Volltext Seite (XML)
Iriedrich Georg Wieck s isss Deutsche Ter Tllmpfpflnq. Von Hrn. Jngciücur Max Eyth. Die internationale Ausstellung des Jahres 1862 ist zu Ende. Die tausend und abertausend Fremden, welche nicht blos London, sondern ganz England überschwemmten, sind zurückgekehrt und über legen sich, was sic „eigentlich Neues" gesehen. Mit der heimischen Umgebung, mit der Ruhe des Alltagslebens kommt nach und nach das Bewußtsein der kollossalen, weltbewegenden Verhältnisse, der verwirrenden Mannigfaltigkeit, die den Besucher der Riesenstadt und ihres dicßjährigcn Riesenwerkes auf kurze Zeit umgeben, und die Klage, „baß eigentlich nichts Neues dagewesen", welche von so Manchem nach den ersten acht Tagen seines kurzen Aufenthalts in London zu Horen war, wird, wenn nicht von einzelnen Beobach tungen, doch von dem Gcsammteindruck widerrufen, den er mit nach Hause gebrockt. Eine der hervorragendsten Erscheinungen, welche die Ausstellung dem Fremden bot, war der Dampfpflug, und, wenn er sich bezüglich desselben weiter umsah, der gegenwärtige Stand der Damvfkultur überhaupt, welche sich in den letzten zehn Jahren stetig in England entwickelt hat, jedoch erst seit ein oder zwei Jahren auch außer Groß britannien sich fühlbar macht. Neben der internationalen Ausstellung bot die, wie alljährlich, so auch im Jahre 1862 sich wiederholende 'Reibe von landwirthsckaftlichcn und industriellen Lokalausstellungcn die mannigfuckstc Gelegenheit, die verschiedenen, den Landwirth beim ersten Anblick befremdenden Apparate in Thätigkcit zu sehen; von größerer Bedeutung aber waren ihm sicher eine Reihe in der nächsten Nähe von London gelegener Güter in Kent, Essex, Surrcv rc., wo die Masckinen theilweise schon Jahre laug in Thätigkeit sind, oder ein Ausflug iu die Nähe vou Swinden, woselbst über 25 Fowler'schc Dampfpstügein einem Umkreise von 20engl. Meilen gefunden werden. Hunderte benützten diese Gelegenheiten, um sich von dem That- bestand der Sache zu überzeugen, und seit Herbst 1862 ist cS von Brasilien bis Nußloch und Indien keine Frage mehr, ob sich der Dampf, der bis jetzt seine unschätzbare Kraft nur auf glatten Schie nenwegen, in Maschincusäälcn oder auf'Wasserstraßen dem Menschen lieh, auch zu dem rauhesten, gewöhnlichsten Feldgesckäftc verwenden lasse. Die vergangenen zehn Jahre haben nach einer Reihe von Opfern und von unermüdlichen, theilweise verlorenen, tbcilweise sick lobnenden Anstrengungen eine der für die Welt wichtigsten Fragen in eine fertige Tbatsacke verwandelt. Es ist hier nickt unsere Absicht, auf die technische Seite der Sache einzugehen. Wir berühren nur skizzenhaft die verschiedenen Systeme, welche mit Erfolg aus den fortgesetzten Versuchen der Hauptmitar- beiter an dem großen Werke hervorgegangen sind und welche vorder- ! Hand einzig für Deutschland in Betracht kommen können. Es ist ziemlich allgemein bekannt, daß das Pflügen mittelst selbst beweglicher Lokomobile und angehängtem Kultivator, der entweder rotircnd oder wie der gewöhnliche Pflug oder Exstirpator arbeitend über dasFeld geht, nachlangenstctsmißlungenenVcrsuchen so ziemlich allgemein aufgegeben ist; es bleiben uns also nur die auf der Bewe gung des Pflugs mit einem Drahtseile beruhenden Systeme noch zu erörtern. Diese Seile, zuerst um'S Jahr 1850 von I. Fowler zur Bewegung seines Drainirpflnges in der Landwirthschaft cingeführt, werden auf wesentlich zweierlei Arten in Thätigkeit gesetzt, von denen die eine im Fowler scheu, die andere im Howard'schen System ihre Ausbildung gefunden hat. I. Fowler in Leeds stellt seine selbstbcwcgliche Lokomobile mit ihren bis zu zwei Fuß breiten Rädern auf der einen Anwand des zu pflügenden Feldes auf, während auf der gegenüberliegenden Anwand der sogenannte selbstbewegliche Anker ausgestellt wird Derselbe be steht im Wesentlichen in einer an einem eisernen Gestelle befestigten horizontalen Seilscheibe, deren Stellung durch sechs scharf in de» Boden einschneidende Scheibenräder fixirt ist. Zwischen diesem Anker und der Maschine, quer über das Feld laufend und auf eine Distanz bis zu 400Mir. ausgczogcn, spannt sick das Drahlscil,das stä' um eine ähnliche Sckeibe unter dem Dampfkessel schlingt und gewissermaßen ein endloses Band bildet, an das der Pflug befestigt ist- D" letzt erwähnte Scheibe unter dem Kessel wird durch die Mascl'ine in Be wegung gesetzt und ist mit einer eigenthümlickcn Vorrichtung, einer Reihe das Seil festhaltenderKlappen versehen, wodurck sie im Stande ist, Seil und somit Pflug zwischen Anker und Maschine hin- und herzuziehen. Der Kultivator steht auf zwei Rädern und besteht aus zwei vollständig gleicken, gegeneinander sehenden Pflügen mit durch laufendem , in der Mitte unter einem stumpfen Winkel gebogenem Gründel, welcher an diesem Winkel dergestalt auf der Radachsc balan- cirt, daß der eine Pflug vor-, der andere rückwärts über das Feld arbeitet, während die nickt arbeitende Hälfte jedesmal in der Lust gehalten ist. Masckiue und Anker bewegen sich durch Dampfkraft langsam den Anwände» deö Feldes entlang, wobei beide, wie der Pflug selbst, in jeder Richtung gesteuert werden können, während die Länge des