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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.12.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111213017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911121301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911121301
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-12
- Tag 1911-12-13
-
Monat
1911-12
-
Jahr
1911
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Bezug-Preis f«r r«tpp, und B-r«n« durch uu1«r» Iräorr «uv S»«du«,«« r»,l «tuNch tu» hau» «»drachl « Vt. «vnatü. LIV Ml. Dur» »<« V»«r innrrhald L«tt<hlan»< and v«r d«utfch«n tzolont«» »»»rtrltüdrl. l.« Bi»„ «onatl. IP» Ml. un.iqc P-Itd«V<llü«ld 8«n>« tn Lrti»«», Dauimarl. d«n Donavstaarvu, Jfati«n. Lnirmduin, Ki«d«lla»d«, *»»- weuen O«)l»rr«l<b - Unaarn. Siuftlund. kchw«o«n, tsä>««t« « öpanttu. 2a all«» ttdn-«» Staat«» «ai o«««kl durch dt» chitchdNvIttll« »« Blatt.» «rdilltltch. La» L«lp,i,«r I,,«dloN «r>ch«»ai »mal tigltch. K,nu» u. 8«t«Nag» «»< «»««»». Nb»nn«m<ni»-annatz«, A»»«,ni»g»ft« tl, d«t »»>«,«» Ira,««. Htttal«». Sprdtt«»r«u «t» chuuatz»,ft«a«u. I»«>« ll!aftS«t«r» »ad Bttittkäg«« Dt»,«1,«»t«,1»»„1» U> Vl> Morgen-Ausgabe. UripMcr Tag MM f 14 692 t«uchtu»iql»tz1 —i 14692 (U-chtaulchlutz» rel.-IinW.^i4 693 Tel.-Anschiß 14 693 Nmtsbkatt des Nates und des Nokizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Ar. 345 Mittwoch, »en IS. Dezember isn Lnzeiqen-PreiS N« Jnsrrat» au» U«t»P« »ad Um,«b,u, dl« llpaltt,,P«ttt»e»l« LPs_dt«rr«Nam». I«tl« sMl. »„au»»än»»Pf, ««llamei, Uv Ml» 2»I«rat« »au v«l>ordeu tm amt- ttch«, I.tl di» 0Ht»«tl« S0 Pf G«lch<tft,au»«ti«u mtt Pla»varlchrtft«u tm Prrtl« «rdSdt. Rabatt »ach Tattk. B«tlaa«„bllhr S,Iaml. austaa» S Ml. o. Taui«ud erst. Paftordähr. Trtld«tlag« do»«r- F«kt«tt.tlt, Busrräa« könn«n nicht zurück. a«iag«n w«rd«». 8üi da» Erich«in«n an o«fttmmt«n Ia,«n und PlStirn wird kein« iiarantt« «bernomm.n. llni«l,«n. Lnuadum: 2»dai»l»»»lf« 8, d«t iämtltch«» giltst«» m all«» einuonc«» Erp«dttton«u d«» 3u» und llu»land«». Druck ,,» ffterl«, »»» glich«, ch Rieft« 2atzab«r: Pau» Rieft«». RidaM»» mrd ch<Ichäst«tt«ia: 2ohannt»aall« L -a,»«»Ntttal« Dr«»d«r O««ftrai« ch t il«l,ph,n «SW. 105. Zshrgsng. Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 8 Seiten, die vorliegende Morgennummer 24 Seiten, zusammen 32 Seiten. Dss Wichtigste. * Die Erste Kammer nahm am Dienstag das Königliche Dekret über dieAenderung des Staatsschuldbuchsan. (S. Landtagsber. S. 11.) * Die Zweite Kammer des sächs. Landtags beschäftigte sich am Dienstag in langer Beratung mit der nationalliberalen Interpella tion, betreffend die Wirkungen des Moder nisteneides und das pästliche Motu proprio. (S. Landtagsbcricht S. 11.) * Zn Delhi fand am Dienstag die Krönung des Königs von England zum Kaiser von Indien statt. (S. des. Art. S. 9.) * Die drohende Gefahr eines englischen Eisenbahner st reiks ist durch einen Vergleich zwischen den Gesellschaften und den Angestellten beseitigt worden. (S. Ausl. S. 10.) * Das persische Parlament hat sich für die Bildung eines neuen Kabinetts entschieden unter Beibehalt des Präsidenten Sams am und unter Ausscheiden des russenfreundlichen Mohte- scham es Saltaneh. (S. letzte Dep. Seite 3.) * Während des chinesischen Waffen stillstandes ist die Rachhut des kaiserlichen Generals Tschangschuns bei Pukau durch die Revolutionäre aufgerieben worden. (E. des. Art. Seite 3.) G-rglsnü im persischen Streite. Das Spiel von Marokko wiederholt sich: mit ewigen Verbürgungen seiner Integrität und Unabhängigkeit wird das arme Persien um beide wesentlichen Merkmale eines lebendigen und gesunden Staates gebracht. Nüssen und Engländer