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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.08.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110823017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911082301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911082301
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-23
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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Bezugs.Preis für L«lp»tg »nd v»r»rl« diuch »ajer« Träger und E-edtieur« 2««l tSaltch in, v<ui, gebracht: « Vl. »»natl.. LAi ML vierirUohrt. B«t »»lern Filialen ». An nahmrstellen abaedoU: 7S VI. »onatl^ r.S AN. »ierteljährl. »arch »», v»st: innerbalb Deutschland» und d« deutschen Kalanlrn vlerteljährl. 8.SV Mk.. »onatl. t.20 Mk. au»fchl. Pottbestellaeld Ferner in Belgien, Dänemark, den Donauftaaren, Italien, Lurembura, Niederlande. Nor wegen, Lene,reich. Ungarn. Rutzlanb, Schweden. Schwei» u Svanirn. In allen übrigen Staaten nur vneir durch die ibeichältsftell« de» Blatte» erhältlich. Ta» Letvrtger Tageblatt «rlcheint rmal täglich. Sonn» u. Feiertag» nur morgen». Abonn«ment»»Annahm«' Johanni»,ast, S. bei unleren Trägern, Filialen. Epedtteuren und Annahmestellen, iowt« Postämtern und Brielträgern. Moraen-Auöaade. "eiWger TagMM «r,..^tcht.j',;^ Handelszeitung. """""" Amtsblatt des Nates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis für Inserat« au» L«tp»ta und Umgebung di« lspaltig«Petttietl« sPs-dt«NrName- »eil« 1 Mk.' von au»wärt» Zll Pf, NeNamen Ü20 Mk.' Inserat« »an Behördeu im amt- ltche» T«il di« P«ttt,eil« Sll Df. <v«schäsl,an»ei,«n nett Platzo«rlchrtft«u ». in der Adendauigad« im Preis« erhöht. Rabatt nach Taris. Beilagegebüdr Tesamt- aaflag« 5 Mk. o. Tausend «rkl. Postgebühr. Teildeiiag« Höher. Feftert«tlt« Austräg« können nicht »urück- a«»»ge» werden. Für da» Erscheinen an oestiinmten Tagen und Plähen wird kein« Garanti« übernommen. An,eigen - Annahme: I,ba»»i»,ass« 8. bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen» Elpiditionen de» In- und Au»lande». Pruä ,»» Verl«, o»n zische» A Kürst«« Inhaber: Paul Kürften. Redaktion und Seschift.stell«: Iohanni»gasse 8. Haupt »Filiale Dr«»d«n: Eeestrah« ä. l (Telephon «6211. Nr. 233. Mittwoch, üen rs. rittguli isil. los. Jahrgang. Die vorliegende Angabe umfaßt 16 Leiten. Dss Wichtigste. * Der Verband Thüringer Metallin- dustrieller beantragte bei dem Gesamtverband Deutscher Metallindustrieller die Ges amt aus. sperrung in der deutschen Metallindustrie. * Am Dienstag begann die erste Hauptversamm lung des Handwerts- und Gewerbekam- mertages in Düsseldorf unter dem Vorsitz des Obermeisters Plate-Hannover. (Siehe bes. Art.) * In Paris fanden am Donnerstag Bespre chungen zwischen dem Minister des Auswärtigen de Selves und dem Botschafter Cambon über die Marokko-Angelegenheit statt. (Siehe bes. Art.) * Aus verschiedenen englischen Städten werden neue Straßenexzesse ausständiger Ar beiter gemeldet (Siehe bes. Art.) * Eine Unwetterkatastrophe in Tirol richtete großen Schaden an. (Siehe Tageschronik.) Die Zionisten. Ein Volk, das ein Staat werden möchte! Auch die Polen, die Irländer befinden sich in dieser Lage; aber niemand wundert sich über ihre Bestrebungen, da der selbständige Bestand ihres Volkstums erst in uns näherliegenden Jahrhunderten vernichtet ist, und der Grundstock