Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.01.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140115011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914011501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914011501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- ab Img 9 fehlerhafte Bindung, Seiten vertauscht
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-15
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nr. 2S. Mrrrsen-Nusgave. SeUr 7 vonnersras, lS. Januar LeipHigrr Tageblatt. Kunst unc! wissenseliutt SSSSES 7S-S0 so I« ttv >6b sich mit er- mMsch« Darsteller eftbesucher «lt Gäste Hitti. die »e. «ad an- Lcrrneval fröbllchen öorip»Ue illen die neholen. — der > „Boll" Stammes taltnngen gestimmt — man nagen 11 Uhr) latt and gegeben. ' sich an ri-ro II-20 ri—bv n-^> b-10 ri-Z« ri-dv Zl-bv di-7d S-W 76-100 75- 10Ü N-76 bl-7ö dl-76 76- 1d0 I—L S«^7L 11-22 70-166 t- Der cS Oskar in inte» « Wild«. iS. dessen « schen Menschen ledmttnna * Aus der Theaterchronik. „LaBelle Aven- ture", das neue Lustspiel von Flers unk» Catl- lavet, das diese zusammen mit Etienne Rey, dem Verfasser von „Schöne Frauen", geschrieben Haden, wurde nach der Uraufführung am Pariser Th 6 Lire de Vaudeville vom Hofburg- theate r in Wien und in Berlin von der Direktion Meinhard und Bernauer erworben. * Da» große Volkskunsthaus der Neuen freien Volksbühne in Berlin, dessen Bau tüchtige Fort schritte macht, wird voraussichtlich im Oktober dieses Jahres eröffnet werben können. * Neue Eedichtband von Stephan George. Nach fast siebenjähriger Pause wird jetzt wieder ein neuer Gedichtdand von Stephan George erscheinen. Er heißt „Der Stern des Bunde s". * Maxim Gorkis Rückkehr nach Ruhland. Maxim Gorti, der bisher in der Verbannung auf Capri lebte, ist nach Petersburg zurückgelehrt. * Entdeckung einer deutschen Dichterin aus dem Mittelalter. Eine höchst eigenartige Feststellung, nämlich die Entdeckung einer, der bisherigen Lite- raturiorschung so gut wie entgangenen deutschen Dichterin aus dem Mittelalter, ist, wie uns ge schrieben wird, vor kurzem gelungen. Es handelt sich um Anna Ovena Hoyers, die als Dichterin und als Persönlichkeit gleich bemerkenswert ist. Eine Zeitgenossin Laurembergs, des Dichters der berühmten Scherzgedichte, steht Anna Ovena Hoyers doch von ihm unbeeinflutzt da. Ihre Dichtung ist ebenso eigenartig wie ihre interessante Persönlichkeit. Den Höhepunkt ihres Werkes bildet das Gedicht „Dörp- Pape", das im Jahre 1630 erschien und in mittel niederdeutscher Sprache mit scharfen Waffen gegen das Pfaffentum zu Felde zieht. Das Werk ist von einer männlichen, fast lutherischen Sprachgewalt. * Ein unbekanntes Jugendwerk Flauberts) Die Gesellschaft ehemaliger Schuler des Lyzeums von Rouen veröffentlicht soeben ein bisher unbekanntes Jugenowerk Flauberts, das von großem biogra phischen Interesse ist Es handelt sich um einen histo rischen Aufsatz aus dem Jahre 1837. Der zukünftige Verfasser von Salammdo war damals erst 13 Jahre alt, was um so mehr in Erstaunen setzt, als sein Aufsatz von umfassendem Wissen zeugt. Der Titel des aufge fundenen Werkes ist „Der allgemeine Cha rakter der er st en und zweiten Periode des Mittelalters sowie ihre wesent lichen Beziehungen und Unterschiede". Es wäre allerdings verfehl^ in dieser frühen Arbeit Flauberts schon Spuren des kommenden Meisters geschichtlicher Romane aufzeigen zu wollen. Immer hin hat Flaubert in dieser Handschrift keineswegs nur eine gedächtnismässige Anhäufung von Tatsachen angestrebt, sondern eine wahrhaft lebendige und selb ständige Auffassung des in