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»r. 28. Iriedlich Georg Wiecks Deutsche Farbcnharmonie. In der Weltindustrieansstcllung des vorigen Jahres befand sich in der englischen Abtheilnng, wenn ich nicht irre, von einem Fabri kanten aus Bradford ausgestellt, ein ungemein interessantes Tableau der zur Teppichfabrikation angewendeten gefärbten Wollen, dessen Hauptanziebung für mich die wissenschaftliche Anordnung der Farben nach der Entstehung aus den Primärfarben bildete. Das weiße Licht zerfällt nach einer landläufigen Ansicht in die sieben Farben des Prismas oder des Regenbogens, die sich in der Reihenfolge, Roth, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violet aneinander schließen. Ein solcher Regenbogen aus farbigen Wollen umgab die oberste Spitze des Tableaus. Der Maler und Färber, überhaupt der Farben- Techniker ordnet etwas anders an. Sie kennen vor Allem nur drei primäre oder Grundfarben, Roth, Gelb und Blau. Zwischen diesen stehen die binären Farben. Orange aus Roth und Gelb, Grün aus Gelb und Blau, Violet aus Blau und Roth gebildet. Jede dieser Mischfarben zer fällt wieder in zwei Reihen, je nachdem der eine oder der andere ihrer Bestandtheile vorherrscht. Wir kennen von Orange röthliche und gelbliche Modifikationen, vogn Grün ein Kelbgrün und ein Blaugrün, von Violet ein röthliches und ein Blauviolet. Wir schreiten weiter zu den ternären Farben, die aus drei Primärfarben gemischt sind. Herrscht absolutes Gleichgewicht vor, so erhält man Schwarz oder neutrales Grau. Ist dieses Gleichgewicht gestört, so erhält man die braunen und Modefarben. Die unendliche Mannigfaltigkeit dieser letzteren Farben erklärt sich leicht, wenn man bedenkt, wie rasch die Zahl der möglichen Kombinationen steigt, sobald man mit mehreren Gliedern und zwar in wechselnden Verhältnissen operircn kann. Nehmen wir als Basis jedes Mal eine der primären Farben, also Roth, Gelb, Blau, an, die im Vcrhältniß 1 in die Farbe ein tritt, so giebt die Combination des einfachen Roths mit der doppel ten (oder anders bemessenen) Menge Blau und Gelb die Granat farbe. Setzt man Gelb als Basis und mischt dies mit überwiegen den Mengen Roih und Blau, so erhält man die Bronzefarbe, endlich aus Blau als Basis mit überwiegendem Roth und Gelb, das Braun. Man sieht, daß hier die Willkübr fast unbegrenzt ist. Ich kann bei der Granatfarbe z. B. die drei- oder vierfache Mengung Blau und Gelb zumischcn, ich kanu die doppelte Menge Bla», die dreifache Menge Gelb nehmen u. s. fi In dem oben gedachter Tableau fanden sich nun alle diese primären, binären und ternären Farben vertreten, und hatte man sogar ver sucht, bei den Combinationsfarben die Proeente der in die Mischung eingehenden Grundfarben anzugeben. Damit ist aber die Farbcntafel noch nicht erschöpft, indem noch ein höchst wichtiger Moment, die sogennanntcn Töne der Farben, htnzutritt. Ich habe eben angeführt, daß die gleichmäßig abgewogene Mischung der drei Grundfarben Schwarz giebt, und bin dabet scheinbar mit einem Grundgesetz der Optik in Konflikt gekommen. In derselben Art, wie das weiße Licht durch das Prisma in die Farben des Rcgenbogens zerfällt wird, in ähn licher Art muß man aus diesen Farben wieder Weiß, d. h. Licht, zu sammensetzen können. Es existirt eine interessante Spielerei, der sogenannte Far benkreisel, der in dem richtigen Verhältniß mif den möglichst reinen und möglichst leuchtenden Farben des Prisma s bemalt ist, und zwar so, daß die Farben in mehr oder minder breiten keilförmi gen Streifen um den Mittelpunkt der Scheibe verthcilt find. Setzt man nun den Kreisel in so rasche Umdrehung, daß unser Auge den Eindruck der ersten Farbe noch nicht verloren hat, wenn schon die übrigen ihre Strahlen in dasselbe werfen, so erscheint der Kreisel weiß oder doch wenigstens hellgrau. Ein vollständigeres, glänzenderes Weiß wird erhalten, wenn man farbige Lichtquellen wählt. Die eine derselben zeige die eine Grundfarbe, die andere die binäre Mischung aus den beiden anderen. Durch Zusatz von salpctersaurem Strontian z» Mischungen von Salpeter, Schwefel und Kohle erhält man das sogen. Nothfeuer, durch Anwendung von salpctersaurem Baryt die grüne Flamme der Feuerwerkern. Mengt man beide farbige Mischungen recht innig und brennt dann die Flamme ab, so zeigt sie ein ungemein inten sives leuchtendes Weiß. In derselben Art giebt eine röthliche Auf- lösung von Kobalt und eine grüne Auflösung von Nickel eine farb lose Flüssigkeit. Das durch Eisenoxydul schwach grün gefärbte GlaS wird farblos durch Zusatz einer Spur röthlichfärbeuden Braunsteins. Wir kennen aber auch andere Fälle der Technik, wo solche Mischungen ein höchst intensives Schwarz geben. Eiscinxyd färbt die Glasflüsse röthlicb gelb, Chromoxyd blaugrün, beide gemischt