jener Völker noch in ihrer alten Hei mat zurückgeblieben ist. Aber der jüdische Staat hat in einer Zeit zu existieren aufgehört, die noch dem „Altertum«" zugerechnet wird, und im jüdischen Lande verschwindet der jüdische Bestandteil seiner Bevölkerung — übrigens auch durchweg Nachkommen früherer .Zionisten", keine Ueberbleibsel aus den Tagen Bar Kochbas — in der arabischen Masse. In der weiten Welt ausgebreitet aber leben eine noch iinmer nicht genau festgestellt« Anzahl von Mil lionen, die Lurch die gemeinsame Pfleg« eines von den Weltreligionen gesonderten Bekenntnisses und im ganzen auch durch gemeinsame Abstammung von dem einst über Palästina herrschenden Volke einen geistigen Zusammenhang bewahrt haben und sich dieser Gemeinsamkeit bewußt geblieben sind. Nicht die gleiche Sprache verbindet sie. Das Idiom ihrer Väter ist längst auf den Sakralgebrauch eingeschränkt, und muß, wie das Lateinische, Altgriechische und Kirchenslawische der christlichen Konfessionen, für diesen Zweck schulmäßig erlernt werden. Die meisten Juden sprechen die Staatssprache derjenigen Länder, in denen sie wohnen. Die meisten haben sich auch in die Gesellschaft, die Sitten dieser Länder dermaßen eingelebt, daß sie di« Zumutung, nach Palästina zu rückzukehren, und würde das Reich Salomos in aller seiner Herrlichkeit wieder aufgerichtet, als «ine un begreifliche Albernheit behandeln würden. Soweit noch nicht alle Schranken zwischen ihnen und ihrer andersgläubigen ustd andersblütigen Umgebung ge fallen sind, hat di« „Emanzipation" nicht nur, son dern di« förmliche Verschmelzung doch bereits solche Fortschritte gemacht, daß die Vollendung dieses Ent wicklungsprozesses bereit» für eine recht nahe Zu kunft nach Geschlechtern berechnet werden kann. Der Kultur-Jude unserer Tage hat für „Zion" kein Ver ständnis mehr. Aber in den Reichen des Orients lebt «ine andere Spielart des Judentums, der solche Volks romantik noch Lebensinhalt geblieben, nicht litera rische Spielerei geworden ist, wo die Töne mittel alterlicher Zionslieder, von denen Heinrich Heine uns einig« Proben mitgeteilt hat, und noch stärker die schmelzende Wehmut des 137. Psalms an fühlende Herzen dringt. Gerade die soziale und geistige Ge drücktheit dieser russischen, rumänischen und anderer Juden ist es, vereint mit der außerordentlichen Strenge ihres Glaubens an Mosis Lehr« und Gesetz, di- sie solchen Stimmungen zugänglich erhält. Ander seits hat ebendort di« Unduldsamkeit ein«r noch rohe ren Umwelt in ihren Seelen jede Aussicht auf jene Verständigung erstickt, di« westlich der Weichsel seit anderthalb Jahrhunderten so gewaltige Fortschritte gemacht hat, und noch größere in einem längeren Zeitraum westlich der Rheinmündungen. Trotz aller europäischen Kongrehakt« mußten die rumänischen Israeliten vor vier Jahren eine blutig« Verfolgung über sich ergehen lassen, und ihr« Glaubensbrüder in Rußland haben Schlimmeres erlebt. Tau send« sind durch di« Furcht vor „Pogroms" und selbst durch Ukase der Regierung über die Grenzen gejagt, und ein« trotz Duma und ihrer verfassungsmäßigen Recht« wesentlich im Ka binett fabrizierte Gesetzgebung ist unablässig beschäf tigt, ihre schmalen staatsbürgerlichen Rechte zu ver kürzen, statt zu erweitern. In solchem Milieu hat der Gedanke des neuen „Zionismus" lebendige, frische Wurzeln getrieben. Einige westländische