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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.09.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191109107
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110910
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110910
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-10
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Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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nicht genügt. Unserer Meinung nach waren di« Kompensation««, die Frankreich Deutschland am Kongo machen wollt«, mehr alsausreichend. Deutsch land scheint e, darauf abgesehen zu haben, sich den Hak auch der Rationen zu erwerben, die eigentlich an dem Marokkohandel unbeteiligt sind. Denn dieses ewige Hin und Her mutz auf die Dauer unerträglich werden, und nicht nur Frankreich und Deutschland schädigen, sondern alle Nationen." Aehnlich äußert sich der »Standard": „Frankreich ist bereit, seinem Gegner beträchtliche Gebiet« am Kongo abzutreten. Warum ist Deutschland hiermit nicht zufrieden? Will es durchaus die Marokkover- handlungen auf die Spitze treiben? Unserer Mei nung nach sind die Kompensationen, die Frankreich Deutschland gewähren will, völlig aus - reichen d." Belgische Kriegsfurcht. / Brüssel. 9. September. (Eig. Drahtmeld.) Bis zu welchem Grade sich die K r i e g s f u r cht in Bel gien gesteigert hat, und mit welcher Nervosität die belgisch« Negierung «inen bevorstehenden Krieg zwischen Deutschland und Frankreich ins Auge saht, tritt aus den verschiedensten Ereignissen immer klarer zutage. Die Festungswerke der starken Stadt Namur wurden im Lause des gestrigen Tages einer eingehenden Inspizierung durch den bel gischen Kriegsminister unterzogen. Die Forts wur den auf ihren Kriegszustand geprüft und sämtliche Laufgräben neu instand gesetzt. 220.F ässer Pul ver, die in Namur ankamen, wurden nach Ma lo n n e, einem starken Außensort von Namur. trans portiert. vom SSchlilcken Lsnüeskulturrste ging „Wolfs Sächsischem Landesdienst" folgende Zu- schuft zu: „In einem unter der Uederschrift „Hitze und Teuerung" kürzlich erschienenen Zeitungsartikel wird den Landwirten der Borwurf gemacht, dass die bis her erschienenen Notstandsberichte ein Pro- duktderllcbertreibung und künstlicher Mache seien. Die Rheinische Landwirtschastskammer soll es als falsch bezeichnet haben, die Wirkung der Hitze zu verallgemeinern und von Not und Teuerung zu sprechen. In einem am 3. August an di« „Rheinisch- Westfälische Zeitung" gerichteten Schreiben hat die Landwirtschastskammer für die Rheinprovinz die Ernteaussichten wie folgt gekennzeichnet: Das Wintergetrcidc dürfte in allen Teilen d«r Provinz einen normalen Ertrag bringen, und nur auf einzelnen sehr trockenen leichten Böden ist eine Notreife eingetreten. Die Körnercrnte bei d«n Sommerfrüchten ist in den meisten Fällen trotz der anhaltenden Trockenheit noch eine zufrieden- stellende; dagegen wird der Durchschnittsrohertrag erheblich hinter einer guten Mittelernte Zurück bleiben. Die Hackfrüchte haben unter der Trocken heit vielerorts sehr zu leiden gehabt. Ein bald cintretender befruchtender Regelt könnte bei diesen Früchten aber noch viel verbessern. Zurzeit lässt sich also ein endgültiges Urteil über den Ausfall der Hackfruchternte nicht abgeben. Der erste Futter schnitt brachte fast ausnahmslos eine volle Ernte, die durchweg aut eingebracht werden konnte, so daff groß« und nährstoffreiche Futtervorräte vorhanden sind. Dagegen wird der zweite Futterschnitt und der Ertrag der LVeiden fast überall gering aus fallen. Auch die Futterbilanz wird sich noch wesent lich günstiger gestalten, wenn bald