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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.04.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191104142
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110414
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110414
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-04
- Tag 1911-04-14
-
Monat
1911-04
-
Jahr
1911
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Nr. !04. lOS. HsNrysny. Leipziger Tagedlsn. Freuag, SprU lSll. Punkt auch ist, dass Lei allen Paraden und Auf stellungen, Latz in Erlassen und Befehlen niemals Offiziere und Sanitätsoffiziere nach Rang und Licnstalter untereinander rangieren, sondern erst kommen die Offiziere hinunter bis zum jüngsten Leutnant, dann erst die Sanitätsoffizier«. Die ' unterschiedliche Behandlung der Offizier, stzw. Reserveoffizier«) Korps und ihrer Ergänzung sei nur kurz erwähnt, so wichtig sie auch ist. Sie ist grund- sätzlicb verschieden bei den Offizieren und den Sa- nitätsosfiiieren. Das ist eine Auswahl bestimmtcr. greif barer Unterschiede. Daneben bestehen noch viele andere, die sich eingebürgert haben, wohl ohne bah bestimmte Vorschriften vorliegen, die aber darauf Hinweise», das, die Sanitätsoffiziere nur als Offi ziere zweiter Klasse gelten; so sei z. B. hingewiesen aus die verschiedene Stellung bei den Offiziers Tisch gesellschaften (Vorsitz), bei der Vorstellung -er Garde reqikbenter bei Hofe usw. Das? im übrigen die Per sönlichkeit des einzelnen vrel zu seiner Stellung beitragen wird, ist selbstverständlich. Allerdings spielt auch die Geldfrage eine Rolle, zum Teil mit der Rangfrag« verquickt; denn es kann nicht als gerecht angesehen werden, das? ein Arzt, der nach l>c standenem Abiturientencxamen noch mindestens sechs Jahre mit grossen Geldopsern seine Ausbildung voll endet hat, einem jungen Leutnant, der oft genug nur Primareisc erlangt hat, in Rang und Gehalt gleich gestellt wird. Diese Jahre müssten, um einen Aus gleich berbeizusühren. ihm miirdcslciis als Dienstjahre angerechnet Lzw. sein Assislenzarzt-(Lentnants-)Patent nm so viel vordatiert werden. Man schaffe diese Unterschies« ab'. Man stelle die Sanitätsoffiziere -en Offizieren in Wirklichkeit gleich, und in kurzer Zeit wird -er Mangel behoben sein." Deutsches Reich. Leipzig, 14. April. * Nus dem 2.1. sächsischen Reichstagswahlkreise. Die Nation alliberalc Parteileitung im 2-1. sächsischen Reichstagswahlkreise (Plauen i. V.) erlässt folgende Mitteilung: „Im Interesse des /friedens unter der Wählerschaft wird die national liberale Partei den Wahlkampf für dir Kandidatur des Fabrikanten Stadtrats Graser nicht zu früh eröffnen. Der Kampf soll sachlich und ruhig geführt werden. Angriffe, von welcher Seite sic auch kommen mögen, sollen in der Zwischenzeit unbeachtet gelassen werden." — Soweit uns bekannt ist, werden die Eini- gungsoerhandlunoen zwischen den beiden liberalen Parteien noch fortgesühn Es kann deshalb in -er Angelegenheit der Kandidatur Graser mit vorstehen der Erklärung das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. * * Staatssekretär von Kiderlen«Wächter hat nach der „Nord-. Allg. Ztg." einen kurzen Ostcrurlauo angetreten. " Wechsel auf der amerikanischen Botschaft in Berlin? Der Botschafter der Vereinigten Staaten von Nordamerika beim Deutschen Reiche, Mr. David Iaync Hill, der sich seit zweieinhalb Jahren auf diesem Posten