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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.09.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110915010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911091501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911091501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-15
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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müssen. Und da sind wir alle einig, wir können uns ganz unmöglich aus eine so gewagte und geradezu verrückte Politik einlassen, wie sie von leiten der Alldeutschen ver langt wird. «Stürm. Zustimm.s Diese Politik mit -der Festsetzung in Agadir mutz notwendigerweise . zum Weltkrieg führen. «Sehr richtia.) Die Re gierung hatte erklärt, datz der „Panther" lediglich dem Schuh der deutschen Interessen in Agadir dienen sollte, aber die Alldeutschen sahen in dieser Entsendung eine Tat. «Lebh. Hört! Hört!) Anfang Juli meldete die „Rheinisch-Wests. Ztg.", daß eine Umfrage unter den Führern der Großindustriellen den Männern der Wissenschaft, Offizieren usw. über die Marokkofrage veranstaltet worden sei und daß sich besonders die führenden Männer der Grotz- industrie für ein aktives Einschreiten in Marokko ausgesprochen Hütten. Diese Umfrage ergibt ja klar, wo die Kriegshetzer zu finden sind. Es sind das die Großindustriellen. die die ganze Hetze in Szene gesetzt haben, mit ungeheuren Mitteln, die das Ohr der Regierung haben und denen eine Masse Zeitungen zur Verfügung steht. Und in dieser Zeit hielt es nun Herr Basser- mann für angebracht, aus einem national liberalen Parteifeg m Solingen davon zu sprechen, da« wir verlangen miifiten, datz uns, wenn nicht in Marokko, so in einem anderen Lande eine Einflußsphäre gesichert würde. die wir beanspruchen könnten. (Hört! Hört!) Er lobte von Kiderlcn- Wüchter als einen zweiten Bismarck und ich glaube. Kiderlen-Wächter hat es sogar geglaubt «Heiterkeit). Ich bin der Meinung, dass Bismarck einen so dummen Streich, wie die Entsendung des „Panther" nach Agadir nie und nimmer ge macht hätte. «Lehr richtig!) Wie Bismarck über Marokko dachte, darüber haben wir aulhentiiche Aus- künite. Er hat Fürst Hohenlohe gelegentlich gesatt, Deutschland habe nichts dagegen, wenn Frankreich in Marokko voroehe. lHört! Hört!) Im Gegensatz zu allen früheren Aeußerungen erklärte nun aber Herr Bassermann, datz wir uns nicht begnügen dürften mit Kompensationen in tropischen Landern oder in Kamerun. Das war klar und deutlich und das sollte nichts anderes Heiken, als das? wir einen Teil Marokkos rn unsere Hände zu bekommen suchen sollen. Ich war, als ich das las, einfach verdutzt. Ich sagte mir. Bassermann ist doch sonst rin vernünftiger Kerl «Heiterkeit. Zuruf: Er ist ein Nationalliberaler). Das ichließt nicht aus, daß er sehr gescheit ist «Heiterkeit). Wie konnte Bassermann zu einer solchen Sprache kommen? Er mutzte doch wissen, in welch furchtbare Situation Deutschland ge raten würde, wenn nach ihm verfahren würde. Ach bekam sehr rasch die Austlaru n g. Die,,Braun schweigische Landeszeitung" hatte im August mitge- teilt, datz. nachdem Klderlen-Wächter den Zurückzieher gemacht hatte, in Berlin ein halbes Hundert Poli tiker, Gelehrter. Industrieller, Redakteure zusammen getreten sein und datz sic Ktderlen erklärt hätten, sie würden ihn bei seinen früheren Plänen unterstützen. Darunter hat sich sicherlich auch Herr