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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.04.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-04-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110406028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911040602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911040602
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-04
- Tag 1911-04-06
-
Monat
1911-04
-
Jahr
1911
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Vrzugt-Prei» ur »»» «»»»«» »*»ch MH»» Träger »i>i k»«»ci«»k< >*«l tLzllch »» <au» gebracht: t>0 n»»»N^ R-70^U »»rNrUtdrl V«< »"«» ». »«, u»tz»«ttrUr» ,»,«d»tu 7» tz M»«U„ L.L2 L»rch d« V«k r :»n«-«ld L«ul>ch^a»«x »n» »« d**tkh« t>»l,n>rn »cerle>i-!irt. 8.1* ^U, »o»atl. l^i« ,»«>chc. ^osNx«t<llaeK. ^«nxr » Bel,,«», »«« D»»a»lla«»«, Ilalx«, eiu-uituca, <c»rd«rl»u»«, uxpr». O«!lkrir>ch U»,ar». «»»!«»», Lqiixdrn, Lchwrij ». Hpa»e». g» «Le» übrigen Lcaalr» nur »irr» durch d« vXichLirduell« ve« vuru»« erhtiUich. La« Leipziger lagevta« «rlcheuit L »al iLglich, Sou». ». g«,ri««« »« »er,«»«, «poune «tt-Ännabw«: Au«»L»«pl»tz 8^ uei uuirren Lrügerii, Filialen, Lpebiteur« und Aoaal»meüellel>. wnne PoslLiuter» »Nd Bnchlrtger». Ei»,«I»«rk«,!»»«,>» der »er«» autgade l* der e.vr»duul^rd« » Abend-Ausgabe riWgcrTagMaü Handelszeitung. Amtsvkatt des Aales und des Nokizeiamtes der Stadt Leipzig. Aazeigeu-Prett W» Sri»««»» «»» Le»vvg und ^mgedunr dt» »«rivaiten» 10 «-» dr^l, PeiUzeU, L dt» 74 »r» dr«t« «ellame^Ue t », a»«oar« K- »«0«W«» l.» I^erae, »en Setz»«*«» « «»lt>ch«» ke,I tz«, 74 au» peeü» Vettche«« 40 Gchchttt«anzeu,rn in« V »A»or1chr«ren und ch »er Idendautaab« cm Preue erythr. ptadatl »ach Laris. SeUaaegedLdr » A. La»«»« «xL. jjeugedah,. ,ZeR«1«ilt» >»krr4« chnn« inchr zurück- gezoge» «erde», chür da» Lrlchernen au deilumarea Lage» und PUchea wird keine Garantie üderuommru. llntrigeu. »nnahni« i Au,uL«Ipl«tz st, der ch-niliche» Ailiale» u. alle» Lnnoncen- chMeomH»«» »X I>» a»d La« la ave«. N«d«kN»» »»d MeschittüLelle: 2»haa»l«gage s. g«r»tvre<der: l4««j, I4M4 H«uv1.Sttt»l« Oreldea: e««tzra,e 4.1 (Leteptzaa Nr. S6. 105. Jahrgang vonnerslsy, üen 6. llprll 19ll. Vas Schicksal ües Reichskanzlers. Aus Berliu wird uns geschrieben: Es gibt Leute, die als mögliche Folge der konser vativen Opposition gegen die elsaß-lothringisch« Ver- fasiungsreform den Rücktritt d«»Reichskanz- lers ansehen und die« sogar als den Zweck der Uebung betrachten. Demgegenüber ist die Auffassung bemerkenswert, die in einem Berliner Briese der „Münchn. Reuest. Nachr." zutage tritt. Danach läge für den Reichskanzler, der das Vertrauen des Kaisers besitzt, kein Grund vor, von der Bühne zu ver schwinden, wenn ihm die elsaß-lothringische Ver- fassungsresorm abgelehnt wird. Er würde dann das Reichstagsvotum entsprechend der Anschauung Bis marcks als eine „Quittung" betrachten, die er ruhig einsteckt. Für die Bekanntgabe dieser Willensmeinung im gegenwärtigen Augenblick lassen sich verschiedene Beweggründe denken. Herr v. Dethmann Hollweg ist der „sachliche" Kanzler. Wenn also wirklich die Münchner Auslassung auf ihn zurückgeht, so brauchte man aus ihr auf nichts