Philanthropen der Nation, be sonders Herz! in Wien und Nordau in Paris, Haden ihn in die Mass« geworfen und auch in zugänglichen Schichten des Kultur-Judentums für ihn Stimmung gemacht InBasel tagte in der vergangenen Woche schon d«r zehnt« Zionistenkongreß. Die philanthropischen Ursprünge der modernen Bewegung erhellen am besten daraus, daß in den ersten Jahren auf die Begründung jüdischer Ansied lungen ohne bestimmte Anknüpfung an die palästinensi schen Erinnerungen das Hauptgewicht gelegt wurde. Einerlei, wo in der Welt: den armen Russen sollte eine gesicherte Heimstätte geschaffen werden! An Argentinien, an Inner-Afrika wurde gedacht. Kolo nialversuche in Argentinien haben nicht die erwünsch ten Früchte getragen. Davon abgesehen, daß das beutige Judenvolk überhaupt mit Entwöhnung vom Londbau erblich belastet ist: auch der Kulturunter schied von der übrigen Bewohnerschaft d«r Republik war zu groß. In Afrika wären die Leute ja unter sich gewesen, aber schon Klima und mangelhafte Ent wicklung der Verkehrswege störten den Plan. So ist man jetzt zu seiner alten Liebe zuriickgekehrt: An siedlung in Palästina! Als geruhige und treue Bürger des Ottomanischen Reiches wollen sie ihr nie erloschenes Zionsehnen auf dem alten Boden der Väter im Anschauen der geheiligten Stätten ihrer Religions-, Staats- und Kunstgeschichte erfüllen. So tagte man zu Basel. 2(4 Millionen sind schon gesammelt: allerdings ein bescheidener Anfang für eine dutzendjührig« Vereins-Tätigkeit. Aber wenn ein sicheres Ziel sich böte, würden wohl die Glaubens genossen der Hochfinanz größere Mittel beisteuern, wäre es nicht aus religiös-nationaler Sympathie für den Gedanken, so doch aus Philanthropismus. Die Hauptfrage indessen bleibt: Wird der Türke die Gäste aufnehmen wollen? Platz für eine starke Ein wanderung hat ja sein ganzes wenig entwickeltes Herrschaftsgebiet, und Palästina nicht am wenigsten. Aber solltest gerade die Juden die erwünschtesten Kolonisten des einst Judäa benannten Landes sein, sie, die ihre ganze Urgeschichte mit in d-e neue Heimstätte bringen würden? Sollte, das Gelingen einer dichten jüdischen Besiedlung vorausgesetzt, die Versuchung nicht überstark werden, ein drittes Reich in den einst vom Hause David beherrschten Gauen auflcbcn zu lasten, wie es nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft doch schließlich eine Weile auflebte. als die Herrschermacht Asiens durch die Schlacht bei Magnesia in einen Zustand unheil barer Ohnmacht geraten war? Hat die Türkei nicht an den separatistischen Bestrebungen der Armenier, der Süd-Araber gerade genug zu tragen? Der Kongreß von Basel hat für die heute in Ctambul regierenden Männer eine Ueberfülle von Schmeichelwortcn gehabt, die den Verdacht eher be stärken als schwächen mästen. Vielleicht weil — der günstigste Augenblick schon vorüber ist. Der gewesene Finanzminister Djavid galt als begeisterter Zionist. Möglich, daß man um dieser Eigenschaft willen ihn um so mehr aus seinem Amte entfernt hat. Die Erledigung der politischen Vorfragen des Planes ist in der Gegenwart noch weniger vorgerückt als seine finanzielle Ausstattung. Auch die mannig fach verzweigten Interessen der anderen Mächte spielen hinein. Eine Zeitlang hielt man den Zionismus für eine englische Mache. Englands Streben gehe auf Vorbereitung eines zweiten Pro tektorats-Landes auf asiatischem