltenden Älgecirasakte jederzeit internationalen Einspruch. Um Algerien« willen musste Frankreich aber Marokko in seinen Besitz bringen, gerade so wie «» Tuni« in seinen Besitz gebracht hatte. Dieses Resultat sicherte der Vertrag von 1911. Außerdem wird von einigen Kommissionsmitgliedern behauptet, daß schon di- früheren Abmachungen mit Deutschland über da« Gebiet der R Goko-Sangha Gesellschaft dem Rachbar reich gewisse Anrechte aus den Kongoteil gab. der fetzt tatsächlich abgetreten wurde. Andere Kritiker de» Oberhauses werden fragen, warum da« Geheimabkommen mit Spanien vom 16. Mai 1907 toter Buclfftabe blieb. Es lautete: „Falls neue Umstände eintreten sollten, die nach Ansicht der französischen Regierung den gegenwärtigen territorialen Stalusguo in Marokko verändern könnten, würde diese Regierung mit der katholischen Majestät in Verbindung treten, um, wenn wünschenswert, gemeinsame Mas,' regeln zu treffen." Die Kommissäre sagen mit Recht, da« nach diesem Vertrag kein Abkommen ab» geschlossen werden konnte, das Frankreich das Pro tektorat über Marokko zugesteht, bevor nicht Spanien darüber befragt war. Die Herren Senatoren werden viel zu diskutieren haben! Nach dem die französische Diplomatie so lange der deut schen Unaufrichtigkeit vorgcworfen hatte, ist's an der Zeit, ihr einmal öffentlich zu zeigen, wer da, Beispiel der Vertragsverletzungen ge« geben bat! Ueber dl« erste Kommifftouositzung liegt folgender Bericht vor: Pari«, 27. De». 2n der Senatskommijsion zur Beratung des deutsch-französischen Abkommens gab de Selves gestern eine Darlegung der ver schiedenen Verhandlungen von 19lL. und erinnerte daran, dass diese Verhandlungen kein end gültiges Uedereinkommen gezeitigt hätten. Der Minister beleuchtete das englisch-französische Ab kommen von 1904 und antwortete auf die Fragen verichiedencr Mitglieder mit der Erklärung, es bestehe bezüglich Marokkos keine andere Ab machung zwischen Frankreich und England, als da» in den geheimen Artikeln bereits veröffentlichte, de Selves sprach über den Geist der Verhandlungen und die Korrespondenzen, welche die Tragweite des Abkommen« von 1904 zwischen Frank reich und Spanien festietztcn. Nachdem de Selves die Periode des Abschlusses der Akte von Algeciras und die Bestimmungen dieser selbst kurz oestreist hatte, schnitt er die Frage des französisch- deutschen Avto nmens von 1909 an. indem er die politisch in'b wirtschaftliche Tragweite des Ab- kommens näher entwickelte. Nacheinander sprachen sich Caillau». de Selves und Pichon noch weiter über diese Frage aus. besonders über die Eisenbahnen. Nach den Ausführungen verschiedener Mitglieder der Kommission ging de Selves aus die Frage des Marsches nach Fez und auf die Verhand lungen, die hierüber mit Deutschland gepflogen worden sind, über. An der Hand zahlreicher Schrift stücke suchte er die Notwendigkeit dieses Zuges darzulegen. — Die Kommission wird am Donners tag die Beratung sortsetzen. Heber die vom Ministerpräsidenten vor der Senats kommission abgegebenen Erklärungen wird noch ge meldet, der Ministerpräsident habe sich insbesondere bemüht, den Nachweis zu erbringen, daß das deutsch- iranzösijche Abkommen von 1909 nicht nur unwirk sam geblieben sei, sondern sogar wiederholt Beschwerden hervorgcrufen habe, die die franzö sische Regieruna