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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.04.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110405012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911040501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911040501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-04
- Tag 1911-04-05
-
Monat
1911-04
-
Jahr
1911
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veuMer «eichsttg. 183. Sitzung. Berlin, 4. April. (Priv-Tel.) Am Bund«»rat»4isch«: v. Heeringen, später v. Tirpitz. Dr. Li»eo, Wermuth, von Lindequist, Krätke, Freiherr v. Salza und Lichtenau. Präsident Gras Schwerin-Lömitz eröffnet die Sitzung um 10 Uhr 1b Minuten. Aus dem Platze Les Abg. Schrader (Fortschr. Dpt.) liegt aus Anlatz seines 75. Geburtstages ein Nelkenstrauß. Auf der Tagesordnung steht die dritte Lesung des VtatS. Abg. Brunstermann (Npt.) bittet bei der Bera tung de» Militäretats, den Soldaten nach Möglichkeit Ernteurlaub zu gewähren. Generalmajor Wandel sagt möglichste Berücksich tigung zu. Abg. Siebenbürger (Ztr.) bittet den Kriegs minister, die kleinen pommerschen Städte, di« früher Garnisonen waren, wieder zu bedenken. Preußischer Kriegsminister v. Heeringen: Der Gründung kleiner Garnisonen stehen wir wohl wollend gegenüber, deswegen waren wir gezwungen, die Grenzorte mit mehr Militär zu belegen. Die Wiederherstellung des alten Zustandes würde mit autzerordenllici-en finanziellen Schwierigkeiten ver bunden sein. Der Wunsch nach Vblassung der Rekruten in ihrer Stammprovinz wird nach Mög lichkeit berücksichtigt werden. Abg. Schwarze-Lippstadt (Ztr.) unterstützt die Wünsche des Abg. Siebenbürger hinsichtlich der kleinen Garnisonen auch für seine engere westfälische Heimat. Abg. Kuhnert (Eoz.) kommt aus die in der zweiten Lesung erörterte Angelegenheit der sächsischen schwarzen Militärneben fonds zurück und richtet an die sächsische Militär verwaltung die Frage, ob Zivil- und strafrechtliche Bersolgung für wiederholt bei den Druckerfonds vor gekommene Fälschungen eingetreten, eventuell aus welchem Grunde sie unterblieben ist, welches Resultat Lie von der Verwaltung versprochenen Recherä)en wegen desSandsonLs gehabt haben, sowie welch« Gelder von dem Montierungssoirds auf di« Be- kleiüungsämter übertragen worden sind, und wer der Besitzer des Unteroffizieruntersrützungs-, des Kriegs beute- und des Offizcerlasinosonds ist. Sächs. Bpndesralsbeoollmächtiger General Frhr. o. Salza und Lichtenau: Ich will auf diese Fragen antworten, soweit es mir möglich ist. In der An gelegenheit des Druckerfonds hat eine Unter suchung slattgefunüen. Ob eine strafrechtliche Bersolgung oder ein zivilrechtliches Lerfahren gegen einen Beamten ftatlfindcn wird, bin ich augen blicklich nicht in der Lage zu sagen. Ueber den Sand- foirds war ich in der letzten Sitzung noch nicht orien tiert. Das Kriegsministerium hat aber nunmehr eine Untersuchung eingeleilet, und dabei hat sich heraus gestellt, Latz ein derartiger Sandfonds feit den achtziger Jahren tatsächlich besteht. Wie dieser Fonds entstanden ist, und ob er zu Recht oder zu Unrecht besteht, ist heute nicht mehr fest zustellen, da die betreffenden Beamten tot sind. Las Kriegsministerium wird diese Forderungen an Las Reich abführen, aber «iit« groß« Aufbesserung der Reichsfinanzen kann