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bahnnetzes wird aber die Zufuhr von Kohle erleichtern und so bald i einen Umschwung herbeiführen helfen. Für die deutsche Eisenindustrie am wichtigsten ist die schwedische ! Eisenproduktion. Schweden hat in diesem Mineral einen unschätz baren Schatz. Besonders reich ist das Land an Magneteisenstein, berühmt sind die Gruben in Damremor. Sie liefern den besten ! Stahl. Interessant ist aus neuerer Zeit eine Art Raseneiseustein, in Gestalt von kleinen platten Kucken auf dem Grunde der Seen ge funden. (Er besteht hauptsächlich aus einem leichtflüssigen Rotheisen- stein, der zu seinem Guß verwandt wird.) Man sammelt ihn im ! Winter in ziemlich ausehnlicken Quantitäten. Im Jahre 1860 wur den nicht weniger als 22,000 Tonnen gefunden Frankreich ist sehr reich an Lagerstätten, namentlich von vorzüg lichem Brauneisenstein in dem Oolith des französischen Jura nnd der ! 6vts 6'or, nnd ebenso sind reiche Minen in der Umgegend von Caen, weiter von sehr gutem Spatheisenstein in den Nordabhängen der Pyrenäen. In Belgien gewährt die Steinkohlenformation des Landes eine überaus reiche Ausbeute an Eisen, namentlick an Brauneisenstein, mährend die Werke von Vezin bei Lüttich ein vorzügliches Rotheisen- gestein enthalten. DaS beste Zeugniß für die hohe Entwickelung der belgischen Eisenindustrie ist die Thatsache, daß fast alle Produkte der Minen im Lande verbraucht werden. Die Eisenindustrie hat im Laufe der letzten Jahrzehnte in allen Ländern einen Ungeheuern Aufschwung genommen. Im Ganzen wird jetzt in Europa sieben Mal so viel Eisen erzeugt als im Beginne des ! Jahrhunderts. ES findet seine Verwendung an Stelle des Holzes und Steins immer weitere Ausdehnung. Früher fast ausschließlich ! zu Werkzeugen verwendet, dient es jetzt der Architektur, dem Straßcn- und Brückenbau. Die Eisenbahnen und neuerdings die Schiffs- ! Panzerung haben auf die Dimensionen der Industrie einen gewaltigen Einfluß geübt. Den größten Aufschwung hat die Stahlfabrtkation genommen. Die ganze Entwickelung unserer deutschen Eisenindustrie aber ist ganz ! wesentlich unterstützt worden durch den unverhältnißmäßigen Schutz- j zoll auf vom Auslande eingehendes Eisen, ja eine große Reihe von Eisenwerken fristet nur durck die Erschwerung der Einfuhr fremden Eisens ihr Dasein. Dies gilt namentlich von den oberschlesischen Hüttenwerken, während die westpbälisckcn. nassauischen nnd würltem- bergischen Eisenindnstrien dem Auslände mit Erfolg Concnrrenz bieten. Das beste Roheisen liefern die Siegener Hüttenwerke, nament lich das zur Stahlbereitung vorzügliche Sviegeleisen; hierzu trug vor nehmlich der Holzreichtum der Gegend bei. Holzkohle und neuer- l dings Koks spielen bei Herstellung des Eisens eine große Rolle. Wie weit übrigens die Fabrikation gediehen ist, kann man daraus sehen, j daß einzelne Werke, wie Schelderhütte, täglich 400 Centner Eisen j fabriciren! Das Produkt der schlesischen Hütten ist viel geringer, sie liefern fast durchgängig nur Graneisen, welches zur Stahlfabrikation nicht gut genug ist. Das Gesammtprodukt des größten Hüttenwerkes, der Königshütte, lieferte im Jahre 1860 aus sechs Hohöfcn 273,029 Centner, also nicht halb so viel, als der einzige Hohofen von Schel- j derhütte. Die mittelschlesischen Erze aus der Simianowitzer Hütte sind besser. Im Schmiedeeisen leisten die westpbälischen Hütten bei Weitem das Bedeutendste. Die Stahlfabrikaiion hat sich namentlich in den rheinisch-westphälischcn Distrikten außerordentlich gehoben und kann die Concurrenz mit dem Auslande vollständig bestehen. Die Ausfuhr ist schon jetzt bedeutend. Vorzüglich verdienen hier die großen Guß stahlfabriken Aufmerksamkeit, da sie das Vortrefflichste leisten, was die moderne Fabrikation hervorbringt. Die unumwundene Aner kennung der Engländer in dieser Abtheilung der letzten Londoner Ausstellung ist bekannt. Alle anderen Staaten sind hier durch deutsche Leistungen übertroffen worden. Die bedeutendsten Leistungen hat die Krapp'sche Stahlfabrik in Essen erreicht. Sie stellte bekanntlich einen Stahlblock von 40,000 Pfund aus, den größten der Ausstellung, ausgezeichnet durch Gleichmäßigkeit des Materials, frei von allen Gußblasen nnd an Zähigkeit nnd Feinheit des Rohgusses alle ähn lichen Fabrikate hinter sich lassend. So haben die wichtigsten Pro dukte dieses Hüttenwerkes, wie Esienbahnreifen, in allen Ländern Eingang gefunden. Der Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation liefert ebenfalls Vorzügliches in Gußstahl. Auch die übrigen Staaten des Zollvereins haben nicht unbe deutende Hüttenwerke. So werden in Baden jährlich 6250 Tonnen j erzeugt, in