anderes zu schließen, als darauf, daß der Kanzler tatsächlich das Aus- Ha r r en auf seinem Posten für angemessen hält. Nichtig ist, daß der Zwang zum Gehen für ihn nicht in der gleichen Weise vorhanden ist wie für den Fürsten Bülow nach Ablehnung der Erbschaftssteuer, und daß der Kaiser Herrn o. Dethmann Hollwtg einen Beweis seines Vertrauens gegeben hat, indem er ihn nach der Taufe des Linienschiffes „Kaiser" zum Gene ralmajor ernannte. Die Münchner Auslastung kann aber auch eine andere Wirkung haben und bezwecken. Sie kann einen Hinweis für diejenigen Konservativen und Ultramontanen sein, die ihrerseits die elsaß- lothringische Frage zu einer Dethmannfrage zu machen wünschen. Ihnen wird gesagt, daß das Scheitern des Derfastungswerkes gar ni cht die Be seitigung des ihnen mißliebigen Kanzlers zur Folge haben würde; dadurch würde ihr Intereste am nega- tioen Ausgang der elsaß-lothringischen Sache ver ringert. mithin die Aussicht auf einen positiven Aus gang verstärkt. Dielleichr wäre im Juni 1909 die Erbschaftssteuer angenommen worden, wenn nicht das Geschick des Fürsten Bülow mit der Vorlage untrenn bar verknüpft gewesen wäre; Dethmann Hollweg will das elsaß-lothringische Werk nicht scheitern sehen, da her löst er rechtzeitig jede Verbindung mit seiner Person! Das hört sich zwar etwas verwickelt an, es läßt sich aber nicht leugnen, daß Persönliches und Sachliches gerade bei den wichtigsten Entscheidungen des politischen Lebens bei uns gern incinandcrgcwirrt werden. Jedenfalls lohnt es sich, die weiteren Schach züge der Ultrakonseroativen genau zu beobachten. Mit der recht verunglückten Aktion im preußischen Herrenhause werden sie sich wohl nicht begnügen. versuchter verrst mMtSrllcher GetzeimnMe. r Leipzig. 8. April. Unter dem Vorsitze des Senatspräsidenten Dr. Menge verhandelte heute der vereinigte zweite und dritte Strafsenat des Reichsgerichtes wegen Ver suche, des Verrates militärischer Ge heimnisse, Urkundenfälschung und ver suchten schweren Diebstahls gegen den am 15. Juni 1882 rn Jouy-aux-Arches im Kreise Metz geborenen Mechaniker Ludwig Koch, der zuletzt in Montigny wohnhaft war und sich zurzeit in Unter suchungshaft befindet. Die Anklage vertritt Staats- anwallscyaftsrat Dr. Stitzer, als Verteidiger des Angeklagten fungiert Rechtsanwalt Dr. A x h a u s e n. Dem Angeklagten, der nicht Soldat gewesen ist, wird zur Last gelegt, daß er am 24. September vergangenen Jahres, um sich einen rechtswidrigen Vermögens vorteil zu verschaffen, eine Quittung über 50 ge fälscht und dem Major R. in Metz zwei Gew.hre zu siehlen versucht hat, Verbrechen nach tzrj 207. 208, 212 und 249 in Verbindung mit 8 43 des Reichsstrafgesetz buches. Ferner soll Koch es unternommen haben, Zeichnungen und andere Schriftstücke, die im In tereste der Sicherheit des Deutschen Reiches geheim zu halten waren, was er auch gewußt hat, wie ein.n Entwurf über einen Zwischenpostcn, eine Festungs karte, in der die Namen der deutschen Werte einge zeichnet waren, sowie ein Namensoerzeichnis franzö sischer Orte vom 15. Dezember 1908, in den Besitz eines anderen, nämlich der französischen Heeresver waltung. zu bringen, Vergehen gegen die Bestimmun