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Ur. 41. Iriedrich Heorg Wiecks 1863. Ueber den gegenwärtigen Zustand der Kunst, Photo graphien durch den Truck mit Buchdruckfarbc zu vervielfältige». Von Professor Heeren. Schon zu jener Zeit, Ende der vierziger Jahre, wo noch die D a- guerre'sche Erfindung, das optische Bild der onwors obsourn auf eine Silberplatte zu übertragen, in voller Blüthc stand, finde» wir Poitevin, Dulos, Beuviüre, Garnier und Salmon, Negre und Andere mit Versuchen beschäftigt, solche Platten einer Aetznng zu unterwerfen, um sie nach Art eines in der Aquatinta- Manier gemachten Kupferstichs mit Buchdruckfarbe abdrucken zu kön nen, welche Versuche sich jedoch meistens darauf beschränkten, solche Aufnahmen zu reprodnzircn, deren Originale in künstlichen Zeich nungen, als Kupferstichen, Holzschnitten oder Lithographien bestan den, in welchen also die Schattirnngen durch Linien oder Punkte ge bildet waren. In dem 1862 erschienenen Werke von Poitevin, Dvnit« eis I'impre88ioii pkotoArrrpUi^us 8»i>8 8els ck'nogeot", in welchem derselbe seinen eigenen Verdiensten um die Photographie Weih rauch streut, finden sich mehrere dieser Crstlingsprodnkte, genügend, wenigstens die Möglichkeit dieser Reproduktion außer Zweifel zu stellen. Alle Versuche aber, daguerrotypische Aufnahmen von N atur- gegenständen durch Aetznng druckfähig z» machen, scheinen damals fruchtlos geblieben zu sein, und erst nach Erfindung der speziell soge nannten Photographie im Jahre 1850 sind gelungene Versuche, solche Aufnahmen auf Stahl, Kupfer und Stein so zu übertragen, daß sie mit ^ucl'drnckfarbe gedruckt werden konnten, von Talbot, Niepce de Saint-Victor. Lemcrcier, Lerebours, BarreSwil und Davannc, Prctsch, P oitevin, Pouncy, Fieldnnd Anderen ans Licht getreten, die ich den folgenden Betrachtungen zu Grunde lege, welche durch den Besuch der Londoner internationalen Aus stellung, woselbst steh fast alle diese Mctboden durch ausgelegte Drucke repräsentirt fanden, wesentlich erleichtert worden sind. Es muß hierbei vor Allem der, schon erwähnte, große und we sentliche Unterschied hcrvorgehoben werden, der zwischen der Repro duktion von künstlichen Zeichnungen einer- und von Natur gegenständen andererseits cxistirt. Fast alle künstlichenZeichnungen, seien sie Kupferstich, Lithographie, Holzschnitt oder Federzeichnung, werde» durch schwarze Linien oder Punkte auf weißem Grunde gc- i bildet, wobei die Abstufungen der Schattirung, die Halbtöne, entwe der durch größere oder geringere Breite der Linien und Punkte, oder durch geringere oder größere Entfernung derselben von einander, oder auch durch beide Mittel gemeinschaftlich zu Stande kommen. Mögen nun auch diese Linien oder Punkte oft sehr zart und fein sein, immer aber sind sie vorhanden und die Zeichnung, auch in den feinsten Schattirnngen, die in einiger Entfernung betrachtet als Grau erschei nen, besteht doch lediglich aus Schwarz und Weiß. Eine photo graphische Kopie wird nothwendig dieselben Linien oder Punkte ent halten und die Aufgabe der Ucbcrtragung kann sich darauf beschrän ken, das Bild auf einer Mctallpatte oder einem lithographischen Stein in solcher Art herzustellen, daß alles Schwarz des Originals auch im Druck schwarz, der weiße Grund aber weiß erscheint, eine vcrhältnißmäßig leichte, und zwar nm so leichtere Aufgabe, je größer die einzelnen Linien oder Punkte sind. Ganz anders die Photographie eines NaturgcgenstandcS, in wel cher nach Art eines getuschten Bildes die Schattirnngen nur in einem mehr dunkel- oder hellgrauen Farbton liegen, aber selbst unter dem Mikroskop keine einzelne Punkte, geschweige denn Linien, erkennen lassen. Da nun die Buchdruckfarbe an und für sich tief schwarz und nicht im Stande ist, grau, noch viel weniger grau in verschiedenen Abstufungen zu drucken, so erwächst in diesem Falle der Photographie die schwielige, ja, ans den ersten Blick fast unlösbare Aufgabe, bei der photographischen Uebertragung ans Metall oder Stein Linien oder Punkte hervorzubringcn, die daS Original gar nicht enthält und durch die größere ober geringere Breite und Nähe derselben tiefere und schwächere Halbtöne zu erzeugen, oder Loch in gewissen Fällen eine, zur Annahme der Buchdruckfalbe geeignete größere oder gerin gere Rauhheit der Fläche hcrvorzubringen. In wie weit cS dem Scharfsinn und der Erfindungskraft des menschlichen Geistes gelungen ist, die Lösung dieses schwierigen Pro blems zu ermöglichen will ich mich bemühen, in vorliegender Zusam menstellung etwas eingehender zu entwickeln, worin ich bei Betrach tung der einzelnen Methoden jedesmal mit der allgemeinen Aufgabe, photographisch aufgcnommene Na tnrg egcnstä nde im Druck wie- dcrzugeben, anfangc, und sodann zu der spezielleren und leichteren Aufgabe, künstliche Zeichnungen zu rcprodnzire», übergehen werde. Die Ucberzcugung von der hohen Wichtigkeit der vorliegenden Aufgabe veranlaßte im Jahre 1856 den Herzog Albert de LuvncS einen Preis von 8000 FrcS. ansznsctzen auf die Lösung der Ans-