Bassermann befunden. «Hört, hört!) Wir werden jedenfalls im Reichstag Herrn von Kiderlen-Wächter zur Berantwortuug ziehen. Wir haben ja sehen müssen, welches Mitz- fallen die Entsendung des Panthers in England vor allem erregt hat. An der alldeutschen Presse ging nach dein Umschwung in der deutschen Marokko-Politik die Hetze noch toller los. Wir wer- den im Reichstag vor allem fcstzustcllen suchen, welche Rolle Herr v. Beth mann Hollweg bei dieser Frage gespielt hat. «Sehr richtig!) Der Panther tonnte doäi nicht auf Befehl des Herrn v. Kiderlen-Wächter nach-Agadir geschickt werden und auch die Zustim mung des Herrn v. Tirpitz genügte nicht. Der Reichs- tanzAr mutzte damit einverstanden sein und wir wollen willen, wie der Kanzler, dieser vorsichtige Reichskanzler, dieser Philosoph, der sich alles zehnmal überlegen mutzte, dazu kam. Die alldeutsche Presse, voran auch die Deutsche Tageszeitung, erging sich in Artikeln, die förm liche Majestätsbeleidigungen enthielten. Es war wie 1893 bei der Hetze gegen Caprivi. Vergegen wärtigen Sie sich nur Haroens Artikel in der „Zu Vernhsrü Mrlt non Lülow über seine Schülerjshre. Ach besuchte von Michaelis 1861 bis Michaelis 18«,2 das Gymnasium zu Frankfurt a. Ak. «Quarta und Unter Tertia), von Ostern 1863 bis Ostern 1863 das Gymnasium Carolinum in Ncu-Strelitz, von Ostern 186.', bis Michaelis 1867 das Königliche Pä dagogium in Halle a. d. Saale (Ober-Sekunda und Prima). Mein Lieblingsfach war Geschichte. Für Mathe matik emvfand ich geringe Neigung. Ein schöner Augenblick meines Lebens war cs, als ich nach ab gelegtem Abiturientenexamen die Logarithmentafel mit dem Bewußtsein in Len Ofen schob, datz ich sie nie wieder erblicken würde. Ach fühlte mich während meiner Schulzeit kör perlich wohl und frisch «wir unternahmen kleinere und grötzere Fußwanderungen, turnten, kegelten, ritten), seelisch glücklich und zufrieden. Ach bewahre oaher meinen Lehrern eine gute und dankbare Erinnerung. Die Beziehungen ^irischen Schülern und Lehrern waren naturgemätz in Neustrelitz und Frankfurt nicht so enge wie auf dem Internat des Pädagogiums in Halle. Dort übte insbesondere Professor Dr. Adalbert Daniel als Lehrer der Ge schichte und deutschen Literatur nachhaltigen Einfluß auf mich aus, nicht nur durch tiefe Auffassung historischer Probleme, wie sie in seinem Klassenunter richt zutage trat, sondern auch, indem er in meinen Mutzestunden solche alte Schriftsteller mit mir las, deren Lektüre nicht im Unterrichtsvlan lag (Sopho kles, Taritus, Thukydides, Aristophancs, Aeschylos), mich zu Ranke, Leo, Macaulay führte und mich vor allem immer wieder auf die deutsche Literatur vom Nibelungenliede dis zu Goethe wies. Was das persönliche Verhältnis zu den Mit schülern betrifft, so kann ich nur sagen, datz in den von mir besuchten Schulen unter den Schülern ein gesunder und frischer Ton herrschte. Bon größeren häuslichen Arbeiten während der Schulzeit halte ich nicht allzuviel, sondern glaube, datz es mehr darauf ankommt, in der Schule zu lernen, einem Vortrag mit Aufmerksamkeit zu folgen, den Kernpunkt einer Frage zu erfassen, rasch und präzis zu antworten, klar zu denken und sich klar und deutlich auszudrücken. Während der Ferien wurde uns glücklicherweise kein zu schweres Gepäck häuslicher Arbeiten auf gebürdet. Wir freuten uns doppelt, wieder im Elternhaus? zu sein, und trieben uns von früh bis spät in Feld und Wald Kerum. Unter allen pädagogischen Aufgaben