gen Les Gesetzes vom 3. Juli 1893. betreffend den Ver rat militärischer Geheimnisse. Gleich nach der Ver lesung des Eröfsnungsbeschiustes wurde auf Antrag des Vertreters der Anklage die Öffentlichkeit für die ganze Dauer der Verhandlung ausgeschlossen. Es sind elf Zeugen und als Militär.scher Sachverständiger Major v. Wrisberg vom preußischen Kriegs ministerium geladen; der Verhandlung wohnen auch bei Major Heyl und Hauptmann v. Heeringen vom Großen Generalstabe und Polizeirat Bauer aus Straßburg. Ueber Zunsbme üer Lsnüüucht werden seit einiger Zeit wieder einmal bewegte Klagen angcstimmt, und zwar auf Grund der Ergeb nisse der landwirtschaftlichen Arbeitsnachweise wäh rend der letzten Monate. Angeblich soll die Land flucht und Lcutenor durch den industriellen Auf schwung verursacht sein, der nicht nur in Deutschland, sondern auch in unseren Nachbarländern die Land arbeiter anlockc; deshalb mache sich auch der Mangel an ausländischen Saisonarbeitern empfindlich bemerk bar. — An sich sind diese Klagen durchweg über trieben. In der Industrie hat sich der Beschäfti gungsgrad seit einiger Zeit zwar etwas gebessert, in- besten ist von einem Aufsaugen der landwirtschaft lichen Bevölkerung nirgends die Rede; in den größeren Städten herrscht sogar noch vielfach Arbeitslosigkeit. Man fragt sich- Was soll mit den immer wieder kehrenden Klagen über die Landflucht und Lcutenot erreicht werden? Soll etwa gesetzlich die Freizügig keit aufgehoben oder beschränkt werden? Oder will man die Not der Landwirtschaft beleuchten? Solchen Versuchen würde der Erfolg von vornherein versagt bleiben. Mit Klagen wird leine Krankheit geheilt. Man denke doch an das Heilmittel der Selbst hilfe, nachdem jahraus, jahrein von den hervor, ragendsten Vertretern unserer Volks- und Landwirt- schäft die Wege oorgezeichnet sind, die der viel beklagten Landflucht ein Ziel setzen können. In treff licher Form hat insbesondere der Generallandschafts direktor Dr. Kapp in Königsberg Theorie und Praxis harmonisch vereinigt in seiner bekannten Landarbeiter- und Kolonisations vorlage, die den Landwirten mit aller Deutlich keit zeigt, wie man aus dem Wege der inneren Kolo nisation tatkräftigen Bestrebungen den Erfolg sichern kann. Menn man es unterläßt, von den dargebotenen Mitteln lstcbrau st zu machen, so kann man nicht bmn sprachen, daß die Klagen irgendwo Eindruck machen. politilcke Nachrichten. Das deutsche Kronprinzenpaar in Rom. Der Kronprinz wird sich bei seiner Gratulations visite beim König Viktor Emanuel nicht darauf zu beschränken haben, die Wünsche des verbündeten Deut schen Reiches und des befreundeten Herrscherhauses zum Ausdruck zu bringen, er wird aus Korfu ein Handschreiben des Kaisers mitbringen, in dem sich der Kaiser dem offiziellen Glückwunsch durch eigenhändige herzliche Zeilen anschließt. Im Gegensatz zu unserm offiziösen Bericht in der heutigen Morgennummer über die enthusiastische Auf nahme des Kronprinzcnpaares in Rom spricht der römische Mitarbeiter der „Tägl. Rundsch." von einem kühlen Empfang. Die Straßen seien nicht übermäßig besetzt gewesen und es habe wenig Begeisterung geherrscht. „In italie nischen deutschfreundlichen