nicht hätten gleichgültig lassen können. So habe seinerzeit England, weil es in der geplanten Marokkogesellschaft für öffentliche Arbeiten nur einen Anteil von 7'/, Prozent erhalten sollte, Einspruch erhoben. Bezüglich der N'goko-Shanga-Angeleaenhcit bemerkte der Ministerpräsident, daß diese bei dem Abkommen vom 4. November niemals eine Rolle gespielt habe. Herr von kiderlen - Wächter habe dem Botschafter Cambon erklärt, das- diese Angelegenheit von der deutschen Regierung lediglich als eine private angeiehen worden sei. Ter Minister de? Acusiern de Selbe? Ankerte ferner: Es war einen Augen! lict zwiscben Frantreich und Deutschland die Rede von den Ilnternebmuiigen der internationalen c^ e s e 1 t f ch a f t, d'c sich insbesondere mit dem Bau von Eise n b a h n e n in Marokko befasste. Tie Gesellschaft bestand da mals au« .'>0 Prozent Deutschen, 7 Prozent Eng ländern nnd 13 Prozent Franzosen. Deutschland iprach den Ännsch aus, Frankreich möchte dieser Gesellschaft in keiner Weise Konkurrenz machen. Trotzdem schien es, all ob diese? Ucbercinko»linen zustande kommen wurde Al« dann aber Ernppi daS Portefeuille des Auswärtigen übernahm, glaubte er, diesen wirtschaftlichen Plänen und Vereinba rungen nicht zusnmmen zu dürfen, die im Sinne seine? Vorgänger? Pichon daS Nebereinkommen von 1909 vervollständigen sollten und die namentlich den Bau der Linien von Oran und Casablanca nach Fe» zusicherten De Selves gab dann eine kurze Uebersicht der Besprechungen zwischen Kiderlen-Wächter und Cambon bezüglich de, Marsche» au' Rabat. Als Cambon gefragt habe, ob Deutschland fick» diesem Marsche wider setzen tverde, habe Kiderlen geantwortet: „Im wesent lichen nicht unter der Bedingung, daß die Fran zosen nicht in Rabat bleibe n." Als Kider len weiter bemerkte, daß sie dann auch nach Fe» marschieren mühten, bestritt Cambon die» anfangs, gab dann aber zu, bah die Ereignisse und auch die Bitten des Wachsen sie vielleicht zwingen würden, diesen Maricb zu vollenden, indem er hinzu fügte, daß sie nicht in der scherifischen Hauptstadt bleiben würden. Kiderlen wollte daS nicht glau ben und bemerkte, das wäre ohne Beispiel. Weiter wird noch über die Sitzung der Kommission berichtet: Bei der Erörterung des Marsches nach Fez wandten sich mehrere Mitglieder an den früheren Ministerpräsidenten Monis mit der Frage, in welchem Augenblick dieser Marsch beschlossen worden sei. Monis erklärte, dasz er sich dessen nicht mehr genau erinnere und daher keine bestimmte Antwort geben könnte. Der Ministerpräsident regte an, man möge Cruppi befragen, der damals Minister des Aeußern gewesen sei. Die Kommission lehnte dies jedoch ab. Ein Mitglied meinte, es sei überflüssig, Zeugen zu vernehmen. G Reue deutsch-französische Unstimmigkeiten? Wie au« Pari» gemeldet wird, glaubt der „Figaro" da» unverbürgte Gerücht verzeichnen zu sollen, dah bei der Auslegung des Marokkovertrages bereit» dir ersten Schwierigkeiten mit Deutschland aufgetaucht sein sollen. Deutschland erhebe An spruch auch auf die Inseln des Kongo stromes, soweit er an den abgetretenen Teilen des Kongoaebieis vorbeifliesst, während Frankreich die Auffassung hatte, das, diese Inseln ihm geblieben seien. Ferner soll Deutschland für die Sprtze der beiden Fühlhörner, die an den Kongo und an den Sanaha reichen, eine