ausgiebiger Regen fällt, wodurch die Futterflächen und Weiden noch erheblich nachwachsen könnten, und namcnt- " kich Gelegenheit zu einem ausgedehnten Herbst futterbau gegeben würde." Also schon am 3. August hatten di« Hack früchte vielerorts von der Trockenheit gelitten und waren die Aussichten für den zweiten Fut terschnitt recht «gering. Da seit dem 3. August auch noch keine nennenswerten Niederschläge eingetreten sind, so haben sich die Aussichten für die Hackfruchterrrt« nicht gebessert, sondern bedeutend verschlechtert. Bei der herrschenden Trocken heit war es ferner unmöglich, Herbstfutter anzudauen, auch haben die Futterflächen ineist gar keinen Er trag gebracht. Wenn also der Ausfall der Getreide- und Heuernte im allgemeinen al» -ufrie-denlstellend bezeichnet werden könnte würde dadurch der «norm« Verlust, den der «ngünstöge Ausfall bei der Hack- frucht- und Grünfutterernte verursacht hat, bei weitem nicht ersetzt werden. Aber mich die Heuernte hat nicht überall befriedigt; denn vielfach hatten die Wiesen im Frühjahre unter den Spätfrösten gelitten. Der Vorwurf einer Uebertreibung mutz daher als ganz unbegründet zurückge wiesen werden. Selbst wenn jetzt noch ausreichende Niederschläge eintreten, so würde dadurch die herr schende Futternot nicht wesentlich gebessert; denn es ist ganz ausgeschlossen, noch Herbstfutter anzubauen, weil die Vegetationsdauer viel zu kury ist. * Die prenhische Regiernng und di« Futternot. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Die infolge der anhaltenden grossen Dürre eingetretenen oder noch zu erwartenden Schädigungen bilden überall den Gegenstand ernster worge. Der Kaiser sprach bereits aus, wie sehr ihn die im Lande aus dem Misswuchs dieses Jahres drohende Not beschäftige. Er beauftragte den Reichskanzler und Minister präsidenten, alle im Bereiche staatlicher Möglich keit liegenden Massregeln zur Abhilfe des Not standes zu ergreifen. Die Staatvregierung hatte, sobald die Futternot einen gefahrdrohenden Umfang annahm und erkennbar war. dass auf eine wesentliche Besserung nicht mehr zu hoffen sei, die sofortige Einführung von Not standstarifen beschlossen und durch eine Reihe anderer Massnahmen fördernd eingegriffen. In zwischen wurde geprüft, was weiter geschehen kann, um den durch die Dürre gefährdeten Interessen mit augenblicklichen praktischen Massnahmen zu Hilfe zu kommen. Alle Möglichkeiten, von denen man sich rn dieser Hinsicht Erfolg versprechen kann, wurden ein gehend erwogen. In einer bevorstehenden Sitzung des Staatsministeriums wird über die Aus führbarkeit und Zweckmässigkeit der einzelnen Vor schläge entschieden und danach das Erforderliche sogleich veranlasst werden. Es steht zu Lösten, dass es dem ein mütigen und uneigennützigen Zusammenwirken aller berufenen staatlichen und volkswirtschaftlichen Kräfte gelingt, dem Lande über die Folgen dieses verhäng- uisvollen Sommers hinwegzuhelfen. Wir be dauern, dass hier und da versucht wird, die durch ein elementares Ereignis hervorgerufene Not, die zunächst die landwirtschaftlichen Produzenten in den von der Dürre leidenden Landesteilcn trifft, aber auch in jedem Haushalt durch die Verteuerung der Lebensmittel fühlbar wird, zur Bekämpfung unserer Wirtschaftspolitik auszunutzen. Wie wenig unser wirtschaftspolitisches System für den gegenwärtigen Notstand verantwortlich gemacht werden kann, zeigt am besten die Tatsache, dass die Folgen der ungewöhnlichen klimatischen Erscheinungen dieses Jahres sich mit gleicher oder grösserer Härte auch da geltend machen, wo die Wirt schaftspolitik auf anderer Grundlage beruht Die Fahrt -ec „Schwaben". Seit dem Unfall der „Deutschland" vor der Unter- kunftshalle in Düsseldorf am