Kreisen bedauere man die Zurückhaltung der Bevölkerung und wisse nicht, welchem Umstande sie zuzuschreiben sei. Die einen meinten, sie sei von Berlin gewollt worden, die andern schrieben sie der Enttäuschung über den unter bliebenen Kaiserbesuch zu." Aus dem Wahlkreise Karlsruhe-Bruchsal. Die Zentrumspartei im Reichstayswahl- kreis Karlsruhe-Bruchsal hat in einer in Bruchsal abgehaltenen und vom Geistlichen Rat Mack:r geleiteten Versammlung beschlossen, von der Aufstellung eines eigenen Kandidaten aozusrhen und gleich im ersten Wahlgang den Kandidaten der K o n- seroatioen und des Bundes der Landwirte, Frhrn. v Gemmingen- Straßburg, zu wählen. Die Konsrrvativen haben schon einen ösfentlichen Auf ruf erlassen, in dem die Nationollibrralen aufgefor- derr werden, nick': für den fortschrittlichen Stadtrat Haas, sondern für Frhrn. v. Gemmingen zu stimmen. In einem Gcqcnaufruf erklärt die nationalliberale Parteileitung dieses Vorgehen der Konservativen als eine Aufforderung zum Treubruch. Spalrung im bayrischen Nationalliberalismus? Infolge der Vorgänge bei der letzten Sitzung des Ausschusses öer nationallibcralen Landespart.'i in Bayern rechts de? Rheines hat der Vorsitzende der Landesparrei, Tafel, den Vorsitz niedergelegt und seinen Austritt aus dem ge- schäf-ssührenden Aus'chusse erklärt, weil er mit seiner Anschauung, bei Len bevorstehenden Wahlen womög lich einen Zusammenschluß aller bürgerlichen Par teien gegen die Sozialdemokratie herbei zuführen, in der Minderheit blieb. Trench und Brandon sind zufrieden. London, 6. April. (Tel.) Die „Daily News" veröffentlicht Briefe, di« der Vorsitzende der inter nationalen Frievensliga Felix Moscheles von den beiden engliscksen Offizieren Trench und Brandon erhielt, in denen diese sich sehr be friedigt über die Art und Weise ihrer In ternierung zeigen. Moscheles fügt hinzu, die den Offizieren bewiesen« Höflichkeit sei eine E r - mutigung derer, die l>estrebt sei«n, die deutsch, englischen Beziehungen immer herz licher zu gestalten. Deutsch-englische Freundschaftsbeziehungen lassen sich, wie die Auffassung des Herrn Moscheles beweist, in sehr vielseitiger Form kultivieren. Sollten die beiden Spione, di« seinerzeit wohl kaum eine „fried liche Durchdringung" fördern wollten, wirklich geeig net sein, daß man auch sie im Interesse der deutsch englischen Verständigung exemplifiziert? Beendete Streiks. Helsingfors, 6. April. lTel.s Der A u s st a n d der 2 e tz e r, der Ende vorigen Jahres begonnen hat, ist durch eine Vereinbarung mit den Arbeit gebern, die für 5 Jahre Gültigkeit haben soll, beendet worden. Paris, 0. April. sTel.) Die aus ständigen Hafenarbeiter in Rouen haben die Arbeit gestern wieder ausgenommen. Neue türkisch-montenegrinische Erenzzwischensälle. Konstantinopel, 6. April. lTel.j Zwischen tür kischen Truppen und einer montenegriniichen Bande, die bei Cjanitza die Grenze überschreiten wollte, kam es gestern zu einem Kampf. Montenegriner wurden zurllckgejch lagen. Konstantinopel, 6. April. (Tel.) Di« Truppen im Jemen unternahmen am 1. April bei Benisch - n a k einen Angriff gegen di« R e b e l l e n, die mit großen Verlusten aus ihrer Stellung vertrieben wurden. Zur