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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.09.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191109107
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110910
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110910
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-10
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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Art.) * Die Verzögerung der Erledigung der Marokkoangelegenheit hat in Berlin, Paris und London erneute Besorgnisse hervor gerufen. (S. d. bes. Art.) * In Königsberg hat wiederum ein Ansturm auf die städtische Sparkasse stattgefunden. (S. d. bes. Art.) * In Jena beginnt heute der diesjährige sozialdemokratische Parteitag. (S. Leitart.) * Die portugiesische Deputierten ¬ kammer ist bis zum 15. November vertagt worden. * Das Zeppelin-Luftschiff „Schwaben" wird voraussichtlich in den Morgenstunden des Sonntags die Rückfahrt von Berlin nach Gotha autreten. (S. bes. Art.) Zens. Als sich vor fünf Jahren die Schüler und Anbeter Marxens mit den Gefolgsleuten Vollmars und Bernsteins in der alten Musen stadt Jena das alljährliche Stelldichein gaben, setzte der Kampf zwischen der historisch-ökono mischen Denkart eines Kautsky und Mehring und der ethisch-ästhetischen Richtung der Revi sionisten ein, der im Oktober jenes Jahres mit der brutalen Entlassung der „edlen Sechs" aus der „Vorwürts"-Redaktion seinen vorläufigen Abschluß fand. In diesem Jahre an derselben Stelle stehen sich die „hyperrevolutionären Hysteriker", die sich selbst wohl auch gern „Edelmarxisten" nennen hören, und die revi sionistischen „Parteimarodeure" gegenüber und werden zweifellos mit derselben Heftigkeit und Leidenschaftlichkeit die Klingen kreuzen, wie alle die Jahre hindurch auf den früheren Partei tagen der Genossen. Derselbe Faden wird weitergesponnen, es handelt sich nur um eine andere Nummer. Die Revisionisten haben ihr ketzerisches Programm in einer besonders reichhaltigen Festnummer der „Sozialistischen Monatshefte" niedergclegt und damit manchen Unentwegten aus dem Lager Stadthagens große Bitternis bereitet. Nicht weniger als 41 Feinde des marxistischen Dogmas haben sich in diesem, für die Gegner der Sozialdemokratie als Agitations material außerordentlich wertvollen Hefte aufs gröblichste am Erfurter Programm versündigt. Schippe! bezweifelt in recht boshaften Sätzen die Befähigung der Unentwegten, auf dem Gebiete der auswärtigen Politik ein Wort mitreden zu können, und weist witzig auf den unlösbaren Widerspruch zwischen allgemeiner „Abrüstung" und Bildung einer „Volkswehr" hin. Schröder sucht im Verein mit Edmund Fischer den Genossen die Harmlosigkeit des Hofgängertums klarzumachen, Quessel höhnt über das „Trugbild der sozialdemokratischen Revolution", Bernstein behauptet die Un möglichkeit des Klassenkampfes und ver steigt sich zu der Aeußerung, es sei ein Aber glaube, daß es das Bewußtsein der Klassen natur sei, was Parteien zu den rücksichtslosesten Kampfesäußerungen treibe. Die blutigsten Kämpfe der Geschichte seien sogenannte Ideen kämpfe gewesen; womit für ihn natürlich die rein materialistische Geschichtsauffassung der Marxjünger erledigt ist. Solcher Ketzereien finden sich unzählige und es ist nicht denkbar, daß der Parteitag an diesen Dokumenten offen kundiger Widersetzlichkeit. vorübergeht. Ob er freilich mit den Verfassern dieser Ketzereien so streng ins Gericht