der Schule gebotenen Stoffes. Daß sogar diese geschichtliche Arbeit eines Dreizehnjährigen durchaus persönliche und originelle Züge aufweist, zeigt klar ein Vergleich nnt den schon lange veröffentlichten Geschichtsvorlesungen seines Lehrers Chöruel. Man darf allerdings nicht erwarten, in dieser Jugendarbeit Anzeichen für Flauberts späteren literarischen Ruhm zu finden. Höchstens zeugt vielleicht die gemeißelte, rhy hmische Prosa, die der Aufsatz an einigen Stellen aufweilt, von der kommenden Sprachgewalt des künftigen Romanschriftstellers. * Augenverletzungen durch Eolfbälle. Der Augen arzt Lowell hat im Journal der Amerikanischen medizinischen Vereinigung die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, daß in den letzten Jahren ziemlich häufig Augenverletzungen vorgekommen sind, die mit der Verbreitung des Goliftnels in Verbindung stehen. Ihre Geschichte ist immer die gleiche. Ern Kind findet einen alten Gotfball, zieht ihm die Haut ab und sticht ihn dann mit einem Riesser oder einer Nadel auf, knetet ihn vielleicht auch jo lange, bis er platzt. Im Innern der Golfbälle befindet sich gewöhnlich eine haibflüffige Masse von start atzenden Eigenschaften, die beim Umherspritzen eine Beschädigung des Auges leicht herbeiführen Neue Experimente auf -em Montblanc. Die wissenschaftliche Forschungsanstalt auf dem Montblanc ist immer noch zeitweise in Tätig keit und hat im letzten Jahr« weitere Versuche unter nommen. um den Einfluh des Hochgebirgsklimas auf die Mnskelbetätigung^ festzustellen. Während die Wetterwarte, die der Pariser Meteorologe Janssen auf dem Gipfel des Montblanc 1892 begründet hatte, seit dessen Tod wieder einaegangen ist, ist das von Dr. Ballot etwa 350 Meter unter dem Gipfel auf dem Rocher des Bosses errichtete Obser vatorium in Betrieb geblieben und wird auch noch von Ballot geleitet, der auch jetzt die neuen For schungen ausgefiihrt und der Pariser Akademie der Wissenschaften vorgelegt hat. Untersuchungen über die Muskeltätigkeit in großen Höhen sind Mr die Alpinistik wichtig. Es ist eine bekannte Erscheinung, daß die Ermüdung der Berg steiger jenseits von 4000 Meter außerordentlich wächst. Jede Muskelanstrenaung wird mehr und mehr mühsam, und gleichzeitig nehmen die Atmungs störungen zu, die gleichfalls selbstverständlich auf einer Beeinflussung der Muskeln beruhen. Dr. Ballot bezweifelt auch nicht, daß die Unfälle der Luftschiffe: häufig durch Muskelerschopfung und ihre Folgen her- oeigefiihrt werden. Um die Art und den Grad dieser Wirkung des Höhenklimas festzustellen, steht für Versuche einerseits der Mens ch, anderseits Las Tier zur Ver>iigung. Bet den Tieren äußert sich die Wirkung der Höhen luft nämlich ganz ähnlich, indem Pferde und Maul tiere, wie man namentlich in den südamerikanischen Anden ost beobachtet hat, in größeren Höhen ver sagen. Ihre Schwäche hält lange Zeit an, jedoch vollzieht sich schließlich eine gewisse Anpassung. Dr. Vallot hat gleichfalls mit Tieren experimentiert, aber die Wahl einer geeigneten Art erwies sich als außerordentlich schwierig. Hunde hätten einen zu großen Apparat verlangt. Die so oft für Experi mente benutzten Meerschweinchen verweigerten über haupt jede Bewegung. Tauben, die von der Höhe des Montblanc ausgelassen wurden, fielen fast plötzlich wieder m Boten, ein deutliches Kennzeichen für die Erschöpfung ihrer Muskeltätigkeit, die frei lich bei der Dünne der Luft wohl noch verstärkt sein müßte, wenn sich das Tier schwebend halten und fortbewegen will. Es war aber unmöglich, den Grad der Ermüdung bet diesen Vögeln irgendwie zu messen. Schließlich verfiel