stelle ich die Pflege des Charakters weitaus obenan und «reue mich, datz namentlich in Halle das Hauptgewicht auf die Charakterbildung gelegt wurde. Die Naturwissenschaften spielten während meiner >«» Lchütertahre, «Irlcbutge und Urteil« namhafter .Zeftnenoilen, herandaegkden nrm Dr. Alfred M r a f. Verlag Fortschritt «Vuchverlag der ^»tlse^), Berlin Lchvneberg. kunft". Er sagte, datz, wenn der Kaiser vor einem Kriege zurückschrecke, die Nation zugreisen und ihre Politik auf jede Gefahr durchsetzen werde. (Lebh. Hört! Hört!) Wenn cs einmal zum Ernstfälle kommen sollte, dann würde ich Vorschlägen, datz Harden an die Spitze einer Brigade gestellt wird, die den Tittel bekommt: Brigade zur Rettung der Ehre des Vaterlandes, und an der Stirn der Kopfdewegung dieser Brigade müßten die Worte stehen: „Retter des Vaterlandes". «Große Heiterkeit.) Diese Brigade müßte zu erst ins Feuer geschickt werden, und sie müßte enthalten alle die Abgeordneten, Redakteure und anderen Leute, die sich jetzt an der Kriegshetze be teiligt Haden. Sie alle müßten mit ihren Leibern das Schlachtfeld der Ehre des Vaterlandes decken. Das würde uns imponiert haben. Aber wissen Sie, ich habe nicht nur große Zweifel, datz diese Leute nicht in den Krieg hineingehcn würden, sondern datz sie sich auch sehr überlegen würden, ob sie im Kriegs fälle mit ihren Millionen herausrücken sollen. (Stür mische Heiterkeit.) Die Schweigepolitik, wie man sie jetzt seit Monaten in Marokkoangelegen heiten betreibt, müssen wir auf das entschiedenste verurteilen. (Sehr richtig.) Dab kann sich die Nation nicht gefallen lasten. (Lebh. Beifall.) Handelt es sich doch um des Polkes Kops und Geldbeutel. Fast alle Parteien verlangen nach dem Reichstag und nach Aufklärung durch die Presse. Die not wendige Folge dieses Schweigens der Regierung ist, datz allerlei Gerüchte auftauchen, wodurch eine große Beunruhigung der Banken und der ganzen Geschäftswelt eintritt. Eine vielleicht der größten Sicherheiten für den Weltfrieden liegt gerade in der internatio nalen Verquickung des Kapitals. Diese Ver quickung macht einen Krieg zu einer ungeheuerlichen und schwierigen Sache. Es wäre ein Wahnsinn für die Regierung, wenn sie die Dinge aus die Spitze treiben wollte. Nun entsteht die Frage, wie ist dre Stellung der Sozialdemokratie für den Fall eine» Krieges? Es haben darüber in der Parteipreste leb hafte Erörterungen stattgefunden und ich mutz sagen, diese Erörterungen habe ich nicht ver standen. Die Stellung der Sozialdemokratie für den Fall eines Krieges ist längst festgelgt worden. Die Frage hat auf den internationalen Kongreßen schon seit Jahren eine sehr erhebliche Rolle gespielt. Als vor mehreren Jahren der Antrag gestellt wurde, einen Massenstreik oder sogar Militärstreik für den Fall eines Krieges zu inszenieren, da wurde dieser Antrag mit ungeheurer Mehrheit abge lehnt. Und die deutsche Delegation hat einstimmig diesen Antrag mit niedergcstimmt. «Hört! Hört!) Klar und deutlich ist ausgesprochen worden, welch große Bedenken auf unserer Seite bestehen, wenn wir uns auf die«e Forderungen einlatzen. Wir können uns nicht auf bestimmte Vorschläge einlassen und können uns nicht sestlegen auf bestimmte Maß nahmen, die wir treffen sollen, wenn der Krieg ausbricht. «Lebh. Zustimm.). In Stuttgart haben die gesamten französischen Delegierten v. Hervo bis Iaur s verlangt, dec Internationale Kongreß müsse beschließen, Lag beim Ausbruch eines Krieges ein