befindet, hält sich gegenwärtig, wie man weiss, mit eincin längeren Urlaub in seiner Heimat auf. In diplomatischen Kreisen der Reichshauptstadt erhält sich das Gerücht. Mr. Hill werde nur zur Auflösung seiner Haushaltung nach Berlin zurücktchren. In der nordamerikanischen Presse har man Mr. Hill als zur Nachsolge des Staatssekretärs Knox ausersehcn bezeichnet, und es scheint, dass der Präsident Tast in der Tat daran denkt, den Berliner Botschafter an die Spitze Les Departements der Auswärtigen Angelegenheiten zu stellen. Aber selbst, wenn sich dies nicht verwirk licht, lässt sich aus gewissen Acusserungen, die Mr. Hill getan hat, der Schluss ziehen, dass er nicht mit einem längeren Bleiben in Berlin rechnet. * Rcichstagskandidaturen. Der Fortschrittlichen Volksparteil ist von den Nationalliberalen der Vor schlag gemacht worden, den Wahlkreis Witten berg. den bisher der freisinnige Abgeordnete Dove vertrat, den 'Nationalliberalen zu überlassen und dafür den Wahlkreis Torgau, der in dem Bürger meister Wilde bisher einen nationalliberalen Ver treter hatte, dem Freisinn zu überweisen. Die Provinzialleitung -er Nationalliberalen Partei hat diesen Vorschlag gutgehcissen, da er die besten Aussichten biete, beide Wahlkreise dem Liberalismus zu erhalten; doch widersprechen noch die freisinnige Lokalleitung in Wittenberg und die nationalliberale Lokalleitung in Torgau. Es sind für die Tage nach Ostern neue Verhandlungen angesetzt, in denen man den Widerspruch beseitigen zu können hofft. — Die Tilsiter Nationalliberalen haben beschlossen, die frcikonservative Kandidatur des früheren preussischen Ministers von Moltkc zu unterstützen. — Fabrikdirektor Tafel in Nürn berg, der den Vorsitz der Nationalliberalen Partei niedergelegt hat, hat nunmehr erklärt, dass er die in Aussicht genommene Kandidatur in Schweinfurt nicht annehmen könne. — In einer Versammlung der Konservativen Ver einigung Hannover-Linden hat sich General von Schmidt gegen das «Zusammengehen der Konservativen mit dem Zentrum erklärt. Für den echt konservativen Mann, >o meinte er. müsse es heissen: Weg vom Zenrrum! Die Versammlung nahm im Kegematz zu der Haltung der tonservanuen Partei in der Kommission des preussischen Ab geordnetenhauses eine Resolution an, wonach die Landtagstraktion ersucht wird, die Ab stimmung über die Feuerbestattungsvorlage nicht zur Parieisache machen zu wollen. * Das Anstedlungsgeschäst der Posener Nnsied- lungskommission hat sich im Jahre litt» auf der gleichen Höhe wie im Vorjahre gehalten. Bis End« litt» sind im ganzen 18 127 Nnsiedlerstellen und zwa: 1.1.147 Rentenstellen und 278» Pachtstellen ver geben worben. Von den 159 für das Jahr litt» nach gewiesenen Ansiedlern stammen aus Posen und West preussen 75», aus ausserdeutscben Staaten .150. der Nest aus dem übrigen Deutschland. Unter den 827» Ansicdlungebewerbern des Jahres 1910 waren 245 Katholiken, von denen 21 den Zuschlag erhielten. Das Bcsiedlungsergebnis des Jahres 1910 kommt etwa -er Gründung von 46 Dörfern mit je 1600 Mor gen Stellen Land gleich. Im ganzen sind bisher 18 507 Ansicdlerfamilien mit ungefähr 111 »00 Köpfen angesetzt Worten. Die seit dem Bestehen der An siedlungskommission zu Ansiedler-recht vergebene Fläche betrügt 265 249 Hektar oder 46,75 Quadrat meilen. Von den Gesamtcrwerbungen sind bisher 88 Prozent verwendet worden, noch unverwcndet sind 46 84.1 Hektar, davon sind 11195 Hektar