hatten ihr Sonder-Algeciras ein Jahr nach dem marokkanischen über die Zu kunft des dritten persischen Reiches veranstaltet, und ein Jahr nach dem Muley-Hafid-Pertrage und dem Zuge nach Fez dürften etwa die üblichen vier Jahrhunderte persischer Reiche sich erfüllt haben (die alten Meder und Perser in eins ge rechnet). Die Russen werden in kurzem in Teheran stehen, haben ihre Heimkehr allerdings verheißen, aber an die in Bälde zur Unmöglichkeit werdende Erstattung der Okkupations-Kosten geknüpft. Bringen sie den entthronten Schah mit, so werden sie nicht einmal so viel Mühe haben, .ihrem Schützlinge tunesisch-marokkanische Ver träge abzuzlvingen, wie die Franzosen sie hatten gegenüber ihrem anfänglichen Widersacher. Eng land hat die Vertragspflicht übernommen, den wohlwollenden Zuschauer zu spielen, und wird wahrscheinlich die Gelegenheit wv^nehmen, sich in Schiras festzusetzen, wie Spanien tn Alcazar. Freilich dürfte es auch mit dem Wohlwollen ungefähr so aussehen wie mit der spanischen Interessengemeinschaft an der Aufteilung Ma- rokkos. Wenn sein Rücktritt genügte, den russi schen zu bewirken, wäre der Reval-Vertrag lieber heute als morgen aufgelöst. Zwar winkt die Golfküste, insonderheit ihr nördliches Stück, die Landschaft am Karun, als ein Preis des Schwei ßes der edelsten Kolonialinteressenten wert; aber der nordische Nachbar ist eine genau so unange nehme Zugabe, wie der romanische Bruder dem Spaniolen. Aber man hatte im Jahre 1907 nicht den geringsten Zweifel, daß der Moskowiter über lang oder wahrscheinlich über kurz nach Teheran ziehen werde, auch wenn der Brite fortführe, den freundlichen Gönner des persi schen Volkes zu spielen. Ten Vertrag mit Japan, der auch auf Persiens Schutz in seiner zweiten Auflage sich erstreckte, hatte wohl selbst Lans- dvwne bloß al- einen Schachzug gegen Rußland angesehen; die liberale Regierung war aber von Anfang an entschlossen, aus gewissen Gründen von ihm niemals Gebrauch zu machen. Trotz der Zwangslage, in welcher man 1907 zu stehen glaubt«, und welche im Grunde wohl heute noch fortbesteht, waren sehr weite eng lische Kreise damals nicht überzeugt und sind es jetzt noch weniger, ob nicht der halbe Fehler des Japan-Bündnisse- durch einen ganzen korrigiert ist, indem man dem Russen eine schriftliche Voll macht für seine Begehrungen in die Hand gab. Tie Zweifel an der unbedingten Bortrefflich keit der Eduard-Politik sind im Augenblicke stär ker denn je geworden. Auch ja, ob es wirklich so ganz rätlich war, sich des eigenen Interesses an Marokko so ganz zugunsten des französischen zu entäußern, sogar positiv sich in Frankreichs mög liche Händel zu verstricken. Vollends nun in Persien. Auch dabei mag die zur Idiosynkrasie gesteigerte deutschfeindliche Politik jener Jahre ihre Rolle gespielt haben. Schickte doch eben um jene Zeit Deutschland sich an. wirtschaftlich Fuß auf persischem Boden zu fassen. Wie be scheiden freilich die Ansprüche des germanischen Vetters waren, ist dort noch ersichtlicher gewor den als im scherifischen Reiche. Wie die Erfah rung gelehrt zu haben scheint, hat die Berliner Regierung ihr Auftreten am Atlas bloß als Sprungbrett benutzt, um an den Kongo zu kom men. In Nordpersien war sie zufrieden, Ruß lands erworbenes Besitztum mit dem Servitute eines Bahnbaues von Karikin nach Teheran zu belasten, der auch nur subsidiär Deutschland als ein eigenes Baurecht zugestanden ist. Verlohnte eS sich darum, die freie Hand dem gefährlicheren Nebenbuhler zu opfern? Man kann das Zähneknirschen verstehen, mit dem man Rußland gewähren lassen muß, wenn es die Entfernung englischer Beamten (Stokes) aus den Nordprovinzen ertrotzt; mit dem man auch dem