Ballot auf das Eichhörnchen, das in der Gefangenschaft geradezu daran gewöhnt zu werden pflegt, «eine Bewegungen einer Messung zu unterwerfen, wird doch das Tier gewöhnlich in eine Trommel gesperrt, die es durch seine Sprünge in Drehung versetzt. In diesem Falle bot sich das Eichhörnchen als ein fertiger wissenschaftlicher Ver suchsapparat dar. Er brauchte nur noch mit einer Vorrichtung versehen zu werden, um die Um drehungen der Trommel anzuzeigen. Ein Eichhörnchen wurde nun in einem der artigen Gefängnis in 4520 Mieter Höhe unter gebracht, ein anderes zum Vergleich im Tale bei Chamounix. Während die Trommel des Eich hörnchens im Tale täglich im Durchschnitt 6700 Um drehungen machte, betrug deren Zahl bei dem Eich hörnchen auf dem Montblanc nur 924. Als es dann aber von der Höhsnstation gleichfalls wieder zu Tal gebracht worden war, gewann es in wenigen Tagen »eine alte Lebhaftigkeit wieder und führte dann ebenso viele Umdrehungen seines Käfigs aus wie sein Gefährte, der den hohen Berg während der ganzen Zeit nur von unten her betrachtet hatte. Leipzig, 15. Januar. Klavierabend von Franz Wagner. Bachs Orgel präludium und Fuge in A-Moll hätte der Konzert geber nicht spielen sollen. Schien ihm doch für den Bortrag der Werke dieses Meisters das hierfür er forderliche Stilgefühl zu fehlen. Weit besser glückte ihm Beethovens As-Dur-Sonate Opus 110, obwohl man sich auch hier mit der Auffassung einer Anzahl Stellen durchaus nicht einverstanden erklären konnte. Ueberhaupt mußte, nach dem gestern Gehörten zu schließen, sich Herr FranzWagner nicht sonderlich viel um das schwierige Kapitel „Wiedergabe aus dem Geiste des Stückes heraus" gekümmert haben. Denn nach dieser Seite hin zeigte sein Spiel bedeutende Mängel, ward manches in einer dem Charakter der betreffenden Stelle so zuwiderlanfenden Auffassung vermittelt, daß man schließlich, ganz besonders nach dem Vortrage der Schlußnummer des Programms, Chopins As-Dur-Polonaise, zu der Ueberzeugung kommen mußte, Herr Wagner habe bisher nur wenig dem Spiel berühmter Pianisten gelauscht. Am besten gelangen noch die kleineren Stücke von Debussy, Sgambati, Juon und Sauer. Doch vermochte auch hier die Art und Weise der Auslegung dieser recht dankbar geschriebenen Stücke nicht zu erwärmen. Rein technisch löste Herr Wagner seine Aufgabe aber in recht anerkennenswerter Weise. Nur ward die Klarheit seines Spiels, in dem vor allem ein weiches, schattierungsfähiges Piano angenehm berührte, hin und wieder durch nicht genügend sorgfältigen Pedal gebrauch etwas beeinträchtigt. 6. H. Börries Freiherr von Münchhausen. Der dritte Dichterabend des Schillervereins gehörte dem Freiherrn von Münchhausen. Er gab neue Balladen, Gedrucktes und Un gedrucktes. So viel steht heute fest, daß die Balladendichtung, die in den phantasioarmen, klein zügigen Zeiten des Naturalismus fast verkümmert war, endlich durch Münchhausen wieder zu neuem Leben erwacht fft. So war man erwartungsvoll,, den Dichter selbst zu hören. Er trug mit einer seltsam getragenen, vollen Stimm« seine Schöpfun gen vor, sprach mit kraftvollem Rhythmus und mit einem eigenartig, fast monotonen Akzent. Und alle Reize seiner Dichtung wirkten. Mit wundervoller Meisterschaft beherrscht er den Vers. Bei aller Be weglichkeit ist sein Rhythmus von ehernem Gusse. Wort und Reim fügen sich wie von selbst. In dieser Formoollenoung erinnert Münchhausen an die Sprachgewalt Kleists oder an die Wortkraft der Droste-Hülshoff. Die wundervolle Bildlich keit seiner Sprache hat er mit Liliencron ge mein, nur daß sein starker, zuweilen fast harter Akzent und die