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har alles für die Industrie gethan, was zu thun möglich war. Doch um dieser willen muß eS nun die riesenhaftesten Anstren gungen machen, um sich in allen Ländern Abzugsquellen kraft möglichster Prciscrniedrigung aller Erzeugnisse zu erobern. Das ist's, wohin England arbeitet. Das ist das System, dessen Anzeichen wir kunbgeben und diese Anzeichen find sicherlich von einer Natur und Tragweite, daß man mehr als jemals die Au gen offen zu halten Ursache hat. — Die Holzkohle als Mittel verpestete Luft zu reinigen An Vorschlägen und ernster Aufforderung die Holzkohle in gröblicher Pulverform zur Reinigung der Luft zu gebrauchen hat es nicht gefehlt, aber zu wenig ist darauf gehört worden. Die große Wirksamkeit der Kohle unter ihren 3 Hauptfor men, Holzkohle, Steinkohle und Thierkohle, als Einsaugcr orga nischer Ausdünstungen, einer großen Menge Gase und Dünste ist allerdings seit sehr langer Zeit bekannt. Auch verwendet man schon seit Jahrhunderten den Kohlenstaub zum Filtriren unreinen und verdorbenen Wassers, wodurch die zahlreichen organischen, auf den Körper schädlich wirkenden Beimischungen daraus entfernt werden. Aber erst seit wenigen Jahren hat man ernstlich in Eng land daran gedacht, jene die Ansteckung hemmenden Eigenschaften der Holzkohle auf die Reinigung der Luft, die wir cinalhmen, und die öfter noch als das Wasser mit Ausdünstungen fauler und verwesender Körper geschwängert ist, anzuwenden. In Deutsch land aber lehren wir viel, lernen aber immer nicht genug. Die Holzkohle saugt aber nicht nur die Ausdünstungen und gasartigen Stoffe ein, sie zersetzt und zerstört sie auch, wenigstens die vielen leicht zcrsetzlicheu, dadurch, daß sie sie in einfachere Körper, in Wafferdampf und kohlensaures Gas verwandelt. Aus dieser Kraft zu zersetzen und einzusaugen entspringt die Eigenschaft der Holzkohle, die üblen Gerüche und gefährlichen Ausdünstun gen zu zerstören. Diese sind in der That meistentheils stickstoff- lichc, leicht umzusetzende organische Stoffe. Von der Kohle auf gesogen treten sie zusammen mit dem sich in einem hohen Grade der Verdichtung befindenden Sauerstoff, der stets in der Kohle, wäre sie auch nur einige Minuten der Luft ausgesetzt gewesen, enthalten ist. Und dieser Sauerstoff zerstört sic durch Ory- dazion. vr. Stenhouse lenkte zuerst im Februar 1854 in einer vor der „Society ok ^.rt8" gehaltenen Vorlesung die Aufmerk samkeit auf die so wichtige Anwendung von Kohle zur Reinigung verpesteter Luft und legte daS erste Modell seines Respirators vor. Kurze Zeit darauf zeigte er wie man sich des KohlenpulverS be dienen könne, um sich gegen die bösen Ausdünstungen aus Kirch höfen und bei Leichen, die man längere Zeit aufzubewahren ge zwungen ist, zu schützen. Im Monat Juni 1854 brachte er seinen Luftreiniger zum Vorschein. Dieser besteht aus einer dünnen Lage Kohlen-Pulver oder Kohlcn-Stückchcn zwischen zwei Metall geweben behufs der Reinigung von verdorbener Luft in Abtritten, in den Kranken- und Hörsälen der Spitäler, in Hühnerhöfen, Ställen u. s. w. Dadurch daß die aus solchen verpesteten und übelriechenden Orten aufstcigende Luft gezwungen wird die Koh- len-Drathbüchse zu durchziehen, wird sie von ihren Übeln Beimi schungen befreit und läßt in die anstoßenden Gemächer eine ganz reine, wenngleich schmutzigen Quellen entsteigende Luft eindringen. Jene Luftreinigungsbüchsen mit Drahtplatten werden namentlich jenen Leuten von großem Nutzen sein, die unter den Tropen ver pestete, mit Fieber aller Arten oder andern örtliche und ansteckende Krankheiten erzeugenden Ausdünstungen angefüllte Gegenden be wohnen. Man würde die Gefahr der Ansteckung gewiß außeror dentlich in solchen Gegenden vermindern, wenn man die Luft in die dortigen Wohnungen nur durch eine Schicht Kohlenpulver umgeben vom Metallgcwebe eintreten ließe.