allgemeiner Massenstreik inszeniert werden mutz. Ich habe damals namens der deutschen Delegation in kategorischster Weife erklärt, daß eine Resolution miteinem solchenInhalt für unsDeutschen einfachunan nehmbar, datz sie eine Verrücktheit wäre.lLebh.Beif.) Die Franzosen aber wollten ihren Kopf durchsetzen und da habe ich namens der deutschen Delegation erklärt, beschließt was ihr wollt, wir Deutschen machen nicht, wir sind daflegen. (Hört, hört!) Darauf haben die Franzosen schließlich nachgegeben und wir haben uns verständigt. Danach soll es jeder Nation überlassen bleiben, jo zu handeln, wie sie es für gut hält und wie es möglich ist. (Stürmischer Beifall.) Wie wird denn die Situation im Falle eines Krieges fern? Millionen von Arbeitern werden weg gerufen von ihren Familien, die nichts zu essen und zu leben haben werden. (Lebhafte Zustimmung.) Hunderttausende von Kleingewerbetreibenden können Bankerott ansagen, weil ihnen jedes Mittel zur Fortführung ihrer Geschäfte fehlt. Die Kurse erleiden einen Sturz, von dem wir jetzt nur eine ganz kleine Probe bekommen Haden und durch den Zehntauiende von wohlhabenden Familien zu Bettlern gemacht werden. Der Ausfuhrhandel, der gewaltige Welthandel wird unterbrochen, zahl lose Fabriken und gewerbliche Unternehmungen stehen still, Arbeitslosigkeit und Verdienstlosigkeit werden an allen Ecken und Enden Platz greifen. «Hört, hört!) Die Zufuhr von Lebensmitteln hört ganz auf, die Preise erreichen eine unerschwingliche Höhe, obwohl sie schon heute kaum noch erschwinglich sind. Dann wird das die allge meine Hungersnot tatsächlich bedeuten. Was glaubt man denn, was aus dieser Situation entsteht? Da fragen die Massen nicht nach Mastenstreik, da schreien sie nach Arbeit und Brot. «Stürmischer minutenlanger Beifall.) Jeder Tag der Mobilmachung kostet -15—5)«) Millionen Mark. (Lebh. hört, hört!) 13 15 hundert Millionen Mark werden in einem Monat gebraucht. «Hört, hört!) Stellen Sie sich einmal dann auch die Fortschritte in der Wafsentechnik vor. Nach einem Manöver in Eljatz-Lothringen sagte der Generalseldmarschall Graf Häseler einmal: Das Manöver war ja sehr schön, aber ich frage mich, wenn es ernst wird, wo bringen mir die Leichen und die Verwundeten unter? (Lebh. hört, hört!) Der Reichskanzler würde die Verant wortung tragen für das ungeheure Elend und die unabsehbaren Folgen eines Krieges. (Lebh. Zu stimmung.) Und wie ist es dann mit der Ausbringung von Mitteln? Wir müssen mindestens 1500 Millionen Mark haben. Nun Haden wir ja das Goldhäuslein im Julius- turm: 120 Millionen Mark, die genau für 3 Tage reichen würden. «Hört, hört!) Natürlich wird die Notenpreste in Tätigkeit treten. Aber wenn schon jetzt die Leute ihr Geld von den Sparkassen holen, dann werden sie zu Kriegszeiten kein Papiergeld nehmen wollen. Ach habe mich gefreut, als ich die Angst der Leute sah, die jetzt nach den Sparkaisen rannten. La» ist euch da oben einmal ganz gesund! (stürmischer Beifall). Wie viele sind es denn, die den Krieg von 1870 als urteilsfähige Männer erlebt haben? Wie hat Bismarck vor einem zweiten Zu sammenstoß mit Frankreich sich gehütet und alles ausgebolen. was in seiner Kraft stand, um einen zweiten Krieg zu vermeiden. Was uns aber in einem neuen Krieg bevorstände, wäre unendlich größer und gewaltiger und in keiner Richtung mit dem zu vergleichen, was 1870 war. Damit fordere ich euch Genossen auf: Stimmt der Resolution zu, die ich vorgelegt habe und