Iti. Mai d. I. begannen auch begeisterte Anhänger Zeppelins und seines Werkes zu zweifeln an der Zuverlässigkeit seiner Erfindung. Mit dem neuen Erfolge des Kreuzers „Schwaben" wird die alte Frage von neuem auftrctcn und die Meinungen werden sich sclfei.X'n in dem Ruse: Hie Starrballon, hie Prall ballon! Darüber zu rechten ist unnütz. Denn im sicheren Siegessluge breitet das Flugzeug seine Schwingen über Starre, Halbstarre und Pralle, und es kann nach den heutigen Erfahrungen keinem Zweifel unterliegen, dass die Zukunft dem Flug zeuge gehört, soweit wir auch noch entfernt sind von dem Ideal eines nach jeder Seite hin durchaus brauchbaren Vertreters seiner Art. Das soll vorausgeschickt sein. Nicht zur Schmälerung des in harter, nervenzerreibender Ar- beit wohlverdienten Ruhmes der Erfinder und deren Mitarbeiter im Lenkballonwesen, sondern zur gerechten Würdigung der Drnge. Denn es gilt, da» Kind niA mit dem Bade auszuschütten. Wie draussen im Wellenozean die schweren Schlachtschiffe das windmurrende Gewässer überwinden uno die Truppenmenge hinaustragen, um das entscheidende Wort zu sprechen, so find die Kraftballons die Dreadnoughts der Luft, und wie im Seekampfe die Torpedoboote dem gepanzerten Kame raden vorauseilen und Plänklervienst ver» richten, Aufklärungsarbeit leisten, so sind im Reiche der Luft die motorbewehrten Riesenvögel, die Flugzeuge dazu berufen, bis sie dereinst den Kraftballon einmal ersetzen können. So lange das nicht möglich ist. besitzen beide gleiche Daselnsrechte. Gleichviel zu welcher Art der Luftkreuzer der einzelne sich zählt. Denn jeder hat uns seine Mängel schon bewiesen, jeder seinen Sieg gefeiert. Und gestern feierte ihn wiederum einmal nach langer Pause Graf Zeppelin. Er verdient ihn ganz. Denn wenn der greise Erfinder am Bodensee sein Lebensbuch durchblätter:, so findet er an sich das alte Sprichwort der Hebräer vom Menschenleben bestätigt: „Wenn es köstlich ge wesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen." Bei aller Arbeit, bei jedem Erfolg grinste ihm das hämische Gespenst des Missgeschickes über di; Schulter und gestaltete sein Leben zu dem so vieler Erfinder: Verkannt und bejubelt, ein stetes Auf und Nb. Aber der Mut und Glaube an sich selbst hielten ihn hoch, zwangen ihn immer wieder zum Wollen Müssen. Ein Blick über die Hauptereignisse aus seiner Lebensarbeit gibt darüber den besten Aufschluss. Das erste Patent des Grafen Zeppelin über seinen Lenk ballon ist ausgestellt am 31. August 189.3 und führt die Nummer 98 830. Durch einen Aufruf sollten kapitalkräftige Kreise für die Aus führung seiner Pläne gewonnen werden. Zu diesem Zwecke nahm am 16. Juni 1897 die 38. Hauptver sammlung des Vereins deutscher In» genieure Stellung zu den Zeppelinschen Ent würfen und stellte für den Aufruf das Gutachten eines Sachverständigen-Ausschusses aus. Aber erst im Mai des folgenden Jahres wurde die „Gesellschaft zur Förderung der Luftschiffahrt in Stuttgart" zum Bau eines Luftkreuzers gegründet. Am 15. April 1899 wurde die Gesellschaft nach Friedrichshafen verlegt, wo inzwischen zu Be ginn des Jahres der Bau der ersten Luftschiff halle begonnen batte. Unterdes war auch die Lieferung der Einzelteile, besonders des Aluminium gerüstes, an die Firma Carl Berg in Lüdenscheid vergeben worden. Am 2. Juli 1900 fand der erste Aufstieg des Zeppelinluftschiffes Nr. 1 statt, der 17 Mi nuten dauerte. Der 17. Oktober brachte die zweite, der 21. die dritte und letzte Fahrt. Die Ergebnisse dieser Probeaufsticge befriedigten die grossen Erwar tungen nicht, und da es an Mitteln zur Fortführung der Versuche mangelte, konnte erst vier Jahre später mit dem Bau des Zeppelin Nr. 2 begonnen werden. Non einem schweren