Württemberg 6000 Tonne», in Sachsen 5500 Tonnen, j in Hannover 5250 Tonnen. Die Produktion in Nassau betrug 1860: 13,250 Tonnen, in Hessen 7250 Tonnen, während Preußen in diesem Jahre 379,963 Tonnen Gußeisen, 338,100 Tonnen Stab eisen und 12,446 Tonnen Stahl erzeugte. Auch in Oesterreich hat der Schutzzoll bedeutenden Antheil am dortigen Aufschwünge der Eisenindustrie. Sodann waren es die durch die politischen Verhältnisse hervorgerufenen Valuta-Verhältnisse, welche für die Gesammt-Industrie des Landes wirkten. Durch die selben erhielten die ausländischen Fabrikate einen mittelbaren, nicht unbedeutenden Aufschlag, bedeutender, als der Schutzzoll selben und so deckte sich der ganze inländische Bedarf von inländischer Produkten. Vorzügliches Roheisen liefern die steierischen Hüttenwerke zu Krems, zur Stahlfabrikation besonders geeignet, Niederösterreich und Ungarn in gleicher Weise, gutes Schmiedeeisen besonders die mähri schen und oberschlesischen Werke. In Stahl sind die Hütten von Steiermark und Tirol seit alter Zeit berühmt, worunter die ver einigten Werke der Leobner Gewerkschaft eine namhafte Rangstufe eiunehmen. Oestcrreick producirte im Jahre 1860: 310,000 Tonnen Roheisen, überdies führte es 9110 Tonnen vom Auslande ein. Es erzeugte zum Theil aus den, Roheisen 100,000 Tonnen Stabeisen und 12,500 Tonnen Stahl. Die englische Eisenindustrie hat sich im Laufe der letzten dreißig Jahre zu einer unglaublichen Höhe entwickelt, namentlich seitdem der Steinkohlenbetrieb die Herstellungskosten außerordentlich verringerte, das Resultat aber erhöhte. Der durchschnittliche Ertrag eines eng lischen Hohofens beläuft sich gegenwärtig auf ungefähr 100,000 Ctr. jährlich. Schottland und der Westdistrikt von Uorkshire liefern vor treffliches Gußeisen. Das englische Eisen zeichnet sich durch große Elasticität und Zähigkeit auS. In der Stahlfabrikation steht Eng land ebenfalls sehr hoch da, namentlich seitdem das Bessemer sche Verfahren, welches die unmittelbare Herstellung von Gußstahl aus dem Roheisen ermöglicht, einen so wesentlichen Einfluß auf die ganze Eisenindustrie gewonnen hat und somit von volkswirthschastlicher Bedeutung geworden ist. Wie an Qualität das englische Eisen das vorzüglichste ist, so übertrifft England auch in der Masse der Pro duktion alle anderen Länder. Trotz der ungünstigen Verhältnisse der letzten Jahre hat fick die Förderung beständig vermehrt. Im Jahre 1860 wurden 3,826,752 Tonnen Gußeisen producirt, während an Stabeisen 904,000, an Stahl 16,640 Tonnen hcrgestellt wurden. Zu den berühmten Damascenerklingen und überhaupt orien- taliscken Waffen liefert Indien das Material. Der Betrieb geschieht aber noch nicht mit Hohöfen, sondern in kleinen Tiegelöfen. Erst wenn durch Ausbau des indischen Eisenbahnnetzes und durch größere Ausbeute der Kohlenbergwerke für die Entwickelung der Industrie mehr geschehen sein wird, dürfen wir einen entschiedenen Einfluß der indischen Eisenfabrikation auf Europa erwarten. Frankreich leistet ebenfalls Bedeutendes in der Eisenindustrie, namentlich in den berühmten catalonisckcn Hüttenwerken. Sonst find für Schmiedeeisen die Werke von Perigueux, Euxville, von Rieder drane und St. Sanrin-gur-l'Jsle für Stahl zu nennen. Die Ge- sammtproduktion betrug 1850: 220,053 Tonnen Gußeisen, 520,099 Tonnen Stabeisen und 22,969 Tonnen Stahl. Belgien hat nahezu 1200 Eisenhütten, deren Produkte die hohe Entwickelung der Fabrikation wie die Vortrefflichkeit des Materials zeigen. Bei der großartigen Concurrenz sind ziemlich alle Arten der Fabrikation im Lande eingeführt und durch die gesunde volkswirth- schaftlicke Politik des Landes, die alle Betriebszweige, welche auf LaudcSprodukten beruhen, vom Prinzipe tcS Freihandels auS durch Prämien und Verkehrserleichterungen unterstützt, heben sich die Fabriken zusehends. Die hauptsächlichsten Hüttenwerke liegen in Flandern und der Umgebung von Tournai Die Gesammtproduklion belief sich 1859 auf 294,270 Tonnen Gußeisen und 144,551 Ton nen Stabeisen. Schweden ist seit alter Zeit berühmt in der Eisen- und Stahl fabrikation und hat, da es meist auf den Absatz nach Außen ange wiesen ist, alle Verbesserungen in der Fabrikation rasch sich angeeignet. Der Reichthum an manganreichen und phosphorfreien Eisenstein führte zu einer vorzüglichen Stahlfabrikation, die seit den letzten Jahren durch Einführung und Verbesserung des Beffemer'schen Ver fahrens sich zu einer unglaublichen Höhe erhoben hat. Schweden führt seinen Stahl käst nach allen europäischen Ländern aus und selbst in Deutschland ist er trotz des hohen Schutzzolles und der vor züglichen Ergebnisse der westphälischcn Hütten weit verbreitet.