geht, wie die Solinger Sozial demokraten mit dem Genoffen Hildebrand, der seine recht vernünftige Verteidigung der deut schen Marokkopolitik mit dem Ausschluß aus der Partei bezahlen muß, ist sehr zu bezweifeln. Man hat in der Häufung der Ketzergerichte denn doch ein Haar gefunden, denn jeder neue Ausschluß eines Genossen bedeutet eine neue Manifestierung der innern Widersprüche in der Sozialdemokratie, die von Jahr zu Jahr aller- dings immer mühsamer weggeredet und weg beschlossen werden. Die schwierige Lage de« Parteivorstandes M Sie Leipziger SesclMswelt. Die besten Wünsche und das Versprechen tatkräftiger Unterstützung wurden dem Leipziger Tageblatt seitens der Leipziger Geschäftswelt gegeben, als es am 1. April dieses Jahres in neue Hände überging. Wir sind bemüht, dem Leipziger Tageblatt die allseitig gewünschte große Verbreitung zu sichern und hoffen zu versichtlich, daß die erfreuliche Zunahme des Abonnentenstandes fortdauern und sich beschleunigen wird. An die Leipziger Geschäftswelt richten wir nun die Bitte, uns insbesondere durch Aufgabe ihrer Anzeigen mit unterstützen zu wollen. Der redaktionelle Teil des Leipziger Tageblattes hält auch fernerhin seine vornehme konsequente Richtung bei, der wir einen treuen, festen Abonnentenstamm in den Leipziger Bürgerkreisen verdanken und der aus Lesern besteht, die eine sichere Gewähr für den Erfolg der Geschäftsanzeigen bieten. Mit schriftlichen Offerten oder Besuchen unserer Vertreter stehen wir gern zu Diensten. Vie fropagaliaaHdieilung Her Leipziger Lsgedisner. Tel. 14 692, 14 69», 14 694. wird weiterhin dadurch verschlechtert, daß auch Kautsky in seiner „Neuen Zeit" das Roß der Kritik tummelt. Dem alten Verteidiger des allerreinsten Marxismus genügt der Parteivor stand nicht mehr: „Sollen unsere Truppen mit Begeisterung ins Feuer gehen, so müssen sic die Zuversicht haben, daß sie gut geführt werden. An dieser Zuversicht mangelt es zurzeit." Besonders hat es ihm der „Eeheimerlatz" an die Partei, presse, der eine schonende Behandlung der freien Gewerkschaften empfiehlt, angetan; offenbar ver mutet er darin etwas wie einen heimlichen Revisionismus, als dessen geschworener Feind er sich ja bekannt hat. Aber noch mehr Grund zu Vorwürfen gibt ihm der Mangel an Initiative beim Parteivorstand: „Zahlreicher als die Kritiken dessen, was er getan, werden die Be mängelungen dessen sein, was er nicht getan. Das vergangene Jahr bot manche Gelegenheit zu großen Parteiaktionen und Agitationen, die entweder versäumt oder ungenügend oder doch zu spät ausgenutzt wurde." Er steuert also direkt auf eine Erneuerung des Parteivor standes, auf eine Ausschaltung der handlungs unfähigen Vorstandsmitglieder hin; was für ihn natürlich soviel heißt wie Beseitigung aller Opportunisten, aller Eelegenheitsmacher aus dieser Instanz und Ersatz der Ausgewiesenen durch „Edelmarxisten". Dem Parteivorstand erwächst demnach die betrübliche Aufgabe, sich nach zwei Fronten ver teidigen zu müssen. Während die Revisionisten eine Verjüngung des Parteiprogramms und positive Mitarbeit im Eegenwartsstaat wün schen, wettert Kautsky darüber, daß bereits zu viel Zugeständnisse gemacht worden seien, daß es an „energischem und einheitlichem Handeln" im Sinne des reinen Marxismus gebreche; und das ist derselbe Kautsky, dem kürzlich erst Rosa Luxemburg ein Privatissimum über seine mo dernistischen Anwandlungen las. Rechter Hand, linker Hand, alles vertauscht! Es kann hiernach in Jena recht