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und es Ware wohl der Fall denkbar, daß ein gegen die Ungläubigen eifernder katholischer Priester auf seinem Gewände die Worte des Korans trüge: „Es ist kein anderer Gott als Gott und Mahomet ist sein Prophet!" Die orientalischen Stoffe, von welchen man häufig genug die j Beschreibung in den damaligen Poesien findet, werden nach den i Orten ihres Ursprungs, also nach Indien, Persien, Byzanz oder Afrika näher bezeichnet. Dieselben erregten im Abendlande so die Bewunderung, daß in den Dichtungen von ihnen, als einem Werke der Feen, öfter gesprochen wurde. In den ältesten Romanen, in den alten Legenden sind diese Gewebe als Werke der Zauberkunst geschildert, denen man entweder alle Tugenden und guten Eigen schaften zuschrieb oder ihnen alles Uebel zutraute. Vor dem 10. Jahrhundert besaß der Orient allein das Mono pol der Seidenweberei. In Europa hatte man noch nicht, weder in den Künsten noch in den Wissenschaften, die nöthige Kenntniß erlangt, diesen Pro- ductionszweig selbstständig zu betreiben. Etwa um 980 fing man in Florenz an Teppiche zu weben und zu färben und die Stadt wurde von dieser Zeit an in dieser Bezie hung berühmt. Man ließ' zu dem Zwecke der Errichtung solcher Fabriken nicht allein die Arbeiter, sondern auch die Materialien aus Constantinopel kommen. Aus derselben Zeit finden sich auch Angaben über das Bestehen von Webereien und Färbereien in Frankreich, in welchen Stoffe zur Ausschmückung der Kirchen und Paläste gefertigt wurden. Im Jahre 985 bestand in der Abtei von Saint-Florent zu Saumur ein derartiges Etablissement, in welchem die Mönche gemusterte Stoffe, mit Abbildungen von Thiercn und Blumen ver ziert, webten. Die geschichtsschreibenden Mönche des 11. und 12. Jahrhunderts stimmen alle darin überein, die Schönheit der Stoffe zu rühmen, mit welchen die Aebte ihre Kirchen schmückten. Im Jahre 1060 wurden kostbare Tapeten zu Poitiers gewebt, woselbst eine Fabrik bereits seit 35 Jahren bestand. Die Mönche waren da mals überhaupt nicht nur in den Wissenschaften, sondern auch in den Künsten und Handwerken erfahren und mancher hat sich in dieser Beziehung einen Namen gemacht. Zur Zeit der Kreuzzüge zogen viele solcher gelehrten Mönche mit nach dem heiligen Lande, um dort nicht nur zur Befreiung der heiligen Stätten mit zu helfen, sondern auch die Geheimnisse in den Wissenschaften und Künsten an der Quelle zu ergründen. Vieles brachten sie bei der Rückkehr mit nach dem Abendlande herüber. Im 14. Jahrhundert wollte man bereits mit den orientalischen Webereien wetteifern, und als ein französischer Fürst 1396 sich aus seiner Gefangenschaft bei dem Sultan Bajazet loskaufen wollte, ließ er diesem Sultane unter anderen kostbaren Dingen auch ein Stück Gewebe von Arras überreichen. Aus dem selben waren die Schlachten Alexanders dargestellt. Die Fabrik zu Arras bestand schon seit dem 12. Jahrhundert und wetteiferte mit der von Saumur. Die Stoffe wurden daselbst nach Art der byzan tinischen und persischen gewebt; sie standen jedoch denselben nach und die Fürsten schätzten wirklich nur die, welche sie von dort her erbielten. Die flämische Industrie, angespornt durch den Schuh despracht liebenden Herzogs von Burgund, drückte die gleichartige französische nieder und man könnte wohl in dieser Beziehung die Flamänder die Orientalen des Abendlandes nennen. Arras wurde der Haupt mittelpunkt der Teppichweberei und die Webereiproducte des 15. und 16. Jahrhunderts führten den Namen Arassis, selbst wenn sie in Valenciennes, Antwerpen, Lüttich oder Brüssel gewebt waren. Franz I. ließ bei seiner Rückkehr aus Italien von Florenz und Genua, sowie aus Flandern Arbeiter kommen, welche für Tagelohn arbeiteten und Wolle, Seide, Gold- und Silberfäden, sowie Nadeln und die nöthigen Webstühle zur Fertigung der großen Gewebe er hielten. Diese erste Manufactur wurde, wie bereits angeführt, zu Fontainebleau gegründet und hatte nur die Aufgabe, Teppiche und Tapeten für den König zu weben, lXll. Die Franzosen unterscheiden tnppisssris 6e baute lisss, hochschäftige Weberei und tappissorie 6e basse lisso, niederschäf- tige Weberei. Bei der ersten Art ist der Auszug vertical gerichtet, wie die Seiten einer Harfe, bei der zweiten Art dagegen horizontal, so daß sich der Weber darüber beugen muß. Es wird übrigens in dem einen wie dem andern Falle das GewGe verkehrt gearbeitet, d. h. mit der Rückseite nach dem Weber zu. Die Wandteppiche der Gobelins gehören zu der tappissorie cks baute lisse, die Teppiche von Beauvais sind dagegen cke basse lisse. Die