Breite von 30 Kilo metern in Anspruch nehmen, während man sranzösischerseits nur an wenige Kilometer ge dacht hatte. Nach der deutschen Deutung würde das von den beiden Fühlhörnern eingerahmte Stück französischen Kongo» vollkommen vom übrigen Kongogebiet abgesrknitten sein, während man in Frankreich geglaubt hatte, das, zwischen diesen Gebietsteilen immer noch eine Verbiirdung bestände. „Figaro" fragt, ob dieser Gegensatz der Meinungen vom Haager Schiedsgericht geschlichtet oder zu ferner Lösung ein besonderer Schieds richter auqerusen werden soll. / » Ser Krieg um Tripolis. Tie Kriegslage in den nunmehr nahezu ein .Vierteljahr währenden Kämpfen zwiscl^n Türken und Italienern um Trivolio ist noch immer un verändert. Vor Tripolis scheint während des Wcib- nachtSsesteS vollständige Waffenruhe geherrscht zu haben. Nur in Benghasi hat, wie schon in der heutigen Morgennummer gemeldet, am 1. Feiertag ein Vorstoss der Türken gegen die Befestigungen statt- gefunden. Weitere Nachrichten besagen: 140 000 Mann italienische Truppen mobilisiert. In römischen militärischen Kreisen verlautet, hast die Gesa mtkriegS stärke der Italiener im tripolilanisckwn Feldzuge 140 000 Manu beträgt. Davon stehen in Tobruk 5000 Mann, in Homs 5<X)O Mann, in Benghasi .10 000 Mann, in Terna 30 000 und in Tripolis 50 000 Mann. In Italien stehen noch weitere 20 000 mobilisierte Truppen in Reserve, während die Friedensstärke des stehenden Heeres nicht eingerechnet ist, die 250 000 Mann beträgt. Türkische Verstärkungen für Rhodos. Konstantinopel, 27. Dezember. Die türkische Regierung hat Nachrichten erhalten, denen zufolge die italienische Flotte einen Handstreich auf Rhodos plant Da die Insel durch ihre große funken- telcgraplnsche Station von außerordentlicher Aichtigke it für die Türkei ist, so hat die Mili tärverwaltung die sofortige Verstärkung der schwachen Garnisonen aus Rhodos angeordnet. ES ist ihr gelungen, in den letzten Tagen unbemerkt zweitausend Mann anatolisclw Truppen in Fischer barken nach Rhodos zu senden. Neue Ausrollung der Dardanelleusrage. Konstantinopel, 27. Dezember. Einer Meldung der Pforte zufolge hat Rußland abermals in der Dardanellenfrage sondieren lassen, diesmal mit der Begründung, das, die italienische Flottenaktion nahe bevorstebc und dadurch die türkiscl>c Politik eine Schätze üer Lyrensiks. Erst kürzlich meldeten italienische Telegramme von einer Auffindung eitles prachtvollen altrömi schen Mosaikbodcns in einer der Tripolis benach barten Lasen, und inan sprach davon, daß dieser un erwartete archäologische Fund kämpfender italieni scher Soldaten zu den schönsten antiken Kunstwerken gehöre, die einer späten Nachwelt durch Forschungen oder Zufall wieder geschenkt wurden. An diesen Fund ankniipfend, hat Pierre Le Vassor den bekann ten französischen Archäologen und Forscher Salomon Reinach ausgesucht, und der Gelehrte gab dabei einen interessanten Ueberblick über die prachtvollen Kunst schätze, die in den letzten Jahrzehnten in der Cyre- naika und in Tripolitanien gesunden worden sind und heute eine Zierde europäischer Museen bilden. „Der jüngst« Fund der italienischen Soldaten", so äußerte sich Reinach. „hat gewiß sein Interesse, aber man hat schon früher speziell in der Cnrenaika so prachtvolle Kunstschötze gefunden, daß diese