fortreitzende Kraft seines Wesens ihn zum Epiker macht. Ja, er ist ein echter Epiker. Man denke nur an die Szene, da der schuldbeladene Graf Egisheim, Sühne suchend beim heiligen Vater, in diesem seinen Sohn findet! Es ist eine Szene von elementarer Macht! Wer derartiges schreibt, ist ein großer Dichter. Münchhausen gab eine treffliche Auswahl. Tief ergriff die herrliche Ballade vom Brennesselbusch. Wie markiger Spott klang das Lied vom Nobiskrug. Aber er gab auch Heiteres. Von Mfte- Lichtwark. Wie wir bereits meldeten, starb am Dienstag in Hamburg Professor Dr. Alfred Licht- wark, der Direktor der Hamburger Kunstballe. Lichtwark war geboren im Jahre 1852 in Hamburg. Er hat sich durch zahlreiche Schriften auf dem Gebiete der Kunstwissenschaft hervorgetan, und sein Ruf drang weit über die Mauern Hamburgs hinaus. Er studierte in Leip »ig und Berlin Kunst geschichte und vertiefte sich dann vornehmlich in die Kunst seiner Vaterstadt Hamburg. So wurde er der Schöpfer jener einzigartigen Galerie, die Hamburgs künstlerisches Werden darstellt. Mit lebhaftester Ent schiedenheit trat er ein für Talente, von denen Bedeutung er sich einmal überzeugt hatte. Er brach die Lanze für Kalckreuth und Liebermann, setzte sich ein für Runge, den Maler der Altstadt. — Lichtwarks Verdienste gehen nicht nur Hamburg, sie gehen ganz Deutschland an. Eifrig suchte er die Kunst in das Volk zu tragen. Vor allem die Jugend wollte er ihr gewinnen. Er betonte hierbei die formale Bildung. Es mutz vor allem der Sinn für das Künstlerische geweckt und geschärft werden. Seine Schriften waren durch und durch von einem temperamentvollen Geist geschrieben. Lichtwark war kein theoretisierender Pedant. Seine „deutschen Königsstädte" stellen eine vorbildliche Darstellung der Entwicklung des deutschen Städtebaues dar. Nun ist er allzu früh aus einem ungemein frucht baren Leben abberujen worden. — Er war bis zu letzt beruflich tätig, trotzdem er im letzten Jahre von Krankheit heimgesucht war. Einer schweren Magen operation. der er sich im vorigen Jahre unterziehen mutzte, folgte eine heftige Lungenentzündung, von der er sich nie wieder ganz erholte. Lichtwarks Name wird unvergeßlich sein in der Geschichte der Kunst. diesem gefiel vor allem der Hofball mit seiner ur kräftigen Fröhlichkeit. In Münchhausen lebt etwas, das uns heraushaben will aus all der Kleinlichkeit, die uns umgibt, etwas von unserer Sehnsucht. Aus seiner Persönlichkeit und seinem Vortrag sprach die natürliche Kraft seines Könnens. Der Abend hinter lieh einen starken harmonischen Eindruck, einen Ein druck, der nicht vergeht mit dem folgenden Tage, sondern der weiterwirkt. l)r. rtteckicb Sedreckt. kann. Nach einer chemischen Untersuchung be steht dieser Stoff aus einer Mischung von schwefelsaurem Barium, Seife und einem freien Alkali. Von den vier Kindern, die Dr. Lowell wegen derartiger Augenverletzunaen zu behandeln gehabt hatte, kam nur eins ohne dauernden Schaven davon, während die andern drei auf einem Auge die Sehkraft fast ganz eindüßten. Auch operative Eingriffe vermochten an diesem Er gebnis nichts zu ändern. Uebrigens leiden die Kinder meist auch furchtbare Schmerzen. Seitdem sind einige Maßregeln ergriffen worden, um solche Vorkommnisse zu verhüten. Ium Teil ist der Ver kauf von Golsbällen, die eine ätzende Flüssigkeit enthalten, überhaupt verboten worden, und das sollte selbstverständlich allgemein geschehen. Weniger wirksam ist der Schritt der Eolfoereinigung gewesen, die eine Warnung gegen das Ausschneiden von Golf bällen veröffentlicht hat, denn unmittelbar danach wurden wiederum drei