Lage in Marokko. Tanger, 6. April. (Tel.) Aus Fez wird vom 31. Marz gemeldet: Plündernde Beni Snassen sind bis Babefetul gekommen und haben dort Maultiere erbeutet, die El Glaui gehören. Das Verhältnis Hyainas zu dem Machsen >st weniger gut. Abgesandte von rhnen treffen zur Mrtteuung der Bedingungen für ihre Unterstützung nächsten Sonntag ein. Wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden, werden sie in das Gebiet d«r Chefaqa und Uledjanaa, die dem Machsen treu bleiben, Raub züge machen. Kus Leipzig unü Umgegenü. Leipzig, 6. April. Wetterbericht der Königl. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 7. April: Nordostwinde, wolkig, etwas wärmer, kein erheb licher Niederschlag. Pöhlberg: Nur auf dem Berge schwache Schneedecke, glänzender Sonnenunter- und -uufgang, Abend- und Morgenrot, Schneetiese 0 Zentimeter. Fichtelberg: Gute Schlittenbahn bis Ober, wiesenthal, starker, anhaltender Reif, Bäume stark mit Rauhfrost behangen, glänzender Sonnenaufgang, Morgenrot, Schneetiefe 160 Zentimeter. Dss Grüne Kuw. Roman von August Weißt. ZZ^ (Nachdruck -erSotra.) In dieser dünnen Reihe, welche das Volk achtungs voll und staunend umstand, befanden sich auch drei Herren, die mit groß.r Aufmerksamkeit die Vorüber gehenden musterten, gleichsam, als suchten sie jemand. Nach längerer Promenade blieben sie vor dem Ecrsä Fabian stehen. „Sie sind wieder nicht da. Vielleicht kommen sie noch. Wenn es dir recht ist, setzen wir uns ein wenig. Don hier aus können wir sie nicht übersehen." Die Herren nahmen an einem kleinen Eisen tischchen Platz und bestellten schwarzen Kaffee. Der Kellner brachte das Geschirr, dazu eine große Kanne, wie sie bei uns Kaffeeköche verwenden, und schenkte die Schale so voll, daß der Kaffee überrann und auch die Untertaste füllte. „Co Sitte hier", erklärte der Aclteste den beiden anderen, die da» Servieren des Kaffees mit Kopf schütteln begleiteten, „die Einheimischen wellen für die paar Tentesimi ausgiebige Portionen. Erst schlür fen sie die Untertaste leer, dann erst trinken sie die Schale aus. Um auf die Sach« zurückzukommcn: Ich kann dir mit dem bZten Willen nicht mehr sagen, als dir jedermann erzählen könnte. Die Familie Eastell- mart ist hier sehr angesehen. Di« Vorfahren sind Dogen gewesen, er selbst ist Senator, hat eine gewich tig«, stets beachtete Stimme bei den Sitzungen. Sein Haus, der „Palazzo del Angelo" am Tanale gründe, ist seit Jahrhunderten der Sitz der Familie. Sie sind jehr reich, gelten für glühend« Patrioten, und nie- mand kann ihnen auch nur das Geringste nachsagen. Die ganze vornehme Welt verkehrt bei ihnen. Ja, von Len Castellmaris «ingelad«n zu werden, ist ein heißbegehrtes Ziel aller gesellschaftlich Ehrgeizigen." „Kommt er auch zu dir?