neue Entdeckung zweissellos vor d«n früheren verblassen muh." Zu Beginn der sechziger Jahre haben zwei Offiziere der britischen Armee in der Tyrenaika um fangreiche Ausgrabungen veranstaltet, die wahre Wunder römischer Bildhauerkunst zurage förderten. Di« beiden Offiziere, der Hauvunann R. Murdoch Smith und der Kommandant E. A Procher. Iahen ihre Mühe mit reichen Funden belohnt, die meistens au« der Zeit von 80—100 n. Ehr. stammten. Dar unter befanden sich vorzügliche Kopien altgriechischer Bildwerk«, wie überhaupt das Land zur Zeit der römischen Besetzung besonders reich mit Kunstwerken auvgeschmückt worden fst. E« gab ein« Menge präch- tiger römischer Landhäuser an der nordafrikanischen Küste, und in allen diesen vornehmen Ville« fanden eine Fülle von Kunstwerken eine Heimat. Eine, der bedeutungsvollsten Stücke, die damals gefunden wurden, bildet heute eine Zierde de» Britischen Museums: ein leierschlagender Apoll, der kunst voll au» 120 Fragmenten zusammengesetzt ist. Es bandelte sich dabei offenbar um die ReplH eines älteren berühmten Kunstwerkes, denn im römi' schen Kapitol Museum und auch in Neap«l finden wir Statuen, die mit diesem Apollo in vielen Einzel heiten übereinstimmcn. Die leider abgeschlagene linke Hand de» Gotte» schien in di« Satten der Lyra zu greisen, um den sich «ine Schlange ringelt, die den Klängen zu lauschen scheint. Die Behandlung des Körpers ist ausgezeichnet, eine wundervolle Harmonie der Proportionen liegt über dem Ganzen, nur die etwas schwere und harte Gewandbehandlung deutet auf eine spätere Nachahmung hm. Ein Meisterwerk römischer Plastik aber ist die ebenfalls bei Cyrcne aufgefundene kleine Statuette der Aphrodite Euploia, der Beschützerin der Reisenden. Leider ist auch dieses kleine Bildwerk zum Teil verstümmelt, wie fast alle in der Eyrcnaika aufgefundenen antiken Statuen: cs scheint, dai, die Araber bei der Eroberung des Landes die römischen Kunstwerte systematisch vernichteten. Aber trotzdem hat diese Aphrodite ihre Anmut nicht verloren, das Werk ist von einer bezwingenden Rein heit der Linien, von wundervoller Eleganz der Be wegungen. die sanft gekrümmte Rückenlinie wirkt wie Musik, so daß man dieses Stück unbedingt zu den Meisterwerken römischer Bildhauerkunst zählen muß. Sehr interessant fft ein römischer B r o n z e k op f. der offenbar das Porträt irgendeine» erotischen Fürsten, eines Königs von Numidicn oder Mauretanien, dar stellt, denn die Gcsichtssormen weisen in Einzelheiten aus die schwarze Rasse hin. Die Arbeit zeigt eine überraschende Naturtrene, die sich auch in der Be handlung der Haare und des Bartes auvprägt und die Hand eines geschickten Meisters verrät. Die Augen höhlen waren früher mit einer glasartigen Malle gefüllt, von der man jetzt noch Ueberreste sieht, wäh rend die Lippen mit Silderplättchen belegt waren. Aus tripolitanischer Erde stammen auch ein sehr schöner Eros, ein Bacchus und zahlreiche andere kleinere Stücke. Aber damit ist die Liste der hervor ragenden antiken Kunstschätze, die wir jener Region Nordafrikas verdanken, keineswegs erschöpft. Noch kurz vor Beginn des Kriege», seit Oktober 1910, hat eine amerikanische Million in der Cyrenaika neu« Ausgrabungen veranstaltet, die außerordentlich interessant« Ergebnisse hervorbrachtcn. Dabei fand man auch ein