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XVIII. Jahrgang, No. 6. 97 23. Dezember 1908. Wie wenig haben doch die hei gebrachten, ge dankenlos und innerlich gleichgültig ausgetauschten Neujahrswünsche mit diesem wahren Glücke zu tun! Wie wenige Menschen denken dabei an wirkliches, inneres Glück! Recht viel Geld — das ist der Sinn, den die Glückwünschenden sowohl, wie die Empfänger der Wünsche ihren Wünschen unterlegen; allenfalls denkt mau dabei noch an Gesundheit und an gutes Fortkommen im Leben. Freilich wäre es verkehrt, den Besitz von Geld und sonstigen Besitztümern zu unterschätzen. Not, Sorge und Gram verscheuchen das Glück, sie ertöten es, sie verbittern jede glückliche Empfindung, auch wenn sie schüchtern sich nahen wollte. So bildet denn jene Sorte Glück, die in den üblichen Wünschen die große Rolle spielt, allerdings eine wesentliche Vor bedingung für das wahre, innerliche Glück. Erfolg in geschäftlichen Unternehmungen, das Fernbleiben unerwarteter Fehlschläge, die günstige Wendung von Verhältnissen: das kann man seinem Nächsten wohl auch wünschen — aber es sind eitle Wünsche, denn durch sie wird der Lauf der Dinge nicht ge ändert. „Glück liegt zum größten Teile, wenn nicht ganz, beim einzelnen Menschen selbst. Tatkraft, fester Wille, zähe Energie in der Ausführung guter Vorsätze, das sind die wesentlichen Grundlagen jedes Glückes. In solchem Sinne ist jeder seines eigenen Glückes Schmied .... Die Frage: „Was ist Glück?“ bedeutet zwar für jeden Menschen etwas anderes und sie läßt sich ganz allgemein mit absoluter Gültigkeit daher niemals be antworten. Wenn man aber uns die Frage stellen würde: „Was gehört dazu, um glücklich zu sein?“ so könnten wir antworten: „Ein ruhiges Gemüt, dauernde Ge sundheit und eine vollständige Harmonie zwischen zwangloser Arbeit, Arbeitserfolg und Lebensgenuß!“ . Glück ist nicht Gewinnen und Haben, sondern Empfinden und Sein! Solches Glück wünschen wir von Herzen allen unsern Lesern, Geschäftsfreunden und Mitarbeitern! Sportliche Rundschau. Das Halali auf den Radrennbahnen ist längst ver klungen. Eine über alle Erwartung günstige und weitausgedehnte Herbst-Saison war dem Bahnrenn sport in diesem |ahre beschieden. Erst mit dem Beginn des November wurde der Betrieb auf den Sportplätzen eingestellt, gerade, noch ehe die frühe und secht merkbare Kälte einsetzte. Kurz seien hier die letzten Ereignisse des Jahres 1908 auf dem Zement gestreift. Der Leipziger Sportplatz schloß seine sportlich hervorragende Saison am Reformationsfest mit einem Stunden-Dreierwettkampf Guignard - Robl - Salz mann ab. Bei der während des ganzen Sommers völlig unzuverlässigen Form Robls hatte das Rennen wenig Anziehungskraft auszuüben vermocht. Umso überraschender für die etwa viereinhalbtausend Be sucher des Sportplatzes am 31. Oktober kam eine glänzende Leistung des Müncheners der bald nach Beginn die Spitze nahm und sie bis zum Ende be hauptete, wobei er für 60 km einen neuen Leipziger Bahnrekord mit 40 Min. 37*/ 5 Sek. (bisher 40 Min. 41 1 / 5 Sek.) aufstelite und mit einer Leistung von nicht weniger als 88,300 km den Wettkampf als Sieger beendigte (Leipziger Stunden-Bahnrekord 88,900 km). Guignard blieb bis zur 117. Runde mit Robl in einer Runde, verlor aber dann durch Reifenschaden an seinem Rade fünf Runden, von denen er nur eine wieder gut machen konnte. Er legte 86,100 km zurück, während Salzmann, der mit Motor- und Raddefekten zu kämpfen hatte, sich gar mit 70,875 km. begnügen mußte. Überdies führ Salzrnann hinter der ungewohnten Führung Dariolis, weil sein Schrittmacher Amerigo bereits in der Pariser Winterbahn weilte — um des Verdienens willen! Der Sportplatz Steglitz hatte am anderen Tage, dem 1. November, sein Schluß-Rennen, dessen Haupt nummer in einem Stunden-Wettkampf bestand. Schipke, der gegen das Ende der Saison sich immer besser entwickelt hatte, fuhr das Rennen als Sieger heim mit einer Strecke von 88,680 km (Steglitzer Bahnrekord). Zweiter wurde Robl mit 86,800 km, dritter Guignard mit 81,900 km, vierter Demke und fünfter Theile. Guignard wurde durch Pech mit den Maschinen auf den dritten Platz zurückgeworfen. Guignard, Vanderstuyft und Verbist haben ihren ständigen Trainingsaufenthalt in Leipzig abge brochen und sind nach der Heimat zurückgekihrt. Die Saison 1908 ist geschlossen. Aber schon werden die ersten Vorbereitungen für die nächst jährige Saison getroffen. Als erster Plan einer radsportlichen Veranstaltung wird der eim r großen Radfernfahrt Berlin — Köln, 670 km, bekannt. Veranstalter ist die Vereinigung rheinischer Straßen wettfahrer. Die Strecke soll über Brandenburg— Hannover — Minden — Münster — Wesel — Düsseldorf führen, das Ende auf dem Kölner Sportplatz sein. Die Fahrt soll zu Pfingsten stattfinden. Allem An schein nach verspricht die Saison 1909 ihre Vor gängerin an Lebhaftigkeit noch zu übertreffen. Nun Glück zu! Die Renntage des Leipziger Sportplatzes sind für 1909 wie folgt festgesetzt worden: Ostersonntag, 11. April Eröffnungsrennen, 2. Mai, 6. |uni,'4. Juli (Preis der Stadt Leipzig), 1. August, 22. August, 26. September (Großer Preis von Europa), 10. Ok tober (Zweistundenrennen). Der Leipziger Sportplatz hat bei der Union Cycliste Internationale durch den Verband deutscher Radrennbahnen die' Übertragung der Meisterschaften von Europa über 1 km und über 100 km für das |ahr 1909 beantragt. Ferner hat der Leipziger Sportplatz zur bevorstehenden Haupt versammlung des Veibandes deutscher Radrennbahnen beantragt: „Alle Preise müssen in der Aus schreibung und im Programm einzeln auf geführt und in der d ort a ngege benen Höhe voll aus gezahlt werden.“ — Die Dauerkarten des Leipziger Sportplatzes gelangen von jetzt ab zur Ausgabe. Sie berechtigen bis zum 31. März 1910