eure Vertreter im Reichs tag werden ihre Schuldigkeit tun und den Kriegs hetzern sagen, was das Volk über sie und ihre Politik denkt (minutenlanger stürmischer Beifall). Vorsitzender Dietz teilt mit, daß zur Marokko- Resolution des Parteivorstandes ein Amendement eingegangen ist, unterzeichnet von Rosa Luxem burg, Zetkin und Hoch-Hanau. Danach soll in die Resolution eingefügt werden, daß der Parteitag nicht nur gegen jeden Krieg gegen Kulturvölker protestiert, sondern auch gegen jeden Krieg, der zur Unterjochung von barbarischen und halbbarbarischen Böltern führen soll. Weiter soll gegen die Kolonial politik nicht nur protestiert werden, weil sie die Inter esten der deutschen Arbeiter schädigt, sondern weil sie auch die Interessen der Eingeborenen beeinträchtigt. Ferner soll eingefügt werden, daß die Kriegs rüstungen der Völker an sich auch die Kriegsgefahr heraufoeschwören, und endlich soll hinzugeillgt werden: Der Parteitag weist mit Empörung nicht nur alle Kriegshetzerei zurück, sondern auch jede auf dem Wege des diplomatischen Länderschachers erzielte Ver größerung des kolonialen Besitzes Deutschlands. Rosa Luremburg begründet das Amandement. Dr. David: Ach möchte beantragen, in eine De batte nicht 'einzutreten, sondern der Resolution ohne Debatte zuzustimmen. «Stürmischer Beifall.) Abg. Dr. Liebknecht-Berlin bittet, den Antrag auf Schluß der Debatte abzulehnen. Ach habe noch ein Amendement einzubringen, das das Referat Bebels in einem wichtigen Punkte ergänzt. (Lachen.) Ich vermisse in dem Referat und in der Resolution den Hinweis auf die Aktion der Masten. Es ist notwendig zu sagen, was die Massen zu tun haben. «Widerspruch und Zurufe: Das wissen sie selbst!) Der Schluß der Debatte wird mit großer Mehrheit beschlossen. Reichstapsabg. Bebel erklärt rn seinem Schluß wort: Gewiß enthält die Resolution nicht alles und auch meine Rede nicht. Was noch fehlt, haben die Genosten bisher selbst zugesetzt und werden es noch weiter tun. Mir war es nur darum zu tun, die Hauptpunkte hervorzuheben. Mit der Annahme der Resolution des Parteioor- standes sagt der Parteitag meiner Meinung nach deutlich genug, wie er in dieser Frage denkt. (Lebh. Zustimmung.) — Darauf wurden die Amendements gegen eine verschwindende Minderheit abgelehnt und die Resolution des Parteivorstandes einstimmig anoenommen. «Stürmische Beifallkundgebungen.) Hierauf trat die Mittagspause ein. pretzltimmen. Das traurige Manöoerunglück bei Pirna gibt de« „Hamburger Nachrichten" Anlaß zu folgen den Sätzen: „Schon 1870 hat sich gezeigt, wie schädlich es wir ken kann, wenn die aufklärende Kavallerie bei der Ueberwindung von Wasserläufen nicht auf derHöheihrer Aufgabe steht. Die Kavallerie division, die deutscherseits nördlich von Metz zur Auf klärung vorgesandt wurde, fand dort die Brücken über die Mosel zerstört und verzichtete deshalb auf die Erfüllung der ihr zugedachten Aufgabe. Hätte sie schneidig den Fluß überschritten, so wäre sie bekannt lich zu Aufklärungsresultaten gelangt, die für unsere Armeeführung von entscheidender Wichtigkeit gewesen wären, denir sie hätten sichere Antwort auf die Frage geben können, ob die Vazainesche Armee auf dem Abzüge von Metz begriffen war oder nicht. Dies zu erfahren, war für Moltke von höchstem Wert. Be kanntlich haben infolge dieser Unterlassungssünde der betreffenden Kavalleriedivision erst die Schlachten von Vionville und St. Privat-Eravelottc die Auf klärung darüber