man davon nicht erwarten, denn es handelt sich nur um «in paar hundert Mark. Der Kriegsbeutesonds gehört dem Reich, aber den Offizierkasinofonds unterstützt der König. Abg. Frhr. v. Gamp (Rpt.s bringt ebenfalls Wünsch« über Zuerteilung kleiner Garnisonen in Westpreutzen vor. Abg. Werncr-Herzfeld (Refpt.s: Die Zu stände in der Fremdenlegion sollten alle Kultur staaten veranlassen, gegen dies« Einrichtung Front zu machen. Dem Wunsch auf ausgiebigen Ernte urlaub trete ich bei. Kleine Garnisonen müssen vieb mehr geschaffen werden. Die Arreststrafen bei den Kontrollvcrsammlungen könnten durch Geldstrafen er setzt werden. Abg. Zubeil (So-.): Die Konkurrenz der Mili tär mujiker nnrd von den Zroilmusikern schwer empfunden. Insbesondere mutz das Konzertieren der Soldaten in Nachtcafbs verboten werden. Abg Rosk« (Soz.): In Bekleidungs ämtern aktive Soldaten zu beschäftigen, sollte untersagt werben,' dadurch wird den Zioilhandwerker» start Konkurrenz gemacht. Abg. Albrecht (Soz.): Mit der Handwerterfreund- lichleir des Frhrn. v. Gamp ist es nicht weit her, da er mit seiner Forderung nur den Schuhmachern Kon kurrenz schafft. Generalmajor Wandel: Das Spielen in Nachtcafös ist Militärmusikern verboten. Im übrigen wird die Frage weiter verfolgt. Beim Titel Militärkassenwesen und Militärintendanturen bespricht Abg. Kuhnert (Soz.) die Auskunft des General- majors v. Salga, die ihn nicht befriedigt habe. Es ist nicht wegzuleugnen, Latz der Drucker fonds ein schwarzer, «in geheimer FoirLs ist. Der sächsische Bevollmächtigte vergitzt, Latz die Mittel, aus Lenen der Fonds entstanden ist, Nebenfonds gewesen sind. Dadurch ist es nicht weggebracht, daß der Oberrechnungshof Lecharge erteilt hat. Wenn Delikte entstehen, mutz eine Strafverfolgung vor sich gehen, di« auch nicht durch eine Vereinbarung zwischen einer Staatsoehörde und dem Rechnungshof abgemacht werden darf. Es mutz richterliche Entscheidung herbeigeführt werden, sonst ist das Recht gefährdet. Die schuldigen Beamten sind noch nach wie vor im Amte und rangieren mit den ehrlichen Beamten,' dagegen hat man einen höheren Beamten, der in voller In 1 egri - t ä t dasteht, wie der Jntendanturrat Stägemann, beseitigt. Bezüglich des Sandfonds hat der sächsische Bevollmächtigte zugegeben, datz ein solcher schwarzer Fond» wirklich besteht. Die Gelder sind aber noch nicht an das Reich abgeführt worden. Dieser Fall ist genau so verwerflich wie die andern. Das ist eine Scharf«, und eine Schärfe wird nicht «in« Ehr«. Auf mein« Frag«, wie die Gelder 1892 vom Mon tierungsdepot auf das Bekleidungsamj übergegang«» sind, ist der sächsische Militärbevollmächtigte noch immer nicht vorbereitet, obwohl 2 Monate vergangen sind. Aus einer Reihe von Beooachtungen kann »ch ent nehmen, datz di« IN Millionen al, Neben fond» existieren und annektiert sind. (Ge neralmajor Freiherr v. Salza: Wo?) Im Kriegs zahlamt des Kriegsministeriums. Der Kriegsbeute fond» soll ein Re»ch»fond» sein, der in Sachsen ver waltet wird. Eine wunderbare Geschichte! Wir in Sachsen haben in unserm Etat keine Ahnung davon. D«r Offiziersfonds soll königlich sein, der Unteroffi zierfonds staatlich. Wie kommt da» Reich dazu, Mittel zu bewilligen für staatliche und könig liche Fond», ohne datz die gesetzgebende Körperschaft irgendwie gefragt wird? Hier liegt eine Verletzung de» Budgelrechts