Schicksalsschlage wurde der Graf durch die am 19. Februar 1901 erfolgte Liquidation der „Gesellschaft zur Förderung der Lutsschiffahrt" betroffen. Er musste sein Vermögen opfern und sein Luftschiff ankaufen. Am 30. November 1905 erfolgte der erste ergeb» nislose Versuch mit Z. Nr. 2. Er konnte wegen des niedrigen Wasserstandes nicht abkommen und wurde erheblich beschädigt. Der nächste Versuch, am 17. Ian. 1906, brachte wieder einen Unfall: Das Luftschiff wurde aufs Land getrieben und vom Sturm so zugerichtet, dass das Ge r Lst abgebrochen und zum Wiederaufbau in die Halle gebracht wurde. Im Herbst des genannten Jahres begannen die Aufstiege des Z. Nr. 3. Bei dem zweiten am 10. Ok tober blieb das Luftschiff 2 Std. 17 Min. in der Luft und legte 110 Icm zurück. Diese Leistung gab einen neuen Ansporn, den Fortbestand des Werkes zu sichern. Deshalb wurde im April 1907 eine Geld lotterie zugunsten dessen veranstaltet. Im Sep tember wurden die Fahrten fortgesetzt und am 27. übernahm das Reich die Zeppelinhalle am Bodensee. Das Jahr 1908 brachte die Dankesschuld des Reiches: Der Etat sah eine Entschädigung von 500000 an den Grafen und die Erwerbung zweier Zeppelinkreurer vor. Inzwischen ging Nr. 4, bedeutend vergrößert, seiner Vollendung ent gegen. Am 15. Dccirz 1909 vollzog Z. l mit militärischer Besatzung die erste Landung auf festem Boden. Am 29. Mai begann die Fernfahrt des Z. Hl von Friedrichshafen nach Bitterfeld und zurück bis Göppingen, wo bei in 37 Stunden 40 Minuten 1000 lau zurückgelegt wurden, womit der Weltrekord der Dauer und Länge für Lcnkballons aufgestellt wurde. Bei der Rückfahrt wurde zur Ergänzung des Benzinvorrates in Göppingen eine Zwischenlandung vorgenommen, dabei stiess die Spitze des Luftlreuzers an einen Birnbaum, wobei das Aluminiumgeriist beschädigt wurde. Nach vorläufiger Ausbesserung des Schadens stieg das Luftschiff am 1. Juni wieder auf und fuhr mit eigener Kraft zur Holle nach Friedrichshafen zurück. Am 29. Juni begann die Ueberiüh- ruug des Z. I von Friedrichshafen nach Metz mit militüriicher Besatzung. Der strömende Regen zwang die Insassen zu einer Zwischenlandung bei Biberach, die vom 29. Juni nachmittags 4 Uhr bis zum 3. Juli 11 Uhr abends währte. Das Luft schiff, das ohne schützende Halle Wind und Wetter pre sgegeben war, bewährte sich glänzend und er reichte mit Eintritt günstigerer Wettervcrhültnisse am 4. Juli Metz. Am 27. desselben Monats fanden die Probefahrten des „Z. ll" zur Abnahme durch die Reichsmilitärkommission statt, die am Tage darauf erfolgte. Bei einem Fluge von der Internationalen Lustschiffahrts - Ausstellung von Frankfurt a. M., wohin „Z. ll" am 31. geflogen war, am L August nach Köln erlitt das Luftschiff einen Schraubenbruch. Am 27. August unternahm Z. lll mit acht Passa gieren an Bord die grosse Fahrt von Friedrichs hafen nach Berlin. Die Abfahrt erfolgte vor mittag 4 Uhr 40 Min., die Landung in Berlin am 29. mittags ',1 Uhr in Gegenwart des Kaisers auf dem Tegeler Schiessplätze. Noch am selben Abend wurde der Rückflug angetreten. Hinter Wittenberg, beim Dorfe Bülzig, durchschlug eine abgebrochene Schraube mehrere Gaszellen. Am 1. September wurde die Rückfahrt fortgesetzt und die Halle am Bodensee nach 23stündiger Fahrt erreicht. Der letzte Aufstieg eines Zeppelinballons im Jahre 19M erfolgte mit Z. lll am 27. Oktober. Gelegentlich der Kaisertage in Homburg v. d. H. im April 1910 erschien neben dem Parieval und Gross auch Z. ll. Als er am 25. April eine Eas- nachfüllung erhalten sollte» riß er sich von den Ankert au en los und wurde — da kein Steuer mann an Bord war — führerlos davongetrieben. Der Lufttreuzer flog etwa 20 lcm weit und blieb mit seinem Hinteren Teile in