riesenhafte« Haupt der Palla», da« merkwürdigerweise durchlöcherte Ohren aufwies. Es scheint, als ob der Kopf in alten Zeiten mit Ohr ringen geschmückt wurde. Erst vor kurzem hat da« amkillanische archäoloqijckfv Institut in einer kurzen Broichure «inen Ueberblick über die Fülle von Funden aegebcn, die bei dieser jüngsten Ausgrabung au« Tageslicht gekommen find. Ein ganz eigenartiges Stück darunter fft eine un gewöhnlich schöne Gestalt der Waltwöttin, «in herr liches Meisterwerk griechischer Plastik. Der Kopf der Wendung nehmen könnte, gegen deren Folgen sich Rußland vorsehen müsse * ' Die türkische Vrrfaffunflskrisis. Konstantinopel, 27. Dezember. (Tel.) Um zu einem Einvernehmen zu gelangen, macht« di« Partei der liberälen Entente ein neue, Zuge ständnis und erklärte, im Prinzip dem Ver bleiben Said Paschas unter der Bedingung zu zustimmen, daß kein Mitglied des Kabinett» Hakki Pascha in das neue Kabinett eintrete und daß die Abänderung des Artikels 3.5 der Derfassmia zurück gezogen werde. Die jungtürkische Partei beschloß, auf der Aenderung des Artikels 35 zu be stehen, sie verwarf auch die Bedingungen be züglikb des neuen Kabinetts und beschloß, darauf zu bestehen, daß dem Großwesir Said Pascha volle Freiheit in der Wahl der Minister belassen werde. Der Abbruchder Verhandlungen wird deshalb jetzt als sicher angesehen. Es verlautet, 30 Abgeordnete der Majorität hätten ertlürt, sich zurückzuziehen, falls die Partei auf der Abänderung des Ärtitels 35 bestehen sollte. Der Ministerrat beschloß, in der morgigen Kammerlitzung die Abstimmung über die Abänderung des Artikels 35> zu verlangen. Die Opposition beabsichtigt, zu obstruieren, um der Majorität Verlegenheiten zu bereiten, weil zur An nahme oder Ablehnung der Abänderung eine Zwei- drittel-Majorität notwendig ist. Konstantinopel, 27. Dezember. Wie verlautet, befindet sich der Sultan in einer starken see- lischen Depression, die hervorgerufen ist durch das Drängen der Komiteepartei und der Oppo sition, di« Frage der Abänderung der Verfassung in ihrem Sinne zu lösen. Dieser Zustand des Sultans datiert seit einer Woche und gibt sich in heftigen Weinkrämpfen kund. Oie Revolution in Shins. Die Friedenskonferenz richtet an den Thron das Ersuchen, seine Zustimmung zum Zu sammentritt einer zahlreicheren und mehr repräsen tativen Konferenz-zu geben, die ermächtigt sein soll, über die Regierungsform zu entscheiden. Wie cs heißt, hat Puanschikai diese Botschaft dem Throne unterbreitet, aber ihre A b le h n ung an geraten. Dr. Sunyatsen in Schanghai. Schanghai, 27. Der. (P. C.) Der geistige Führer der chinesischen Revolution Dr. Sunyatsen ist an Bord des englischen Dampfers „Devanhoe" hier eingetroffeu und hat sich sofort an Land beaeben. Während der Fahrt von der Anlege stelle nach dem Lande, die er in einem Segel boot unternadm, wurde dieses von zwei Kriegs schiffen der Revolutionäre begleitet. Dr.Sunyatsen bestieg ein an der Landungsstelle bcreitsteheudes Automobil und begab sich nach Wutinq-Fang, von zwei Schwadronen revolutionärer Kavallene begleitet. Dort wird er die Antwort Puanschikais erwarten. Mißstimmung unter den Revolutionären. Paris, 27. Dezember. (Tel.) Wie der „New Pork Herald" aus Schanghai meldet, herrscht durch die Einnahme der Stadt Tai-Puen-Fu durch die Kaiserlichen unter