ungeeignet für die bäuerliche Besiedlung, so dass Ende 1910 ein Stellenlandvorrat von .15 648 Hektar vorhanden war. Don dieser Fläche sind 28 390 Hektar für die Besied lung brauchbar, auf denen noch ungefähr 2 250 An- sicdlerstellcn geschaffen werden. Die gesamte deutsche Bevölkerung der Ansiedlungsgüter- und Ansiedlungs gemeinden beträgt zurzeit etwa 131000 Personen. * Ein neuer Friedens-Besoldungsetat. Beim preussischen Kriegsministerium (und den Parallel behörden in Bayern, Sachsen und Württemberg) sind neue Friedens-Bcsoldungsctats ausgcarbeitct wor den, dlc noch in diesem Monat den Truppen teilen zugehen werden. Die alten Besoldungsctats- drucke treten alsdann sofort äusser Kraft und sind, den Bestimmungen der Heeresverwaltung ent sprechend, zu vernichten. * Der erhöhte Offizieretat in Preussen. Mit Gültigkeit vom 1. d. M. ab ist der Etat des preussi schen Heeres an Offizieren — in Hinblick auf die Aenderungen des neuen Quinqucnnatgesetzes und sür sonstige, durch den Militäretat sür 1911/12 vorge sehene Bedürfnisse — erhöht worden um 40 Offiziere und^war um 1 General, 8 Stabsoffiziere, 2 pensioniert-» Stabsoffiziere, 1 Oberstabsarzt. 12 Hauptleute (da von je 4 Zeug/ und Feucrwerkshauplleute), 16 Sub alternoffiziere (davon 3 Zeug Oberleutnants oder -Leutnants). In Wegfall kommen dagegen 1 Ge nerals- und 1 Stabsoffizierstelle, so dassim ganzen der Ofsizicretat uni 38 Köpfe steigt. Die Stellen besetzung der neu geschaffenen Posten — beim Kriegs ministerium und beim Generalstab, bei der Fuss artillerie und den Verkchrstruppen, sür die Komman dantur des Truppenübungsplatzes Ohrdruf und beim Zeug- und Feuerwerkspersonal — ist durch Kaiser liche Kabinettsorder aus Korfu am 11. d. M. erfolgt. * Professor Bernhard kommt immer ärger in die Klemme. Wie gemeldet, hat die Breslauer sozial demokratische „Volksmacht" ihn als Quelle ihrer Be hauptung angeführt, dass Erzbischof Bilczewski von Lemberg die Sozialisten in einem Hirtenbrief als die ersten Aerztc des sozialen Uebels gerühmt hatte. Die ultramontane „Oberschlesische Ztg " lobte darauf einen Preis von 5000 -4t sür den Nachweis aus, dass bas Zitat keine Fälschung sei. Also der Erzbischof hat das Wort nicht gesprochen. Herr Professor Dr. Lud wig Bernhard aber sagt cs ihin nach in Nr. 66 des „Lokal-Anz." vom 5. Februar d. I. Ihm liegt es nun ob, sich zu äussern, oh und wieso ihm ein Irr tum unterlaufen konnte. Für das wissenschaftliche Ansehen eines Dozenten der Staarswissenschaft an der ersten Hochschule Deutschlands sind solche Irr tümer auf alle Fälle höchst herabstimmend. * Sozialpolitisches aus dem Iustizgebiet. Das Reichsjustizamt ha: vor einiger Zeit Er hebungen über die Lage der Nechtsanwaltgehilscn einaeleitet und hatte zu diesem Zweck an die An wälte Fragebogen über die L o h n v e r h ä l t n i s s e und die Arbeitszeit ihrer Angestellten versandt. Diese Fragebogen sind jetzt an die Berliner Zentral stelle zu-üatzelangt und haben zur Zusammenstellung einer Statiirik gedient, die naturgemäss zwar etwas lückenhaft ist, immerhin aber erfreulicherweise er kennen lässt, dass die wirtschaftliche Lage der in den Anwaltsbureous Beschäftigten, vor allem was dir Länge der Arbeitszeit angelst, seh: viel günstiger ist, als man angenommen hatte. Eine besondere gesetz liche Regelung der Arbeitsverhältnisse bei den Anwälten erscheint daher nicht erforderlich zu sein. * Fortbildungsschulen und