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volle Entschädigung in Anspinck nimmt. Unser vielgegliedntcS und complicirtes Abgaben- und Steuersystem erhebt zwar in manchem Falle höhere Ansätze, als für die vcnnsacbte Arbeit in Anspruch ge nommen werde» kann, und ist z. B. ans die Gcrichtssxorteln, auf Stempelsteuer, auf Eintragung von Käufen und Hypotbekcn zu ver weisen , bei denen die Höhe der Entschädigung wesentlich nach der Höbe des Objects bestimmt wird. Bei der Post find indessen solche Gesichtspunkte glücklicherweise nickt zur Geltung gekommen, und wenn auch beispielsweise höhere Geldsendungen höheres Porto zablen, als kleinere Summen, so ist der Mehrbetrag unter dem Gesichtspunkte einer TranSportversicherungsprämie aufzufaffen, da im Entsckädi- gungSfalle das Nisico für eine größere Summe eine höhere Entschä digung erfordert. Der Staat wird aber zur Zeit nicht geneigt sein, auf seine Rein erträge aus der Postkasse zu verzichten, und so lange der Bedarf nicht aus andere Weise gedeckt ist, würde das Verlangen unbillig sein, daß die Minimaltaxe von etwa 1 Groschen sofort cingeführt würde. Des halb empfiehlt es sich, das Ziel zwar jederzeit im Auge zu behalten, aber nur stufenweise dessen Erreichung zu vermitteln. Der Auswege bieten sich gleichzeitig mehrere dar. Für den Fall, daß cs des bedeu tenden Ausfalls wegen nicht möglich sein sollte, den 8 Groschen-Satz sofort fallen zn lassen, möchte eS cmpfehlenSwerth sein, die Halbmesser ter einzelnen Zonen zu vergrößern, so daß der l Groschen-Satz bis 20 Meilen, der 2 Groscken-Satz bis 40 Meilen, und der 3 Groscken- Satz erst nack dieser Entfernung eintritt. Sobald die Postrevcnüen durch die Steigerung des Lriefvcrkebrs in Bezug auf den Reinertrag die frühere Höhe erreicht haben, findet eine abermalige Erweiterung der einzelnen Zonen Statt, bis endlich der 3 Groschen-Satz nnd in noch späterer Zeit der 2 Groschcn Satz von selbst bis an die Gren zen des Postvcreinsgcbicts angelangt sind und dann ganz in Weg fall kommen. Ein solcher Ausweg hat allerdings den Fehler, daß eine lange Reihe rvn Jahren vergehen wird, ehe wir in Deutschland bei der Ein-Groschcntaxe angelangt sein werden, er empfiehlt sich aber gerade dadurch, daß die Reform möglich gemacht werden kann, ohne daß cs ncnnenswcrthcr Opfer von Seiten dcs Staats bedarf, und darf man nicht außer Acht lassen, daß gerade in Deutschland viele Negierungen und sogar ein Privatunternehmer ihre Einwilli gung zn geben haben. Besonderer Werth wird auf die genaue Vor- 'auSbestimmung der Bedingungen zu legen sein, nach deren Erfüllung eine abermalige Reduktion der Portotaxe (natürlich so lange die Mi nimaltaxe noch nicht erreicht ist) einzutretcn hat, da es sonst nur zu leicht geschehen könnte, daß die Durchführung der Reform irgendwie in's Stocken käme.*) Bei der Einführung einer einheitlichen Minimaltaxe würde in dessen diejenige Korrespondenz, welche sich innerhalb der geringen Entfernung von bis zu 5 Meilen bewegt, in so fern den Kürzcrn ziehen, als das Porto von Vr Groschen gleichfalls bis auf 1 Gro schen gesteigert werden müßte. Da ein niedrigerer Satz als 1 Gro schen für den Gesammtverkchr schwerlich zu erlangen sein wird, so müßte dem Princip gemäß, die nahe Korrespondenz allerdings ein Opfer bringen, das nicht nur ungerecht, sondern sogar drückend ge nannt werden müßte. Allein der briefliche Vcrkcbr, wie er sich zwischen solchen geringen Entfernungen entwickelt, läßt sich nickt in allen Punkten mit der Korrespondenz in die Ferne vergleichen, vielmehr herrscht zwischen Nachbarorten eine ganz besondere Richtung des Verkehrs vor. Die größere Stadt ist der Marktort für die Umgebung. Von hier beziehen die kleinere Stadt und das platte Land ihre Be dürfnisse und bringen dorthin ihre Erzeugnisse zum Verkauf. Für den größten Thcil dieser Aufträge, Bestellungen und Sendungen ist aber die Post mit ihren jedenfalls zweckmäßigen und nothwendigen Vorschriften über Verpackung, Emballage, Form der Sendung u. s. w. zu schwerfällig, und deshalb hat sich ein Botenwesen entwickelt, das neben der Post bis zu einem gewissen Grade lebensfähig bleibt. In industriellen Gegenden, besonders da, wo die sogenannte Haus industrie blüht, kommt noch der rege Verkehr hinzu, welcher durck die Ablieferung der gearbeiteten Maaren*, durch das Abscndcn von Mustern und Zeichnungen, durch Auszahlungen der Löhne u. s. w. >) Wie bekannt ist das Gewicht des einfachen Briefs auf I Loth fest gestellt und vervielfältigt sich die Taxe mit dem Gewicht. Da der dop. Pelt schwere Brief keineswegs die doppelten Kosten verursacht, so ist auch dafür eine niedriqere Skala vorgeschlagen worden, die wir aber nur dann erst für annehmbar erklären würden, wenn auf anderem Wege keine Bes serung zu erzielen wäre. sich als nothwendig heranSstellt, mündliche Bestellungen, welche die l Boten