ähnliche Unsülle allein aus der Umgebung von Boston gemeldet. In Deutsch land scheint man von vornherein bei der Herstellung der Balle aus eine solche Füllung verzichtet zu Haden, denn entsprechende Unfälle sind hier von der ärztlichen Literatur nicht verzeichnet worden. Bei der Liebhaberei des Sports für ausländisches Ma terial dürste eine Warnung aver doch am Platze jein. * Was amerikanische Bühnendichter und Dar steller verdienen. Für die Bühnendichter liegt in den Vereinigten Staaten das Geld auf der Straße — wenn sie bereits berühmt sind, und di« meist gespielten Amerikaner verdienen mit jedem neuen Stücke Hunderttausende. Freilich, sie muffen mit dem Geschäftsgebaren der Theater von Grund aus ver traut sein, denn die Theaterleiter trachten danach, ihnen ein aussichtsoolles Stück gegen eine einmalige Zahlung abzunehmen, um keine Tantiemen bezahlen zu müssen. Tie Tantiemen sind in den Vereinigten Staaten nämlich, wie ein lehrreicher Aufsatz des „American Magazine" über di« Verdienste der Dramatiker und Dichter angibt, sehr stattlich, viel höher als bei uns: der Dichter bekommt ein Viertel bis zur Hälfte der Einnahmen, und alles das, ohne sich auch nur mir einem Pfennig Geld an der Auf- sührung zu beteiligen, während der Theaterleiter vielleicht Hunderttausende dafür anwenden muß. Manche amerikanische Dramatiker lassen sich über haupt schon bezahlen, ehe sie ihr neues Stück ge schrieben haben. So macht es einer der erfolgreichsten, Augustus Thomas Wenn inan ihm nicht 5000 bis 10 000 -4t bar auf den Tisch legt, denkt er überhaupt nich daran, ein Stück zu schreiben. Während Thoma, sich diesen Vorschuß später anrechnen läßt, geht der Engländer Arthur Pinero noch weiter: er verlangt zunächst eine Zahlung von 20 000 -4t, ehe er mit dem Schreiben beginnt, laß üch dies« Summe aber später nicht von seinem Anteile abziehen. Diese Vorschüsse spielen nun freilich bei sehr erfolgreichen Stücken kaum eine Rolle, denn wenn James Forbes mit drei Komödien 1,2 Millionen Mark verdient, kommt es auf 10- oder 20 000 .1t weiter auch nicht an. Der oben erwähnte Thomas hat mit seinem erfolgreichen Stücke — „Arizona" — 700 000 -4t verdient, Georges Broad- hurst hat mir seinem „Mann der Stunde", einem Dranra, rund eine halbe Million Mark erworben, und das rn Nordamerika viel gespielte Stück „Auf dem Boden des Gesetzes" hat innerhalb Jahresfrist rund 1 Million Mark eingebracht, also eine Summe, die in Europa nur sehr selten von Bühnendichtern erzielt wird. Ein Stück von T. Klein, „Der Löwe und die Maus", hat seinem Verfasser saft Mil lionen eingebracht. Der Impresario, der.es ausge führt hat, har dagegen das stattliche Sümmchen von 5 Millionen verdient! Wenn der Theaterunter- nohmer solche Summen verdient, kann er sein« Schau spieler — natürlich nur die ersten Kräfte — entspre chend hoch bezahlen: Gehälter von 1000 bis 3000 -4t (in der Woche) sollen nach dem amerikanischen Blatte durchaus gang und gäbe sein. Mit solchen Summen werden z. B Orrin Johnson, Bruce, Mc Rae, R. Bennet, William Courtenay und Jack Barrymor« be zahlt, u:.d Schauspielerinnen bringen es sogar noch weiter: Laurette Taylor, die noch vor vier Jahren 100 bis 150 ^t wöchentlich bekam, schließt heute keinen Vertrag unter 2500 -4t wöchentlich ab, ebenso macht es Jane Cowl, und Helen Ware hat während der letzten Spielzeit sogar über 3000 -4t wöchentlich be kommen. Sie lachten alle drei. „Sie ist vielleicht noch besser, als Gabri-le Haricourt gewesen wäre," sagte Madame Pipi nette, indem sie das Mädchen prüfend von allen Seiten betrachtete. In diesem Augenblick brachte der