gebracht, daß die französische Armee tatsächlich, im Gegensatz zur Annahme der Armee oberleitung, noch vollzählig bei Metz stand. Dies eine Beispiel wird genügen, um die Notwendig, keit zu erweisen, daß die Kavallerie schon im Frieden darin geübt wird, Wasserläufe mit rücksichtslosem Schneid in kleinen Patrouillen, wie in größeren Masten zu überwin- d e n. Wenn bei den Manöverübungen der 23. Divi sion bei Pirna ein derartiger Patroüillenritt auch zu dein beklagenswerten Tode von 11 braven deutschen Reitern geführt hat, so soll man über der menschlichen Trauer darüber doch anderseits nicht das große Ziel vergessen, dem unsere ganze Fricdensausbil- dung zustreben muß: die Borbereitung auf den Krieg. Datz dabei keine Vorsichtsmaßregeln außer acht ge lassen werden, verlangt jeder vernünftige Mensch, und das ist auch diesmal der Fall gewesen, wenn die bis- herrgen Nachrichten zutreffend sind. Aber verwegen, weil Unglücksfälle vorkommen können, von den not wendigen Hebungen überhaupt Abstand zu nehmen, oder sie auch nur einzuschränken, ist eine unsinnige und gefährliche Forderung, gefährlich deshalb, weil ihre Beachtung zu einer Schädigung der Kriegsbereit schaft führen müßte. Wie überall, wo wirklich etwas geleistet wird, gilt besonders auch für die Hebung im Waffenhandwerk das schöne Wort im Schillerschen Neiterliede: Und setzt ihr nicht das Leben ein, nie wird euch das Leben gewonnen sein!" MsnSoer üer 4. Inlsnterie-VrlgLüe Nr. -18 am 13 September 1211. Mit den Manöver» am 11. und 12. September war der erste Abschnitt der Brigademanöver beendet. Am 13. September begann eine neue Kriegslage. Sie lautete für Blau (Anf.-Regt. Nr. 1«)7, Ma schinengewehr-Abteilung 19, 1. und 2. Eskadron Le-, Ulanen-Regiments Nr. 18, 11. Abteilung des Felo- Schulzeit im Lehrplan eine geringe Rolle. In den lebenden Sprachen unterrichteten zum Teil treffliche Lehrer, so in Neu-Strclitz Professor Dr. Cäsar Villatte, der Berfasser des großen und ausgezeich neten deutsch-französischen Wörterbuches von Sachs- Villatte. Trotzdem habe ich Len Eindruck bewahrt, datz es schwer ist, auf der Schule fremde Sprachen sprechen zu lernen. Die Aussprache war wenigstens damals mangelhaft: die meisten Schüler konnten sich nur recht Holperifl ausLrücken. Es wird m. E. immer schwierig sein, eine lebende Sprache wirklich zu be herrschen, wenn man sie nicht von Kind auf ge sprochen, so Ohr und Zunge an sie gewöhnt oder wenigstens später sie im Lande selbst geübt hat. Auf allen drei von inir besuchten Schulen herrschte patriotische Gesinnung, abgetönt nach den örtlichen Verhältnissen und der herrschenden Zeitströmuna. An die Zeit meines Frankfurter Schulbesuchs siel Las Wiedererwachen der deutschen Einheitsbestrebungen, das sich in Schillerfeier, Schützen- und Turnfesten in einer für unsere realistischer gewordene Zeit oft un klaren und etwas naiven, aber Loch idealen und nach vorwärts weisenden Art aussprach. Während meiner Strclitzer Schulzeit wurde 1863 die fünfzigste Wieder kehr des großen Jahres der Erhebung Preußens ge feiert, an der Mecklenburg, Lie Heimat Blüchers, ruhmreichen Anteil genommen hatte. Wir sangen mit Begeisterung die schönen Lieder von Theodor Körner und Ernst Moritz Arndt. Das Verständnis für Preußen, den Führer zur Einheit und noch heute den Grund- und Eckstein des Deutschen Reichs, ging mir in Halle aus. wo ich das Aahr 1866 erlebte. Ach habe nie den Augenblick vergessen, wo unser trefflicher