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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.04.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110408019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911040801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911040801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-04
- Tag 1911-04-08
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Monat
1911-04
-
Jahr
1911
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preutzilches Serreuhsus. «erli», 7. April. Am Ministertifche: v. Trott r» Eol-. Präsident ». Alante»ffel eröffnet di« Sitzung um 11 Uhr 15 Mm. Auf der Tagesordnung steht die Etatsberatung. die beim Knltnoetat forlgeletzt wird. Fürstbischof Kardinal Dr. ». Ko^p: Durch den Antrmodernikteneid wird für die Verpflicht tung der katholischen Geistlichen nichts Neue» eingeführt. Die Professoren an den Universitäten haben erklärt, daß sie durch di« Bindung des Eides in ihrer Lehrausgabe nicht beschränkt werden. Es kann ihnen nicht unterstellt werden, Latz sie die Er- kläruna im Gegensatz zu ihrer Ueberzeugung abae- geben haben. Ser Papst hat einen Erlaß an di« ka tholische Christenheit erlösten. Wer ein geistliches Amt versieht, kann sich dem Eide nicht ent- ziehe», sind wir deshalb weniger würdig, einen Lehrstuhl zu besitzen? Die Würde der Univer sitäten wird dürch den Eid nicht geschädigt. Der Papst hat die Pflicht und das Recht, den katho lischen Glauben vor Abweichungen zu bewahren. Da von hat er nun Gebrauch gemacht. Die Staatsregie- rung mischt sich nicht in die Einrichtungen der Kirche, daher verbietet sie auch die Leistung des Eides nicht. Wie es für die Wissenschaft absolute Wahrher. t e n gibt, so gibt es auch für die gläubigen Christen religiöse Wahrheiten. Ich bitte Sie, wissen schaftliche Toleranz auch gegen katholische Professoren zu üben. Man spricht Dreifach davon, daß es zweck mäßig lei, die katholischen Fakultäten auf- zuheoen. Von der höchsten leitenden Stelle er- hielt ich aber die Auskunft, daß man bisher nicht daran gedacht habe und auch nicht daran denke. Kezüalrch der staatlichen Oberaussicht auf die Schu len ist da, wo Gegensätze bestanden, durch Verständi gung der Bischöfe mit der Regierung ein volles Ein vernehmen geschaffen worden. Das Episkopal wird bestreot sein, seine Grundsätze und Aufgaben mit den staatlichen Einrichtungen in Einklang zu bringen. (Beifall.) Medizinalrat Küster-Marburg: Die milden und gütigen Worte des Kardinal-Fürstbischofs haben mich und meine Freunde nicht überzeugt. Die evangelische Bevölkerung will mit den katho lischen Mitbürgern in Frieden leben. (Bei- jall.) Wir sollten meinen, seder soll nach seiner Faston selig werden, und sehen trotzdem, wie sich von Hahr zu Jahr die Verhältnisse verschärfen. Der römische «tuhl ist lüstern nach weltlicher Macht. Vielfach wird behauptet, wir ständen inmitten eines Kulturkampfes: dann aber wären wir die Ange griffenen. Wenn der Eid von allen Professoren gefordert wird, kommt zukünftig keiner auf den Lehr stuhl, der den Eid nicht geleistet hat. Die Aufhebung der katholisch-theologischen Fakultäten würde ich aufs äußerste bedauern. Ich richte an die evangelischen Mitbürger den Appell, gegenüber den Katholiken alles zu vermeiden, was das Feuer schüren könnte. An die Regierung