erbaulich werden, wenn die Geister aufeinanderplatzen. Es ist aber mit Sicherheit oorauszusehen, daß der äußerliche Sieg von den radikalen Marxisten ertrotzt wird. Das natio nale Bürgertum kann dem Gezänk der Genoffen mit Ruhe und Gelassenheit zuhören, aber es wird gut tun, wenn es sich für die Zukunft die Gegensätze, die die Sozialdemokratie beherrschen, gut einprägt und die Erfahrungen, die das neue Jena der Genoffen bringen wird, kräftig aus nutzt. An der Herausarbeitung der inneren Zwiespältigkeiten und der praktischen Unbrauch barkeit der Anschauungen der Sozialdemokratie werden die betörten Massen dann hoffentlich erkennen, daß von dieser Seite nimmermehr das Heil für das deutsche Volk zu erwarten ist. DSHrenü der Weiten Paule. Bon den deutsch'französischen Verhandlungen ist nichts Wichtiges zu melden. Die deutschen Gegen vorschläge dürften nun dem französischen Ministerium ocrliegen und wir wollen es bei der Prüfung nicht stören. Rach Londoner Meldungen könnte es freilich so scheinen, als wenn die Franzosen in dieser Angelegenheit gar nichts mehr zu sagen hätten und ihre Geschäfte nunmehr von der Londoner Downingstreet ausgeführt würden. Man hört von einer gesteigerten Tätigkeit, die der Staats sekretär Grey seit Wiederbeginn der deutsch franzö fischen Maroikovcrhandlungen entwickelt, oon seinen Korrespondenzen mit dem französischen, russischen und italienischen Botschafter sowie dem ersten Lord der Admiralität. Es heißt sogar, daß das englische Auswärtige Amt die deutschen Gegenvorschläge bereits am Freitag gekannt habe und man erfährt, wre der Eindruck gewesen sei. Danach müßte ja der „große Bruder" die deutschen Forderungen noch eher erhalten haben, als Frankreich selbst! Wir möchten annehmen, daß man es hier mit Fehlern der Bericht erstattung zu tun Hut, können uns aber denken, daß es den Ministern an der Seine peinlich ist, wenn durch solche Berichte ein falscher Anschein erweckt wird. Immerhin darf nicht in Abrede gestellt werden, daß die Situation eine neue Verschärfung er fahren hat. Kursstürze, wie sie am Sonnabend an der Berliner Börse zu beobachten waren, deuten aus eine beträchtliche Steigerung der allgemeinen Un ruhe. Dazu kommt, daß die Sprache der führenden französischen und englischen Blätter einen recht an- maßlichen, um nicht zu sagen ungehörigen Ton an genommen hat. Menn die deutsche Regierung in ihren Geaenvorschlägen von Frankreich die volle Verantwortung für die Hand lungen der marokkanischen Regierung verlangt, so tut sie dies mit vollem Rechte auf Grund der Erfahrung, daß Frankreich bei Be schwerden deutscher Interessenten über Maßnahmen in Marokko sich der Verantwortlichkeit stets da durch zu entziehen wußte, daß es auf die marok tonische Regierung verwies, dre aber doch tatsächlich völlig unter französischem Einfluß steht. Sollte sich Frankreich durch Liese wohlbegründete Forderung verletzt fühlen und ihre Erfüllung verweigern, dann gibt es eben zu erkennen, daß es die von deutscher Seite verlangten wirtschaftlichen Garantien nicht leisten will. Ohne eine derartige Verpflichtung wäre aber für uns jedes neue Abkommen über Marokko wertlos, denn dann könnten eben die Fran zosen in Marokko deutsche Interessenten weiter schikanieren wie bisher. Daß die deutsche Regierung in diesem Punkte starke Festigkeit bewahrt, ist die Erwartung aller nationalen Männer im deutschen Volke. Unwürdig ist aber die Furcht, die hier und da vor ernsten Möglichkeiten entstanden ist. Der Sturm