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Zum Betriebe dient eine liegende Dampfmaschine von 5V Pferdestärken, die, wie alle Maschinen des Etablissements, von Götze & Co. in Chemnitz erbaut ist. Das Etablissement consumirt wöchentlich 10,000 Pfund Baumwolle und fertigt daraus 8000 Pfund Garn. e) Die Flachsgarnspinnerei zu Erdmannsdorf. Diese großartige Spinnerei, Eigenthum der k. preuß. Seehandlungs- Societät, wurde im Jahre 1844 in Betrieb gesetzt. Die Bearbeitung des käuflichen Flachses ist eine dreifache: er wird zu Garn versponnen, resp. zu Zwirn drellirt (Spinnerei); die Garne werden zu Leinwand verwebt (Weberei); endlich werden die Zwirne und die Leinwand gebleicht (Bleiche). Die Spinnerei und Bleiche werden in Erdmannsdorf selbst, die Weberei außer der Fabrik betrieben. Bezugsquellen für den Rohflachs sind Schle sien, Ostpreußen und Rußland; letzteres liefert den besten. Bei der Spinnerei ist der allgemeine Gang der bekannte. Nachdem der Rohflachs (die von den Samenkapseln befreite Leinpflanze) gelöster, d. h. durch anhaltende Feuchtigkeit der Art in Währung versetzt ist, daß sich die äußere Hülle der Pflanze von dem innern Kerne ab löst, wird er, um diese Trennung noch mehr zu erleichtern, in dem Dörrraume gedörrt. Die wirkliche Sonderung der Faser von der Holzsubstanz geschieht durch das Brechen, eine fernere, vollständigere durch das Schwingen, welches dann den Flachs für den Handel fertig macht. In der Fabrik wird der Flachs zunächst gehechelt, um die letzten zwischen den Fasern zurückgebliebenen Holztheilchen (Schäden) zu entfernen, die breitern Bastfasern zu spalten und die kurzen von den länger» werthvollern zu sondern. Hierbei theilt sich das Material in zwei Sorten: die lang geordnete Flachsfaser und das auf dem Hechelkamme zurückgeblie bene Fasergewirr (das Werg); beide erfahren in der Folge eine ganz getrennte, wenn auch in den letzten Operationen übereinstim mende Bearbeitung. Die eigentliche Flachsfaser, welche als ge ordneter Büschel paralleler Fäden vom Hechler abgeliefert wird, vereinigt man auf dem Anlegetische zu einem lockern, schmalen Bande, welches auf zwei Streckmaschinen wiederholt doublirt und gestreckt wird, um die vom Anlegen herrührenden Ungleichheiten in der Stärke des Bandes zu compensiren, und dann auf der Vor spinnmaschine seine erste, auf der Feinspinnmaschine seine zweite und letzte Drehung gleichzeitig mit einer bedeutenden Streckung erfährt. Das Werg, dem die parallele Lage der Fasern nock gänzlich fehlt, wird auf der sogenannten Vorcarde gekratzt, gestreckt und in Bänder verwandelt, die mehrfach doublirt, einer zweiten Kratz maschine, der Feincarde, vorgesetzt und von dieser durch Kratzen und Strecken für die Vorspinnmaschine vorbereitet werden. Von da an ist die Behandlung und die Einrichtung im Allgemeinen die selbe, wie für die Flachsspinnerei. In Erdmannsdorf enthält die Handhechelei 60 Hechelständer von gewöhnlicher Construction, jeder Flachsbüschel geht dabei durch zwei Hecheln, eine gröbere, die Abzugshechel, und eine feinere, die Ausmachehechel; es verarbeiten zwei Arbeiter in 12 Arbeitsstun den 1'/? Centner Rohflachs und erhalten dabei einen Ertrag von 30 bis 60 pr. Cent Feinflachs. Man hat auch vielfach Ver suche mit Maschinenhechelei gemacht; die in Erdmannsdorf befind lichen rotirenden Hechelmaschinen sind von alter Construction und in den „Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerb- fleißes in Preußen" abgebildet und beschrieben. Soll der Flachs auf diesen Maschinen gehechelt werden, so thut man wohl, ihn vorher zu zerschneiden, oder vielmehr zu zerreißen. Dazu dient die Schneidemaschine, welche die Flachsbündel in drei Theile zerreißt. Ursprünglich erhielt die Spinnerei 6800 Flachs- und Werg garnspindeln; in neuerer Zeit sind hierzu noch 480 Zwirnspindeln getreten. Die Garnspindeln sind in 9 Systeme und zwar in 5 Flachs- und 4 Wergsysteme eingetheilt. Zu jedem Flachssysteme gehören 1 Anlegetisch, 2 Durchzüge, 1 Vorspinnmaschine und je nach dem Feinheitsgrade der Garne, welche auf dem Systeme gesponnen werden sollen, 700 bis 800 Feinspindeln. Die Flüssigkeit in den Feinspinnmaschinen hat eine Temperatur von 60 bis 