richte ich die Mahnung: vickssrrt «ovsules! (Beifall.) Nach einer auf der Tribüne unverständlich ge bliebenen Entgegnung des Kardinal-Fürst bischofs Dr. Kopp fragte Küster, ob über kurz oder lang nur solche Professoren der katholischen Theologie vorhanden sein werden, die den Eid ge - leister haben Fürstbischof Dr. Kopp erwiderte: In gewissen Zeiten sind nur solche Geistliche vorhanden, die den Eid geleistet Haden, somit auch nur solche Professoren, da diese aus dem geist- lichen Stand heroorgchen. (Heiterkeit.) Kultusminister von Trott zu Solz: Die Erörte rungen der heurigen Debatte, durch die die Inter pellation zum Antimodernlsteneid erledigt sein dürfte, gingen auf die Frage hinaus, ob die Regierung die ratholisch-theologrschen Fakultäten erhalten will oder nicht. Der staatliche Organismus der Universitäten ist durch den Eid wesentlich erschwert. Wir glauben, an den katholischen Fakultäten festhalren zu sollen und erst, wenn sich zwingende Gründe ergeben, dafür, daß die Fakul täten mit Erfolg nicht gehalten werden können, andere Beschlüsse zu fasten. Wir wollen hoffen und wünschen, daß sich die Schwierigkeiten glücklich über winden lasten. Eine Sicherheit haben wir allerdings dafür nicht, und da sind Befürchtungen für die weitere Entwicklung nicht von der Hand zu weisen. Dahin gehört die Möglichkeit der Trennung von »raat und Kirche. Die Trennung wäre ein Unglück für Land und Volk. Wir werden deshalb die Frage mit Vorsicht behandeln, anderseits aber nicht ablasten, die Interessen und die Würde des Staates zu wahren. (Beifall.) Löning-Halle verzichtet aufs Wort Damit ist die Generaldebatte beendet. Es folgt die Spezialdebatte. Fürst Salm-Horstmar spricht seinen Dank aus für die Ausgestaltung der Universitär Münster. Küster-Marburg: Das Projekt der Errichtung "rner Universität in Frankfurt a. M. rief in Marburg große Beunruhigung hervor. Professor Waldeyer-Berlin: Ich kann das Be denken, Laß durch die Errichtung einer Universität in Frankfurt Marburg und Gießen geschädigt werden, nicht teilen. Oberbürgermeister Adickes Frankfurt a. M.: Ich habe mit Bedauern die ablehnende Haltung Les Ad georünerenhauses in der Frage einer Universität in Frankfurt beobachtet. Das Bedürfnis ist zu bejahen. Professor Löning-Halle: Der Kundgebung der Rektoren auf der Konferenz in Halle gegen die Er richtung einer Universität in Frankfurt kann ich unch nicht anschließen. Die Universitätsbibliotheken ent- iorechen den Anforderungen in keiner Weise. Kultusminister von Trott zu Solz: Ich bin mit dem Vorredner einverstanden, daß für die Universi tätsbibliotheken etwas geschehen muß. Staatsminister Graf Zedlitz-Trützschler: Die Bürgerschaft Frankfurts will, getreu der Tradition, aus reichlich zur Verfügung stehenden Fonds die Mittel für ideal« Zwecke zur Verfügung stellen, nicht in einsertig lokalem Interesse. Geh. Rat Hillebrandt-Breslau: Auch wir wollen obwarten, bis uns die ganze Angelegenheit näherge treten ist. Geh. Rat Wagner-Berlin: Mit der Gründung einer Universität rn Frankfurt a. M. werden wir in eine neue Phase der llniversitätsaeschicht« eintreten, gewissermaßen in eine G r o ß st a d t p h a k e. Darin liegt das Bedenken. Professor Buh-Münster: Man sollte zuerst die vorhandenen Universitäten ausbauen. o. Mirbach-Sorquitteu bat um Unterstützung der Vereinigung