Religionsunterricht. Gegen den obligatorischen Religionsunterricht in Fortbildungsschulen wendet sich sehr entschieden auch der konservativ-orthodoxe „Reichs- b o t e". Das Blatt hält die Befürwortung eines all gemeinen verbindlichen Religionsunterrichts vom evangelischen Standpunkt aus direkt für gefähr lich. Das Blatt ist vielmehr dafür, dass die Kirche „in freier Weise" mehr Einfluss auf die Jugend er hält. Dieses Bestreben müsse unterstützt werden, wogegen ein erzwungener Religionsunterricht in den meisten Fällen gerade bei denen, denen gegenüber der Zwang an sich verechtigt erscheint, die innere Abkehr von der Religion oder doch von der Kirche noch verstärken würde. — Wenn doch all« orthodoxen Kreise so dächten. * Eine interessante Episode aus einer Iatho-Ver- sammlung in Greifswald teilt das „Protestanten blatt" mit. Der Redner führte aus, dass die Ortho doxie doch damit rechnen müsse, einmal liberale Synoden, liberale Kirchcnbehörden, ein liberales Spruchkollegium zu erleben. Da ries der orthodoxe Professor Ö. Julius Kögel, der Sohn des Hof predigers in den siebziger und achtziger Jahren, Rudolf Kögel, dazwischen: „Dann treten wir aus!" Das „Protestantenblatt" bemerkt dazu: „Also so lieb hat man dort drüben die „liebe, teure Landes kirche" ! Also sofeigewillmansieimStich lassen, wenn man sie nicht mehr regieren kann, wenn sie also nach der eigenen Meinung in tiefster Not ist?! Und das nennt sich „gläubig!!" * Schutzmann-Erholungsheim. Der Verein zur Begründung eines Schutzmann-Erholungs heims hat in seiner letzten Vorstandssitzung be schlossen, den Polizeipräsidenten von Gross-Berlin schon in diesem Jahre 10 000 .»t zur Verfügung zu stellen, damit 50 Schutzleute, die der Erholung be dürftig sind, auf dem Lande rder wo sich sonst Ge legenheit dielet, ein« solche erhalten können. * Deutsche Beamte beim r«legraphisten-Wettsteeit in Turin, lieber hundert deutsche Tele- graphenbeamten haben sich zu Lein angekün digten internationalen Telegraphisten-Wettstreit wah rend der Ausstellung in Turin zur Teilnahme an demselben gemeldet. Selbstverständlich kann nur eine viel kleinere Zahl für den Wettstreit in Betracht kommen, so dass viele Bewerber von vornherein aus. scheiden. Vor dem eigentlichen Wettbewerb ist ein nationaler Dorwettbewerb vorgesehen, für den im allgemeinen dieselben Bestimmungen massgebend sind wie für den Turiner internationalen Wettkampf. Die Teilnehmer an dem Turiner Wettstreit erhalten die Reisekosten sowie Vergütungen für den Aufenthalt. Sieger, die in allen drei Wettkämpfen Preise er ringen, treten in Konkurrenz sür den gestifteten Metsterschastspokal. Ferner ist seitens der italieni schen Regierung «in besonderer Pokal gestiftet war- den, der dem Staate zufällt, der die meisten Preis« für die Bewerber erhalten hat. * Da» Seetotaillon in Kiautschau. Wohl nirgends qibt es einen Truppenteil, der in der Bataillons formation so verschiedene Waffengattungen ver- einigt, wie das Hl. Se«bataillon in Kiautschau, das jetzt zwölf Jahre besteht Es ging hervor aus dem ,m November 1897 in Stärke von 15 Offizieren und 634 Mann nach Kiautschau entsandten Detachement Marine-Infanterie. Als Kiautschau» Besitz ge sichert war, erhielt dieses Detachement im Juni 1898 die Bezeichnung III. Scebataillon. Im folgenden Jahre wurden dem Bataillon die nach der Besetzung des Landes ebenfalls nach Kiautschau gesandte Marine F e ld b a t t e r i e mit den zwei Zügen Maschinengewehren zugeteilt. 