der Nähe der Stadt Weilburg in einer Baumgruppe hängen. Das Luftschiff wurde völlig zerstört. Am 22. Juni trat Z. VII, das erste Passagierluftschiff nach dein Zeppelintyp, das den Ehrennamen „Deutsch land" erhielt, die Fahrt vom Bodensee nach Düsseldorf an. Es entwickelte eine durchschnitt liche Stundengeschwindigkeit von 70 km und traf nach 8^ stündiger Fahrt in Düsseldorf em. Die Flugstrecke betrug rund 500 km. Bei einer Passa- gierfahrt strandete die „Deutschland" im Sturme über dem Teutoburger Walde und wurde zum Wrack. Ein Baum drang durch den Boden der Passagicrkabine, ein anderer in die Hülle. Dadurch wurde das Luftschiff sestgehalteu. An Bord befanden sich 20 Mitglieder der Presse, zwei Direklionsmitglieder der „Delap" und 10 Mann der Bedienung. Das Luftschiff wurde vom Militär zusammengeschlagen und stückweise nach Friedrichshaien gebracht. Der 14 September war wiederum ein Unglücks tag. wieder sank ein stolzer Zeppelinkreuzer in Trümmer. In der sicheren Luftschiffhalle in Vaden- Oos sing die Umhüllung durch die Unvorsichtigkeit eines Monteurs Feuer. Das Luftschiff Z. VI war Sus üer Geschichte üer -rutschen Familiennamen. Don Geh. Baurat H. Bens (Halle). (Nachdruck verboten.) Die Geschichte der Familiennamen bildet ein höchst iutcressantes Kapitel, und es ist oft erst.zuniich, welch« Wandlungen, ja selbst Neuformungen viele Familiennamen durchgemacht haben, bis sie ihre heutig« Gestalt erhielten, und welche oft tief in Las Dunkel der Vergangenheit hineinreichcnde Beziehun gen die Forschung in ihnen nachzuweisen vermag. So wanderte vor etwa 100 Jahren ein Westfale, namens Möller, nach Frankreich aus; er kehrte hochbetagt nach Deutschland zurück, aber er schried sich nun Möllers, franz. Moöllers. Denn so hatte man in Frankreich auf Wunsch Möllers, der feinen deutschen Namens ichlusskonsonanten „r" betont wissen wollte, die Schreibweise festgelegt. In vielen Gegenden der al'.en Landschaft Thüringen heissen auf dem Dorie noch viel fach die alteingesessenen Familien der Hufschmied« „Böhland", auch „Böhlandt" usw. In diesem Na men wollen manche unter Anwendung einer Laut verschiebung noch den Namen Wielands, des Schmie- -es im altdeutschen Sagenkreis«, wiedererkcnnen. In und um Leipzig kommt der aus den Pyrenäen stammende Familienname „Desbarato" vor; es findet sich aber gleichfalls hier ein Familienname „Depa- rade"; beide Namen find offeNbarlich nahe einander verwandt, vielleicht nur dialektische Verschieden heiten. Das spanische Wort „Desperado", durch irgendein französisches Patois vermittelt, dürst« bei den Formen wohl zugrurrd« liegen. Ein Zweig der Hugenottenfamilie Dupont kam nach Nürnberg und nahm hier mit der Zeit den Beinamen „Nürnberger", den sich dieser Zweig selbst zugelegt hatte, und später diesen Beinamen als Familiennamen an. Der volle Name unseres früheren Reichskanzler- Caprivi lautete: „Tonte di Caprivi da Caprara. oi Montecuculi d'Aosta." Das „di Montecuculi d'Aosta" ist ein ehrender Beinamen, den nur der Familien zweig mit dem Rechte der Bererbung führte, welchem der Reichskanzler entsvrosscn. Familiennamen wie „Böhmer", „Bömer", stam men von Vorfahren her, die mit „Bäumen" zu tun hatten; so wurden z. B. in vergangenen Iahrhun- derten in alten Ostseehäfen die Hafeneinganaswärter „Böhmer" usw. genannt, weil sie den schweren „Baum", der die Hafeneinfahrt frei liess oder sperrte, zu öffnen und zu schliessen hatten. Aus Flandern ist ihrer Zeit auf Umwegen eine Familie nach Berlin gckonimen, deren Namen aus dem Beinamen „de Vricnt", das heisst „Der Freund", entstanden ist. In Berlin wurde der Name, wie das auch vorher Wallonen schon getan hatten, französisch ausgesprochen, nämlich „Deoricü"; die berühmte