Boden neben dem geplanten „Königreiche Armenien", um auf diesem Wege einer künftigen Ausbreitung seiner Herrschaft über den Landweg zwischen deni Mittelmeere und dem persischen Golfe vorzuarbeiten. In Basel hieß es jetzt, daß Englands wie Frank, reichs Mißtrauen gegen die Bewegung rege geworden sei, und man dort deutsche Einflüsse wittere. Dies« Auftastung ist gewiß die mindestbegründete. Wir haben gar keine Ursache, unsere Beziehungen zur Pforte im Interests des heimatlos gewordenen russisch-jüdischen Proletariates zu belasten, besten trauriges Los wir als Menschen beklagen mögen, das uns aber geistig zu fremd und durch die be kannten Beziehungen seiner Intelligenz zu den inter nationalen Revolutions-Parteien auch zu wenig vertrauenswürdig ist, als daß für seine bürgerliche Zuverlässigkeit irgendeine Gewähr übernommen werden könnte. Neber Sie Futtermtt veröffentlicht der Landeskulturrat folgenden weiteren Artikel: „Welche wirtschaftlichenMaßnahmen sind geeignet, die schädlichen Wirkungen der Futternot zu mildern? In erster Linie ist äußerste Sparsamkeit in der Verwendung von Rauhfutter geboten. Es muß mit den vor handenen Vorräten unbedingt dis zum nächsten Frühjahr gereicht werden. Um dies zu er möglichen, ist die Aufstellung eines Futter voranschlags unerläßlich. Dieser dürfte in fast allen Fällen klar vor Augen führen, daß besonders sparsam mit dem Heu umgegangen und ein großer Teil der sonst üblichen Heugabe durch Stroh ersetzt werden muß. Wenn auch das Stroh hinsichtlich seines Nährwertes dem Heu weit nachsteht, so hat es doch für die Fütterung insofern hohe Bedeutung, als es dazu dient, den Hunger der Tiere zu stillen. Um den Tieren die notwendigen Nährstoffe zuzuführen, muffen, wenn das Heu durch Stroh ersetzt werden soll, neben dem . Stroh namentlich eiweißreiche Kraftfutter- I mittel verabreicht werde». Das Stroh wird be kanntlich aber von den Tieren wegen seiner geringen Schmackhaftigkeit nicht sehr gern ausgenommen. Durch Häcksel und Vermengen desselben mit Kraft futtermitteln muß es daher den Tieren schmackhafter gemacht werden. Um tunlichst viel Stroh zur Fütterung verwenden zu können, dürste es in den meisten Fällen empfehlenswert sein, so wenig wie möglich Stroh zur Einstreu zu ver wenden, sondern Torsstreu oder Waldstreu als Ein streumittel zu benutzen. Wenn auch beim Gebrauch von Torfstreu etwas weniger Stallmist erzielt wird, so ist andrerseits infolge der hohen Absorptions fähigkeit der Torsstreu für Flüssigkeit sowie auch für Ammoniak die Qualität des Düngers eine bessere. Es wird also der Verlust an Menge durch die Qualität wieder aufgehoben. In Wirtschaften, in welchen man in der Lage ist, Stroh zur Einstreu zu verwenden, ohne dadurch die Erhaltung der Vieh bestände zu gefährden, sollte das Stroh nur in ge schnittenem Zustande gestreut werden, weil damit eine Ersparnis an Stroh verbunden ist, denn ge schnittenes Stroh saugt bekanntlich weit mehr Feuch tigkeit auf als ungeschnittencs. Um die fehlenden Nährstoffe bei der Strohfütte rung zu beschaffen, müssen Kraftfuttermittel in grösseren Mengen verabreicht werden als in anderen Jahren. In erster Linie verdienen die eiweißreichen Oelkuchen, wie Baumwollsaatmehl, Erdnußkuchen, Sojabohnenschrot (Palinternkuchen, Kokoskuchen) Beachtung, weil diese besonders geeignet sind, das dem Stroh fehlende Eiweiß zu ersetzen. Als Ersatz der etwa dann noch mangelnden stickstoff freien Stoffe könnten Gerstenschrot, Trockenkartoffeln oder Trockenschnitzel, soweit deren Preis nicht ins Ungemestene steigt, Verwendung finden. 