für exakte Wirtschaftsforschung. Wagner-Berlin widersprach dem Wunsche. Die ganze Vereinigung sei auf den Rahmen Ehren der g zugeschnitten ». Mirbach erwiderte: Es handelt sich nicht um «ine persönlich« Gründung Ehrenbergs. Oberbürgermeister Sötberg-Glogau spricht seine Befriedigung über die neu« Dienstonmeilvrig fijr Direktoren und Lehrer aus. Geheimrat Klein-Göttingen Zur Förderung der Jugendpflege sind die Dolksschullehrer in erste: Linie berufen. Daher muß bei der seminaristischen Aus bildung ein besonderer Wert auf diesen Zweig ge legt werden. Graf -Lseler: In der Einrichtung der Jugend wehr liegt die Gefahr, daß die jungen Leute den Ernst des Armeedienstes verkennen lernen. Die Jugend soll vor allem zur .Königstreue und Vater landsliebe erzogen werden. Die Jugendpflege soll keine Domäne für eine politische Partei sein Kultusminister v. Trott zu Soli: Bei der Jugendpflege rechnen wir auf die Unterstützung weiter Kreise des Volkes. Staatssekretär Hollmann bittet um Einrichtung einer Abteilung für Schiffbau und Luftschiffbau an den technischen Hochschulen. Der Kultusetat wird sodann bewilligt Es folgt der Finanzetat. Bankdirettor Gwinner: Don einem Gesetz zur Verpflichtung großer Betriebe, ihre Ueberschüsie in Staatsanleihen anzulegen, versprach man sich eine günstig« Wirkung auf den Kursstand. Der Gedanke hat zunächst etwas Ver führerisches. Man muß aber bedenken, daß di« Ge sellschaften nicht überflüssiges Geld liegen haben. Das Heil ist in dieser Richtung nicht zu suchen. Es würde im Interesse der Liquidität der Spar kassen liegen, wenn sie einen Teil der Bestände in Staatspapieren anlegten. Die provisorischen Ein kommensteuerzuschläge werden nicht aufgehoben werden; neue Steuern werden nötig sein. Das Defizit muß verschwinden. Leider ist der Einfluß de» Parlaments auf die Gestaltung des Etats gering. (Zuruf: Gleich null!) Das Extraordinarium, soweit es sich um werbende Anlagen handelt, muß auf eine Anleihe genommen und mit der Defizitwirt- schäft gebrochen werden. (Beifall.) Finanzminister Lentze: Die Frage, daß die Spar kassen veranlaßt werden sollen, «inen Teil ihrer Be stände in Staatspapieren anzulegen, wird das Haus später beschäftigen. Ich will mich daher nur über die Frage äußern, wie eine andere Gestaltung des Eisen bahnetats erreicht werden kann. Der Vorredner meinte, wir sollten einen größeren Betrag aus De- triebsüberschüssen für allgemeine Staatszwecke bereit stellen, als es bisher der Fall war. Wir wollen aber einen Reservefonds für schlechte Jahre haben. Herr Gwinner will das Extraordinarium zum größten Teil auf Anleihen nehmen. Dadurch würden wir das Extraordinarium mit einem Schuldendienst belasten, der für die Zukunft bedenkliche Folgen haben würde. Das Wesentliche ist. daß wir einen balan cierenden Etat erhalten. Ich bitte Sie, cs im Inter esse der Finanzen bei der Regelung zu belassen, die wir im Vorjahr« schufen. Nächste Sitzung Sonnabend 11 Uhr. Tugesthrnnik. Folgen des Frostwetter». Die Nachrichten über folgenschwere Schnee stürme und Kälte häufen sich. Auch in Eng land ist in den letzten Tagen heftiges Frostwetter eingetreten, das zwei Todesfälle zur Folge ge habt hat. Die verschiedenen Autopostlinien von der Küste nach London erleiden durch das Schneetreiben große Verspätungen. Die Motorpost von Dover nach