Schauspielerfainilie Devrient, von der hier die Rede ist, wird ja allen bekannt fein. Im Niederrhcinischen steht oit vor den Eigennamen das Wörtchen „de", was aber nichts mit dem französischen „cis" zu tun hat, wohl aber der volissprachliche Artikel ist. So nnden wir hier Familiennamen wie: „de Jongs", d. h. der Junge, „de Weerth", d. h. der Wirt usw? In dem im Norden viel vorkommenden schles- lvigisch-jütischcn Namen „Nissen" usw. bedeutet „Ncss" so viel wie Nix. Puck, Kobold; zur besondere» Be kräftigung spricht mau dort gern von einem Nisscpuck, der die unartigen .Kinder zur Raisou bringen soll. Es iss merkwürdig, dass wir bei manchen bedeu tenden Männern allmählich ihre Familiennamen zu vergessen anfanzen. Schon der unlängst verstorbene Naturforscher und Schriftsteller Ernst Krause hat sich mit seinem angenommenen Schriftstellernamen „La rus Sterne" so eingebürgert, dass wir nur diesen letzten Namen zitieren. Der Dichter Matthias Clau dius führte auch den Namen „Asmus", der wohl sein eigentlicher Nams gewesen ist. Der Schriftsteller Jean Paul hiess im bürgerlichen Lebe» Jean Paul Friedrich Richter; der höllische Komponist Julius Ro bert Franz stammte aus der Hallorenfamilie „Kncinth", welch letzteren Name» er mit Zustimmung der Behörde ablegt« und dafür den Mitvocnamcn ZZranz^ als seine» Familiennamen annahm. Marlkn Greif hieß eigentlich Hermann Frey, Jeremias Gatt- Helf Albert Bitzius usw. Rembrandt ist ein Vor name, der Maler dieses Namens hiess ausserdem noch .Harmenszoon", d. h. Harmenssohn: sein Vater, ein Müller an einem Rheinarme wohnend, hatte die Vornamen: ..Harme» GerritszoonIm Volksmunre wurde der Familie dieses Müllers schon ein Bei namen, auf den Rhuu, d. h. den Rhein, bezüglich ge geben. Rembrandt selbst nahm diesen Beinamen als regelrechten Familiennamen an; seitdem lautet sein voller Familienname: „Rembrandt Harmenszoon van Ryn". Ob nun schon Rembrandt selber aus irgendwelchen Gründen die ungewöhnlich« Schreib- iveise „von Ryn" statt, wie es heissen müsste, „van Len Ron" angcwcndet hat, soll dahingestellt bleiben. Der 1801 in Weißenfels a. S. verstorbene Dichter von Hardenberg legte sich den Schriflstellernamen „Novalis" bei. Er leitete nach damaliger Zeit anschauung da» Wort Hardenberg von „Harterberg" ab und letzteres Wort war ihm gleichbedeutend mit Brachacker. Der Brachacker heisst aber lateinisch atsb vovalis oder, unter Weglassung des crsvr, wenn sollst kein Irrtum entstehen kann, einfach novulis. Wir sprechen heute vom Dichter Novalis. Melanch- rhmis deutscher Name war Schwarzert, was so viel wie Schwärzer bedeutet; Melanchthon al»er nahm dieses Wort für „Schwarze Erde" und schuf dazu die griechische llebersetzung, als neue Namenssorm für sich. Familiennamen wie „Stein von Kaminsky" sind so entstanden, daß vor etwa 200 Jahren ein deutscher Adeliger „von Stein" nach Polen übersiedelte und dort aus dem slawisäzen Worte „Kamiän" für Stein noch einen besonderen, aber gleichbedeutenden Zusatz zu feinem Namen fchuf. Der Berg „Mont Saint-Michel" am Aermelkanal mit einer berühmten, ehemaligen Benediktiner-Abtei, mit seinen stolzen kirchlichen, palast- und burgartigen Bauwerken war schon im Mittelalter durch ganz Frankreich so angesehen und so gepriesen, dass er nur einfach „le Mont' genannt wurde. Troubadoure, die, riickk-hrend von Len Pyrcnücnpössen, nach Frank reich hinabstiegen, besingen l»egcistert ihr „la douce Patrie" und den „le Mont". Jeder, der nur rn dienstlicher Beziehung oder in geschäftlich abhängiger Stellung zur Abtei stand, wie Dienstmannen, Hin tersassen, Pächter, Fischer, Schiffer, Handwerker üsw., war sich dieser Beziehung nnt Freuden bewusst und hing deshalb mit Stolz seinem Namen