Postbote einen Bries für Pieard. Eine unbekannte Handschrift bedeckte wie ein feiner Schneeslockenfalt das Kuvert, ein leises Parfüm wehte aus dem Brief, als ihn Picard hervorzog. Er erblaßte beim Anblick der Unter schrift. Schwer sank er auf eine Bank, mit weiten Augen sog er die Worte in sich ein. Es ist nicht möglich, dachte er krampfhaft. Die Winternacht erhob sich noch einmal vor ihm, er fühlte die Lippen Gabriöics aus den seinen, er umpreßte ihre zarte, leichte Gestalt .. . und . . . Liebte er sie? Begehrte er sie zum Weib? Konnte er an ihrer Sette das finden, dessen er jetzt, jetzt nötiger bedurfte ats alles andere? Mut, Zuspruch in ängstlichen Stunden, Abwehr der Vergangenheit, wenn sie sich übermächtig nahte? Ja, mußte er sich gestehen, sicher würdest du es bei ihr finden . . . Und wenn ich sie verschmähe, will sie in ein Kloster gehen, dachte er. Irgendwo in Spanien oder in Ita lien, denn in Frankreich haben sie ja bannt auf geräumt . . . Gabriöle Pcrier wird in ein Kloster gehen . . . Die Fragen hetzten sich in seinem Gehirn, Schweiß tropfte auf die Lilablätter, ge- zeln in seiner Sentimentalität und romantischen Anhänglichkeit an das Vergangene hatte. Mit einem Male hatte er klar gesehen und den festgekitteten Aufbau der letzten Monate er kannt, hatte gesehen, wie er von dem Tage an, da sein Schmerz um den zerrissenen Fili- bert und sein Haß gegen die mörderischen Automobile erwacht war, mit eiserner Härte seinem Schicksal entgegengetrieben wurde. Nun verstand er, warum er den Vorschlag Periers nicht angenommen, warum er dann selvst mit diesem Wagen der neuen Zeit einen heimtücki schen Frieden geschlossen hatte; erkannte, warum Philine hatte geopfert werden müssen: Alles war von einem gütigen Schicksal darauf ange legt, ihn, den Tüchtigen, der im Dienste des Vergangenen nichts hätte wirken und schaffen können, für die neue Zeit zu gewinnen. Er war demütig geworden und hatte seinen Trotz in den hintersten Winkel seines Herzens verbannt: Die neue Zeit war größer, stärker, strahlender und wertvoller als das, was längst vermodert und verblichen war, dem er aber den ersten Platz in seinem Leben einräumen wollte. Da tat er sich selbst das Gelöbnis, der neuen Zeit zu dienen, wie es in seinen Kräften stand, und alles Gewesene, das zu ihm kommen und ihn schwach machen wollte, zu bekämpfen, mit allen Kräften, die er sammeln konnte. Als Madame Pipinette erfuhr, wie es um Germaine und ihren Mit tilg stand, weinte sie Freudentrünen, die die blauen Gläser ihrer Brille wie ein Sturzregen überfluteten. Sie umarmte das Mädchen und wiederholte immer wieder: „Ja, das ist die richtige Frau für Euch, M'sieur Andrö, das ist die richtige . . Tann aber fiel es ihr schwer auf die Seele, daß nicht sie diese richtige Frau ge funden hatte. „Ich sollt Euch eigentlich bös fern, M'sieur Andrö," sagte sie, „daß Ihr sie allein gefunden habet! Du lieber Gott, ivas hab ich schon für Euch gesucht und nie nir gefunden ... Und jetzt geht der Mann hin und fragt mich net einmal!" plcsm MkehrW." 53j Roman von Arthur vabillotte. Nachdruck vcrbokn. „Und weißt noch, Andrö, am Abend, wo ihr auf die Straße naus seid, da ist ein Auto kommen und du hast gerufen: Verrecken sollst, Teufelswaaen! O zellmals hab ich Angst vor dir gehabt . . . Das ist so schrecklich gewesen, wie du's gerufen hast. Und jetzt, weißt, denk ich manchmal, vielleicht ist's... O! ich bin ja so dumm und kann'- net so ausdrücken, wie ich gern möcht — vielleicht ist das, was mit Phi line geschehen ist, die Buße für deine Feindschaft, gegen das, was notwendig ist. . ." Er hob überrascht