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Gegenstand so unklar und unbefriedigend stnd. Und nicht ohne guten Grund stellt Alfred Esser in seinem oben erwähnten Briefe die plumpe Unzulänglichkeit einer Emailfarbe dar, die 1817 von der „Society ok ^.rts" den Preis erhielt. Ein solches Ge menge würde nicht möglich gewesen sein, wäre der Erfinder zu gleich Chemiker gewesen, und wir glauben, daß William Esser seine erste Bemerkung nicht gemacht haben würde, hätte er den Gegenstand von der wissenschaftlichen und nicht von der technischen Seite betrachtet. Die besten Schriftsteller betrachten die Email malerei oder die Bereitung von Emaillen „nur als einen Zweig der Verglasungskunst."2) Labarte sagt auch (x. 101), „Der Ge genstand des gegenwärtigen Kapitels soll die Emaille sein, als Malerei angewendet auf eine metallische Unterlage, und bei Ab handlung der Töpferkunst werden wir von der Emailmalerei auf Töpferwaare sprechen." Labarte behauptet ferner „Jeder Körper, der ohne zu verbrennen, zu zerspringen oder zu schmelzen die nöthige Hitze aushalten kann um diegeschmolzene Emaille in sich cintreken zu lassen, kann Emaille aufnehmen, die, um vollständig zu gelingen, im gehörigen Verhältniß zu der Ausdehnung und Zusammenzie hung jenes Körpers stehen muß. Die auf Metall angewendcte Emaille und jene Emaillen, die unrcr dem Namen Ueberzug oder Glasur auf Porzellan, Steingut, Ziegel, Schiefer, Lava und die Glastafeln bekannt, sind hinsichtlich der Rolle die sie spielen und der Behandlung dieselben." Sehen wir nun was die Che miker über diesen Gegenstand sagen. Thsnard schreibt: „Die Emailfarben werden durch Schmelzen auf Metalle oder Töpfer- waaren «»gewendet. "^) Dumas sagt: „Alle Welt weiß, daß man auf Töpferwaare», Glas und Emaillen glänzende Farben zu befe stigen vermag, die im Stande stnd, der Einwirkung der Luft, des Wassers und selbst noch stärker wirkender Einflüsse zu widerstehen. Man gelangt zu diesem Ziele, indem man sich schmelzbare farbige Mischungen durch verschiedene Metall-Orhde verschafft.") Und ferner (p. 629), „es ist klar, daß bei gehöriger Vorsicht jeder verglasbare Körper zum Emailliren dienen kann." Dasselbe er kennt auch Reboulleau an, wie folgt: „Die zur Verzierung von Metallen bestimmten Emailfarben müssen ganz dieselben Eigen schaften haben, wie jene, die man auf Glas oder Porzellan an wendet." 6) M mag hier auch bemerkt werden, daß die Franzosen den Ausdruck Emaille auch auf die Glasur der Töpferwaare an wendet, deren Verzierung Esser als Emailmalerei anzuerkennen wol kaum sich weigern dürfte. So sagt Dumas: „Alle Töpfer verstehen sehr gut die Emaille zuzurichten, die sie zum Ueberziehen (ooinins couvcrtc) des gewöhnlichen Steingutes verwenden," und Brogniard beschreibt die so verwendete Emaille „ als einen ver glasbaren, undurchsichtigen, gewöhnlich zinnhaltigen Ueberzug," eine von allen guten Chemikern bestätigte Begriffsbestimmung. So sagt Professor Miller vom LinZ's OollsFS in seinen „LIc- M6nt8 ok 1856. II. Abthetlung x. 767, „Emaille ist die einem undurchsichtigen Glase gegebene Benennung, das seine Undurchsichtigkeit der Anwesenheit von Zinnoryd ver dankt. " Aber trotz der chemischen Uebereinstimmung der Verfah- rungSarten sind wir vollkommen geneigt die technischen Ver schiedenheiten, auf denen Esser besteht, anzuerkennen, und die Kunst in verglasbaren Farben zu malen, einzutheilen erstens in Email malerei, zweitens Porzellanmalerei und drittens Glasma lerei. In Hinsicht auf die Behauptung, daß Eisen, Blei und Kupfer nie als Farbcquellen in dem ersten dieser 3 Kunstzwcige verwendet werde, bemerken wir, daß die französischen Emailmaler alle diese 3 Metalle anwenden, und zwar das Kupfer im Zustande von Oryd zur Erzeugung einer grünen Emaille, das Blei in Gestalt von Mennige, zur Erzeugung der sogenannten „emsmx <l<z Vinn", und das Eisen als feine Feilspänc zur Erzeugung einer braunen und im Zustande rothe» Orydö zu der einer orangefar- ?) Imkartc Dcscriptioir Ucs odjccts äVrts (?aris 1847. Notice äes bünaux exposcs äans les Kalorie» äu IVIusec äu Oeuvre. I'aris 1882. ") Uralte äs Oliimis stc. ^) Kratts äs Okimic appliczuöe aux ^rts, D. II. p. 7V2. "j Nouveau Itlanuel comzäet äs keinture sur Verre, sur koreelaine et sur Lmail. Daris, 1844. benen Emaille. DaS gebrannte schwefelsaure Eisen wird auch verwendet. Viele andere Fälle von der Verwendung dieser Me talle könnten angegeben werden, wicwol Esser