den Revolutio nären große Erbitterung. Auch ist man durch die Verzögerung der Antwort Puan schikais im revolutionären Lager sehr miß gestimmt. Die Revolutionäre haben zu Puan- . schikai kein Vertrauen mehr, da der Waffenstillstand durch die Kaiserlichen in gröbster Weise verletzt worden ist. Sie verlangen, daß sich die Kaiserlichen wieder aus der Stadt Tai-Puen-Fu zurückziehen und daß die Offiziere der dort stehenden Truppen streng bestraft werden sollen. Ferner haben die Revolutionäre Puanjchikai wissen lassen, daß sie nicht mehr lange auf seine Rückäußerung warten würden und unverzüglich Dr. Sunyatsen zum Präsidenten der Republik China ausrufen lassen würden. Der bisherige Oberstkomman dierende der Republikaner, Huang Shin, hat zu Gunsten Li-Han-Hungs abgedankt. Dr.Sunyatsen erklärte, keinerlei Ehrgeiz auf den Präsidentenstuhl der Republik China zu haben, er wolle sich viel mehr mit dem Posten, der ihm von den Revolutio nären in der neuen Republik angeboten würde, voll und ganz zufrieden geben. 4t Japanisch-englische Intervention in China. Schanghai, 27. Dezember. (Eig. Drahtber.j Den revolutionären Führern ist unter der Hand von den Vertretern Großbritanniens und Japans er klärt worden, da» diese Mächte die gegenwärtige chinesische Regierung in ihrem Kampf gegen die Rebellen unterstützen würden, falls die Friedensverhandlung nicht in kurzer Zeit beendigt würden. Die beiden allierten Mächte haben in Peking sowohl wie in Schanghai vorge schlagen, daß die neue Regierungsform >m Reiche der Mitte die einer konstitutionellen Monarchie mit großer Beschränkung der Prärogative des Thrones werden joll. Puan jchikai hat sich bereit erklärt, diese Bedin gungen anzunehnren und auch unter den Revo- lutionssührern namentlich des Südens macht sich große Neigung sür diese Regierungsform geltend. Da jedoch die Führung der ganzen Be wegung vorläufig in den Händen des radikalen Flügels liegt, sind vorläufig wenig Aussichten auf Friedensichluß vorhanden. Sowohl den Revolutio nären wie Puanschikai ist ferner von den Groß mächten erklärt worden, daß keine der beiden Par teien auf finanzielle Hilfe zur Forsetzung des Kriegs zustandes zu rechnen habe. Perliens llnterwerlung. Die persische Regierung hat sich, wie bereits ge meldet, den russischen Forderungen bedingungslos gefügt und das Parlament au gelöst. Mit diesem Schritte hat ein Jahrtausende altes Reich daraus verzichtet, in der Weltgeschichte künftighin noch eine selbständige Rolle zu spielen. 2n Petersburger unterrichteten Kreisen spricht man bereite von einer Wiedererrichtung der Regentschaft Mohamed Airs — unter rmsischem Protektorat. Die Nachricht von der bedingungslosen Annahme des russischen Ultimatums kommt immerhin einigermaßen überraschend. Wenn man auch init der Demission Shuslers rechnen mußte, so zweifelte man doch noch an der Erfüllung der werteren Forderung, datz Persien von nun ad nur noch Ratgeber wähle, die ihm Rußland oder Eng land vorichlägt. Auch die finanzielle Seite der „Kon- fliktslöjung" bedeutet für Persien die Abhängigkeit von Rußland, da in den russffchen Forderungen die Entschädigung iür oie rujsiiche Mobilisierung ent halten ist. Wie diese Summe von Persien bezahlt werden kann, ist noch rätselhaft, aber Rußland und England werden einen Weg finden, ihre Wünsche