100 kg Wiesenheu können z. B. ersetzt werden durch 55 Kg Winterhalmstroh, 21 xa Trockenschnitzel, 15 ka Eersten- schrot, 2 Erdnußtuchen, 2 kg Baumwollsaatmehl und 1 k<r Sojabohnenschrot. Die Fütterung nach Leistung, deren hoher Wert namentlich durch die Kontrollvereine erwiesen worden ist, sollte gerade in diesem futterarmen Jahre noch weit mehr Beachtung finden als dies bisher der Fall war, denn sie bedeutet eine erhebliche Ersparnis an Kraftfutter bei gleichbleibender oder gar noch gesteigerter Leistung gegenüber der gleichmäßigen Fütterung. In vielen Fällen wird inan sich freilich mit mittleren Leistungen begnügen mästen, und wird es nickt immer möglich sein, die Ausgaben für die Vieh haltung mit den Einnahmen in Einklang zu bringen. Trotzdem muß daß Bestreben darauf gerichtet sein, mit allen möglichen Mitteln die wertvollen Zucht viehbestände zu erhalten. Unter diesem Gesichts punkte kann es übrigens auch zweckmäßig sein, die schlechten Futterverwerter tunlichst bald avzustoßen und dafürNachkommenleistungsfähigererTiere einzustellen. Damit man im nächsten Frühjahr möglichst zeitig mit der Erünsutterernte beginnen kann, sind jetzt noch Johannisroggen allein oder im Gemenge mit Zottelwicken anzusäen. Nach den Beobachtungen von Jul. Kühn zeitigt dieses Gemisch dann die besten Erträge, wenn es schon im Herst zu recht vollkomme ner Ausbildung gelangt. Das erreicht mann, wenn die Aussaat noch im August erfolgt. Wo das Auftreten der Fritfliegen zu befürchten ist, nehme man jedoch die Bestellung erst nach Mitte September vor. Auch der Inkarnatklee liefert, jetzt gesät, im zeitigen Frühjahr einen reichlichen Schnitt und ver dient daher ebenfalls weitestgehende Beachtung. Mit Vorteil kann letzterer als Ersatz für Rotklee dort Anwendung finden, wo sich Fehlstellen im Rotklee zeigen und eine Ansaat derselben sich notwendig macht." Dss „kelcheiüene" Frankreich. Wenn die neueste Pariser Meldung, daß die Fortführung der Berliner Verhandlungen an drei Vorbedingungen geknüpft sei: die Zustimmung Deutschlands zu dem politisch-militärischen Marokko programm Frankreichs, ferner die Erklärung Deutsch lands, daß es bei der Regelung der Eebietsverhält- nisse in Afrika ebenfalls zu Opfern bereit sei, und drittens die Gewissheit, daß durch die deutschen An sprüche die Nerkehrsjreiheit Frankreichs an den Grenzen von Gabon. des Sudans und der Tschad gegend nicht beschränkt werde, sich bestätigt, dann wird an eine Verständigung wohl niemals gedacht werden können. Frankreich setzt sich damit vollends aufs hohe Pferd, es ignoriert ganz, daß es durch seine Verletzung der Algecirasakte und durch Gefährdung der deutschen Interessen Deutschland gezwungen hat, Selbsthilfe zu üben. Was nun die angeblichen Vorbedingungen im einzelnen betrifft, so fordert Frankreich nichts mehr und nichts weniger, als daß ihm Marokko auf Gnade und Ungnade überlassen wird. Wie da noch von einer Wahrung der Unabhängigkeit des Landes gesprochen werden kann, bleibt ein Rätsel. Es zeigt sich, daß es Frankreich mit dieser Wahrung, die auch die Basis des Uebereinkommens mit Deutsch land vom Februar IWO bildete, nicht ernst war. Politisch-militärische