den Gebrauch der selben in seiner eigenen Praris wahrscheinlich verwirft, was je doch ein Umstand von geringer Wichtigkeit ist, weil unser Zweck bei Niederschreibung dieses Artikels der ist, die schwerwiegende Wahrheit ans Licht zu stellen, daß die Schwierigkeiten, womit die Malerei mit verglasbaren Farben zu kämpfen hat, hauptsächlich in dem Mangel an chemischen Kenntnissen zu suchen ist. Die aus gezeichneten Chemiker, die über diesen Gegenstand geschrieben ha ben, sind keine Emailmaler, und brauchen es in der That auch nicht zu sein. Aber es ist unumgänglich nothwendig, daß der Emailmaler Chemiker sei, oder wenigstens geneigt ist, die Bemer kungen solcher Männer, die von der Chemie etwas Gründliches verstehen, auch gründlich zu beachten. Das ist jedoch nicht immer Sache der Praktiker, wie sie sich gern nennen, und sie nehmen oft eine feindselige Stellung gegen technische Chemiker an. Sie be trachten letzteren als einen bloßen Theoretiker und meinen, daß sie ihre Kunst selbst besser verstehen müssen als Leute, die nie dazu herangebildet wurden.*) Zwischen dem Wesen der Kunst und dem der Wissenschaft besteht jedoch folgender große Unterschied. Kunst, das heißt der Theil im Gegensatz zu dem ästhetischen Theil derselben, besteht aus gewissen Verfahrungsweisen oder Thatsachen verbunden mit Regeln zu ihrer Anwendung. Die Wissenschaft besteht aus Grundsätzen, deren eigenthümliche Aufgabe ist, die Thatsachen zu sammeln und zu verallgemeinern, Verfahrungsweisen zu erklären und anstatt Regeln Gesetze zu gebe». Die Kunst ist menschlich und dem Jrrthum unterworfen. Die Wissenschaft gehört der Natur an, ist göttlich und deshalb bestimmt und unfehlbar, (^rt is liumLn anä sudject to srror, Science delonAS ko na- turs, anä is prsciso anä unerrinA dscauss äivine). **) Das Licht der Wissenschaft kann nicht die Kunst bescheinen ohne sie zu vervollkommnen, und der Praktiker, der die Hülfe der Wissenschaft oder der Theorie, wie er sie zu nennen beliebt, verschmäht, nimmt freiwillig eine ihm Nachtheil bringende Stellung ein, weil er hin ter die Kenntnisse seines Zeitalters zurücktritt. Durch eigenen Scharfsinn und natürliche Gaben kann er einen großen Erfolg in seiner Kunst erreichen,ff) so lange er sich aber in sein Geheim- niß einhüllt und Forschungen auf eigne Faust, das heißt ohne Hülfe der Wissenschaft betreibt, wird er sich über wiederholt ent- muthigende Fehlschlagungen beklagen. Damit also die Ergebnisse der Kunst harmonisch und über einstimmend sein und ihr Sein und Wesen zu verschiedenen Zei ten nie angezwcifelt bleiben möge, müssen wir, so weit cs in un- serer Gewalt steht, aus der Stätigkeit der Naturgesetze, wie sie uns durch die Wissenschaft enthüllt werden, Nutzen ziehen. 3» keinem andern (?) Zweige der Technik ist aber die durch feste che mische Gesetze zur Hand liegende Hülfsleistung nothwendiger als bei der Bereitung und Anwendung verglasbarer Farben. 3» die- ser Kunst können wir des guten Erfolges nur dann gewiß sein, wenn wir die Stoffe in einem Zustande chemischer Reinheit haben und dieselben nach den Gesetzen bestimmter Verhältnisse mit einan der vermischen. Soll zum Beispiel das aus chromsaurem Blei ge- wonneneGelb zu allenZeiten imWesen gleich sein, so ist es offen bar eine erste Bedingung, daß es stets ,.us nichts anderem be stehe als aus gleichen Aequivalenken Blcio.ryd und Chromsäure. Diese Bedingung erfüllt, wird die Farbe auch jeder Zeit und Das ist ganz und gar nicht auffallend. Die Männer der Zunft und Schule sind alle so, sie mögen gelehrt sein oder ungelehrt heißen, einerlei! Den Leuten der Zunft und Schule (Hochschule, Universität, Akademie u. s. w.) ist jeder seldstwüchsige Praktiker oder Theoretiker, der : sein Können und Wissen anderswoher hat, Autodidakt (sollt auKbt j man) und mindestens gesagt Einer der — nicht dazu gehört. Red. D.-Nwbztg. ") Oh bitte! Die Wissenschaft ist eben so wenig unfehlbar wie die Kunst. Abgesehen davon, daß die Thatsachen immer richtig angegeben sind, worauf die Wissenschaft sich stützen will, zieht sie oft falsche Folge rungen aus diesen Thatsachen. Unser Wissen ist Stückwerk und nichts weniger als göttlich. Red. D.-Gwbztg. ff) Aber er wäre sehr einfältig — und leider ist dies auch der Prak tiker oft — wenn er den Schatz des Wissens und Könnens — wir wollen Loch letzteres nicht so gering anschlagcn — den seine Vorgänger aufgesainmelt haben, nicht sorgfältig benutzt. Red. D.-Gwbztg.