Lage des Auf zugs ist der einzige wesentliche Unterschied zwischen beiden Arten der Weberei. Der Aufzug besteht gewöhnlich aus Wollensäden und dient zur Bildung der Schatten, der Einschlag ist von Seide und mit ihm werden die Lichter gebildet. Die größten Muster und Darstellungen werden nach der Art der Hautelisse gefertigt, und es eignet sich über haupt nur diese Art der Weberei zur Darstellung historischer Bilder. In Kürze kann man sagen, die Manier der Hautelisse eignet sich für die Buntweberei im größten Style, die Manier der Basselisse zur Bunt weberei von kleineren Teppichen und Möbelstoffen. Die Manu factur der Basseliffe wurde 1664 durch Colbert zu Beauvais ge gründet.) Primaticcio übernahm die Leitung der Manufactur und sein Schüler Farlo führte den Namen eines Directors derselben. Die Arbeiten dieser Maler bestanden darin, für die Correctheit der Zeich nungen und die Wahl der Farben zu sorgen; sie überließen dem Weber die einfache Art der Darstellung des Gewebes. Heinrich IV. fuhr fort, die neu begründete Industrie zu ermuthigen und rief noch eine neue Manufactur in Paris selbst ins Leben. Dieselbe wurde in das Hospital der Dreieinigkeit gelegt. Nur dem Eingreifen Heinrichs IV. ist es zu verdanken, daß die Teppichweberei ein natio naler Industriezweig Frankreichs wurde. Er rief Italiener nach Paris, welche französischen Arbeitern ihre Kunst lehren mußten. 1613 wurde vom Könige dem Italiener Turato ein Patentbrief be züglich der Erzeugung von Gold- und Silberstoffen ertheilt und eine derartige Weberei in Paris im Hotel de Mague errichtet. Die Pracht der daselbst erzeugten Stoffe kennt man jetzt kaum noch, denn der Luxus besteht heutigen Tages fast ausschließlich in dem öfteren Wechsel der Kleidung und weniger im Farbenschmucke und Glanze derselben. Die Preise dieser Stoffe waren aber auch sehr hoch. 1571 erschien Margarethe von Valois zu Blois beim Osterfeste in einem mit Gold durchwirkten Sammtkleide, einem Geschenk des Sultans, welches man damals auf 9000 Fr. an Werth schätzte. Die Niederlande und Flandern, die damals unter spanischer Herrschaft standen, hatten mit der maurischen Cultur auch maurischen Kunstfleiß ausgenommen. Philipp III. verjagte zu dieser Zeit die letzten Reste der maurischen Familien, welche bis dahin im König reiche Granada geduldet worden waren, aus seinen Staaten; diese Flüchtlinge erhielten gastliche Aufnahme in Frankreich und beschenk ten dafür ihre neueHeimath mit bis dahin daselbst noch unbekannten Industriezweigen. Zu Carcassonne, Nimes und andern Orten be gründeten sie Filz- und Tuchfabriken und legten Teppichwebereien an. Durch diese geschickten Arbeiter wurde eigentlich erst die Weberei der türkischen Teppiche in Frankreich heimisch gemacht. Unter Hein rich IV. befand sich eine Weberei türkischer und persischer Teppiche im Louvre. Diese Teppiche führten den Namen mogustts (Mokett oder Moket, auch Kamokett, abgeleitet von dem Namen der Stadt Damascus, welcher im arabischen Idiome Dimochk oder Dimachk lautet und woraus durch Verunstaltung der obige Name gebildet wurde). Aus dieser Manufactur türkischer Teppiche entstand die Weberei der Gobelins. Im Palaste der Tournellen befand sich außerdem noch eine Weberei, wo Teppiche nach flandrischer Manier erzeugt wurden. Man versah in dieser Manufactur die Teppiche, die nur zu Wand verkleidungen benutzt wurden, meist mit landschaftlichen Darstellun gen. Das Grün herrschte darin vor und verdrängte die andern Farben. Das Colorit wurde daher eintönig und düster. Ueber- haupt herrschte in dieser Periode die Liebhaberei zum Dunklen, Düstern vor. Hohe, schmale Kreuzbogenfenster gönnten den Zim mern nur dürftiges Lickt und es ist zu verwundern, warum man nicht wenigstens für die Wände Helle Farben wählte. Es war aber auch dies die Zeit des phantastischen Aberglaubens, der Erscheinun gen , der Gespenster und Magie. Das Schutzsystem Ludwig's XIV. spornte den Unternehmungs geist in hohem Grade an. Colbert faßte damals den Plan, alle Künste, welche zur Ausschmückung der königlichen Residenzen zur Ausübung kamen, in einem Locale zu vereinigen und erwählte als j Centralpunkt und Sammelplatz der Kunstindustrie das Hotel der Gobelins, welches in Folge dessen den Namen einer manufaeturo ro^alo äos inoullles cko laoouronns erhielt. Der Maler Lebrun wurde zum ersten Director ernannt. Die Anstalt zählte überhaupt im Verlaufe von zwei Jahrbunderten l 6 Directoren und darunter waren 6 Maler und 6 Architekten. Colbert traf bei der Einführung der neuen Industrien auf großen Widerspruch, sowohl von Seiten der