^ „Natürlich, lieber Sphor, ich führe ja ein offi zielles Haus und wüßte gar keinen Grund, warum ich ihn nickt einladen hätte sollen. Der Senator ist zwar kein Freund Oesterreichs, aber seine politischen Ueberzeugungen gehen mich als Hausherrn nichts an. Schon aus diplomatischen Gründen ist es wichtig, daß man sich gerade mit solchen Herren gut verhält. Nun und seine Tochter ist ein fo entzückendes, liebes Mäd chen, daß sie Las Herz meiner Frau im Sturm erobert hat und auf keiner noch so intimen Unterhaltung bei uns fehlt." „Die zweite Tochter kennst Lu nicht?" „Ja, aber nur flüchtig. Im vorigen Jahr, als ich nach Wien auf Urlaub ging, machte ich ihr meine Aufwartung, um Grüße von der Familie zu über bringen. Eine ungewöhnliche Erscheinung mir dem berückenden venezianisch blonden Haar, so rotblond mit einem goldigen Ton." „Ueber sie weißt du nichts Näheres?" „Sie hat hier in Venedig den Baron Sternberg kennen gelernt und bald geheiratet. Das verzieh ihr der Senator lange nicht. Ein Oesterreicher — fern Schwiergersohn! Aber sie war immer seine Lieb lingstochter gewesen. So wurde die Versöhnung bald möglich. Baron Sternberg, der seit Klndheit krän kelte, zog sich auf einer Jagd in Siebenbürgen eine Erkältung zu und starb nach wenigen Tagen infolge einer Lungenentzündung." „Sonst sind keine Kinder da?" „Doch — ein Sohn. Das heißt, der war wenig stens da. Ob er noch lebt, was aus ihm geworden ist, weiß niemand. In Turin hat er sich in eine Artistin verliebt, Zirkusreitcrin oder so etwas. Wunderschön soll sie gewesen sein, etwas exotisch, mit sehr inter essanter Vergangenheit Man erzählte sich damals allerlei, aber ich habe für solche Sachen ein schlechtes Gedächtnis. Mit ihr scheint er auf und davonge gangen zu sein. Akuter Liebeswahnsinn! Fünf, sechs Jahre her. Natürlich wirs alles mögliche getratscht, aber weder seine Familie noch seine Freunde haben je eine Nachricht von ihm erhalten. Ucbrigens schade um ihn; er soll ein sehr begabter Mensch gewesen sein und urjolid, bis er die Bekanntschaft mit der Artistin machte. „Wann hast du den Senator das letztemal ge sehen?" „Bei mir im Haus? Am 1. Januar, beim Neu jahrsempfang. Am fünfzehnten hätte bei ihnen ein Ball statffinden sollen. Der wurde aber plötzlich ab gesagt, weil sich der Zustand der älteren Tochter, die am selben Morgen krank ans Wien eintrai, bedeutend verschlimmert hatte. Seither sind Castellmaris un- sichtbar. Sic empfangen r icht und machen auch keine Besuche. Der Senator freilich erfüllt nach wie vor täglich seine Aintsobticgenheiten." „Halten Sie die Baronin Sternberg wirklich kür so gefährlich krank, wie allgemein gesagt wird?" fragte der dritte der Herren, Kommissar Doktor Marlens. Der Konsul, Herr von Senndorf, zuckte mit den Achseln. „Mein Gon, meine Herren, Sie wisst» doch, wie Damen sind. Der Hausarzt, der auch der unserige ist, sprich: von Nerocnkrisen, hervorgerufen durch große seelische Erregungen. Tatsache lst, daß Maria, die jüngere Schwester, seither das Haus nicht verlassen hat und Sic Kranke pflegt. Hingegen erzählt die Friseurin wieder, daß die Baronin wohl sehr nervös und sehr niedergeschlagen ist, plötzlich ohne Anlaß in Tränen ausbricht und sich manchmal ganz unsinnig gebärdet. Aber sie meint, man gewänne nicht den Eiirdruch cs mit einer Schwcrkranken zu tun zu haben." „Ich habe Sie aus einem bestimmten Grunde ge fragt. Wisien Sie, daß diese schwerkranke Baronin nun schon zweimal Les Abends in einer Kleidung, die zu ihrem Stande absolut nicht paßt, heimlich durch die rückwärtige Tür den Palazzo verlassen hat, um sich in das Stadtviertel hinter der