vor, über die noch ein sehr Lusfiihrltche» Wort zu reden sein wird. Der Kriegsbeutefonds wäre ein vollständig legaler Fonds, wenn er unserm Eiat ecn- verleibt wäre. Das ist aber nicht der Fall. Tat sache ist, datz der Kajinosond» ausschließlich für die Offiziere, nicht für die Mannschaften vorhanden ist. Der Unterofsizierunterstützungssond» soll ein sächsischer Landes fonds sein. Wo ist etwas darüber zu finden? (Vizepräsident Dr. Spahn hält diese Ausführungen für nicht mehr zur Sache aehörig.) Ob da« im sächsischen Etat steht, ist gleichgültig. Der sächsische Landtag ist ohne jeden Einfluh aus die Einnahmen und Ausgaben de» Fond», der rin durchaus ungesetzlicher ist. Ausschlag gebend ist die Buch- und Kassenjührung. Neben der selben besteht für diesen Geheimfonds auch eine ge heime Buch- und Kassensührung. (Vizepräsident Dr. Soahn ersucht den Redner wiederholt, aus Liese sächsischen Angelegenheiten nicht einzugehen.) Der General von Salza meinte, e» handele sich hier um Fond» au» Stiftungen. (Vizepräsident Spahn er sucht den Redner, jetzt zur Sache zu kommen.) Die Gesetzwidrigkeiten bei diesen sächsischen schwarzen Fond» haben bisher keine Sühne erfahren. (Echlutzruf im Zentrum.) In diesem Fonds ist ein grotzes Stück Ungerechtigkeit und Kor ruption verkörpert. Damit mutz ein Ende gemacht werden. Sächsischer Bundesratsbevollmächtigter Freiherr v. Salza und Lichtenau: Ich brauchte wohl auf die Ausführungen Les Abgeordneten Kuhnert nicht zu antworten. (Leich. Sehr richtig!) Er hat das selbe mit genau denselben Worten wie bet der zweiten Lesung vorgebracht. Ich balx: da mals alles widerlegt mit Ausnahme dessen, was sich auf den Sandfonds bezog, weil ich darüber nicht orientiert war, und ich habe die Zustimmung des Hauses gefunden. lSehr wahr!) Bei den heutigen Ausführungen des Abg. Kuhnert ist alles so kreuz und quer durcheinander gegangen, datz ich nicht mehr unterscheiden konnte, was ist Reichsfonds, was sächsischer Fonds, was unterliegt der Verfügung Seiner Majestät des Königs. (Sehr richtig!) Das alles aber müssen wir streng auseinanderhalten. Ich habe den Abg. Kuhnert nicht überzeugt, und ich lverde ihn auch heute nicht überzeugen, aber ein paar Punkte mutz ich doch erwähnen. Ich mutz entschiedenzu rückweisen, datz bei dem Druckerfonds Defekte oorgekommen sind, und Latz die Beamten irgendwie eine Unehrlichkeit sich haben zuschulden kommen lassen. Die Sache ist beim Rechnungshof genau untersucht worden. Der Rechnungshof hat nur zugegeben datz die Art des Betriebs, wie er vorher gewesen ist, nicht richtig war. Dann hat der Abg. Kuhnert von dem Montierungsfonds ge sprochen. Ob dieser 1HL Millionen beträgt oder V Millionen oder 10 000 -K, spielt keine Rolle. Die Hauptsache ist, datz die Mittel zu dem Zweck ver wendet worden sind, zu dem sie bestimmt sind. Das ist d«r Fall gervesen. Dann hat der Abg. Kuhnert auch von dem Kriegsbeulefonds gesprochen. Ich habe eingehend dargelegt, was es mit diesem Fonds für eine Bewandtnis hat, datz er zur Ver fügung des Königs steht, trotzdem aber vom Rech nungshof kontrolliert wird. Wenn Sie meine Aus führungen aus der zweiten Lesung nachlesen, werden Sie erkennen, datz die heutigen Ausführungen Les Abgeordneten Kuhnert schon ihre Widerlegung ge funden haben. Ich muh aber nochmals auf das ener gischste zurückweisen, datz die schweren An