London bliebganz im Schnee stecken, und es bedurfte angestrengter Arbeit non 50 Männern, um sic wieder frei zu bekommen. In Spnien macht sich der jähe Temperatur wechsel stark bemerkbar. In Madrid herrscht seit gestern ein Schneesturm. Der Verkehr in der Stadt hat zum Teil eingestellt worden, müssen, da die Straßenreinigung außerstande ist, die Schnee massen mit genügender Schnelligkeit zu entfernen. An den Parks und Gebäude« der Stadt ist erheblich?: Schaken angerichter worden. Auch aus den Provinzen laufen zahlreiche Meldungen über heftige Stürm-: ein. In Venedig ist winterlich« Kält.'. An den oberitalienischen Seen schneit c- seit 18 St nden ununterbrochen. Stellenweise liegt der Schnee dreißig Zentimeter hoch. Viele Telegravhenleitungen stnd zerstört worden. Wie aus Trautenau in Böhmen gemeldet wird, wütete gestern bei 8 Grad Kälte imRiesen - gedirge ein seit Menschengedenken noch nicht dagewesener Schnee sturm. Der Klempnermeister Koschtal, Vater von sieben un mündigen Kindern, ist auf dem Heimwege nach Roch litz in einen Schneesturm geraten und wurde e r - froren aufgefunden. Schiilertragödien. Magdeburg, 7. April. Ein Realschüler ist hier seit einigen Tagen verschwunden. Hans Pechstein, 1895 zu Halle geboren, Sohn des Ingenieurs Pech stein,'hat am 5. morgens die elterliche Wohnung ver lassen, um seine Zensur zu holen, und ist nicht zurück gekehrt. Er wurde nicht versetzt. P. ist 1,61 ." groß, hellblond, hat am linken Fuß eine Halbmond förmige Narbe und war bekleidet mit hellblauer Schülermütze mit Goldrand, dunkelgrau gestreiftem Cape, blauem Iackettanzug, langer Hose, Schnür stiefeln, weißer Wäsche und Manschetten mit goldenen Knöpfen. Die Eltern bitten, den vermutlich herum- wandernden Knaben anzuhalten und der Magdeburger Kriminalpolizei Mitteilung zu machen. Unkosten werden erstattet. Sprottau, 7. April. Zwei auswärtige Unter tertianer vom hiesigen Realprognmnasium sind nach Semestcrschluß nicht zu ihren Eltern zurück gekehrt, sondern wegen Nichtversetzung flüchtig ge worden. Die Polizeibehörden von Berlin und Ham burg sind telegraphisch von der Flucht der Schüler verständigt worden. Kattowitz, 7. April. Die „Oberschlesische Grenz zeitung" meldet, daß «in Schüler des Gymnasiums zu Bolten, der nicht versetzt worden war, ver schwunden ist. Wohin er sich gewendet bat, ist nicht bekannt. Spandau, 7. April. (T o d e s st u r z.) Heute vor mittag aegen 9 Uhr stürzte beim Neubau des hiesigen Rathauses der Monteur Leonhard aus 8 Meter Hobe von einem Dampfkran ab und war sofort tot. Swinemünde. 7. April. (Der vermißte Bürgermeister) Trömel aus Usedom schrieb aus Paris an den Beigeordneten Mann, daß auf ihm unerklärliche Weise er dazu gekommen sc:, in die Welt zu fahren. Er bitte ihn, bei der Regierung Urlaub für ihn zu erwirken, und entschuldigt se.n unmotiviertes Fortgehen mit Krankheit, hcrvorg:- rufen durch Ueberarbeitung. München, 7. April. (Der Prinz von Tonnought) besichtigte heute vormittag die Kapelle und die reiche Schatzkammer der Residenz, ferner in Begleitung der Herren des Ehrendienstes das Rathaus, wo er von dem Oberbürgermeister Dr. Borscht begrüßt wurde Der Prinz trog si.1' in das Goldene Buch der Stadt ein 8t- Offenbach (Main), 7. April (Scheck falscher.) Der Lederwarenfabrikon» Willi Bollen dach ist mit seiner Frau und seinen