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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.01.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140115011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914011501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914011501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- ab Img 9 fehlerhafte Bindung, Seiten vertauscht
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-15
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
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Morgen-Ausgabe Sezugspr-ise- mooatllch l.rs M., vierteltührllch s.7» M. Sei üer SrschSftesteU», »aser» Male« u«0N«,gabeftrUr« adgrkolt: monatlich 1 w., vlerteyShrllch Z M. , durch di» poN: innerhalb veutschlo«-» an» üer deutschen Kolonie« «ouatllch 1.S0 M., vlertetidhrllch 4.50 M., aueschllrtzUch poltdestrUgetd. da» Leipziger Lag »blatt erscheint Werktag» »mol, Sona- u. Zeiertagolmal. S« Leipzig, den Nachbarorte« und -en Orten mit eigenen Zillale» wir- di« slbendauogade noch am Mbend de» «rscheinen» ia» Hau» geliefert. SerUner Neüaktion: 2« Sen Zelten 17. Zernsprech-fluschlug: Moabit Ur.447. Nr. 25. ISS. Jahrgang IS 14 vannersisg, den l§. 3anu«r. L»—«--»sf». «ar Inserat» au» reipztg on» Umgeb««, dl« tz » ispaltigepetitzetl«25 Pf., ole Neklommeil«t M., —nau»wart»3»Pf., «eklamen 1.20 M., Zamtliro- ».klein» sin,eigen Si» petitzetl« nurroPf.,Suserat« o»«0«hörSeu >ai amtlichen Lett Sl« petitzeil« S» Pf. S«schäft»anzeig«n mit playvorfchrist >m Preise »rbobt. ltadatt nach Earlf. Srilogrgedühc: S«samtausl.SM Sa» Lausend au»sch>. Postgebühr, fiazeigen-finnahm». ^«tzannlogalse», bet sämtlichen Zttlale« de» Leipziger Logeblatt«» uas asten staooncea-LxpeSitloaea de» Sn» «ad stuol^nde». SeschSstsstell«fürSerlia».Siepr.vran-eodurg. vtrektlonWalterZtlrgrl, Vrrli« w. >», Margarethenstre«, ». Zernsprech-finschluS: Lühow »471. /trntsblockt des Rate» und des poUseunntes der Stadt Lcwzrg «edakttoo un» Srschaft»st«ll«: Johannlogass« Nr.». » Zernsprech-staschluS ar. 14042, 14042 und 14044. Vas wichtigste. * Die Leipziger Stadtverordneten traten in ihrer gestrigen Sitzung einer vom Rat der Stadt Leipzig beschlossenen Petition wegen Ver legung der Tierärztlichen Hochschule nach Leipzig einstimmig b'ei. * Kronprinz Georg von Sachsen vollendet am heutigen Tage sein 21. Lebensjahr. Der König hat aus Anlaß der Großjährigkeit des Kron prinzen eine Anzahl von Strafgefangenen begnadigt. (S. Pol. Uebers.) * Die Erste Kammer nahm am Mittwoch die allgemeine Vorberatung des Etats oor. Dabei gab Kultusminister Dr. Beck eine Er klärung ab, wonach die Regierung gegen die Er richtung einer zweiten Universität in Sach sen sei. — Die Zweite Kainmer erledigte einige Petitionen. (S. Ber.) * Zm Reichstage wurde am Mittwoch über Petitionen verhandelt. (S. Ber.) * Zn der reichsländischen Zweiten Kammer wurde von allen vier Parteien eine Reso lution eingebracht, die sichzugunsten der Zivil verwaltung in Zabern ausspricht. (S. des. Art.) * Die Urteile in den Prozessen gegen den Oberst von Roller und die Leutnants Schadt und von Forstner sind rechtskräftig geworden. (S. des Art.) * Wie aus guter Quelle verlautet, kann von einer Festsetzung irgendeines Termins für die An kunft des Prinzen zu Wied in Durazzo vorläufig keine Rede sein. (S. Ausl.) *ZmUngorischenAbgeordnetenhause kam es am Mittwoch infolge der provozierenden Hal tung de: Opposition zu großen Lärmszenen. fS. bes. Art.) * Die Angestellten der Portugiesischen