schuldigungen, die der Abg. Kuhnert gegen die sächsische Militärverwaltung erhoben hat, irgendwie z u t r e f f e n. (Lebh. Beifall.) Abg. Kuhnert (Soz.): Es existieren heute noch so und so viele Beamten, die meine Behauptungen auf ihren Eid nehmen mühten und nehmen kön nen. Der sächsische Vertreter weih aus Eigenem auch nicht mehr als ich weih. Die Behauptung, bei dem Druckerfonds sei nichts oorgekommen, ist unerhört. Es haben geradezu russische Verhältnisse existiert. Es war leine falsche Handhabung, sondern beabsich tigter Betrug und Urkundenfälschung in langer fort gesetzter Reihe. Bei dem Kapitel Bekleidung und Aus rüstung der Truppen bringt der Abg. Leber (Soz.) Beschwerden über Unter schleif« auf der Kammer des 32. Regiments vor. Kriegsminister o. Heeringen: Wenn man Wert d"rauf legt, datz Unordnungen beseitigt werden, so hätte bei der verantwortlichen Stelle, dem Gerichts herrn, die Einleitung der Untersuchung beantragt werden müssen. Das Material hätte mir zugänglich gemacht werden sollen. Ohne sachliche Stellungnahme mutz ich dagegen Verwahrung einlegen, datz der Name eines preußischen Unteroffiziers hier genannt und Anklagen erhoben werden, ohne datz die Möglichkeit besteht, irgend etwas dagegen zu sagen. (Lebh. Bravo!) Abg. Leber (Soz.): Ich habe keine andere Mög lichkeit, die Klagen vorzubringen, und ich werde es tun, ob es dem Kriegsminister angenehm ist oder nicht. Bei dem Titel P fe r d e b e s ch a f f u n g weist Abg. v. Treuenfelv (Kons, die in zweiter Lesung von dem Abg. Noske gegen die Rechte er hobenen Vorwürfe zurück, datz sie ihr Mandat zu persönlichen finanziellen Vorteilen benutzte. — Die Nemontezuchi wird immer unlohnen der, so datz sich die Landleutc von ihr abwenden müssen. Für die Remontierung der Armee müssen mehr Mittel in den Etat eingestellt werden. Abg. Noske (Soz): Ich halte es nicht für richtig, daß Mitglieder des Hauses hier das Wort nehmen, wenn sie selbst an der Sache interessiert sind. Abg. o. Treuenfelv (Kons.): Herr Noske ist auch durch zahlenmätzige Beweise nicht über den Stand der Remontierung der Armee zu belehren. (Sehr richtig.) Darauf wird der Etat des Reichsheeres an genommen. Es folgt der Etat der Kaiserlichen Marine. Abg. Severing (Soz): Beim Besuch einiger Refchs- tagsabgeordncier auf der Kieler Werft, zu dem die Sozialdemokraten nicht aufgefordert waren, konnte etwas Nützliches nicht erreicht Herden, denn die Füh rung war so eingerichtet, datz ein selbständiges Studium der Verhältnisse nicht möglich war. Die Ab geordneten glaubten zu schieben und wurden gescha hen. Die „M a r i n e r u n d s ch a u" hat ein«n Be richt über die Reichstagsverhandlungen, betreffend die Hetzerzulagen gebracht, der direkt erlo gen ist. (Vizepräsident Dr. Schultz rügt den Aus druck.) Ich habe nichts zurückzuziehen. (Vize präsident Dr. Schultz: Dann rufe ich Sie zur Ord nung.) Der Bericht der „Marinerundschau", die Heizerzulagcn seien auf Druck des Reichstages ge strichen, ist direkt erlogen. (Vizepräsident Dr. Schultz rüst den Redner nochmals zur Ord nung.) Der Flottenchef bekommt im Ausland täg lich 60 Zulage. Den Heizern und Maschinisten sollen die 20 bis 30 Pfennig genommen werden Nehmen Sie unseren Antrag an. Staatssekretär ». Tirpitz: Von diesem Artikel der „Marinerundschau" ist mir nicht» bekannt Wenn Abg. Severing ausgesührt hat, in der „Marine rundschau" stthe, datz in der Generaldiskussion auch die Zulagen behandelt und datz auf Grund des Reichs- agrbeschlusse« die Heizerzulagen herabgesetzt worden eien, so ist das nicht zutreffend. Von der Heizer- ulage ist gar nicht di« Red«. Datz aber die Herab etzung der Zulage vom Reichstage ausgegangen ist, ist Tatsache. Dem entspricht ein« hier beschlossen« Resolution. Wenn ich die „Marinerundjcbau" auf jedes Wort kontrollieren wollte, kann Llese ihren Zweck nicht erfüllen. Der Besuch der Abgeordneten auf den Werften entspricht einem Wunsch« der Herren, die sie sehen wollten. Ein bestimmtes Pro gramm war notwendig, sonst wäre die Sache auseinandergegangen. Für unsere Orientierungswei e haben wir ebenfalls em bestimmtes Programm aus gestellt. Datz meine Untergebenen sich aus ein« Kritik meiner Anordnungen bei solchen Besuchen einlassen, kann ich nicht zugestehen. Die Zulage des Geschwader chefs im Auslände ick um 25 Prozent, im ganzen um 1500 -«.gekürzt worden. Abg. Dr. Leonhart (Fortschr. Vpt.): Di« Streichung der Heirerzulagen ist eine unglaublich un- soziale Maßregel. Abg. Erzberger (Ztr.): Wir haben gegenüber der Marinepolitik unsere Stellung nicht verändert. Die Vorwürfe des Abg. Severrng sind vollkom men deplaciert. Die Heizeranträg« lehnen wir ab. Abg. Dr. Eemler (Natl.): Die Enthüllungen des Herrn Severing haben recht enttäuscht Das; die Ab geordneten bei rhrem Werftbesuch geschoben worden seien, trifft nicht zu. Abgeordneter Weber wäre auch nicht der Mann dazu, sich schieben zu lassen. Staatssekretär v. Tirpitz: Vielleicht kann zugegeben werden, datz der Artikel der „Marinerundschan" nicht besonders glücklich gefatzt gewesen ist. Abg. Noske (Soz.): Die Sozialdemokraten von der Information auszuschlietzcn, ist eine Ungehörig keit sondergleichen. (Glocke! Vizepräsident Dr. Schultz: Ich bitte Sie, sich zu mässigen.) Ich stelle fest, datz der Staatssekretär die Sozialdemo kraten systematisch ausgeschlossen hat. (Glocke! Vize präsident Dr. L ch u l tz: Ich bitte Sie, sich noch mehr zu mässigen. Schallende Heiterkeit.) Das Zentrum ist mitschuldig an dem rapiden Wachsen der Neichsschuld, die durch die außerordentlich.'» Ausgaben für die Marinepolitit entstanden sind. Jetzt will das Zentrum den Heizern diese geringe Zulage nicht gewähren. Entschieden mutz ich gegen die Dar stellungen der ..Marinerundschau" protestieren. (Vize präsident Dr. Schultz rügt diesen Hinweis auf die „M a r i n e r u n d s ch a u". Er halte dieses Organ für identisch mit der M a r i n e v e r w a l t u n g. Grotze Unruh« bei den Sozialdemokraten.) Hier liegt eine bewutzte Täuschung vor. Der Reichstag hat allen Anlatz, scharf dagegen zu protestieren, datz sich der Staatssekretär wieder in Auslassungen er geht, aus denen geschlossen werden kann, datz es von dem Reichstag ausgegangen sei, diese Zulagen zu streichen. Der Beschluß des Reichstages, die Heizer zulagen zu kürzen, ist ein S k a n d a l. (Vizepräsident Dr. Schultz rügt diesen Ausdruck.) Staatssekretär v. Tirpitz: Die Verantwortung für die Hcizerzulag«n übernehme ich. Herr Noske hat ein sehr scknvaches Gedächtnis, er selber und Herr Scheidemann haben am 25. März 1908 die Kieler Werft besucht, wo er von drei Herren der Verwaltung geführt wurde. (Hört, hört!) Abg. v. Oldenburg (Kons.): Uns kostet es grotze Selbstüberwindung, die Zulagen zu streichen. Dabei leitet uns lediglich das hohe Vertrauen zu den leitenden Stellen, insbesondere zu dem Grossadmiral v. Tirpitz. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Wir sind früher bei unseren Bewilligungen, ohne die Deckungsfrage erledigt zu haben, in eine sehr schwere Lage gekommen. Unter keinen Umständen dürfen wir zu einem solchen Experiment zu rückkehren. Unsere verdammte Pflicht und Schul digkeit ist es, den Neichsschatzsekretär bei seiner Spar samkeit zu unterstützen. Die Sozialdemokratie ist international, die Marine ist national und wird es auch bleiben. (Lebhaftes Bravo rechts, Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Staatssekretär Wermuth: Ich bin bereit, die Ver antwortung für die Streichung mit zu übernehmen. Ich bitte, es bei den Beschlüssen der zweiten Lesiung zu belassen. Abg. Dr. Struve (Fortschr. Dpt.): Das Tafel- qelderwesen ist das denkbar schlimmste Zulage system. Auch den Flottenchefs werden blinde Tafel gelder gezahlt, das heisst, auch wenn sie nicht an Bord sind. (Hort, hört!) Da kann man anderseits den Heizern ihre geringe Zulage nicht nehmen, zumal die Kesselreiniger und Kohlentrimmer ebenfalls Zulagen geniessen. Staatssekretär v. Tirpitz widerspricht den Aus führungen des Vorredners bezüglich der Messegelder. Al>g. Dr. Struve (Fortschr. Vpt.): Tatsächlich be ziehen Kommandanten doppelte und dreifache Messe gelder und holen sich dabei ihr Essen nicht einmal aus der Offiziersküche. sondern aus der Mannschaftsküche. (Lebhaftes Hört, hört! Grotze Unruhe.) Damit schließt die D i s k u s s i o n. Es folgt die namentliche Abstimmung über die fast gleichlautenden Anträge über die Sozialdemokratie und der Frei sinnigen bezüglich der Heizerzulage. Von 280 Abgeordneten stimmen 102 für die Heizerzulage. Illi dagegen. Zwei Abgeordnete ent halten sich der Stimmenabgabe. Die Anträge sind somit angenommen. (Bravo links.) Der Rest des Marineetats wird ohne Debatte angenommen. Es folgt der Etat des Reichsschatzamte». Abg. Dr. Dohrn (Fortschr. Vpt.): Di« künstlerisch« Ausgestaltung der Denkmünze für die Berliner Uni versität lässt sehr viel zu wünschen übrig. Redner zeigr den Iubiläumstaler und kritisiert ihn unter grosser Heiterkeit des Hauses als «in« Mischung zwischen Realismus und Heraldik. Hier ist eiu be dauerlicher Niedergang unserer Münz prägekunst zu verzeichnen. Auch die Ausgestaltung des neuen Hundertmarkscheines erregt Kopfschütteln. Wir sollten das « n'g l i j ch e System nachahmen und an die Bank zurückgeqebene Scheine kurch neue, ganz einfach ausgestaltete ersetzen. (Lebhafter Beifall.) Staatssekretär Wermuth: Unsere Künstlerschaft mutz doch gegenüber einer derartigen Kritik in Schutz genommen werden. Die Unioersitätsmünze zeigt den Gründer Friedrich Wilhelm lU. nach der besten Rauchschen Büste. Für die Banknote bin ich nicht verantwortlich. Aba. vindewald (Wirtsch Vgg.): Ich mutz gegen diese Kritik protestieren. Eine schönere Bank note, al» unsere neuen Hundertmarkscheine, habe ichnochnicht gesehen. (Schallende Heiterkeit!) Sie ist von hervorragend künstlerischem Wert! Abg. vöble (Soz.): Di« elsatz-lothringi- schen Zollbeamten müssen besser gestellt werden. Ihre Kollegen im Reiche sind besser daran. Ein« Anzahl Straßburger Grundbesitzer müssen entschädigt werden, da sie durch Aenderung der Rayon, geschä digt