den Kopf. „Das hat dir der Rechtsanwalt gesagt!" „Nein. Das ist mir so nach und nach ein kommen . . . Aber 's ist so traurig, daß das arm Tier drüber hat zugrund gehen müssen." „Und ich bin schuld dran," sagte der Mann in einer Art dumpfverzweifelter Wut. „Das erste Pferd ist zuarund gangen . . . Vielleicht," sagte er nachdenklich, „ist das zellmals schon eine Warnung gervesen. . .? Aber ich hab doch net anders rönnen!" rief er in Zorn und Schmerz. „Ich hab doch nur das tun können, was ich für richtig gehalten hab, und ich bin doch net schuld, daß ich das alles hab hinter mir berschleppen müssen . . . Das Elternhaus und die Anhänglichkeit an meine Pferde und das andere alles . . . Aber die neue Zeit ist stärker al- die alte," fügte er hinzu, während er sich einen Stuhl an das Fenster zog. Sein gutgeheiltes Bein war noch nicht kräftig genug, die Last des Körpers lange zu tragen. Im ganzen war er aus der Krankheit als ein neuer tapferer Mensch hervorgegangen. Die einsamen Stunden des Stilleliegens hatten ihm manchen Gedanken vor die Augen geführt, er hatte sein ganzes bisheriges Leben im Zusam menhang überdacht und gefunden, daß alles Uebel, da- ihm je widerfahren war, seine Wur auf dessen Aufschrei, den Gabri-lc Perier sandt hatte . . . Mit einem entschlossenen Ruck erhob ec und reichte Germaine den Brief. „Komm nanf," sagte er, „da will ich dir alles zählen." Er erzählte rücksichtslos gegen sich selbst, wie es gekommen war; mit jedem Wort verteidigte er Gabriöle, und Germaine verstand ihn. „Es tut mir so leid um sie," sagte sie. „'s hat sich so viel für mich opfern müssen," sagte Picard gedrückt und zugleich erleichtert. „Gut Nacht, Germaine," sagte er, das Mädchen an sich drückend und einen scheuen Kuß auf ihren Mund pressend. Ar fühlte sich müde. „Gilt Nacht, Andrö!" In diesem Augenblick lag für sie alles, ihre Vergangenheit und ihre Zukunft. Vor allem erkannte sie mit dem egoisti schen Optimismus der Liebe, daß ihr hier, an der Brust dieses starken, geradeaus gehenden Mannes eine Stütze und ein Glück geboten waren, die sie an der Seite Emile Calers nie hätte finden können. „Jetzt ist Emile schon so lange tot," sagte sie, von diesem Gedanken gefesselt. Und Andrö Picard fragte, wie schon die kleine Modistin in Paris gefragt hatte: „Hast du ihn arg gern gehabt, Germaine?" Sie antwortete, Narer und ruhiger über da geworden, was sie früher vielleicht niederge beugt hätte: „Ich hab ihn arg, arg gern ge habt, er ist ja der erste gewesen, wo ich hab achten können . . . Aber," fügte sie lächelnd hinzu, „vielleicht hab ich dich schon vor ihm geachtet, ich weiß es net . . . Und," sagte sie, „ick hab ihn gern gehabt, weil er so treu und kindlich gewesen ist . . ." „Gut Nacht, Germaine." „Gut Nacht, Andrö, mein Lieber." Andrö Picard fand in dieser Nacht einen schweren Schlaf. Lange wälzte er sich in einer bedrückenden, peinigenden Unruhe. Es ist alles ganz anders geworden, dachte er, und doch kommt mir's so natürlich vor. „Guten Tag," sagte jemand. Das war der Rechtsanwalt, der durch das Fenster herein blickte und über das ganze unschöne Gesicht strahlte. „Nun sind wir ja also über den Berg, Picard, wein Freund," sagte er. „Ein herr liches Unternehmen, diese Automobilgeschichte. Wird blühen und gedeihen, daß die ganze Gegend ihre Freude dran haben sott. — Und heiraten werden wir jetzt auch. Das ist klug, mein Lieber . . . Ich wollte, ich hätte eS auch mal getan. Es hilft aus mancher unruhigen Nacht. . . . Jaja. — Jetzt muß ich in die Sitzung ..." (Schluß in der Abendausgabe.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)