gleichfalls mit übernehmen, ganz abgerechnet. Durch das Mo- l nopol, welches der Staat hinsichtlich der Postsendungen in Anspruch ) nimmt, ist indessen die Beförderung von Briefen, in einigen kleinen ! deutschen Ländern bis zu einem gewissen Gewichtssätze sogar die Be- ! fördernng der Paquete untersagt und kann es nicht fehlen, daß das Botcnwcsen unter solchen Verhältnissen, so lange die gesetzlichen Vor- ! schriften nicht überschritten werden, zn keiner rechten Concurrenz- fähigkeit gelangen kann. Sobald wir nun in Deutschland (früher ! oder später) dahin gelangen, daß die 1 Groschent^xe allgemeine Gel- ! tung erlangt, so würde sie unbedenklich auch für die Korrespondenz ! zwischen Nachbarorten und ebenso für sogenannte Stadtpostbriese ein- l geführt werden können, wenn die Regierungen sich entschließen, den Postzwang in einem Umkreise von circa 3—5 Meilen für Briefe in derselben Weise aufzuheben, wie dies bereits für Paquete in einigen Staaten geschehen ist. Der Post werden dann immer noch Werth sendungen und solche Briefe, für welche der Absender besondere Sicherheit der richtigen Besorgung wünscht, fast ausschließlich blei ben, und wird dann auch der höhere Satz gerechtfertigt sein; für den gewöhnlichen Bricsvcrkehr zwischen Nachbarorten wird dagegen die Konkurrenz den Preis sogar niedriger stellen, als er jetzt von der Post normirt ist. — Sollten die Regierungen, weil sie von dieser Maßregel einen zu starken Ausfall der Posteinküuste befürchten wer den, nicht daraus eingchen, so wird mit besonderem Nachdruck ans den eigenthümlichen Verkehr zwischen Nachbarorten aufmerksam ge macht werden müssen, damit selbst bei der Einführung des l Gro schen-Satzes das niedrigere Porto für einen Umkreis von 3—5 Mei len Halbmesser erhalten bleibe. Vorläufig ist die Erreichung dieser Reform in den nächsten Jahren kaum zu erwarten, nnd wenn sie dessenungeachtet mit ausgestellt wird, so geschieht es, um den lebhaf ten Correspondcnzvcrkehr zwischen Nachbarorten nicht durch eine Maßregel leiden zn lassen, welche für den übrigen Briefwechsel die größten Erleichterungen verspricht. Eine andere Reform dagegen läßt sich ohne irgend welche Be denken sofort einführen, ja sie ist entweder schon ausgeführt oder dock in nächste Aussicht gestellt — wir meinen den Wegfall des Brief bestellgeldes. In den meisten europäische» Staaten und in den grö ßeren deutschen Ländern wird eine besondere Entschädigung für die Abgabe bereits srankirter Briese nicht mehr verlangt. Die deutsch- östcrrcischischc Postconvention sichert gleichfalls eine „gänzliche Auf hebung oder doch Ermäßigung der Bestellgebühr" zu, ohne daß indeß die Zusage überall erfüllt worden ist. — Früher als der Briefträger die sogenannten Bricsdreier noch als seine ausschließliche Einnahme quelle zu betrachten hatte, hatte die Bezahlung allenfalls noch eine gewisse Berechtigung. Seitdem aber die Post den Briefträger gegen festen Gehalt anstellt und das Plus der Einnahme der Postkasse z» Gute rechnet, ist das rechte Vcrständniß für diese Belastung des Cor- respondenzverkehrs nicht mehr vorhanden. Wer einen Brief frantirt, wünscht ferner, daß dem Empfänger durchaus keine Kosten verursacht werden, und eine nicht geringe Menge von Postsendungen, z. B. Kreuzbandsendungen, Maaren- nnd Preislisten, Geschäftsverände rungen n. s. w. werden unterlassen, weil der Absender, so dringend er auch die specielle Mittheilung wünschen muß, dem Empfänger nicht zumuthen will, für eine Notiz, deren Werth sich nicht » xrrori be stimmen läßt, irgend welche Ausgaben zn machen; der Einwand, daß das Bestellgeld eine Art Eontrole für die richtige Besorgung der Briese bilde, ist ferner durchaus illusorisch. Derjenige Postbeamte, welcher einen Brief verloren oder etwa gar unterschlagen hätte, wird iu den meisten Fällen den Briefdreier aus seiner Tasche bezahlen, ehe er sich durch offenes Geständniß einen Verweis seiner vorgesetzten Behörde zuzieht, und bei Stadtpvstbricfen will man eine besonders auffällige Veruntreuung nicht bemerkt haben, trotzdem daß hier kein Bestellgeld erhoben wird. Wichtiger ist der Einwand, daß die Post kassen einen nicht unbeträchtlichen Ausfall ihrer Einnahmen erleiden werden, der dann um so mehr ins Gewicht fallen muß, wenn zu gleich eine Herabsetzung des Porto'S «»gestrebt wird. Der Ausfall ist allerdings vorhanden, doch ist er sicher nickt so hoch, als gewöhn lich angenommen wird. Man darf nämlich nicht die Summe als di rekten Verlust betrachten, welche die Briefträger das ganze Jahr hin- > durch abgclicfcrt haben, sondern muß erwägen, daß die controlirende Rechnung in Zukunft wegfällt und daß ein Briefträger, sobald der Aufenthalt bei der Abgabe wcgfällt, das Doppelte von dem leisten wird, was er jetzt leistet. Für das Publicum ist der Wegfall des 1 Bricfbeftellgeldes jedenfalls ein großer Gewinn, und kommen nicht