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welcher in zwei Arme getheilt ist, die mit den beiden Hähnen v', v' communiciren. Zwei dieser Apparate sind so auf den Mantel ge stellt, daß, wenn der Kolben die Mitte des Cylinders einnimmt, der eine vor, der andere hinter demselben ist, damit der Dampf abwech selnd auf den beiden Seiten des Kolbens eintreten kann. Ein kleines Ventil schließt die untere Mündung eines jeden Hahns mittelst einer Spiralfeder. So oft nun der Kolben den leeren Raum hinter sich bildet, die Maschine also gewissermaßen einathmet, öffnet sich das kleine Ventil und läßt eine gewisse Quantität Dampf eintreten. Mit der Stellung der Hähne v', v' und der Größe der Oeffnung dieser Hähne kann man die Menge des eintretenden Dampfes regeln. Von der Art, die zwischen dem Cylinder und seinem Mantel entstehenden Dämpfe zu dem angegebenen Zwecke zu benutzen, gibt Fig. 12 eine Anschauung. Wenn der Kolben in der Mitte seines Laufes angekommen ist, so findet die Berührung des Jnflammators statt; der hervorge brachte Funke entzündet in diesem Augenblick den Gasstrom, über hitzt den Dampf zugleich mit der atmosphärischen Luft, so daß die den Kolben weitertreibende Kraft eine ungleich größere wird. Da die beiden einander gleichen Apparate v auf beiden Seiten des Kol bens (Fig 12) angebracht sind, so wirken-sie, wenn dieser sich in der Mitte seines Berufes befindet, abwechselnd und regelmäßig in den bestimmten Augenblicken, sobald der Kolben den leeren Raum her vorbringt und die Maschine einathmet. Lenoir beabsichtigt auch in einen feinen Nebel verteiltes Wasser statt desDampfes einzuführen; in diesem Falle würde nichts weiter zu ändern sein, sondern es wür den die Ventile der Hähne wie bei der vorbeschriebenen Einrich tung wirken. Der Wolframstahl. (Beantwortung einer an die Retaction gerichteten Anfrage.) Wolfram oder Scheelium (nach dem berühmten Chemiker Scheele) ist ein einfacher metallischer Körper, der als Wolframsäure an Eisen- und Manganoxydul gebunden in dem Mineral Wolfram, an Kalk gebunden im Scheelspath oder Tungstein, und an Bleioxyd gebunden im Scheelbleispath vorkommt. Es bildet eine eisenähn liche graue Metallmasse, die sehr spröde, hart, äußerst strengflüssig und von krystallinischem Bruche ist, dabei ein specifisches Gewicht von 17,4 (das größte nach dem Golde) hat. Mit Sauerstoff bildet es das Wolframoxyd und die Wolframsäure, welche letztere man ver- ! fuchsweise in der Zeugdruckerei statt des Indigo angewendet hat, ohne daß (unsers Wissens wenigstens) diese Versuche bisher zu einer ausgedehntem Anwendung geführt haben. Ueber die von Wöhler dargestellte Wolframbronze, welche zu manchen Zwecken statt der Goldbronze verwendet werden kann, berichteten wir Jahrgang 1860, S. 260. Außerdem kann man statt des Nickels eine Legi- rung von 3 Nickel und 2 Wolfram zur Argentanfabrikation ver wenden und erhält dadurch ein nicht minder dehnbares, aber specifisch weit schwereres Metall. In der sehr hohen Temperatur von 150" Wedg. dargestellt, bildet das reine metallische Wolfram eine zusam menhängende poröse Masse, eine Art Schwamm, welcher aus kleinen krystallinischen Körpern besteht und von der Feile kaum merklich an gegriffen wird. Das Wolfram - Mineral ist ein steter Begleiter des Zinnerzes und findet sich bei Altenberg in Sachsen, Graupen und Zinnwald in Böhmen, in Cornwall, Schottland, Sibirien re. Sehr häufig ist es zu Schlaggenwald und Zinnwald in Böhmen. Bei dem Bau dieser Zinngruben gewann man seit Jahrhunderten große Mengen von reinem Wolfram, sah aber dasselbe als werthlose Substanz an und stürzte es über die Halden, bis namentlich die vielseitigen Ver suche des Chemiker Or. Franz Köller es waren, welche auf die mannigfaltige Anwendbarkeit des Wolframs aufmerksam machten. Nachdem er gezeigt hatte, daß Wolfram-saures Natron in vielen Fällen statt der Zinnsalze in der Färberei und Druckerei (nament lich auf Wolle und Seide) angewendet werden könne; daß man die Wolframsäure sowohl, wie das aus ihr zu erzeugende blaue Oxyd als Farbe zu benutzen, durch Vermischung von beiden aber ein schö nes Grün zu erhalten vermöge; daß Wolfram-saures Zinkoxyd, durch Fällung eines Zinksalzes mit Wolfram-saurem Natron zu er halten, ein schweres weißes Pulver bilde, welches sehr gut das Blei weiß bei Bereitung der Oelfarbe ersetze*); lenkte er vorzüglich die ') Vs sei hier noch mitgetheilt, daß neuerdings Graham eine concen- Aufmerksamkeit auf die Verwendung des Wolframs bei der Stahl fabrikation. Die ersten Versuche wurden (1855) in dem Stahlwerk Reich-Raming in Oesterreich angestellt*). Sie ergaben, daß durch Zusatz von Wolfram zum