Sturze des Amerikaners entgegensieht, der so hübsch für Englands Sache jenseits der Vertragsschranken zu arbeiten begann. Aber ge schehene Tinge sind nicht mehr zu ändern. Man hätte so hübsch die deutsche Stütze gebrauchen können: man hat die stärkste Landmacht Europas zur Potsdamer Abmachung getrieben. Man hätte vielleicht die Türker an seine Seite bringen kön nen trotz der Konfliktsstoffe, die im beiderseiti gen Begehren Arabistans schlummern: man hat Rußland geholfen sie aus Persisch-Kurdistan zu verscheuchen. England nimmt sich jetzt der spani schen Sache in Nordmarokko mit Entschiedenheit an, obwohl in diesem Falle bei einer ernsteren Zuspitzung die größere Last auf seine eigenen Schultern fallen würde; bei einem Zusammen stöße in Persien wäre die nicht verächtliche tür kische Landmacht ein recht zahlungsfähiger Bun desgenosse. Es wird vielleicht bald die Stunde kommen, da man an der Themse ernstlich an eine Umwer tung der in der Eduardzeit geprägten politischen Werte herantreten muß; da man auf Schilling und Penny nachrechnet, welche Mengen gutenglischen Bargeldes gegen wertlose französische Assignaten und russische Papierrubel umgetauscht sind. Und alles bloß sei's, wie die Volksstimme behauptet, aus Abgunst gegen Deutschlands maritimen Selbständigkeitswillen; sei's wie die wohlwol lendere Auslegung annimmt, um die blutsver- rvandte Nation zur eigenen Friedensutopie gegen deren bessere Einsicht in die Dinge dieser Welt mit mehr oder minder sanftem Zwange zu be kehren ! Arbeitsmilligenlänitz — Saslitlmrskreihelt — letztes Moru proprio. (Stimmungsbild aus dem sächsischen Landtage.) Ein« der wichtigsten Fragen in der Flucht der sozialpolitischen Erscheinungen unserer Zeit bildete gestern Len Gegenstand einer überaus lebhaften und langen Kammerdebatte. Es handelte sich um den Schuh eines „unveräußerlichen Menschenrechts", des Rechts auf Arbeit, und um denjenigen der Koalitionsfreiheit. Das Haus war voll belebt Die Sitzung begann um 2 Uhr, und in vorgerückter Abendstunde, als eine gewisse Ermüdung auf beiden Seiten bereits zu konstatieren war, mußte der Prä sident des Hauses di« „erfreuliche" Mitteilung machen, daß — noch 19 Redner oorgemerkt seien. Man ließ es jedoch genug sein des grausamen Spiels und nahm den Schlußamrag an. Und welche Resultate, welche Erkenntnisse hat diese Debatte gezeitigt? Aus der einen Seite die äußerste Linke: eine laute Klage anstimmend über die Ausgeburten des heutigen Klassenstaates, dessen Justiz sich nur in den Dienst der besitzenden Kreise stelle. Es war das alte, längst bekannte und erst vor wenigen Tagen wieder gehörte Lied von der Knechtung „unveräußerlicher Rechte". Auf der andern Seit« di« Gegenklage über den immer maßloser werdenden Terrorismus der sozialdemokra- tischen Partei, die rückhaltlos« Kennzeichnung ihrer inneren llnwahrhaftigkeit und des Widerspruchs zwischen ihrer Krrtik aller derjenigen, die nicht auf ihr Programm geschworen und ihrer eigenen Hand lungsweise. Was zur Begründung der sozialdemokratischen Interpellation oorgetragen wurde, erbob sich nicht über das Niveau einer gewöhnlichen sozialdemokra tischen Agitation»- und Wahlrede. Die Mittelparteien nahmen Gelegenheit, aus eigener Erfahrung über den tiefgreifenden Schaden zu berichten, den das terroristische Dargehen der so zialdemokratischen Organisationen für den Bestand end, derselbe Abgeordnete charakterisiert, als er ner persönlichen Bemerkung gegenüber den Natio- ' ' - -- - in- tisch«s Husam- i Parteien des enswert". All- und die Entwicklung unserer Industrie, unseres Han dels und Handwerks involviert. Die konservativen Redner betonten die Rechls- unsiktzerheit, die sich nach und