1902 erfolgte die Bildung einer Kompanie berittener In fanterie. Kürzlich ist als weiterer Truppenteil Vie Formierung einer Marine-P i o n i e r-Kompanie erfolgt. Das jetzt 1219 Mann starke, vom Major v. Below befehligt: Bataillon besteht also aus vier Kompanien Infanterie, einer Kompanie berittener Infanterie, einer Batterie Feldartillerie, zwei Zügen Masckstnenqcwchren (8 Stück) und einer Kompanie Pionieren. — Ausserdem untersteht dem Kommandeur Las 1909 formierte ostasiatiscke Marinedetakbement, Las 151 Körne stark ist und teils als Gesandtichafts- rvache ii. Peking, teils in Tientsin stationiert ist. ÄUSlSNÜ. Octtecreich-Nngarn. * Ordensverleihungen. Nom Kaiser sind äusser dem Marinekommandanten Grafen o. Monte- cucoli durch Li« Verleihung -es Goldenen Fliesses noch ausgezeichnet worden: der König der Bul garen, Prinz Alois von Liechtenstein, der Ge mahl der Erzherzogin Elisabeth, Oberstkämmerer Graf Gudenus, Graf Anton Cziraky sowie di« Mitglieder -es Herrenhauses Gras Czernin von und zu Chudenitz und Graf Karl Bucquoy de Longueval. * Dementi. Das „Fremdenblatt" schreibt: Ein hiesiges Morgenblatt bringt die Meldung, dass die österreichisch-ungarische Kriegsverwaltung ein auto matisches Gewehr konstruiert habe, das in der Waffenfabrik zu Steyr erzeugt und schon in der nächsten Zeit zur Einführung gelangen werde. Nach uns zugekommenen Informationen entbehrt die Mel dung jeder tatsächlichen Grundlage. Die Waffen fabrik in Steyr hat, wie alle grossen internationalen Etablissements dieser Art, die Frage der automa- tischen Gewehre studiert, und hat auch ein Modell ausaearbeitet, welches der Kriegsverwaltung zur Er probung zur Verfügung gestellt worden ist. Non einer demnächstigen Einführung des automatischen Gewehrs ist keine Rede. Es sind noch nicht -ie ge ringsten Vorbereitungen für die fabrikmässige Erzeu gung der Waffe getroffen worden. England. * Bergarbeiterstreik in Südwales. Die Lage im Mid-Rhondda-Kohlenbezirk wir- äusserst ernst. Man fürchtet jetzt, dass ein allgemeiner Streik sich über Südwales und Monnouthshire ausdehnen wird. Alle Verhandlungen sind im Augenblick ab gebrochen. Die Intervention des Arbeitsamtes hat zu nichts geführt, un- die Ausständigen haben mit überwältigender Mehrheit beschlossen, den Streik fort zusetzen. Einige Führer der Ausständigen, die in London weilen, sin- freilich der Ansicht, dass ein all gemeiner Streik nicht zu befürchten sei. Doch hat ihre Meinung nur einen Zehr relativen Wert, da ihre Autorität bei den Streikenden nur sehr gering ist. Belgien. * Die Kammer hat sich am Mittwoch bis zum 2. Mar vertagt. Die Verhandlungen in den letzten acht Tagen betrafen einen Gesetzentwurf der Regierung, -er Len Bergarbeitern eine Alters pension nach dem 60. Lebensjahr im Betrage von Die Fsult-Auklührung rm Lchsulpielhsus. Mit -er Ausführung des „Faust" am Mittwoch wurden die Sonderausführungen des Schauspiel- Hauses in würdiger Weise abgeschlossen. „F a u st" ist immer ein Lieblingskind uno — Sorgentino -er deutschen Regisseure gewesen. Trotz aller Pietät und aller Rücksicht auf den Zusammenhang des Ganzen ist es doch nicht möglich, die Tragödie vollständig im Rahmen eines Theaterabends darzustcllen. Die Aus führung des Schauspielhauses dauerte trotz der energi schen Striche, die vorgcnommen waren, -och beinahe fünf Stunden und stellte damit starke Ansorderungen an die