Erienbahngesellschaft sind in den Aus stand getreten. Der Eisenbahnverkehr ist dadurch lahmgelegr. —. * Die Srraßenbahnange st eilten in Kapstadt haben beschlossen, in den Ausstand zu treten. (S. Ausl.) * Nach Meldungen aus Halifax sind mit dem Dampfer „CobiqueS" 15V Personen unter gegangen. (S. bes. Art.) * Durch den Ausbruch eines Vulkans ist die japanische Stadt Kapolchima vernichtet worden. (S. bes. Art.) * Der Leipziger Sportklub schlug im Eishockey in S t. Moritzdie dortige Englander- Mannschaft mit 11 :0. (S. Sp. u. Sp.) Zur preußenbünöelei. * Leipzig, 15. Januar. Wenn es nicht zum Lachen wäre, wär's zum Weinen. Fast ein ganzes Jahr lang haben wir mit lauten Festen die Erinnerung an Deutschlands große Zeit gefeiert, haben Fürsten und Völker gerühmt, die 1813 den Weg frei machten zur deutschen Einheit, und stehen jetzt unter dem Zeichen eines wieder erstarkenden Par- tikularismus. Aber es ist etwas Wahres in dem Worte von der ewigen Wiederkehr der Dinge und Geschehnisse: die Rückschläge von einst tehren wieder; ja es ist so als läge in dem Erinnern an das Vergangene nicht bloß eine Wieder belebung der guten Gedanken, sondern auch der üblen. Werden die einen wach, werden es auch die anderen. Längst Entschlafenes, Tot geglaubtes regt sich und tritt gespensterhaft in die Helle des Tages. Graf Borck von Wartenburg hat es im preußischen Herrenhause für nötig gehalten, den preußischen Ministerpräsidenten scharf zu machen gegen den Reichskanzler. Er sieht Preu ßens historischeStellung durch das wach sende Uebergewicht des Reiches bedroht und er wünscht, daß der Gefahr Einhalt getan werde. Er yat allerdings nicht geträumt. Er zählte ja Herrn von Bethmann säuberlich alle die „Feh ler" auf, die er im Dienste des Reiches nach Meinung der Konservativen zum Schaden der Krone und des Staates Preußens verübt hat. Doch so sehr er Verwahrung gegen den Bor wurf einlegte, daß aus ihm irgendwie eine unfreundliche Gesinnung gegen das Reich spreche: das Gespenst des Partikularismus schaute ihm dennoch über die Schulter. Ja, er regt sich wieder, der preußische Partikularismus, und so geschickt und klug Herr von Bethmann die vor gebrachten Tatsachen der einseitigen Beleuch- tung entrückte, so sehr er im Rechte war, als er betonte, daß das Reich mit seinen Bedürf nissen auf jeden Fall vornanstehen müsse — es ist du zusammenhaltende Körper, den die Bun desstaaten ihres eigenen Daseins willen, nicht entraten können — er ist eben doch da, der Rückschlaa. und wir werden mit ihm zu rechnen haben. Er ist genau so gekommen, aus denselben, wir nröchten beinahe sagen physikalischen Ur sachen wie die Reaktion 1814 auf das Erstarken des nationalen Gedankens, oder wie sie nach 1848 als Gegenströmung auf die Erfolge der parlamentarischen Bestrebungen einsetzte, ja wie sie schließlich jedem politischen Fortschritt auf dem Fuße folgte. Flut und Ebbe. Ein französischer Gelehrte meinte einmal allen Ernstes, die großen Wirtschaftskrisen auf die wechselnden Fleckenperioden der Sonne zu rückführen zu können. Solche Uebergelehrsam- keit ist in unserem Falle nicht vonnöten. Die Raturgeschichte des Konservativismus genügt zur Erklärung der neuen Zuckungen des Partikularis mus durchaus, und daß es nur Zuckungen sind, das nehmen wir an. Daran macht uns auch die Tatsache nicht irre, daß schon vor den Regun gen in Preußen, die jetzt zu dem Vorstoße gegen den Reichskanzler im Herrcnhanse führ.en, aus Sachs en der Notschrei über die Verschiebung des Verhältnisses des Reiches zu den