beiden Kindern seit Sonnabendabend flüchtig, nachdem er vorher zwei Schecks im Betrage von 12 000 und 15 000 auf da» Privatkonto seines Kompagnons gefälscht und den Betrag erhoben hatte. Aachen, 7. April. (Drama.) In der Koh'.heid« erschoß ein Arbeiter infolge eines Streites seine künftige Schwiegermutter, seine Braut und dann sich selbst. Breslau, 7. April. (Kampf mit Ban. diten.) Nach einer Meldung von der russischen Grenze entstand zwischen Banditen, die kürzlich einen Zug der Warschau—Wiener Bahn beraubten, und den zu ihrer Verfolgung aufgebotenen Polizisten im luschtner Walde ein heftiges Gewehrfeuer, wobei ein Polizist schwer verletzt und ein Bandit ge- fangen wurde. Auch fand man im Walde noch 17 571 Rubel von dem geraubten Gelbe zerstreut vor. Breslau, 7. April. (Ein Oderkahn in Flammen.) Zwischen Ianuschkewitz und Kosel- Oderhafen steht ein großer eiserner, mit 7000 Zentner Langholz beladener Odettahn seit heute nacht in Flammen. Obwohl di« Spritzen dreier Dampfer so fort in Tätigkeit traten, konnte das Feuer bisher nicht gelöscht werden. London, 7. April. (Eine blutige Tra gödie) hat sich an Bord des Norddeutschen Lloyd- dampfers „George Washington" auf der Fahrt von New Port nach Plymouth abgespielt. Vor drei Tagen überfiel «in Amerikaner, der als Passagier der zweiten Klasse reiste, den Assistenzarzt des Schiffes Dr. Vogtherr, der ihn nach dem Lazarett dringen wollte, da er bet dem Amerikaner Ausbrüche von schwerem Verfolgungs wahnsinn festgestellt hatte. Der Amerikaner glaubte sich von Agenten der „Schwarzen Hand" verfolgt, die die Absicht hätten, ihn zu töten. Es gelang dem Amerikaner, sich Len Händen des Arztes zu entwinden und ihm einen Dolch in Len Rücken zu bohren. Der Stich war so heftig, daß er die Lunge des Arztes schwer verletzte. Das Befinden des Arztes gibt zu ernsten Besorgnissen Anlaß. Die Passagiere, die auf Deck der entsetzlichen Szene beiwohnten, erzählten, der Geisteskranke habe geglaubt, er solle über Bord ge worfen werden. New York, 7. April. (D a s Auflaufen des Lloyddampfers „Prinzeß Irene"), das. wie gemeldet, im Nebel gestern morgen um 6 Uhr auf einer Sandbank an der Fire-Island-Küste erfolgte, ge schah so langsam und so ruhig, daß die meisten Passagiere nichts davon merkten. Erst beim Frühstück wurden die 255 Kabinenpassagi.'rc vom Kapitän und dem ersten Offizier davon benachrichtigt, was sich ereignet hatte. Sie nahmen die Nachricht ruhig entgegen. Die Zwischendeckspassagiere hatten infolge des Nebels noch keine Kenntnis vom Fest laufen des Schiffes. Sic glaubten, das Schiff habe die Fahrt verlangsamt. Erst später, als sich der 'Nebel lichtete und man di« nahe Sandbank sehen konnte, bemerkten auch sie, Laß das Schiff aufgelaufen war. Bald kamen Rettungsboote und Schlepper, die dem Kapitän ihre Dienste anboten. Er lehnte ihre Hilfe vorläufig ab. Es ist, dem „Verl. Lok.-Anz." zufolge, nicht gelungen, das Schiff anr Mittag abzubringen. Um 5 Uhr nachmittags beriet der Kapitän mit den Offizieren, welche Maßnahmen zu ergreifen seien. Man will die nächste Flut ab warten. Gelingt es auch dann nicht, das Schiff ab- zubringcn, so sollen die Passagiere mit Booten an Land gesetzr werden. Dies wird mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein, da die Boote bei dem seichten Wasser nicht bis dicht an den Dämpfer herankommen können. vermischtes. Line Frau — Königin der Herrenmode. Der ele i ae"t">'c H-".r in England ist ein« Dame. Sie heißt j Vesta Trund stammt aus den Kolonien; sie j ,st -i>m Australierin und tritt im Palace-Theatte zu , LonL::, als Sängerin auf. Da sie besser als irgend H -'n .