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1864 Nach dieser Abschweifung treten wir in die Mascbi nenwerk- stätten, die, wenn sic auch nicht so großartig wie in Essen, Berlin und England sind, immerhin der deutschen Industrie zur Ehre ge reichen. Die Maschtnenbananstalt von Jabr in Gera, welche Dampf' Maschinen aller Art, auch Lokomotiven, liefert und die neuesten Er findungen im Gebiete des Maschinenwesens, z. B. calorische Maschi nen, auch in Thüringen einzubürgern beflissen ist, steht hier in erster Reihe. Neuerdings haben sich auch in Gotha (Bonsack und Hansen), in Weimar (Zwanziger), in Hildburghausen (Drossel), in Schwarza (Letsch) und anderwärts solche Maschinenwerkstättcn etablirt. — Die hydraulischen Maschinen nach den neuesten Verbesserungen der Mechanik, wie Turbinen, Pumpen, Feuerspritzen, Gartenspritzen re., sind vertreten in Naumburg, Apolda, Weimar, Erfurt, Arnstadt rc. Am thätigsten ist die Henncberg'schc Fabrik in Arnstadt, die jährlich 40—50 große Feuerspritzen und dazu 8 — 9000 Ellen Spritzen schläuche und 4 — 500 Feuereimcr producirt, auch bis jetzt über 600 Butterspritzen hergestellt hat. Manche dieser Löschmaschinen kostet mit Zuthaten 900 Thlr. Nicht minder zeichnet sich Arnstadt durch seine Tafel« und Brückenwaagen aus, indem die dortige Fabrik von August Brömel 1863 seine tausendste Waage, ein Pracht exemplar von 500 Centner Tragkraft, producirte, und neuerdings auch feuerfeste Schränke liefert. — Auch der Wagen bau, obgleich ihm die Zcitverhältnisse hie und da noch Schwierigkeiten entgegen stellen, würde hinter den besten Erzeugnissen Englands und Frank reichs nickt zurückbleiben, wenn man hier eben so hohe Preise wie dort bezahlen wollte: denn wie Viele sind, die einen Kinderwagen für 175 Thaler kaufen, wie sie Schmidt in Erfurt liefert? Dafür bürgen die höchst eleganten Luxuswagen, die in Gera, Halle, Wei mar, Coburg rc., sowie die Oekonomicwagen (wovon der billigste fix und fertig nur 16 Thlr. kostet), die in Erfurt gebaut werden. — Die Maschinenfabrik von Zwanziger in Weimar beschäftigt sich hauptsächlich mit allen Arten von Geräthschaften für Garnspinnerei, Tuchfabrikation und Landwirthschaft. Auch in der Anfertigung wie im Gebrauch der Nähmaschinen ist Thüringen nicht zurückge ¬ blieben. Aus Arnstadt, Saatfeld, Halle r§. werden viele, meist an Schuhfabrikanten. versendet. Die Fabrik von Schmidt in Arnstadt liefert Jahr ans Jahr ein 100 Stück. Außerdem Kaffeedrennmaschi- ncn (zum Thcil mit Dampfapparatl, Wurststopfmaschincn, Dcstillir- apparate, Zucker- und Farbenmühlen und sonstige Geräthc und Werkzeuge aller Art. Besonders wichjig sind die landwirth- schaftlichen Maschinen, verschiedenartig construirte Pflüge, Thüringens Industrie. Eine Skizze von H. Schwerdt. (Fortsehung.) Von weit geringerem Belang als die Eisenindustrie ist die Fabri kation der übrigen Metalle. Neber den Gewinn des Kupfers, dessen mächtigster Erzgang in den von Saalfeld gegen Südwesten sich erhebenden Vorbergen des Thüringcrwaldes streicht, seit 1730 aber so verarmt ist, daß die Hütten und Hämmer größtentheils ein gegangen sind, nur einige Worte. Gegenwärtig wird das meiste Kupfer, welches die einheimischen Kupferschmiede bearbeiten, aus dem Ausland bezogen, obwohl noch einige Schmelzhütten und Kupfer hämmer, z. B. bei Altsaalfeld, Meernach re., im Gange sind und soeben in Ohrdrufs eine Kupfcrbergbau-Gewerkschaft zusammentritt, welche die dortigen Knpferlager auszubeuten gedenkt, nachdem die wcstphälisch-thüringische Bergbau- und Hüttengesellschaft, welche bei Eisenach, Liebenstein und Ilmenau auf Kupfer schürfte, erst vor wenigen Jahren bankerott geworden. Hier sei nur erwähnt, daß man neuerdings die englische Methode, die Kupfergeräthe mit einer feuer beständigen braunen Bronzirung zu überkleiden, auch in Thüringen (Jena) mit Glück und Geschick nachgeahmt, sowie die größten Kessel nicht blos verzinnt, sondern mit Zinn plattirt (Stadtilm). Die eigent liche Zinngicßerei aber ist seit Verallgemeinerung des Porzellans, des Neusilbcrs und der seinen Gußwaarcn fast überall obsolet ge worden, so daß sie nur noch hie und da mit gutem Erfolg betrieben wird und vorzugsweise Spielwaren liefert. — Wohl aber sind die thüringischen Glockengießereien (zu Ohrdruff, Erfurt, Apolda rc.) seit alter Zeit berühmt und fortwährend in Thätigkeit. — Von den Gold- und Silberwaarcn, die in Weimar, Erfurt, Gotha rc. prachtvoll gearbeitet, häufiger jedoch aus fremden Fabriken bezogen werden, schweigen wir, weil sie keine über den Drt hinausgehcnde merkantile Bedeutung haben. Der versunkene Goldhort des Thü- ringerwaldes wird schwerlich wieder gehoben werden, nachdem auch der jüngste Versuch eines Sckwarzburgers, der in Kalifornien seine Studien gemacht harte, ohne namenSwerthen Erfolg geblieben ist, und die aus thüringischem Golde geschlagenen Dukaten in der Rudol stadter Kunstkammcr nur als Raritäten figurircn. Die Zeiten sind vorüber, wo bei Reichmannsdorf 122 Gold- und Silbergruben im Gange waren, so daß die dasigcn Bauern mit goldenen Kugeln und Kegeln spielten und ein sächsischer Herzog Anno 1222 auf einem goldenen Sessel in einen dasigen Schacht einfnhr! — Herausgegeben von vr. Otto Dammer. Neuumldzlvallzlgster HllhrgllNsi. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter Wöchentlich ein Bülscn.