auf die Sparkassen, der leider an ver schiedenen Orten stattgefunden hat, ist für das Aus land nur eine Ermutigung, auf die deutsche Re gierung zu drücken. Zu solchen Handlangerdiensten sollten aber Deutsche zu stolz und zu selbstsicher sein. Der „Berl. Lokalanz." richtet in väterlichem Tone eine Ansprache an die Geschäftswelt und mahnt sie zur Ruhe. Was das Berliner Blatt sagt, ist richtig und verständig. Ebenso wirksam ist aber vielleicht ein anderes Mittel: di« „Panik"leute tüchtig auszulachen und sie durch Schaden klug werden zu lassen? Einer milderen Beurteilung wären die Ueber- ängstlichen höchstens aus folgenden Erwägungen heraus wert: Auf Grund unzureichender Informa- tionen halten sie den Krieg für nah«. Sie wollen sich finanziell „kriegsstark" machen und haben vor allem Sehnsucht nach barem, hartem Geld«. Diese Sehnsucht ist auch zu andern Zeiten weit verbreitet und beim Nahen eines Krieges nicht so ganz töricht. Dazu kommt die Meinung, daß, wenn di« Aus zahlung bei den Sparkaffen nicht sofort geschehe, sie nicht mehr glatt vor sich gehen würde. Diese Mei nung mag überaus töricht sein: wenn jemand aber einmal diese Meinung gefaßt hat, ist sein Handeln ganz folgerichtig. Immerhin sollten diese Leut« dabei nicht außer acht lassen, welchen erbärmlichen Eindruck ihre Haltung im Auslände macht. O Eine Mahnung zur Besonnenheit. Einzelne preußische Regierungspräsiden, ten erlassen in den ihnen zur Verfügung stehenden Regierungsblättern eine Aufforderung, die Len An sturm auf die Sparkassen betrifft. Es wird darin ausgcführt, daß die Meinung, es komme zum Kriege, vollständig unbegründet sei, und nur Lurch eine leichtsinnige Presse (?) in die Welt gesetzt worden sei. Aber selbst wenn die Gerüchte einen tat sächlichen Hintergrund hätten, läge keine Ver anlassung vor, die gesparten Gelder oon den Sparkassen abzuheben, La den Sparern auch im Falle eines Krieges ihr Guthab»» nicht verloren ginge. Zudem sollte sich Sparer hüten, sein mühsam zusanimengetragenes Ka pital abzuheben. Die Erfahrung habe gelehrt, daß es schwer halte, einmal abgehobenes Geld wieder vollzählig der Sparkaffe zuzuführen. Trotzdem hat der Sturm auf die Sparkassen leider noch nicht nachgelassen. Ganz besonders wild ist er in der Annahmestelle der Niederbarnimer Kreissparkaffc gewesen. Als Grund für dieses Vor gehen wird so.gendes angegeben: In der Gemeinde schule in Fricdrilbshagen hi -re am Freitag ein Lehrer in der Geschichtsstunde bei der Behandlung des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 auch von der Marokkofrage qesprocknn. Die Schulkinder er zählten nun ihren Eltern davon, und bald schwirrten in Friedrichshagen allerlei Gerüchte. Sic gaben dann den Anlaß zu dem Wunsche, die Sparkaffen guthaben ausgezahlt zu erhalten. Auch in Essen sind Abhebungen bei der städtischen Sparkasse in einem Gesamtbeträge oon annähernd 200 000 .tk vor gekommen. Vielfach wurde die Annahme von Papiergeld verweigert. Aus Königsberg end lich wird in dieser Angelegenheit folgendes gemeldet: Königsberg i. Pr., 0. September. (Eiq. Draht Meldung.) Die Abhebungen von der städtischen Sparkaffe bezifferten sich gestern auf ungefähr 240 000 ,tk. Auch heute war der Andrang wieder stark, so daß annähernd der gleiche Be trag in Frage kommen dürste. Die Verwaltung der Sparkaffe erließ diesen Abhebungen gegenüber eine beruhigende Erklärung. Oie Stimmung in Paris. Pari», 9. September. (Eig. Drahtmeld.) Die Eindrücke in den Regierungskreisen, die