-n..nc- Mitglied eines der beiten Geschlechter > »chw eriac Kunst, Joppe und Hose mit vorbild- I 'ick.: Elcganz zu tragen erlernt hat, so strömen tag- -agltch die Modeherren der englischen Hauptstadt in L"s Theater, um bei ihr in die schule zu gehen. Auch die tonangebenden Schneider sehen sich, wie ein Lon doner Brief der „Arte lirica" berichtet, noleus volons veranlaßt, sich Vesta Tilley, als den destgekleideten Mann von London, zum Modell zu nehmen. Der Baumeister des Berliner Tiergartenoiertels Friedrich Hitzig, nach dem die „Hitzigstraße" in dem vornehmsten Teile des Tiergartens genannt ist, ist, wie uns geschrieben wirt, am 8. April 1811 ge boren, so daß heute die 100jährige Wiederkehr seines Geburtstages gefeiert werden kann. Hitzig hat auf die Gestaltung von Berlin kV' einen maßgebenden Einfluß ausgeübt und galt zu seiner Zeit als der hervorragendste Baumeister des Jahrhunderts, dem besonders die reichen Berliner Len Bau ihrer Villen t und Paläste anvertrauten. So war Hitzig der Er baue: des bekannten Palais des Berliner Bankiers Krause, der weiterhin von Wilhelm I. geadelt worden :sl. Von größeren Bauwerken, die ihn zum Urheber haben, ist in erster Reihe die Reichsbank zu er wähnen, die er in sieben Jahren, von 1869 bis 1876, erbaute. Auch die Börse ist sein Wert. Sie ent stand in den Jahren 1860 bis 1861. Charakteristischer für seine Bauweise und für die Bedeutung, die er gerade als Berliner Baumeister besitzt, sind aber die kleinen Villen in der stillen Lenmstraße, Bellevue straße und Tiergartenstraße. Es sind meist zierliche Renaissancebauten, für die er eine eigenartige Be gabung gehabt hat. Einen wirklichen einheitlichen und deutschen Stil hat er aber nicht geschaffen und ist deshalb ohne tieferen Einfluß auf die deutsche Bau art geblieben. Mit dem großen Ruf, den er zu seiner Zeit genoß, verbanden sich bald viele öffentliche Ehren. So wurde er Präsident der Akademie der Künste und außerdem zum Ritter des Ordens I'c-ur st- möritc- ernannt. Auch mit Geheimratstiteln wurde cr mehrfach bedacht. Hitzig starb im Alter von 70 Jahren am 11. Oktober 1881. Die neueste Liebhaberei in den Pariser Satons ist die Sprach-.' der Handschuhe. Man hat sie dort von den jungen Damen des Adels von England, dem Lande des Flirts, übernommen, weil sie viel aus drucksvoller ist als die „spanische" Fächersprachc. Um „Ja" zu sagen, muß man einen Handschuh fallen lassen, und um das Gegenteil auszudrückcn, rollt man die Handschuhe in der rechten Hand zusammen. Um lund zu tun, daß man den Wunsch habe, begleitet zu werden, schlägt man sich mit den Handschuhen an die linke Schulter. Um dagegen mitzuteilen, daß man nicht verfolgt zu werden wünsche oder daß man ganz gleichgültig ist. streift man den linken Handschuh ein Stück weit von der Hand. „Ich liebe Sie nicht mehr" wird dadurch angedeutet, daß man mit den Hand schuhen sein Kinn ein paarmal leicht schlägt. Haß wird gezeigt, indem man das Innere der Handschuhe nach außen kehrt. Wenn man die Handschuhe glatt streich», so heißt