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Herausgegeben von Or. Otto Oammer Neunmldzwanzigster Jahrgang. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter Wöchentlich ein Bogen Thüringens Industrie. Eine Skizze von H. Schwerdt. (Schluß.) Die Porzellanmalerei erinnert uns an sonstige kunstgewerbliche j Gegenstände, welche in Thüringen producirt werden. Stahlstich und Kupferstich, Lithographie und Holzschneidekunst sind ! hinter den Anforderungen der Zeit und hinter den Fortschritten der ! Kunst nicht zurückgeblieben. Wer kennt nicht den Namen des ! Kupferstechers Schwerdgeburth in Weimar, der durch seine Luther bilder berühmt ist? Im Stahlstich aber und in der Xylographie leistet das Bibliographische Institut zu Hildburghausen so Ausge zeichnetes, daß man nur den Bildern des Universum und den Illustrationen zu Brehm s Thierleben — um der anderen zahllosen Kunstprodukte nicht zu gedenken, die aus dieser großartigen Anstalt hervorgegangen sind — einen Blick schenken darf, um zu sehen, wie diese Künste auch in Thüringen eine ehrenvolle Heimath gefunden. So ist auch die Steindruckerei zu einer kaum geahnten Vollendung gediehen, wie die Leistungen von Gehrhardt und Schreiber in Erfurt (durch Vervielfältigung von Handschriften und Drucksachen), von Henning, Golle und Wichmann in Greiz, des LandeSindustrie- Comptoirs in Weimar, der lithographischen Anstalt von Eupel in Sondershausen, des Hellfahrt'schen Geschäfts in Gotha rc. bezeugen. Die Kunst des Buntdrucks hat sich erst durch Engelmann in Mühl hausen auf die Stufe ihrer gegenwärtigen Entwickelung gehoben. Auch die Photographie soll in Thüringen erfunden worden sein. Wenigstens hat der Pfarrer Hofmeister, der früher in Kleinschmal kalden lebte, noch vor Daguerre einen Aufsatz veröffentlicht: „Helio graphie, oder die Sonne als Kupferstecher", welcher jene hochwichtige Erfindung bereits iu ouos enthielt; während Schnauß in Jena durch sein „Photographisches Lexikon" und sein Photographisch- chemisches Institut der Vervollkommnung dieser Kunst fortwährend förderlich war, und diese Vervollkommnung mit seinen durchsichtigen Glaspositivs (Diapositivs), die als Lichtbilder und Fensterschmuck so ausgezeichnet sind, bereits erzielt hat. Jetzt hat selbst jede kleine Stadt ihren Photographen. Viele, besonders in Weimar, Gotha, Rudolstadt rc., liefern mit Anwendung der neuesten Verbesserungen so vortreffliche Bilder (auch Panotypen rc.), daß sie nichts zu wün schen übrig lassen. Welche Verdienste die g e ogra phisch en Institute zu Weimar und Gotha, denen sich das Meyersche in Hildburghausen wür dig anschließt, um Kartographie und Geographie sich erworben haben, braucht nicht näher erörtert zu werden. Das Perthes'sche In stitut (seit 1816) ist eine der großartigsten Anstalten dieser Art auf dem europäischen Continent, mit welcher eine große Anzahl renom- mirter Künstler und Gelehrte, auch eine Kupferdruckerei und mehrere Karten-Jlluminiranstalten (zu Tambach und Friedrichroda), worin junge Mädchen ihre Zeit und Kraft einträglich verwerthen, beschäftigt find. Es ist gewissermaßen der Mittelpunkt, um den sich die ganze geographische Wissenschaft sammelt. Seine Atlanten und Karten find über die ganze Erde verbreitet. Aber auch das mit dem Lan desindustrie-Comptoir verbundene geographische Institut zu Weimar, 1789 von dem um Literatur und Kunst vielfach ver dienten Bertuch gegründet, zehrt nicht blos von seinem alten Ruhme, sondern ist auch mit der Zeit rüstig vorwärts geschritten und zeichnet sich besonders durch seine Graviranstalt, seine Globen- und Tellurien- fabrik, seine Kartenwerke und geographischen Bildungsmittel aus; während das Bibliographische Institut zu Hildburghausen, das früher seinen Sitz in Gotha hatte, durch seinen sehr bedeutenden Bücher-, Bilder- und Kartenverlag und durch all' die technischen An stalten. welche die Herstellung desselben erheischt, den Wissenschaften und dem praktischen Bedürfniß gleich rühmlich in die Hände arbeitet. Mit diesen Anstalten steht der Verla gsbuchh an del in enger Verbindung. Er wird besonders vom Bibliographischen Institut zu Hildburghausen stark cultivirt. Die verschiedenen Bibelausgabe», oie Verbreitung der deutschen Klassiker, die Gothaer wissenschaftlichen Sammelwerke, das umfangreiche Konversationslexikon, das weitver breitete „Universum" und viele andere großartige Unternebmungen bekunden die Thatigkcit sowie das Verständniß unserer Zeit und unseres Volkes, womit die weitverzweigte Anstalt auch nach dem Tode ihres genialen Stifters fortgeführt wird. In Gotha, wo sonst ein ebenso lebhafter als einflußreicher Vcrlagsbuchbandel getrieben wurde, sind die meisten der altrenommirten Firmen (Ettinger, Becker, Hennings rc.) vom Schauplatz abgetreten, und nur F. und A. Per thes — nicht zu verwechseln mit I. (Justus) Perthes, in dessen Verlag unter vielen anderen Geographien das Barth lche Reisewerk erschien und der Gothaische Hofkalender, der bereits seinen hundert jährigen Geburtstag hinter sich hat, sowie Pctermann s Mittheilun gen regelmäßig sortgesührt werden — haben, wenn man die Lenz sche Naturgeschichte im Tkicnemann'schen Verlage ausnchmen will, durch die Herausgabe sehr gediegener, meist theologischer Schriften (z. B. theologische Bibliothek, Golzer'S Monatsblättei rc.), welche der, wenn