sind. Aba. Sörke-Brandenburg (Natl.): Ich dank« dem Staatssekretär für die Erhöhung der Kriegsteilneh- merbeihilfen. Intendanturrat Schröder gibt Aufklärung über die Verzögerung in der Straßburger Rayonentschädi gung. Straßburg hofft, den größten Teil der An sprüche bi» Ende diese» Monat» erledigen zu können. Abg. Freiherr ». G«»p (Rpt.): Ueber die Schön heit der Denkmünze kann man streiten. Jedenfalls sollten mehr Denkmünzen in Umlauf gesetzt werden. Ueber die Erhöhung der Veteranenbeibilfen freuen wir uns alle. Bei den fiskalischen Bauten mutz mehr auf Verbilligung gesehen werden. Abg. Baumann (Ztr.): Die Kriegsvetera nenbeihilfen sollten möglichst loyal bewilligt werden. Abg. Hnfnagel (Kons.) schließt sich dem Vorred ner an. Aba. Schöpslin (Soz.): Auch wir verlangen, Last die Einzelregierungen die Bestimmungen möglichst loyal durchführen. Dor allen Dingen sollte die Be stimmung fallen, daß die Unterstützung nur ein tritt, sofern keine unierba!tungs''fli brigen Ai:ge hörigen vorhanden sind Abg. v. Lertze« (Rpt.): Wir Huben unrer allen Umständen di« Derpflich ung. dasiir zu iorgen, Latz unsere alten Kameraden uich: notleiden. Ein Mindesteinkommen seitzusetze», Halle ich nichc für rich tig All« Bedürftigen sollten unierstützt werden Staatssekretär Wermuth: Ich bin auch für die lac- sächlichen Ausgaben der bewilligten Gelder verant wörtlich. Darin liegt doch eine Garanue dafür, datz ZGsiiherzigkeit geübt wird. Dir Aussührungsbcstrin- mungen babcn sich arge nüber dem früäerc Gesetze wesenilich zu ihrem Vorteil geändert. S ch i k a n e n sollen unter allen Umständen vermieden werden. Fch hoffe, datz wir unseren V «r p f l i ch t u i- gen den B eteranen gegenüber nachkom m e n können. Abg. Wieland (Fortschr. Bpt.): W> erkennen drnkbar an, datz unseren alten Kameraden eine etwas reichlicher« Beihilfe zu:eil werden soll. Dem Wohl wollen der Gemeindebehörden dürfen die Beihilfen nichi cuisczcliesert werden. Abg. Prinz zu Schönoicb-Caralach >Natl.): Ich freue mich, datz es endlich gelungen ist, sür visiere alten Veteranen mehr zu tun. Leider ist auch diese Unterstützung nicht ausreichend, aber angesichts unserer Finanzlage immerhin schon anerkenncnswer Wir müssen unseren alten Kriegern, den.n wir Las Reich verdauten, eine würdige Existenz sichern. (Leb Hafter Beifall.) Abg. Neumann-Hofer (Fortschr. Dpt): Die Der waltunq der indirekten Steuern und Jolle mutz vor einbeitlicht werden Der Etat des Neichsichatzaintes wird be willigt. Es folgt der Etat für die Schutzgebiete, der unter Annahme der vorliegenden Anträge ohne De batte angenommen wird. Ebenso wird der Eiat des Reichskolonialamtes ohne Debatte be willigt. Es folgt der E t a t d e § Reichoeisenbahnamtes. Abg. Hengsbach (2oA.): Schon im Vorjahr« habe ich bei der Interpellation wegen des Mülheimer Eisenbahnunglückes auf die Gefahren jener Strecke hingewiesen, und tatsächlich ist später fast auf der selben Stell« ein Unglück geschehen. Der Petition des Lokomotivführeroerbandes, Lie sich mit dieser Angelegenheit befaßt, sollte Beachtung geschenkt werden. Präsident des Reichs«isenbahnamtes Wackerzapp: In der zweiten Lesung des Etat» hat im Anschluß an meine Rede der Abgeordnete Freiherr von Gamp erklärt, die Verlängerung der Reichstagsverhandlun gen sei vielfach auf die langen Reden der Negierungs Vertreter zurückzuführcn, Lenen