das: ..Ich wünsche Sie in meiner Nabe", und um zu iaaen: „Ich liebe Sie", läßt man beide Handschuhe »allen Wer wissen will, ob er von der Anaebetev geliebt wird, trägt den Handsckmh an der linken Hand, doch so, daß der Daumen unbekleide: ist. Um schließlich zu zeigen, daß man beunruhigt ist. schlägt man die Hand mit den Handschuhen; und we» in höchster Aufregung stch befindet, tut dasselbe, aber stärker, doch niemals so stark, daß ein Unbeteiligter aufmerksam wird. Die Konsultation auf der Straße. Wie George Clemenceau war auch Dr. Augagncur, der frühere Bürgermeister von Lyon und spätere Gou verneur von Madagaskar, Arzt, und ließ sich durch seine politische Laufbahn nicht hindern, seinen Bc ruf auszuüben. Kürzlich trafen sich Clemenceau und Augagrler in einem Vorzimmer der Deputierten kammer, und als alte Aerzte sprachen beide von dem. wovon alte Aerzte eben sprechen: von ihren Erfahrungen init Patienten. Clemenceau erzählte, und dann berichtet auch Augagncur ein amüsantes Erlebnis aus seiner ärztlichen Praxis. „Meine Patientin war eine alte Dame, sehr reich, aber bei nab: noch geiziger als vermögend. Ich war damals noch junger Anfänger. Eines Tages treffe ich sie in Lyon auf der Place Bellecour. Es war kalt, es regnete, und ich war obnehin schon erkältet. Doch die Daine hielt »'.ich an, erkundigte sich nach meinem Wohlsein, ich dankte, erwiderte die Frage, doch nun waren alle Schleusen ihrer Beredsamkeit entfesselt Sie erzählte »nir von ihrem Halse, wie schlecht es ihr ginge, was sie nur tun solle Ich erwiderte schließlich, sie möge doch in meine Sprechstunde kommen. Aber das war es nicht, was sic wollte, sie sprach eilends weiter und verlangte ärztliche Rat schlüge. ..Schön", sagte ich schließlich, vom Regen durcbnäßt, „ich werde Sie sofort untersuchen. Ziehen Sie sich bitte aus." Die Patientin verschwand, und ich sah sie nie wieder . . . lövvjähriger Humor. Die alten Witze sind bc kanntlich die besten. Ob aber die ältesten die aller besten sind'.' 11m das zu entscheiden, vcrglerchc man ein paar Wltze. die etwa 1500 Jahre alt sind, mit den heutigen. Die folgenden Scherze sind eine Auswahl aus dem alten Witzbuchc „ A st c i a ", Las von vielen dem Neuplatoniker Hierokles zugeschrieben wird: Jemand hörte davon, daß die Raben sehr alt, zuweilen bis zu 200 Jahren werden Er kaufte sich sofort einen, um die Probe zu machen. — Ein Narr, «in Barbier und ein Kahlköpfiger machten zusammen eine Reise, verirrten sich vom Wege und mußten im Freien übernachten. Da ihnen die Gegend gefährlich vorkam, beschlossen sie, abwcchsel id zu wachen, und zuerst kam der Barbier an die Reihe. Er langweilte sich sehr und unterhielt sich damit, dem schlafenden Narren den Kopf zu scheren. Nachher weckte er diesen aus. Im Erwachen griff sich der Narr an Len Kopf, bemerkte, daß dort keine Haare seien und fuhr den Bardier an: „Das ist ein Irrtum, du Schurke, du hast den Kahlköpfigen an meiner Stelle aufgeweckt." — Jemand hatte ein Faß voll kostbaren Weins, von dem sein Dieirer ihm eine Meng« stahl Als er das Verschwinden des ^Deines bemerkte, sah er sich das Faß sorgfältig am oberen Ende an, konnte aber keine Oeffnung entdecken. Ein anderer machte ibn darauf auftncrksam, daß er auch am Boden suchen müsse, aber das lehnte er mit den Worten ab: „Du Dummkopf, siehst du nicht, daß