Anstaltsgcistlicher Pastor Seiler nach dem Siege von Königgrätz die Kanzel mit den Worten bestieg: „Lobe den Herren, der alles so herrlich re gieret, der dich auf Fittichen des preußischen Adlns sicher gesührct." Das Gymnasium, ans dem viele künftige Führer der Nation hervorgehen, soll mit der Liebe zur Heimat Begeisterung und Treue für unser Vaterland von Jugend auf in die Herzen pflanzen. Hingegen habe ich den Eindruck bewahrt, daß für das religiöse Denken und Empfinden die Einwirkung des Eltern hauses wichtiger ist als der Religionsunterricht in der Schule. Als ich in die Quarta cintrat, wußte ich .'m Kernlieder auswendig und einen großen Teil des Neuen Testaments. Zwischen dieser Grundlage und dem sväleren Konfirmationsunterricht bei Pastor Seiler spielt der Religionsunterricht der Schule in meiner Erinnerung keine große Rolle. Ach l)abe nie einen Hehl daraus gemacht und dies am 29. Juni 1907 gegenüber einer Abordnung akademisch gebildeter Lehrer öffentlich ausgesprochen, Latz ich ein treuer Anhänger des humanistischen Gymnasiums bin. Datz das humanistische Gymnasium, wie ich es gekannt habe, in mancher Beziehung re formbedürftig war, datz insbesondere das lieber- wiegen grammatischer uird mechanischer Gesichtspunkte das Eindringen in Geist, Anhalt und Schönheit der Werke erschwert«, bin ich weit entfernt zu bestreiten - Eine Reform des humanistischen Gymnasiums sollre aber immer mit schonender Hand vorgenommen wer den, denn ihm ist die Blüte des deutschen Geistes ent sprossen. Am übrigen bleibt, wie man über Schule und Erziehung auch Lenken mag, der Satz zu Recht be stehen: Lion scfiolne, sxxl. vrtE Sunlt unü Mklenlchskt. Eine wissenschaftliche Lichtbildbühne. Dor einiger Zeit hat sich inVerlin ein Komitee zu dem Zweck gebildet, hervorragende deutsche Ge lehrte zu Vorträgen an Kinobühnen zu veranlaßen. Das Komitee „Wissenschaft und Licht bild" ist ein Zweig der Vereinigung „Die Wissen schaft für alle", dere-m Vorstand unter anderen an gehören: Ex.zellenz o. Hölloben-Berlin, Exzellenz Admiral v. Holtmann Berlin. Geheimer Negierungs rat Prosesß'r Er. Wilhelm Förster-Berlin, Professor Antoii-Aena, Geheimer Mcoizinalrat Professor Dr. Eulenburg-Berlin, Professor H. Miinsterberg-Cam- dridg«, Professor Rudolf Camerer-München. Das Protektorat der Vereinigung hat der König von Württemberg übernommen und gleich zeitig sein Erscheinen zum ersten dieser „Kinohoch schulkurse" zugcsagt, Lie nach ihrer Vorführung in Berlin, in Stuttgart und anderen deutschen Städten wiederholt werden. Das „V. T." ist in der Lage, einen Teil des Ardeitsprogramms der neuen Ver einigung mitteilen zu können. Es ist dem Komitee gelungen, ErafZeppelin zu einem Vortrag in Berlin zu gewinnen, der wie alle anderen dieser wissenschaftlichen Vorträge von Filmvorführungen begleitet sein wird. Es ist wahr scheinlich, daß Graf Zeppelin Len Reigen der Vor tragenden einleiten wird. Ferner wurden unter Leitung Professor Ehrlichs Lie Films zu einem Vortrage über das Serum „Ehrlich-Hata 606" l>ereits fertigg^stellt, und die Assistenten Professor Kochs sind gegenwärtig init Aufnahmen über die Schlafkrankheit beschäftigt Den Vorführun gen, die alle Gebiete von Kunst, Wissenschaft, Technik und Kultur behandeln werden, geht jeweils der Vor trag eines gelehrten Fachmannes voraus. Das Komitee >>at sich der besten Namen aller Fakultäten versichert. Tie Vorträge finden allwöchentlich dreimal statt, und zwar an zwei Wochentagen und einem Sonntag Als Einheitspreis werden fünfzig Pfennig Eintritts gebühr erhoben. Der erste Vortrag wird anfangs Ok tober abgehalten. Mit einigen deutschen Städten, wie Leipzig, Hall«, Essen, Stuttgart, München und anderen sind di« Verhandlungen wep.