die letzten Unterhandlungen zwischen Cambon und Ki- dcrlen-Wächter gemacht haben, sind recht u n-- g ü n st i g. Das „Echo de Paris" läßt sich in einem längeren Artikel hierüber aus und meint: „Diese Eindrücke haben sich insbesondere verschlechtert, als die offiziöse Note der „Kölnischen Zeitung" bekannt wurde, die offenbar von der Wilhelmstrage aus inspiriert wor den ist. „Es ist ja selbstverständlich", jo fährt d.'s Blatt fort, „daß unsere Regierung die deutschen Ge- genvor,chläge enicr Prüfung unterziehen wirb, al er wir meinen, daß die Verhandlungen auf einem Punkte angelangt sind, der uns durch eine tiefe Kluft von Deutschland trennt. Dieser Schwerpunkt, über den Frankreich sich nicht so leicht hinwegsctzen kann, ist die Art, wie Deutschland seine ökonomischen Fn- tcrcsfen in Marokko verstanden haben will. Deuts ch- land verlangt in Marokko geradezu Privilegien, die Frankreich schwerlich zugestel^n kann. Die Würde und Ruhe der öffentlichen Meinung Frankreichs macht unsere Regierung stark. Ihre Tage würden gezählt jein, wenn das Parlament einen Vertrag vortcgen würde, der unserer nationalen Ehre zuwiderlaufen würde. Ministerpräsident Eaillaur hatte gestern mir dem Minister des Aeußern d: Sclves eine längere Unterredung, worin die deutschen Gegen- Vorschläge einer genauen Prüfung unterzogen wur den. Auch wir wollen hoffen, dag sich die"Verhält- nisse nicht weiter zuspitzen wcrDcn." Der „Eaulois": „Wir haben vor einigen Tagen vor allzu großem Optimismus gewarnt, und die Er eignisse scheinen uns jetzt recht zu geben. So opti mistisch die meisten Blätter vor dem Eintreffen der deutschen Gegenvorschläge waren, einen um so große- ren Pessimismus lasten sie jetzt laut werden, do Deutschland neue Forderungen erhebt. Die ganze Basis der Verhandlungen droht hierdurch um gestürzt Lu werden. Wir haben allerdings noch nicht die Hoffnung aufgegebcn, daß Kiderlen- Wächtcr sich seiner großen Verantwortung bewußt ist. daß er sein Volk Lurch solche Aktionen schwer schädigt." Der „Petit Parisien" betrachtet die Lage nicht so kritisch. „Es ist oorauszusehen", so führt das Blatt aus, „daß die Verhandlungen noch einige Wochen dauern werden. Daraus darf aber noch lange nicht geschlossen werden. Laß sie eine bedroh lichere Wendung genommen haben. Wir sind der Meinung, daß die Verhandlung über die Marokko- Affäre den gefährlichsten Punkt überschritten hat. Es sind jetzt nur noch materielle Interessen im Spiel, die sich jedoch leicht ausgleichen und heben lasten können, da die Basis der Verhandlungen gesichert ist. Oss englische Urteil. London, 9. September. (Eig. Drahtmeld.) Im hiesigen Auswärtigen Amt trafen gestern (?) dw Gegenvorschläge, lne Herr v. Kiderlen-Wächter im Auftrage seiner Regierung dem französischen Bot jchafter in Berlin übermittelt hatte, ein. Wenn auch die letzt« Not« Deutschlands an Frankreich nickt ge- rade England verstimmt hat, so muß man doch sagen, daß man hier üoer die Hohen Forderungen Herrn v. Kiderlen-Wächters sehr erstaunt g:- wesen ist. Man hatte gehofft, Laß die Verhand lungen spätestens in vieler Woche zu Ende geführt werden sollen. Hierin ist man nun gründlich ge täuscht worden. Auch in Börsenkreisen herrscht eine arge Mißstimmung gegen die deutsche Re gierung. Die konservativen Blätter finden die Gegenvorschläge Deutschlands unverschämt. Der „Daily Telegraph- schreibt: „Das Angebot Frankreich« hat dem deutschen Auswärtigen Amt
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