Einzel staaten laut wurde. Das geschah bekanntlich in der Hauptsache wegen des „Uebergriffes des Reiches" in Form der Reichsvermögenszuwachs steuer. Sie war es, die von der sächsischen Re gierung als ein Verhängnis für die Selbständig keit der Einzelstaaten, als eine Erschütterung der Gesamrgrundlage des Reiches, als ein Ver lassen der Bismarcksck)en Wege gedeutet wurde. In Preußen hat sich dieser Widerspruch gegen die Reichsfinanzpolitik verquickt mit anderen, besonders Preußen angehenden Beschwerden und Gefühlen. Dort hat sich letztes Jahr — eine echt partikularistische Blüte — der „Preuße n- bund" gebildet und die ganze konservative Par tei hält sich nun für verpflichtet, sich dieser „politischen Bewegung" anzunehmen. Preußen soll sie führen! Der führende Bundesstaat soll start gemacht werden gegen die wachsende Reichsmacht! So weit sind wir. Ja, wir wer den nächster Tage erleben, daß sich auch die bayerische Zweite Kammer mit dem An träge des Grafen Dorck von Wartenburg be schäftigen wird, untz: damif der Humor nicht, fehlt: Graf Herkling, der bayerische Hi-' nisterpbäsident, wird voraussichtlich erklären: wir Bayern sind mit der Stellung Bayerns im Reiche zufrieden, da unser Staat besonders in letzter Zeit all den Einfluß auf das Reich hat, den es sich wünscht. Er wird vielleicht so gar den Preußengrafen verurteilen, weil er preußischer sei als er, der bayerische Minister präsidentbayerisch! Solche Auseinandersetzungen im Jahre 1914 — welch ein Spaß für das Aus land, welch eine Erinnerung an die schönsten Zeiten des seligen Bundestages! Und doch nur Zuckungen? Wir hoffen es. Zuckungen eines Konservatismus, der auf seine erste Liebe und seine alten Fehler zurückkommt. Sie erinnern uns daran, wie schwer cs ihm einst geworden ist, den nationalen Gedanken zu verstehen und zu dulden. Noch 1861 sprach Herm. Wagner, einer der fähigsten Führer der Konservativen, auf dem Parteitag in Berlin von dem „Nationalitätenschwindel", womit er ebenso wie viele andere den Drang zur nationalen Einheit verstand. Die „Kreuzztg." schrieb ja noch im Jahre 1882, obwohl ihre Par tei von der Begeisterungswoge der Kriegs- zeit förmlich mitgerissen worden war, sie stehe dem Schlagwort „national" abgeneigt gegenüber. Vom „Laster des Patrio tismus, ausgebrütet vom Pantheismus" schrieb der hochachtbare, auch innerlich konservative Führer Ludw. v. Gerlach in seinen „Auf zeichnungen". Was machte gerade den echten preußischen Konservativen die „neue Zeit" so schwer? Nun eben ihr Konservatismus. Nichts natürlicher. Sie fürchteten, dieses Preußen, an dem sie mit Herz und Seele wie auch mit ihrem ganzen Wirtschaftswesen hingen, werde un Reiche seine Eigenart, seine Standhaftigkeit, seinen Beruf einbüßen; es werde, einmal mit dem Reiche verbunden, belastet mit der Führung, im Reiche auf geh en. Wir wissen, wie König Wilhelm bis zu der Stunde der Kaiserverkün dung in Versailles von dem Gefühl gequält wurde, Bismarck könne sich vielleicht doch mit dem Kaisergedanken geirrt, könne die preußische Krone einer ungewissen Zukunft ausgeliefert haben. Er wollte, daß die Bedeutung der preu ßischen Krone auch nicht um Haaresbreite ein büße. Alles sehr erklärlich. Und Bismarck tat alles, um diese Bedenken zu überwinden, und dennoch sah er klar, daß allerdings etwas Neues auf den Plan getreten war, was auf Preußen in erster Linie zurückwirken müsse, ein Zukunftgestaltendes, sah, daß diese Zukunft Schwierigkeiten zwischen Reichsgewalt und Staatensouverlnitat bringen werde. Dennoch