nach in dieser Frag« eingestellt habe, und die Tatsache, daß diese Er kenntnis lähmend auf unsere wirtschaftlichen Ver hältnisse bereits eingewirkt habe. Seine Partei wünscht infolgedessen eine Vervollständigung und Er gänzung unserer gegenwältigen darauf bezüglichen Bestimmungen der Gewerbeordnung und des Straf gesetzbuches. Mit Ausnahme der Linken war das ganze Haus auf Grund dieser Ausführungen und der verschiedenen aus dem Leben als Beweismittel angezogenen Vor kommnisse überzeugt, daß diese Verhältnisse für die Dauer unhaltbar sind, soll nicht unser ganzes Er werbsleben unübersehbaren Schaden erleiden. Eine große Beruhigung brachte daher die kurze und bün dig« Erklärung der Regierung. Minister Gras Vitzthum beschränkte sich auf eine Darlegung der Auffassung uno — Absichten der Re gierung, die sich vollständig mit den Hoffnungen und Wünschen des Hauses — mit Ausnahme der Linken — deckten. Der erkannte ohne weiteres an, daß auch die Regierung die Notwendigkeit eines größeren gesetz lichen Schutzes des Rechtes auf Arbeit anerkenne und deshalb geeignete Schritte sowohl in der Kommission für d«n Entwurf eines neuen Strafgesetzbuches als auch im Bundesrat« selbst veranlaßen werde. Diese freimütig« Erklärung rief natürlich einen Sturm der Entrüstung auf der äußersten Linken hervor, der auch in den weiteren Reden von Vertretern dieser Seite des Hauses noch Ausdruck finden sollte. Ohne sach lich Rede zu stehen, gedachte man nach berühmtem System „den Spieß umzudrehen" und machte viele inhaltlos« Worte über das Thema vom Terrorismus der Arbeitgeber und Les Großkapitals. Zn den gleichen Bahnen bewegte sich die Debatte über die Interpellation betr. den Schutz Ler Koali tionsfreiheit. Der Antrag auf Schluß der Debatte wirkte — erlösend. Der gestrige Tag brachte die Interpellation betr. das letzte Motu proprio des Papstes. Eine interessante Erscheinung dürfte der Beobach ter feststellen: Die Tribünen waren Licht besetzt, bei weitem mehr als in den Tagen der letzten jedenfalls sehr interessanten Debatten, obwohl doch eigentlich diese Materie in unserem engeren fast ausschließlich evangelischen Vaterlande von einer weniger großen Bedeutung ist. Alan kann nicht behaupten, daß oie Besprechung der Interpellation, sowie auch die Re gierungserklärung selbst, die ungewohnte Auimerk- famkeit irgendwie gerechtfertigt hätte. Man betonte einstimmig, Laß das Motu proprio für Sachsen wenig Bedeutung habe, und die Regierung stimmte in einer Erklärung zu, daß die Staats- grundgesetze vollständig genügen, um leden Einfluß dieses päpstlichen Erlasses auf unsere Rechtsverhältnisse fern zu halten. Ein besonderer Eingriff der Regierung in dieser Frage sei dem gemäß nicht erforderlich. Diese Regierungserklärung fand die Zustim mung der Mitte des Hauses nicht, sie be dauerte die Passivität in der Haltung der Regierung und sprach ausdrücklich den Wunsch aus, die Regie rung möchte ihrerseits dazu beitragen, daß in Rom selbst hinsichtlich der Absichten des Motu proprio für das Deutsche Reich präzise Aufklärungen ver langt werden. Den Sozialdemokraten bot auch diese Interpel lation wieder die gewünschte und gesuchte Gelegen heit, die bestehende Ordnung unter die Parteilupe zu nehmen. Die bürgerlichen Parteien sollten sich nicht aufregen über den Erlaß des Papstes. Sie hätten ja das Prinzip der Sondergerichtsbarkeit in ihrer Staatsordnung selbst vertreten, man denke nur an die Einrichtung der Militärgerichtsbarkeit, an den Fall des Pfarrers Traub und schließlich an die Justiz des Klassenstaates selbst. Demgegenüber wurde von konservativer Seite unter dem Beifall der Mitte des Hauses dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß man die Notwendigkeit des inneren konfessionellen Frie dens gerade in der jetzigen Zeit einsehen möge. Man dürfe die Hoffnung hegen, da» seitens der katholischen Mithürger unseres engeren Vaterlandes ein Verhal ten gegen unsere Staatsgrundgesetze innegehalten werden möge, welches geeignet ist, selbst das päpst liche Motu proprio, wenn notwendig, zu korrigieren. Interessant und von wiederholtem Beifall be gleitet waren die Ausführungen des katholischen Ab geordneten Kockel (Kons.) über seinen Standounkt zum Motu proprio. Die innere Natürlichkeit seiner Darlegungen fand freundliche Ausnahme und schal lende Heiterkeit seine bezeichnenden Schlußworte: „Sei ruhig, bleibe ruhig mein Kind, in dürren Blättern säuselt der Wind." Abg. Kockel hat vielleicht mit diesem kleinen Zitat den Gegen stand der heutigen Interpellation am treffendsten ge kennzeichnet. Zum Schlüsse der Debatte nahm Abg. Opitz Ver anlagung, in längeren, von Daten und der Anfüh rung von Tatsachen unterstützten Ausführungen den Vorwurf der Freisinnigen zuruckzuweisen, die Konser vativen Hütten mit dem Zentrum paktiert. Auch auf der anderen Seite des Hauses fand er dabei allge- mein« mit Heiterkeit gepaarte Zustimmung, als er die „Berechtigung" eines derartigen Vorwurfes ae- rade von freisinniger Sette aus einer scharfen Kritik unterzog. Das Gesamtergebnis der letzten Debattetage aber hat, vielleicht unbewußt, aber zu- tref ine nalliberalen dem Wunsche Worte verlieh, „angesilbi des sich immer mehr zuspitzenden Verhältnisses zur Lii ken des Hanses sei ein Harm or menarbeiten der anderer Hauses dringend wünsch seitiges Bravo war die Antwort. Die Zsuberbützle. 2m Schoße der englischen Regierung scheinen merkwürdige Dinge vorzugehen. Es wird aus gesprengt, es sei für das nächste Etatjahr eine Ver minderung des Marinebudgets um 2—4 Mil lionen Pfund vorgesehen — ichon eine merkwürdig groß erscheinende Spannung zwischen Höchst- und Mindestbetrag, aus der geichlzssen werden kann, daß man Mitts Dezember sich über das nächstjährige Bauprogramm und den zu bevorzugenden Schiffs- lypus nnch nicht klar geworden ist. Aber es kommt noch besser: die dem Schatzkanzler nahestehenden „Daily News', welche die!« Auslastung bringen, lügen hinzu, daß die Verwirklichung dieses beschei denen Ansatzes ganz von Deutschlands Vorgehen abhänge, also unter Umständen statt der verminderten Summe eine wesentlich erhöhte eingestellt werden könne. Herrn Lloyd Georges „Geldtäschchen" (bu-l^et) scheint so etwas wie eine Zauberbüchse mit doppeltem Boden zu sein, in der Goldstücke zu Millionen nach Belieben des Gauklers verschwinden und wieder zum Vorschein kommen können. Es wird also angekündigt, daß für die bald nach dem Jahreswechsel wiederzueröff nende Tagung ein doppeltes Budget vorbereitet wird, da doch in Englands geregelter Finanzwirtschaft derartige Aufwendungen niemals auf Anleihen üoer- nommen, sondern stets durch die dort jährlich ver schiebbaren Steuerquoten gedeckt werden müssen. Man stelle sich aber vor, welche Verwirrung in allen Privathaushalten angerichtet wird, wenn bis zur letzten Stunde der parlamentarischen Finanzberatung, also unter Umständen bis lies in den Sommer hinein, die Frage der Einkommensteuerhöhe um einen Betrag bis zu 100 Millionen Mark oder gar mehr schwebend eryalten wird! Um das alles bloß, um den deutschen Gegenfechter im Riistungswettbewerbe durch Finten aus der Fassung zu bringen! Noch erheblich ernster aber ist die Frage, wie denn unserseits dieses eigentümliche Spiel ausgenommen werden soll. Der Gedanke ist ja nicht neu. Seit Jahren regnet es in Presse und Parla ment Anzapsungen, ob Deutschland nicht für eine gegenseitige