in dieser Beziehung mit anderen ersüllt zu sehen. Das Vorgehen Rußlands erhält jetzt nock den Schein des Rechts durch die Ueberjälle, die sich Perser an der Nordgrenze ihres Landes russischen Truppen gegen über zu schulden kommen kaffen. Daß die persische Regierung nicht imstande ist, diese Ausschreitungen zu verhindern, bedeutet wohl die angenehmste Be gründung, die Rußland für fern Vorgehen in Anspruch nehmen kann. Aus Täbris werden weiter heftige Kämpfe zwischen Ruffen und Persern gemeldet: Aus Djulfa sind zwei Kompanien russische Schützen nach Täbris abgegangen, um den Wider stand der Fidais niederzuwersen. Die Kämpfe in Täbris dauern noch fort und auch das Eintreffen der ersten russischen Truppen konnten die mit dem Mute der Verzweiflung kämpfenden persischen Patrioten »licht entmutigen. 2m Gefecht bei Enzeli wurden 15 Perser und ein russischer Offizier getötet. In den Straßen, kämpfen in Rescht erlitten die Perser große Verluste. Die Nacht vom Montag zum Diens tag verlief ruhig. Russische Berstärkung sür Täbris. Die Kampfe in Täbris bildeten, wie aus Peters burg gemeldet wird, den Hauptpunkt der Beratungen, die um Montag zwischen Sassonow und dem Ministerpräsidenten Kokowzew stattfanden. Es wurde beschlossen, sofort 2500 Mann russischer Truppen nach Täbris zu entsenden und die Stadt streng für den Ueberfall auf russische Truppen zu bestrafen. Man ist allgemein der Ansicht, daß die persischen Wirren mit der Wiedereinsetzung des vertriebenen Schahs Mohammed Ali unter dem Protektorats Rußlands endigen werden. Täbris, 27. Dezember. (Meldung der Petersburger Telegraphen - Agentur.) Der Gouverneur von Täbris, ein Beamter des Auswärtigen Amts und der Obermnllah haben sich in das russische Ge neralkonsulat begeben, um Verhandlungen anzuknüpfen. Vom Endpunkt der Täbriser Chaussee am Adjitschai ist Eewehrfeuer zu hören; vermutlich ist dort die Kopfkolonne der ungeduldig erwarteten russischen Hilfsabteilung eingetroffen. Sine russische Darstellung der Vorgänge. Petersburg, 27. Dezember. Bei dem Minister des Aeußern ist ein Telegramm eingelaufcn, in dem Statue ist leider abgeschlagen, aber der Rumpf zeigt eine Schönheit der Formen, di« auf den ersten Blick das Werk eines großen Künstlers erkennen lassen. Das prägt sich im einzelnen auch in der Behandlung des ltzewandes aus: die Gestalt ist schreitend dar gestellt, und im Gehen fließen die Falten um die Glieder der Göttin. Das Werk zeigt eine auffällig« Aehnlichkcit mit der berühmte» Siegesgöttin non Samothrace. die heute eiu Schmuck des Pariser Lounrc Museums ist. Die Zeitrechnung üer «krügelchichre. Seit die Geologie zu einer Wissenschaft geworden ist, hat inan auch danach gestrebt, das Alter der Erde und die Zeiträume ihrer Entwicklung abzuschätzen. Daß man auf eine annähernde Genauigkeit zunächst nicht rechnen könne, war den Gelehrten von vorn herein klar, und nur Geister minderen Ranges haben sich dazu verführen lassen, das Alter der Erdgeschichte mit Sicherheit auf Jahrhunderte oder gar noch ge- «rauer« Ziffern berechnen zu wollen. Charles Lyel, der für di« Begründung der Geologie ungefähr die selbe Bedeutung erlangte als Darwin für di« Bio, logie, war ein Anhänger der Anschauung, daß di« Vorgänge auf der Erde außerordentlich langsam ge schähen und daher ungeheure Zeiträume in