mußte der konservative* Gedanke vor der Staatsnotwendigkert weichen, und er wird immer weichen müssen, wenn das kommende Neue Platz finden soll. Und heute? Was da an partikulacistischen Sorgen um stie Zukunft Preußens und der Einzelstaaten auftaucht, ist eS nicht wiederum aus konservativer SiaatSauf- fassung gezeugt! Man tut so, als ob die inne ren Reich-Verhältnisse ein für allemal abge schlossen seien und beruft sich auf Bismarck, der doch selbst oft genug gesagt hat, datz die Reich-verfassung in sich selbst die Keime der Weiterentwicklung trage. Will man sie ersticken, so kann es nur geschehen zum Schaden des Reiches. Auch das Reich ist ein lebendiger Organismus; hindert man seine innere Entwick lung, weil sie für die Einzelstaaten Unbequem lichkeiten mit sich bringt, so schafft man zwar vielleicht im konservativen Sinne einen segens vollen Beharrungsznstand, in Wirklichkeit aber macht man das Reich krank, macht es unfrucht bar. Und wenn das gelänge — wäre den Einzelstaatcn geholfen? Die Frage beantwortet sich selbst. Die deutschen Bundesstaaten sind heute — so wollte es nun einmal unsere Ge schichte — nur denkbar im Reiche. Sie wer den mit ihm stehen und fallen. Darum ist das Auftreten des Reichskanzlers im Herrenhause gegen den Grafen Aorck nicht, wie manche mein ten, eine überraschende politische Wendung, eine verzweifelte Tat („Man sagt, er wollte sterben"), sondern der Ausdruck einer klaren staatsmänni schen Erkenntnis. So muß, mindestens so muß ein Reichskanzler sprechen, einerlei, ob er von Hause aus mehr konservativ oder mehr liberal veranlagt ist. Ein Reichskanzler, mag er nun Bismarck oder Bethmann oder anders heißen, kann sich nicht an der Galvani sierung preußisch-junkerlicher Sonderpolitik be teiligen. Es wäre schlechthin amtswidrig. Nachklänge zu -en Vorgängen in Aadera. Die Urteil« sind rechtskräftig. Von besonderer Seite erfahren wir aus Straß burg : In den Prozessen gegen den Obersten v. Reuter und den Leutnant v. Forstner erklärte der Gerichts herr Verzicht auf die Einlegung des Rechtsmittels. Beide freisprechende Urteile sind damit rechts kräftig geworden. Der Militärdienst der Elsaß-Lothringer. Offiziös wird fern<c folgendes mitgeteilt; Die Vorgänge in Zabern' dürften eine erngehende Prüfung verschiedener militärischer Fragen im Geiolge Haden, die im Verlause der Verhandlungen. über diese Angelegenheit hervor getreten sind. Daß man von dem früheren Brauche, die Elsaß-Lothringer außerhalb der Reichslande dienen zu lassen, abgegangen ist, hat die bedenkliche Erscheinung gezeitigt, datz die Reservisten des 99. Regiments aus der Umgegend von Zabern sich an den Kundgebungen in der Stadt beteiligten. Man wird daher, wie in militärischen Kreisen verlautet, vermutlich wieder zu der alten Hebung zurückkehren. Auch wird man sich bei der Einstellung der Mehrjährigsrelwilllf.en die Leute elwas näher auf ihr bisheriges Verhalten an sehen, da ja nach der Webrordnung der Regiments kommandeur über die Einstellung selbständig zu entscheiden hat. Die Einjährig-Freiwilligen werden hiervon nicht berührt. Nochmals Zabern in der bayrischen Abgeordneten kammer. München, 11. Zanuar. «Eigener Drahtbericht unseres Mitarbeiters.) Zm bayrischen Landtage griff heute unter Bezugnahme auf die Straßburger Urteile der Sozialdemokrat Dr. Süßheim scharf die Militärgerichte an und erklärte, solche Urteile seien nur eine Demonstrackon zur Bekundung von militärischer Jnteresiensolidarität. Diese militä rischen Sondergerichtshöfe seien über