Maßnahmen, die über die Algecirasakte hinausgehen, vertragen sich wahrlich nicht mit der Selbständigkeit des Scherifats. Frank reich verlangt aber noch mehr. Nicht nur will es in Marokko schalten und walten nach eigenem Belieben, wodurch die deutschen Interessen notgedrungen schwer beeinträchtigt würden, es fordert auch, daß Deutschland bei der Kompensationsfrage aus das Prestige Frankreichs Rücksicht nehme und wenig stens die nordöstliche Spitze Kameruns, den sog. „Entenschnabel", preisgebe. Dieses Gebiet ist zwar nicht mit dem zuerst als Austauschobjekt ge nannten Togo zu vergleichen. Aber Deutschland darf auch zu diesem kleineren Opfer nicht bereit sein. Es trifft sich eigen, daß zu gleicher Zeit, wo Frankreich auf die Abtretung dieser äußersten Ecke Kameruns anspielt, von dem früheren Gouverneur dieses Schlchgebiets, Jesko v. Putkamer, als geeig nete von Frankreich zu gewährende Kompensation eine Abrundung unseres Kamerungebtets im Osten vorgeschlagen wird. Dadurch würde der „Entenschnabel" verschwinden und ein beträchtliches Gebiet zwischen der äußersten östlichen Spitze des ersteren und der äußersten südöstlichen Spitze Ka meruns dem Schutzgebiete einverleibt werden. Das Hinterland desselben erhielte damit einen wertvollen Zuwachs. Daß Deutschlands Ansprüche eine Beschränkung der französischen Verkehrssicherheit in Westafrika nach sich ziehen werden, bilden sich die Herren an der Seine wohl nur ein. Wir wollen niemand schädigen, sondern wir verlangen nur unser Recht und für besten Beeinträchtigung eine angemessene Kompen satten. Die von französischer Seile ausgestellten Vor bedingungen für den Fortgang der Berliner Ver handlungen zeigen aber eine so große Ueberhebung, daß, wenn die französische Regierung auf demselben Standpunkte beharrt, die Aussichten auf eine Ver ständigung nicht die besten sind. Unter diesen Umständen ist es zu verstehen, wenn am Dienstag an der Berliner Nachbörse scharfe Kursrückgänge auf eine aus Wien eingegangene Depesche eintraten, wonach die „Neue Freie Presse" in ihrer Abendausgabe die Meloung vom Abbruch der Marokkoverhandlungen bringen sollte. Eine telegraphische Anfrage in Wien ergab, daß in dem Abendblatt der „Neuen Freien Presse" kein Artikel und keine Meldungen enthalten sino. die von einem Abbruch der Unterhandlungen sprechen. Immerhin ist das Gerücht, das schon tags zuvor an der Londoner Börse kursierte, für die Einschätzung der Situation sehr charakteristisch. O Kein „Trinkgeld", sondern Sühne. Aus Berlin wird von unserem ck.-Berichterstatter gedrahtet: Wenn von französischer Seite neuerdings das Wort „Trinkgeld" auf die deutschen Kompen- sationsforderungen angewendet wird, so ist außer der herabsetzenden Absicht diese Bezeichnung selbst energisch zurückzuweisen. Es handelt sich nicht um ein Trinkgeld, sondern um die Sühne dafür, daß von französischer Seite ein Vertrag gebrochen worden ist. Die Pariser Besprechungen. Der französische Minister des Aeußeren empfing am Dienstag den Botschafter Cambon. Rach weiteren Meldungen sind die ministeriellen Vor besprechungen mit dem Botschafter Cambon so weit gediehen, daß binnen 48 Stunden von dem Ministerrat unter Falliüres Vorsitz die zu ge nehmigenden neuen Anweisungen des Bot schafters Cambon abgcfaßt sein werden. Im fran zösischen Ministerium wünscht man angeblich dringend, daß sich die neuen Berliner