das Beiwort „du Mont", d. h. „zum Berge St. Michael gehörig", an. Daher stammen die vielen Familiennamen Dumont und du Mont in Frankreich, den Nieder landen, in Deutschland und anderswo. Der Adels name de Mont hat mit dem bürgerlichen Namen Dumont oder du Mont nichts zu tun. Die vielen Pikhards oder Pikhardts im bergischen Lande, denen man die erste Anlage von Hammer werken in der Wupper und in Len Wildbächen der selben zuschreibt, wollen laut Tradition aus der „Picardie", dem engeren Heimalslande Calvins, stam men. In dem reichsgräflichen Familiennamen Schaff- gotsch ist „Eotsch", altschlesisch für Gottfried, ange- hängtcr Vorname, wie denn auch auf einem Turniere in der Bunzlauer Heide der Name „Gotsch Schaff" auftritt. Der Begründer der Familie war eben so bedeutend, dass sein Beiname Schaffgotsch zu einem besonderen Geschlechtsncnnen wurde. Die Namen Benz, welcher heute noch hier und da als Vorname vorkommt, sowie Bens Bentz, Bins, Benns, Bänsch, Pentz, Penz usw. sind Ab kürzungen für Benediktus, im Deutfchposenschen wird heute noch die Hostie „gebenscht" statt hochgepriesen. Namen wie N--my oder Römi sind Abkürzungen von Remigius. Aus dem altdeutschen Worte Zeidler oder Zeitler für Imker sind Familiennamen wie Seidler, Siedler, Siedel, vielleicht auch Seidel und Seydel, entstanden. Im Sprachgebiete der Grafschaft Liech tenstein in der Schweiz kommt der Name „Schellen berg" vielfach vor; das Wort an sich bedeutet hier Stufen-, Staffel- oder Terrassenberg und ist zur Hälfte aus dem italienischen 5oa1a für Stufe hervor- gegangen. Da, wo sich, wie im sächsischen Lande, irüh deutsche und slawische Sprache bekämpften, ent standen viel« Namensverstümmelunaen. So machte man z. B. aus Margarete Marausche, aus Albert „Apitsch" und aus Dietrich „Thilo". Offenbar stam men daher Familiennamen wie Apitsch, Apitz und sicherlich auch Opitz, desgleichen wie Thiel und Thiele. Für Urban kommt die Form Orwan und für Moebius die Form Mewes vor. Aus Laurentius ergeben sich die Familiennamen: Lorenz, Lawrenz, Lafrenz, welch letzteren Namen ein Ausländer einmal mit La France verwechselte. Namen wie Dresler, Tressler sind viel fach verdorben aus i i-c^i-ior, Rendant; Peschke aus paseatovo, Fischer; Menzel oder Mentzel aus dem polnischen Furstcnnamen Micinzislaw. Das französische Wort cai-l für Hirsch lautet im Datois des wallonischen Sprachgebietes im Luxem burgischen gesprochen gleich „scherf". Daher sind Fa miliennamen wie Schürf, Scherst zu uns herüber gekommen; es sind Nachkommen von solchen, die einst mals „oQvl" geschrieben wurden. In Anlehnung daran, daß bei den alten Römern die Koseb^eich- nung für Hecht „Lucius" war, haben vielleicht Um wandlungen vom Namen „Hecht" in Len Namen „Lucius" stattgefuuden. — Wie jedoch Namen sich vollständig ändern können, lehrt folgendes Beispiel: In einer größeren Stadt Norddeutschlands — cs soll Magdeburg sein — gab cs und giot es noch heute eine alte eingesessene Familie namens Bley. Aus Lieser Familie ging im 17. Jahrhundert ein gelehr- ter, schriftstellernder Ratsherr hervor. Dieser latim- sierte seinen Namen Bley und legte sich den neue« Familiennamen „Plumbum" zu. Mit den Zeiten änderte die Schreibweise dieses Namens Plumbum in „Plumboom" ab, ja sie nahm im weiteren Ver laufe der Zeit sogar die hochdeutsche Form „Pflaum baum" an. Heute existieren die Familien „Bley" und „Pflaumbaum", die ursprünglich eins waren, g»- wissermaßen als zwei Fremdkörper nebeneinander. Fehlt nur noch, daß, wie ein Witzbold bemerkte, di« bekannte französische Familie namens „Prunier" mit der Behauptung käme, sie stamme als verwelscht»r Neöenzweig von den Pflaumbaums ab.
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