haupt überflüssig, da sie nicht Recht sprächen, sondern nur die militärische Autorität verträten. Ein Vertreter des bayrischen K r ieg s mi ni st e r i u m s wies die Angriffe zurück. Dr. Süß - heim hielt aber seine Kritik aufrecht und erklärte, man könne nicht obiektiver Richter und Vertreter des Militärs sein. Daher käme es auch, daß so viele Militärgerichtsurteile dem Rechts gefühle des Volkes ins Gesicht schlügen." Eine Resolution der reichsländischen Zweiten Kammer. Straßburg, 1-t. Zanuar. Zn der Zweiten Kammer gab heute nachmittag zu Beginn der Debatte über die Interpellation betr. Zabern der Präsident Dr. Ricklin folgende von den vier Parteien des Hauses eingebrechte Resolution bekannt: Die Zweite Kammer ist mit der Regierung der Ueberzeugung, daß die Zivilverwaltung in Zabern durchaus ihre Pflicht getan, und daß,zu dem Eingreifen des Militärs jeder tat sächliche Anlaß und jede rechtliche Grundlage ge fehlt hat. Sie stellt fest, daß die Regierung in dem engen Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Be fugnisse eine größere Energie zur Erlangung einer Genugtuung für die dem elsaß-lothringischen Volke zugefügte Beleidigung hätte entfalten sowie zur Aufklärung und Beruhigung etwas hätte tun können. Äe vermag endlich in der gestrigen Er klärung des Staatssekretärs keine .Gewähr gegen eine Wiederholung solcher gesetz- und rechtsoerletzender Vorkommnisse zu finden. Die Zweite Kam- . mer bittet den Reichstag, dem sie für sein energi sches Eintreten den Dank des elsaß-lothringischen Volkes ausspricht, in Fortführung des Kampfes um die Wahrung von Gesetz und Recht einzutreten: - erstens für eine den modernen bürgerlichen An. schauungen entsprechende retchsgesetzltche Abgrenzung der Gewalt en; zweitens eine Reform der Militär-Gerichtsbarkeit und drittens «inen Ausbau unserer Ver fassung in der Richtung der vollen bundes staatlichen Selbständigkeit Elsaß-Lothringcns. Nach Eintritt in die Tagesordnung ergriff Unter staatssekretär Dr. Petri das Wort, um folgendes auszuführen: Es ist richtig, daß die drei Staats anwälte in Zabern von dem Vorsitzenden des Kriegsgerichts nicht geladen waren. sHört, Hört.) ErhabedaraufdieStaatsanwältevondcrVerpflichtung zur Amtsverschwiegenheit entbunden und telegraphisch aufgefordert, sich dem Präsidenten des Kriegsgerichts zur Verfügung zu stellen. lBravo). Sie haben Punkt für Punkt die Angriffe wider legt, die Oberst v. Reuter erhoben hatte. Zch hatte meinerseits Veranlassung genommen, einen Bericht vom Oberstaatsanwalt einzufordern, der vor gestern eingelaufen ist Daraus ergibt sich, daß die Staatsanwaltschaft durchaus sachge mäß gehandelt hat. Dabei ist festzusiellen, daß gegen keine einzige Zivilperson eine An zeige ergangen ist und somit auch keine Verfolgung von Zivilpersonen eintreten konnte. Oberst v. Reuter hatte keinen Grund, der Meinung Ausdruck zu geben, alsobdieStaatsanwaltschaft bei ihren Entschließungen von einer gewissen Voreingenommenheit befangen sei, sei es gegen die Person des Obersten, sei es gegen das Militär überhaupt. Ich weise entschieden eine solche Unterstellung im Namen der Staats anwaltschaft und der ganzen Justizverwaltung zurück. (Lebhaftes Bravo.) Bezüglich der Zu- rückhaltung der Verhafteten im Pandurenkeller verweise ich auf die gest rige Regierungserklärung. Verwahrung muß ich aber dagegen einlegen, daß Oberst v. Reuter seine Maßnahmen damit begründet, es sei nicht danvit ab getan, daß die Sistierten dem Amtsgericht vorgeführt werden. Daraus klingt der Vorwurf, das