-n Wiederholung dieser Dorträg« an den betreffenden Orten zum Ab schluß gelangt. * Max Reger, Lastspielouvertüre. Die Konzert direktion Hermann Wolff inBerlin hat das Erst aufführungsrecht von Max Regers Op. 120 „Eine Lustspielouvertüre" für kleines Orchester für Berlin und Hamburg erworben. An Berlin wird diese Kom position in dem Philharmonischen Konzert unter Nikischs Leitung am 13. November aufgeführt werden. * Denkmalpflege und Heimatschutz. An Anwesen heit zahlreicher hervorragender österreichischer, reicbs deutscher und schweizerischer Gelehrter fand die Er öffnung der unter dem Protektorate des Erzherzogs Franz Ferdinand stehenden gemeinsamen Tagung für Denkmalpflege und Heimatschutz in Salzburg statt. Den Vorsitz führt Geheimer Hofrat Professor v. Lechelhäuser (Karlsruhe). * Tenoristenherrlichkeit und kein Ende. Wie aus Wien gemeldet wird, teilt die „Zeit" mit, Di rektor Gregor habe den Vertrag mit dem Helden tcnor Leo Slezak, der am 1. November zu Ende geht, nicht erneuert. Das Blatt erzählt, in Len letzten Tagen hätte Direktor Gregor mit Slezak wegen der Erneuerung des Vertrages eine Unter redung gehabt) der Künstler erklärte, daß er unter den bisherigen Bedingungen, 1600 Kronen für jedes Auftreten, mit der Wiener Hofoper nicht mehr ab schließen könne, La er in Amerika 7500 Kronen für ein Auftreten erhalte, und forderte in der Wiener Hofoper -1000 Kronen Abenühonorar für die Zukunft. Direktor Gregor habe ihm 2000 Kronen pro Abend geboten, diesen Vorschlag lehnte Slezak ab, womit die Vertragsverhandlungen als gescheitert zu betrachten seien. * Amerikanisches Opern-Eastspiel in Europa. Wie aus W i e n gemeldet wiid, plant die Direktion der PhilaLelphia-Chicago-Opera für den Herbst nächsten Aahres großartige Ensemble-Gast spiele mit erstklassigen internationalen Künstlern an den großen Opernbühnen Deutschlands und Oester reichs. Es sollen Aufführungen in französischer und italienischer Sprache stattfinden. An dem Gastspiel werden u. a. reilnehmen: Luise Tetrazzini, Mary Garden, Cecilia Gagliardi, Lie Tenoristen Dal- mor.'-s und Bassi, die Baritonisten Renaud, Hektor Dufranne, Antonio Scotti, Mario Samarco und Titta Nuffo. Die musikalische Leitung würde Ge neralmusikdirektor Clüophante Campanini über nehmen. Als französische Vorstellung ist Massenets „Thais" geplant, Lie an deutschen Opernbühnen noch nicht zur Aufführung gelangte. Gleichwie im vorigen Jahre bei dem Gesamtgastspiele der Metropolitain Opera in Paris sollen sämtliche Dekorationen und Kostüme von Amerika nach Europa gebracht werden. Die hauptsächlichsten Schwierigkeiten bilden die enormen Eintrittspreis«. * Elizabeth Evan, s. Wie man au» München telegraphiert, ist im Moorbad Aibling die eng- lische Schriftstellerin Elizabeth Evans, Gattin des llniversitätsprofessors A. P. Evans, im 79. Lebens jahre gestorben. Sie war mit 14 Jahren schon eine geschätzte Mitarbeiterin der Presse, die ihre Gedichte und Aufsätze gern brachte. Später hat sie Romane und historische Werke geschrieben. Sie war stets eine hingebende Förderin der Künste und jungen Talente. Die Leiche wird nach Ulm zur Feuerbestattung über geführt. d
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