*) In der schlimmsten ') ES scheint uns eine solche vollkommene Absperrung von Räumen durch Kohlenbüchsen, wie sie Steenhouse vorschlägt, doch etwas fraglich zu sein. Man muß doch ins Haus hinein um es auch verlassen zu können. jRcd. D. Gwbztg.j Jahreszeit, wenn Krankheiten sehr überhand nehmen, könnte man den Inhalt der Matratzen, Kopfkissen, Bettdecken rc. mit Kohlen klein vermengen. Dichtere Luftreiniger würden auch von großem Nutzen in den Kloaken, den Senkgruben der Privathäuser rc. sein. — fWenn man nur die schlechte Luft von unten zwingen könnte htndurchzutreten. RedZ Der Respirator wie der Ventilator bestehen wie erwähnt aus einer Lage zerstoßener oder pulveristrter Kohle zwischen zwei locke ren Geweben, wovon das eine von Metall, das andere von Leinen oder Wolle ist. — Stenhouse hat 3 verschiedene Arten davon an- sertigen lassen. 1) Den Luftreiniger für den Mund allein. Er ist sehr leicht, höchstens 1 Zoll dick. Von großem Nutzen wird er für Kranke sein, deren Athem übelriechend geworden ist, sowie bei gewissen Brust- oder Halsbeschwcrden. Er wird die Luft beim Ein- und Ausathmcn reinigen und in die Luftröhre und die Lun gen nur reine Lust einvringen lassen. Die Genesung dürste da durch bedeutend erleichtert werden. Er kann auch bei schlechter mit Krankheitsstoff angefüllter Luft dienen, unter der Bedingung, daß man, wenn man sich in solcher Luft befindet, den Athem durch den Mund einzieht und durch die Nase ausstvßt, waS man sich ohne große Mühe angewöh nen kann. Der größere Respirator bedeckt sowol Mund als Nase, aber die reinigende Kohle reicht nicht über den Mund hin auf, die Nase wird einfach durch ein mit weichem Leder überzoge nes Metallgewebe geschützt. Dies ist der Respirator, dessen man sich in den anatomischen Theatern und Sälen der Spitäler, sowie an allen Orten, wo man befürchten muß eine verpestete, giftgc- schwängcrte Lust einzuathmen, bedienen muß. Bei der dritten Gestaltung des Respirators, bestimmt für die Arbeiter in Fabri ken chemischer Erzeugnisse oder solcher wo man schädliche Gase, Ammoniak, Schwefelwasserstoff, schwefelige Säure, Chlor rc. ein- athmet, reicht die Kohlenschicht auch über die Nase. DaS Ge- räth ist demnach größer, doch ohne Beschwerde für den Träger. Um die Wirksamkeit der Vorrichtungen in der erwähnten Sitzung noch zu beweisen ließ Stenhouse Gläser mit sehr stark mit Ammo niak gesättigtem Wasser füllen. Athmete man ohne Vermittelung die mit dem Glase in Verbindung stehende Luft, so kam man dem Ersticken nahe, der Geruch war heftig reizend, während man athmend durch den Respirator nichts davon verspürte, sondern nur eine reine Luft schluckte. Von dem Gesichtspunkte ausgehend, daß Erfindungen, deren Zweck eS ist, Tod oder Krankheit zu bekämpfe», nicht Gegenstände von Paten ten sein, sondern vielmehr demPublikum zum freien Gebrauch überge ben werden sollten, verzichtete Stenhouse auf ein Vorzugsrecht beim Verkaufe seiner Respiratoren, die demnach dann sebr billig zu er halten sind, nämlich für 12 Franken die größeren, 9 Fr. die mitt leren und 7 Fr. die kleinen. In zwei großen, unten an die Rednerbühne gestellten Kübeln hatte Stenhouse seit länger als einem Jahre die Körper einer Katze und zweier Ratten in Kohlenpulver vergraben. Ohne ir gend ein anderes AusbewahrungSmittel angewendct zu haben, und wiewohl die die Körper bedeckende Kohlcnschicht nur 2 Zoll dick war, gewahrte man doch nicht den mindesten üblen Geruch. Die Kübel waren im chemischen Laboratorium des Spitals, wo immer ein ziemlich hoher Wärmegrad herrscht, aufbewahrt worden, ohne daß die oft untersuchte Luft sich verdorben gezeigt hätte oder daß einer der 9 oder 10 im Laboratorium arbeitenden Leute das Vor handensein dieser in volle Fäulniß übergegangenen Körper bemerkt hätte. In den letztvergangenen Monaten verwendete man mit be stem Erfolge daS Kohlenpulver in den Spitälern von Saint- Marie und Saint-Barthslcmy um die Fortschritte des Krebses und anderer eiternder Geschwüre zu hemmen. Ilm den Erfolg zu sichern ist es nicht nöthig die Kohle in unmittelbare Berührung mit den Geschwüren zu bringen, mau kau» sie in kleine baum wollene Kiffen oder Säckchen eingenäht auf die Verbände der Wunden legen. Schon mehr als einmal sah man Kranke, die schnell zu Grab gingen und wahrscheinlich in einigen Tagen an der Wiedercinsaugung des Eiters gestorben wären, in Kurzem ihre Gesundheit wicdcrerlangen.