Gericht würde seines Amtes nicht pflichtgemäß walten und die Verhufmr.gen nich^ mit dein nötigen Ernst Lei^nLrln Unterstaatssekretär Petri erklärte weiter: Die Justizverwaltung hat die Interessen der Justiz nach bestem Wissen und Gewissen gewahrt. Ich schließe mit der Erklärung, daß auch fernerhin unbegründete Angriffe und Vorwürfe gegen die Justizbehörde von mir mit aller Entschiedenheit zu- rückgewiesen werden, von welcher Seite sie auch kommen mögen. (Lebhaftes Bravo!) Abg. Hauß sZtr.) drückt dem Unterstaatssekretär die Anerkennung des Hauses für seine energischen Worte aus. Um so weniger habe die gestrige Re gierungserklärung befriedigt, in der vor allem eine. Garantie dafür vermißt werde, daß künftighin die verfassungsmäßigen Zustände ein« strenge Beachtung finden, eine Garantie, die doch in Donaueschingen feierlich verkündet worden sei. Dio erschreckende Kluft, die sich zwischen dem bürgerlichen Rechts bewußtsein und den haltlosen Ehr- uird Rechts- begriffen des Militärs aufgetan habe, sei unerträg lich in einem Rechtsstaat, der die Freiheit des Bür gers garantiert. Redner kritisierte das Kriegsgerichtsurteil scharf. Die Beein flussung des Polizeipräsidenten v. Zagow sei nicht die einzige, die in diesem traurigen Prozeß zu kon statieren war. Daß sich darunter auch der Kron prinz des Deutschen Reiches befinden soll, schmerze die Elsaß-Lothringer besonders schwer. Die Ka binettsorder von 182l), auf die sich der Oberst be rufen habe, sei ungültig. Es sei erwiesen, daß dia Kräfte der Zivilverwaltung in Zabern genüaten, um Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten. Trotz des Urteils blieb der Abg. Hauß dabei, daß Oberst v. Reuter und seine Offiziere wider Recht und Gesetz die Zivilgewalt an sich gerissen und Freiheitsberaubungen schlimmster Art verübt hatten. Hat, sagte Redner, dem Obersten v. Reuter auch das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gefehlt, als ihn Richter und Staatsanwälte auf das Un gesetzliche seines Vorgehens aufmerksam mochten? Das Gericht verfolgte sonderbarerweise diese Spuren nicht. Es wäre der Schleier gelüftet worden und dann wären General v. Deimling und der Chef seines Generalstabes Graf Waldersee erschienen, die die Vorgänge in Zabern verschuldeten. Noch nie ist die Regierung so mit Ruten gezüch tigt worden. Pflichtverletzung hat man ihr vor geworfen. Zn Zabern selbst hat sie ihre Pslicht und Schuldigkeit getan. Zn Berlin durfte der Vertreter der Regierung in eigener Sache nicht forschen. Der Fall Zabern zeigt somit in krassester Weise di« Ab hängigkeit unserer Regierung von Berlin. Der Träger der Staatsgewalt in Ellaß- Lothringen ist in erster Linie der König von Preußen. Sobald die elsaß-lothringischen Interessen mit den preußischen in Widerspruch geraten, wird sich natur gemäß das Herz dieses Kaisers und Königs auf preußische Seite neigen. Große Lärmfzeaen im Ungarifthen Mbgeorüneteahause. Aus Pest, 14 Januar, meldet der Draht: In der heutigen Sitzuna des Abgeordnetenhauses kam es u großen Lärmfzenen. Die Opposition war äußerst erregt darüber, daß der Immunität», ausschuß wegen verschiedener Vorfälle in der gestrigen Sitzung für heut« einen Bericht vorbereitet hatte, worin dem Abgeordnetenhaus« äußerst drakonisch« Strafen für einige Abgeordnete vorgeschlagen werden. Unter großer Erregung de» Hauses wurde die Sitzung eröffnet. Zu Beginn ber Sitzung rief der Präsident den Ministerpräsidenten Grafen Ti» za zur Ord»
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