Rialtobrücke zu be geben? Unü daß sic dort in einem Lokal, wo sich nur lichtscheues Gesindel und Verbrecher aufhalten, mit einem Manne fragwürdigsten Aussehens Besprechun gen batte?" „Was Sie nicht sagen! Wieso wisien Sic denn das, Herr Doktor?" „Das Haus wird von meinen Agenten ständig bewacht, sie haben den Auftrag, der Baronin über allhin zu folgen!" „Lagen Sic, das ist doch in Venedig nicht so einfach. Ihr Agent kann doch nicht hinter der Gondel herschwimmen?" „Auch dafür ist gesorgt. Aber in dem Falle, von dent wir sprechen, war es auch gar nicht notwendig. Und das eben halte ich auch für ein verdächtiges Mo ment. Die Baronin benützte nicht ihre eigene Gondel, sondern wählte den weiteren Fußweg durch die Stadt. Mit der Krankheit scheint es also nicht so arg zu sein, wenn ich auch an alle nervösen Zustände, die sicherlich durch die Ereignisse begründet sind, glauben will. Die Baronin scheint triftige Gründe zu haben, jeden Ver kehr abzubrechen und keinen Menschen in ihre Nähe zu lasten. Darum wurden auch Baron Sphor und ich trotz Jbrer Empfehlung abgewiesen." In demselben Augenblick bog von üer Piazetta ein alter Herr, auf dessen Arm sich ein junges Mädchen stützte, auf den Platz. Sie schienen sehr bekannt zu sein, denn von allen Seiten grüßte man respektvoll. Auch Konsul von Senndorf sprang auf unü flüsterte den beiden an deren zu: „Kommen Sie mit, das ist Tastcllmari und seine Tochter." Lastellmari war eine vornehme Erscheinung. Groß, schlank, elegant. Haar und Bart silberweiß. Sein« Tochter, ein Mädchen von siebzehn Jahren, voll er blüht, im zarten, blassen Gesicht brennende, dunkle Augen, die ganze Erscheinung voll unsagbaren Lieb reizes, vornehm und elegant mit ausgesuchter, raffi nierter Einfachheit gekleidet. Der Konsul und sein« Begleiter folgten dem impo santen, großen, silberweißen Herrn, der mit seiner Tochter guer über den Platz ging und in die schräg gegenüberliegende Buchhandlung trat. .Komm nur, jetzt kommen sie uns nicht mehr ans", flüsterte der Konsul Sphor zu und trat an die Ladentür. Als sie die Tür öffneten, störten sie, wie gerade der Senator den Buchhändler fragte: „Warum sind denn die Wiener Zeitungen heute wieder ausgeblieben?" „Bitte, wegen der Schneeverwehungen." „Sobald sic kommen, schicken sie mir sie. Auch wenn es spät abends ist." Senndorf begrüßte den Senator und dessen Toch ter, üer nicht recht ausweichen könnt«, und stellte ihnen seine Begleiter vor. Der Senator wandte sich in liebenswürdigem Tone an Baron Sphor. „Ich bedaure sehr, Baron", sprach «r ihn Franzö sisch an, „daß e» mir die Krankheit meiner Tochter unmöglich machte, Sie vorgestern zu empfangen. Es wird mich freuen, wenn Sie Ihren Besuch recht bald wiederholen. Auch Sie, Herr Doktor, werd«n uns sehr willkommen sein." Baron Sphor dankt« mit einer artigen Ver beugung. Er dätt« gar nicht Worte gesunden. Seine Augen hingen an dem liebreizenden Mädchen an der Seite des alten Herrn, das bei dem feurigen Blick des jungen Mannes tief errötete und die Augen zu Boden schlug. Der Senator machte Miene, sich zu verabschieden, doch Senndorf, dem es nicht entgangen war, wekch-n
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