Herabsetzung der Lchiffsbauten zu Haden wäre, und des öfteren haben sie sich zu unverbind- llchen Anfragen in Berlin verdichtet. Wenn dann regelmäßig die Antwort ernlief, daß Deutschlands Programm durch Ge,etz auf Jahre hinaus festgelegt, also einer Abänderung unzugänglich sei, dann schlug man drüben eben so regelmäßig den entgegengesetzten Weg ein, den eigenen Iahresplan nachträglich we sentlich zu erweitern. Aber so unmittelbar hat uns doch bisher der englische Weihnachtsmann noch nicht vor die Wahl zwischen Honigkuchen und Rute gestellt. Man muß bekennen, daß dieses Entweder — Oder einen förmlich beleidigenden Charakter har, baß es dem strafrechtlichen Begriffe der Nötigung aufs Privat leben angewandt nahe kommen würde. Hier handelt es sich nicht mehr um eine Frage, ob ein Staat „als Großmacht mitzvhle", sondern einfach um die natio nale Selbstbestimmung. Es wird Zeit, den Vettern jenseits des Kanals verstehen zu geben, daß der deutsche Staatshaushalt zwischen Rcichsschatzsekre- tariat im Namen des Reichs-anzlers, dem Bundes rate und dem Reichstage vereinbart wird, für eine Mitwirkung der cnglfichen Schatzsckretäre aber durch unsere Verfassung kein Raum gelassen ist! Wenn England sich doch endlich abge- wöhncn wollte, immerdar in unsere nach eigenem Bedarf und eigenem Ermessen be stimmten Bautenprogramme hineinzureden! Nichts anderes hat seit Jahren die Stimmung der Völier in dem Maße vergiftet, wie diese Bevor mundungsversuche. Wenn es glaubt, Ursache zum Mißtrauen zu haben: gut, so erhöhe es seinen eigenen Schiffsbestand und mache schließlich solche Erhöhung auch dem Parlamente in geheimen Sitzungen mit Berufung auf das deutsche Vorgehen mundgerecht! Aber ichon in der öffentlichen Aufstellung des Prinzips .r^o keol-, kor on«" liegt eine verletzende Bezugnahme. Keins unserer Flottengcsetze ist in den beigegebenen Motiven mit einem gesonderten Hinweis auf Englands Seestärke begründet worden sondern alle nur mit einer vergleichenden Darstellung der ehemals sehr bescheidenen Bewahrung unseres Vater landes im Ringe der seefahrenden Nationen, mit der schwachen Verteidigungskraft unseres früheren Bestandes und dem großen Schutzbedürfniste unserer langgezogenen Küsten. Die ausdrückliche Forderung einer doppelten Uedermacht enthält an sich eine Bedro^mg des namentlich bezeichneten Gegners, und solche Rechenexempel müssen alle immer wieder von hüben wie von drüben betriebenen Friedens bestrebungen im Keime ersticken. Die beiderseitigen Rüstungen sind an sich nicht der verschleierte Kriegszustand: so wenig wie ein Privat mann zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn er sein Haus sorgfältig verschließt und sich Waffen für den Fall einer etwa notwendig werden könnenden Verteidigung anschafft. Aber das ewige Doppelspiel von Kuchen und Rute erzeugt jene unbehagliche Stimmung, welche die argwöhnisch gewordenen Gemüter nur wieder entfremdet und in einem unseligen Augenblicke sich einmal in einem jähen Ausbruche entladen könnte. vss kriegerische Rom. Von unserem römischen Mitarbeiter. Wer da annehmen wollte, in dieser schweren Kriegszeit Härte di« ewige Stadt etwas von ihrer traditionellen Heiterkeit verloren, irrt ganz ent schieden. Die alte gute Roma wird, auch wenn di« Stimmung ihrer Bürgerschaft noch so kriegerisch ist, von Tag zu Tag amüsanter für d« Fremden, di« unrecht tun. wenn sie ihr Heuer in falsch angebrachten Boykottgelüsten den Rücken kehren wollten. Es ist höchst übel vermerkt worden, daß die diversen Luxus- und Gxpreßzüge nach Rom und Neapel sich nur in der Woche füllten, in der der heilig« Vater mit seinem Konsistorium und den
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