der 'Illein oben fehlt und nicht unten?" — Jemand schrieb an einen Freund, er möge für ibn einige Bücher kaufen. Aus Nach lässigkeit oder Geiz führte der Gebetene den Auftrag aber nicht aus; da er nun fürchtete, der andere wöge beleidigt sein, suchte er nach einem Ausweg und redete seinen Freund bei der nächsten Begegnung an: „Mein Freund, den Brief, in dem du mich um Bücl)«r gc beten hast, habe ich überhaupt nickst bekommen." - - Zwei Freunde begeanetcn sich auf der Straße. „Diese Nacht habe ich im Traume mit dir gesprochen", sagte der eine. Die Antwort lautete: „Ich bitte um Eni schiildiqung, ich habe es aber nicht gehört." Kunst und Dlssenlihski. Vie Berliner KeilesusveUung. Berlin, 7. April In den Hallen am Zoo herrscht jetzt Kosmopoll... Man wandelt hier im Fluge durch die Welt und sieb» ihre Reiche und Herrlichkeit. - Diese Reise-Ausstellung ist in ihrer Reg: c voll angewandter Kunst. Sie hat vom modernen Theater gelernt, und die Panoramenprospekte der deutschen Provinzen, süddeutscher Landschaften, nörd licher Wintersportplätzc zeigen die dekorativen Reize Reinhardtscher Bühnenstimmungen mit Wivfcl bäumen, Rasenteppich, Blattgezweig, und sehr illusio nistisch wirkt es in der schwedischen Abte'lung, wenn man in einem Landhaus-Interieur steht, und durch Verandatür und Fenster auf solche künstliche Land schäft mit Skilauf und Rodelschlittern olickr. In gut disponierten Kojen breitet sich die Fülle des Reise komforts, die gelben Ledertaschcn mit allen Schikanen, die ingeniösen Schrantkofser, die Sliefelkassettcn aus. Mannigfache bunte Beute fängt man sich «in. In der Elsaß-Lothringischen Abtei lung sieht man viel schöne Altertümer, Truhen des 15. und 16. Jahrhunderts, Straßburger Fayencen. Modelle der Diligencen, Kaleschen und Kabriolette aus der Postkulschcnzeit Straßburgs und Colmars. Sehr gelungen sind die Kostümfiguren von Sibvllo Kemp, alte Frauen mit hutzeligen, schrumpeligen Gc sichten» in vreitseidencr Bauerntracht mit Blumen bordüre. Gut präsentiert sich auch Sachsen. Seln Gehäu-- ist außen mit gelbem Rupfen bespannt, von d?m das grüne Rautenwappen sich frisch abhebt. Innen gibt es kleine Sonderausstellungen: Meißen mit dem Prunkstück der Porzellanstatuette Augusts des Starken auf geblümtem Sockel in polnischer Tracht; ein.' männliche Krinolinenfigur in üppig faltendem Mantel — der Faltenwurf spiel» reich in d?n weißen Glasurflächen — und das blaue Ordensband wirs: Schimmer darüber. Plauen hat vortreffliche Maschinenspitzen auszuweisen, sachlich und qescbmack voll aus een technischen Bedingungen abgeleitet mit dem Muster krisseligen, hängenden Rankenwsrkes und fächerig sprießender Farnen. Das Erzgebirge lockt zum Wintersport und e»n famoser Eisenbahnwagen liefert dazu cm Beffpiel der Zweckästhetik. Er hat außen an den Seiten wänden angehängte Längskästen, in denen die Schnee schuhe bequem ihre Länge strecken können. Innen blitzblank und schmuck, mit ausgiebigem Roum für die Rodel unter und über den Sitzen. Und besonders liebevoll wurde gerade die dritte Klasse oshandelt mit Hellem Holz, Landschaftsansichten im Wand Julius NiMkuvr, Kviserl. uaä Köuiqi. Ikot-LlLvokovIvkakrikant, riü-v! IM'I kiLllinvs. »II II» »nb, I'Iüünt'Istirymt«. »iststl r 6i»Ü88eI 1910 mit cism „ODanci k>jx".
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