Anspruch nähmen. Später ist dann das Problem mehr von physikalischer Seite angcsaßt worden, und dadurch ent stand eine Wandlung der Anschauung in eine ent gegengesetzte Richtung. Mauikam zu dein Ergebnis, daß die Abkühlung der Erde aus einem feurig flüssigen Zustand bi« auf die heutigen Verhältnisse nur einige Dutzend Millionen Jahre in Anspruch ge nommen habe und daß von dieser im Vergleich zu den bisherigen Annahmen kurzen Frist wieder nur «in Bruchteil auf die Bildung der Erdkruste zu rechnen sei. mit deren Erforschung die Geologie sich heute beschäftigt. Die meisten Geologen sind dann dieser von den Physikern dargebotenen Leb« bcigetrcten, nur irur wenige hielten au der Ueberzeugung fest, daß diese Milliönchen von Jahren für die ganze Erdgeschichte unmöglich genügen könnten. Nachdem die alten Theorien von der Entstehung der Erde aus einem Gasball erschüttert worden sind und namentlich die Enthüllungen über die strahlende Energie ganz neue physikalische Grundlagen geschaffen haben, fft auch die Abschätzung der erdgeschichtlicheu Chronologie wieder in ein neues Stadium eingetreten. Außerdem haben die Geologen selbst Mittel gefunden, solche Berech nungen auf neue Art anzustellcn. Ueber diese Arbeiten haben die beiten amerikanischen Geologen Clarke und Becker in Len vermischten Sammlungen des Smithsonian Institute eine verdienstliche Zu sammenstellung gegeben. Der Erste, der auf ganz neuer Basis das Alter der Erde zu bestimmen »er suchte, war Prosessor Joly. Er ging von ser An nahme aus, daß das Weltmeer ursprünglich aus süßem Wasser bestanden und seinen Salzgehalt erst all mählich durch die Gewässer des Festlandes erhalten hätte. Er berechnete demzufolge erstens die Gefamt- mengc von Kochsalz, di« in den Ozeanen enthalten ist, und zweitens diejenige Menge, die jährlich durch sämtliche Flüsse in den Ozean gelangt. Dadurch er hielt er für das Alter des Ozeans einen Zeitraum von 97,6 Millionen Jahren. Damit ist nun noch nicht das Atter der Erde selbst oder auch nur des Beginns der Entwicklung einer festen Erdkruste gegeben, aber man erhält doch eine gewisse Vorstellung davon, mit was für Zeiträumen man überhaupt bei der Erdgeschichte zu rechnen hat und kann diese bis zu der Zett zurückoerfolgen, in der die Erdoberfläche sich hinreichend abgckühlt hatte, um eine Dcrdicbtuna und Ansammlung des Wassers zu gestatten. Dr. Clarke aber bat diese Berechnung noch einer peinlichen Prüfung unterworfen, indem er die Adtragung der Landobenläche durch die Flüsse in Be tracht gezogen hat. Er schätzt danack» die Menge von Kochsalz, die jährlich durch die Flüsse ins Meer ge langt, und zwar aus etwas über 175 Millionen Tonnen. Danach verbessert er die von Joln gegebene Ziffer auf etwa 80-Vs Millionen Jahre. Dr. Becker gar will sie noch weiter aus 74,4 verringern. Man sieht, auf 10—20 Millionen Jahre kann es auch heute den Geologen nicht ankommen, wenn sie erdgeschicht- kiche Rechnungen aufstellen wollen. * Chronik. Von einer sehr erfolgreichen amen- konischen Vortrags - Tournee kehrt jetzt Rudolf Herzog, der hervorragende deutsche Romanschrift steller, in die Heimat zurück. * Blanda Coronq s. In Halle a. S. starb heute vormittag die bekannte Romanschriftstellerin Bland« Torony im 70. Lebenijayr,
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