Gußstahl die Dichtigkeit des letztem be deutend erhöht werde, daß der Stahl mit 5 Proc. Wolframgehalt einen gleichmäßigen hellblauen Bruch besitze und sich gut schweißen lasse. Ferner wurde angegeben, daß der Wolframstahl den besten gewöhnlichen Stahlsorten an Güte überlegen sei und zum Zerbrechen eine fast doppelt so große Kraft erfordere, wie diese. Schon am 3. und 4. April 1856 wurden in dem k. k. polytechnischen Institute in Wien an der Zerreißmaschine Versuche angestellt über die absolute Festigkeit von Wolframstahlmustern der k. k. Gußstahlhütte Reich- Raming bei Stadt Steher und fielen dieselben sehr befriedigend aus, wie der Localdireetor der österreichisch-steyermärkischen Stahlwerks gesellschaft zu Wien, Herr I. Sperl, in der ersten Versammlung der Berg- und Hüttenmänner in Wien 1859 berichtete. (S. die „Neuesten Erfindungen" 1859, Nr. 26.) Die Sache erregte Aufmerksamkeit. In Berlin und Göttingen wurden Versuche über den Wolframstahl vorgenommen, in Bochum unternahm der dortige Verein für Stahl-Fabrikation die Herstellung desselben, und Robert Oxland ließ sich die Anwendung des Wolframs zur Stahlbereitung und zur Anfertigung von Legirungen in Eng land als Mittheilung patentiren (s. ksp. ok xnt. inv., Juli 1858, S. 21 und danach im Polyt. Centralblatt 1858, S. 1240). Die Deßauer Kreditbank beeilte sich 1858, große Quantitäten von Wol framerz aufzukaufen, die sächsische Gußstahlfabrik fertigte schneidende Instrumente aus Wolframstahl an und dasselbe geschah in Wien, sowie bei Neustadt-Eberswalde. Ueberall rühmte man die Qualität des Stahls, sowie dessen Härtegrad. Gut gehärteter Hundsman- stahl lasse sich bequem mit Drehstählen aus Wolframstahl abdrehen und viertelzölliges Eisen mit einem dergleichen Beile durchhauen, ohne daß die Schneide leide. (Vgl. Verhandl. d. Ver. z. Beförd. d. Gewerbfl. in Preußen, 1858, S. 144.) In mehren Maschinen fabriken des In- und Auslandes, namentlich in Berlin bei Herrn Eggells, dann bei den HerrenSchwarzkopsf LFreund, wurden längere Zeit hindurch Proben angestellt, aus deren Ergebnissen man folgerte, daß der Wolframstahl viel, mehr leiste, als der beste bisher in den Handel gebrachte Gußstahl. Man wies sogar durch Analysen nach, daß der früher so berühmte ostindische Wootzstahl, aus welchem seiner Zeit die vorzüglichsten Damascener-Klingen angefertigt wur den, seine Vorzüglichkeit einem geringen Wolframgehalte verdanke. Herr Franz Mayr in Leoben (auf seinem Gußstahlwerk zu Kapfenberg in Steyermark) erzeugte nun einen vorzüglichen Wol framstahl für Werkzeuge und brachte denselben in den verschiedensten Härtegraden und beliebigen Dimensionen in den Handel. Auch seine Fräsen zum Schneiden der Zahnräder, seine Bohrer, Meißel, Durch schläge, Drehwerkzeuge, Metallhobelmesser rc. fanden großen An klang. (S. Verhandl. des nieder-österreich. Gewerbevereins, 1859, S. 141.) Auch die Gebr. Freudenberg in Berlin und verschie dene Andere befleißigten sich der Wolframstahl-Industrie. Eine Uebersicht der Darstellung des Wolframstahls gab die KölnischeZtg. 1859, Nr. 167. Es heißt daselbst: „Das Wolframmineral (wol framsaures Eisen- und Manganoxydul) wird zuerst befreit von den mechanisch beigemengten Schwefel - und Arsenmetallen durch gelinde Röstung und nachfolgende Auslaugung der schwefelsauren und ar seniksauren Salze mittelst verdünnter Mineralsäuren (Salzsäure) und schließliches Aussüßen der ausgelaugten Masse mit Wasser bis zur gänzlichen Entfernung der letzten Spuren der angewandten Säuren. Ein vorhergehendes Rösten des Minerals, um alles Eisen- und Manganoxydul auf die Stufe des Oxyds zu erheben, ist als Vortheilhaft erkannt werden, da das geröstete Mineral weniger leicht schmilzt und daher die Reduction leichter gelingt. Ist das Mineral trirte neutrale Lösung von wolframsaurem Natron, mit Wasser bis zu 28" Twaddle verdünnt und dann 3 Proc. phosphorsaures Natron zuge setzt, als Mittel vorschlug, Zeuge unverbrennlich zu machen (s. Lrt-llourn. Februar 186V), und sich F. Versmann und A. Oppenheim zu diesem Zweck eine Lösung von 2'/, Pfund wolframsaurem Natron in lv Pfund Wasser für Vngland patentiren ließen (s. I-oncinn llourn., Mai 1860, S. 286). Das Zeug wird in diese Lösung getaucht, dann getrocknet und geplättet. *) Die Veranlassung dazu hatte übrigens der Bergwerksbesitzcr Herr Joh. Jacob in Wien gegeben, nachdem er einerseits erfahren, daß Ber- zclius bereits durch Versuche nachgcwiesen habe^ daß sich das Wolfram mit vielen Metallen legire, und andrerseits die Ucberzeugung gewonnen batte, daß das bisher als Seltenheit geschätzte Metall in für technische Zwecke wirklich ausreichenden Quantitäten vorhanden sei.