Verhandlungen nicht allzuweit indenSeptember ausdehnen. Auf wesentliche neue Forderungen Deutschlands einzugehen, ist »ran nach derselben Quelle nicht gewillt. Natürlich ist diese Meldung nicht als die endgültige Willens meinung der französischen Regierung auszufassen. Pariser Tendenzmeldungen, die ihre Spitze gegen Deutschland richten, sind täglich vorhanden. Neuerdings sucht man die Deut chcn als die Ruhestörer im Susgebiet zu verdächtigen. Folgendes Telegramm berichtet darüber: Paris, 22. August. (E. T.' Das „Paris Journal" läßt sich folgende Nachrichten aus dem Susgebrete melden, deren Tendenz unverkennbar ist: Wie aus Casablanca berichtet wird, sollen die uni Agadir liegenden Stämme über das Unheil entrüstet sein, das die Deutschen im Hinterland von Sus anne- richtet haben. Die Unruhen unter den Stämmen der Maura und Uled Pahia würden sich erst legen, wenn die Deutschen das Gebiet oer- laisen hätten. Sie hätten daher vom Kalifat dringend die beschleunigte Abfahrt des vor Agadir liegenden deutschen Kreuzers verlangt. Das rück sichtslose Vorgehen der Deutschen, die Land in Besitz nehmen, ohne die Erlaubnis des Sultans einzu holen, mache die herrschende Erbitterung nur be greiflich. Ein deutscher Unterhändler in Taru- dant soll, als er sich in die Aufstände der Ein geborenen einmengte, getötet worden sein. <?) Nach dem französischen Blatt sollen schwere Komplikationen zu befürchten sein. Gefecht zwischen den Franzosen und den Zaers. Ueber einen Kampf bei der Inspektionsreise des Generals Moinier meldet das „Journal" aus Rabat, daß am 18. der General von einer großen Gruppe der aufsässigen Zaers angegriffen wurde. Vier Leute auf der französischen Seite wurden getötet, acht verwundet. Der Feind mußte sich nach starken Verlusten auf den Ued Bu-Regrez zurückziehen. Wegen dieses Zwischenfalls und auch aus anderen Gründen kritisiert der Korrespondent die Räumung der Posten der ersten Etappenlinie von Khnitra nach dem Norden des Mamorawaldes. Die Eingeborenen selbst sollen bei den Franzosen gegen diese Räumung vorstellig geworden fein, weil sie fürchten, wieder von den Räuberbanden über fallen uad wegen ihrer Gefügigkeit gegenüber den Franzosen gezüchtigt zu werden. Spanisch-französische Verhandlungen. Wie über Paris gemeldet wird, kündigt der spa nische Ministerpräsident in einem Interview den baldigen Beginn wichtiger Verhandlungen zwi schen Frankreich und Spanien über militärische und politische Aenderungen in Marokko an. Neichstagsabgeordneter Frank über Marokko. Der gewöhnlich den Revisionisten zugezählte sozial demokratische Reichstagsabgeordnete Frank hat sich in einer überfüllten sozialdemokratischen Versamm lung in Mannheim über die Marokkofrage wie ein echter Radikaler ausgesprochen. Er bekannte sich als Gegner unserer Kolonialpolitik, besonders auch der Kompensaiionspolitik, weil sie uns keine volkswirt schaftlichen Vorteile bringe. Intereste an ihr hätten nur die Kapitalisten, Kanonen- und Panzer- plattenpatrioten. Er gab der Ansicht Ausdruck, daß die deutsche Marokkopolitik einen Versuch der Regierung darstelle, von der inneren Lage und ins besondere von den kommenden Wahlen das Augen merk abzulenken. Der Reichstag müsse einberufen werden und ein Gesetz mit nur einem Paragraphen müßte angenommen werden: Wenn es Krieg gibt.
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