70» R. Bei dem Wergsysteme treten statt des Anlegetisches zur ersten Bildung des Bandes Karden ein, und zwar sür jedes System 1 Vor- und 1 Feinkarde ; dann folgen, wie bei den Flachssystemen, 2 Durchzüge, 1 Vorspinnmaschine und die erforderlichen Feinspinnmaschinen, nur mit dem Unterschiede, daß man auf 1 Wergsystem weniger Feinspindeln rechnet, da die starke Drehung des Garnes und der geringere Auszug auf den Feinspinnmaschinen eine geringere Production bedingen. Die Streckung beträgt auf dem Anlegetische 1:5, bei den Durchzügen 1:20, bei den Vorspinnmaschinen 1: 10 bis 1:15, bei den Fein spinnmaschinen 1:4. Im Ganzen sind 9 Vorspinnmaschinen von je 60 Spindeln und 50 Feinspinnmaschinen vorhanden, deren Spindeln 2900 bis 3060 Umdrehungen machen. Zu jeder Feinspinnmaschine gehört eine Haspel von 2'/^ Uards Umfang. Auf den Flachsspinn maschinen können hier die Nr. 12 bis 160, und auf den Werg spinnmaschinen die Nr. 6 bis 70 producirt werden. (Nr. x ent spricht bekanntlich einer Fadenlänge von 300.x Uards auf 1 Psd. engl. Gewicht.) Außerdem befinden sich in der Fabrik noch 4 Zwirnmaschinen mit 60 Spindeln auf jeder Seite, von denen je zwei und zwei, einander gegenüberliegend, von der Hauptwelle aus durch eine Schnur getrieben werden. Das Wasser aus diesen Ma schinen ist kalt; der Zwirn, den sie liefern, zweidrähtig. Die jährliche Production der Spinnerei beträgt ca. 9600 bis 10,000 Schock, welche bei 69 Arbeitsstunden pr. Woche gesponnen werden. Zu diesem Garn sind, da jetzt fast ausschließlich gröbere Nummern gesponnen werden, ungefähr 11,000 Schock Rohflachs erforderlich. ZumBetriebe derSpinnerei dient ein oberschlächtiges Wasser rad von 34 Fuß Durchmesser, welches bei 30 Kubikfuß Wasser zufluß und 36 Fuß Gefälle 100 Pferdestärken entwickelt. Das selbe ist 10 Fuß breit und hat 120 Schaufeln. Die Gerinnebreite beträgt 8 Fuß 3 Zoll, die Schützöffnung 8 Zoll, die Druckwasser höhe 26 Zoll; die stehende Welle macht 67 Umdrehungen. Bei Wassermangel treten an Stelle dieses Rades 2 Dampfmaschinen, 1 Hochdruckdampfmaschine mit 2 Cylindern und 1 Condensations- dampfmaschine. Zur Bedienung der Maschinen dienen incl. des Aufsichts personals 380 Arbeiter und Arbeiterinnen, wozu der vorkommen den Reparaturen wegen noch einige 30 verschiedene Handwerker treten. ä) Die Flachsgarnspinnerei zu Freiburg. Diese dem Herrn Kramsta gehörige Flachsgarnspinnerei enthält im Ganzen 16,000 Spindeln, doch find in Freiburg selbst nur 13,000 im Gange; die übrigen 3000 befinden sich in dem 3 Stunden entfernt gelegenen Nieder-Merzdorf und verspinnen aussckließlich Werg (Heede). Die Spinnerei verarbeitet meist inländische Flächse; da jedoch der Bedarf an Flachs für die in der Provinz vorhandenen Spinnereien im Jnlande nicht mehr gedeckt wird, so werden auch russische Flächse und zu guten Kettengarnen von Nr. 90 bis 130 auch belgische versponnen. Die in Freiburg befindlichen 13,000 Spindeln find in zwei verschiedenen Gebäuden aufgestellt, und zwar die eine Hälfte in dem ältern, im Jahre 1835 errichteten, die an dere in dem neuern, vor etwa 16 Jahren feuerfest erbauten Fabrik gebäude. Nur dieses letztere ist von der erwähnten Reisegesellschaft in Augenschein genommen worden. Das Hecheln des Flachses erfolgt durch Maschinen; der ge schnittene Flachs wird auf den eiroular-lleLlclinK-maeiiines von Lawson gehechelt, wogegen zu dem ungeschnittenen Flachse die Marsden'schen, von Fairbairn verbesserten ukelt-kedclinA-maelünes verwendet werden. Eine Fairbairn'sche Hechelmaschine verhechelt täglich 7 bis 8 Centner Flachs, und eine aus 4 Cylindern bestehende Circular- Hechelmaschine 7 Centner in 3 Theile geschnittenen Flachs. Die Hechelmaschinen beider Constructionen machen 110 bis 112 Um drehungen. Der auf der Maschine gehechelte Flachs, welcher zu Garnen von bester Qualität dienen soll, wird noch mit der Hand nachgehechelt. Zum Schneiden des Flachses find 4 Flachsschneide maschinen vorhanden. Der Flachs wird nun theils ungeschnitten (als Langflachs), theils geschnitten verarbeitet. Dem entsprechend find hier zweierlei Anlegemaschinen (oxroaüsrs) vorhanden, zu 4 und 2 Bänden (slivsrs) eingerichtet, welche dem Flachse beziehungsweise eine 40-