Las richtig« Augen matz für di« Bemessung ihrer Ausführungen fehle. Ich mutz eine derartige Kritrk eines Mitgliedes der ver bünoeten Regierungen auf das bestimm'este zurück weisen. Bei dem Mülheimer Unglück handelt cs sich um «in verhängnisvolles Versagen unserer sonst ausgezeichneten Signalvorrrch- t u n a c n. Abg. Freiherr v. Gamp (Rpt.): Ich mutz für mich das Recht aus der preußischen Verfassung in An ipruch nehmen, daß jeder Preuße das Recht hat. frei seine Meinung zu äußern. (Heiterkeit.) Darauf wird der Etat des Reichseisen bahnamts genehmigt. Bei dem Etat der Neichsschuld führt Abg. Arendt (Rpt.) aus: Die Verzinsung unserer Reichsschulden ist bis 1911 auf 189,3 Millionen Mark gestiegen. Das bedeutet eine jährliche Zunahme von etwa 24 Millionen jährlich. Demgegenüber ist er freulich, daß eine Mehrbelastung der fest verzins lichen Werte mit nur 14 Millionen eingetreten ist, und es steht zu erwarten, daß in diesem Jahre über Haupt keine Mehrbeträge erforderlich werden. Staatssekretär Wermuth: Es ist nicht beabsichtigt, in diesem Jahre eine Anleihe aufzunehmen (Leb Haftes Bravo!), vorausgesetzt, daß uns nicht die In anspruchnahme des Marktes von anderer Seite Lazu zwingt. Darauf wird der Etat der Reichs schuld angenommen, ebenso der Etat des Rechnungshofes und des allgemeinen Pen sionsfonds. Darauf folgt der Etat d«r Post- und lelegraphenverwaltung. Abg. Eieoberts (Ztr.) befürwortet eine Resolu tion auf etatsmäßige Anstellung von Arbeitern und Unterbeamten nach zehnjähriger Dienstzeit. Ebenso müsse die Resolution aus Gewährung einer Zulage für die Oberpostassistenten befolgt werden. Abg. Hormann (Fortschr. Vpt.): Die Arbeiter, die im Postwcsen überflüssig werden, sollten a n - derwcitige Verwendung bekommen, als Post boten usw. Bei der Beurlaubung der Unterbeamten müßten genügend Ersatzmänner eingestellt werden. Staatssekretär Krätke: Ueberzählfge Arbeiter wer den schon heute anderweit untergebracht, eventuell in anderen Bezirken. Während der Urlaubs»': müssen, wie in Handelsbetrieben, auch bei der Post die Kollegen den betreffenden Urlauber vertreten, und eine Stunde pro Woche mehr Dienst machen. Das geschieht auch sehr gern. Die Resolution kann ich nicht annehmen, sie ist undurchführbar. Abg. Dr. Dröscher . Kons ): Di« Referenten bei den Oberpostdirektionen sind überlastet. Die stellen- zahl ist zu vermehr«». Staatssekretär Krätke: D'si« letzte Forderung er kenn« ich als notwendig an. Abg. Frhr. v. Gamp (Rpt.): Ich muß dem Antrag Dröscher widersprechen. In dritter Lesung sollte man davon absehcn, die gestrichenen Stellen wieder einzusetzen. Die Maßnahmen zur Vereinfachung des Postbetriebes sind recht erfreulich. Die Resolution Giesbcrts sollte zurückgezogen werden. Abg. Beck-Heidelberg (Natl.): Wir stimmen dem Abg. Dröscher auf Wiedereinsetzung der in der zweiten Lesung gestrichenen fünf Oberposträte und zwei Ober postinspektoren zu. Abg. Eichhorn (Soz.) bringt Beschwerden über die Behandlung der Unterbeamten vor Staatssekretär Krätke: Zur Nachprüfung aller »Nehmen Sie 8 D täglich ein Likörgläschen Dr. Hammel» Haematogen unmittelbar vor der Haupt- W Mahlzeit! Ihr Appetit wird reger. Ihr m Nervensystem erstarkt, di« körperlichen Kräfte werden gehoben. Warnung: I Man verlange ausdrücklich den Namen I Dr. Hammel.
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