Ausdauer und Genussfähigkeit des Publikums. Da mussten denn das Vorspiel auf dem Theater, der Prolog im Himmel und die Walpurgisnacht ganz sonfatten: Szenen, auf die wir verzichten können, wenn uns nicht das Werk in seiner Gesamtheit, seinen -,wci Teilen oorgeführt wird. Aber dass aus dem lebendigen Organismus des Osterspazierganges ein grosser Teil heransgeschnittcn wurde, lat bitter weh: da fehlte das Lied „Der Schäfer putzte sich zum Tanz", i:nd bedauerlicherweise fehlten auch die Worte des alten Bauern, wodurch Wagners Anrede an Fauü: ..Welch ein Gefühl musst du. o grosser Mann, bei der Verehrung dieser Menge haben", ganz unverständlich wird. Denn dass die Theaterbesucher ihren „Faust" gelesen und im Kopse haben, darf den Regisseur nicht kümmern. Schmerzlich ist es auch, -ie Szenen „Wald uno Hoble" und „Trüber Tag, Feld" zu misten, da sie für Fausts innere Entwicklung unentbehrlich sind und -em Darsteller des Faust die Möglichkeit nehmen, die Rolle ganz auszu.zcstattcn. Aber wenn der Regisseur nun sagt: ..Das ist alles ganz schön un- gist, aber wenn ich diese Szenen bestehen lasten soll, was soll un- darf ich dafür fortnehmen? Oder wollen Sie secks Stunden im Theater sitzen? Auch aut, wir hatten aus" — dann müssen wir uns bescheiden und können nur karge Gegenvorschläge machen. Will man die Vorstellung aus fünf Stunden beschränken, so könnte man vielleicht einmal aus Auerbachs Keller vor ichten und dafür jene wichtigen Faustszenen ein fügen; «der ,intern wird inan natssrlich hi» Zech« lustiger GefeNen entbehren »all«», bi, »och auf dk alte Volkssage zurückgeht und gerade in Leipzig so lokal-alkoholisch anmutet. Es bleiben eben fzn; den Regisseur Probleme genug, und mit einer annähern den Lösung wird man sich bis auf weiteres begnügen müssen. Der Darsteller des Faust, Friedrich Kayssler vom Deutschen Theater in Berlin, ist im ersten Teil der Tragödie sehr bedeutend. Wie von Albrecht Dürer gezeichnet, steht seine Gestalt mit dem gross und ernst gcmeisselrcn Antlitz vor uns. Die Ver zweiflung über die Zwecklosigkeit und Nutzlosigkeit seines Mühens und Arbeitens kam ihm aus tiefster Seele. So mag Goethe sich den Faust ge dacht haben, so mag -er Dichter selbst sich in seinen Iugenvtagen nach lebendigem Wissen und blühendem Leben gesehnt haben. Es lag über Kaysslers Faust Trauer und Schwermut uno drängende Sehnsucht. Weniger zeigte er sich der Lyrik des zweiten Teiles gewachsen, er blieb da doch zu sehr der grübelnde Gelehrte, und der Liebeszauber, der ihn er greift, scheint nur geringe Wirkung auf sein Wesen ouszuüoen. Und doch gab er sich bis zum Schluss als -er allem Gemeinen und Niedrigen aLgewandte Mensch, der wohl Irrwege gehen, aber sich nie ganz verlieren kann. Zwischen Faust un- Mephisto liegt eine Welt, und diese beiden Geschöpfe werden sich nie ganz verstehen können. Ilm diesen Gegenstand auszu- jchöpfeu, war Albert Stein rück vom Münchner Hoftheater, früher auch dem Deutschen Theater an gehörig, der rechte Darsteller. Was die Menschcnsecle an Religion zu fasten vermag, an Religion im weitesten sinn un- Frommsein, an Ehrfurck» vor dkr waltenden Natur, vor allem Schönen und Guten, das alles vermag Mephisto nicht zu begreifen. Diese scharfe Trennung wusste Steinrück gut zu markieren. Mit dialektischer Schärfe brachte er denn auch den Hohn und die Ironie heraus, mit oec er auf Faust und Gretchen hcrabsieht, und er zeichnete die Lüsternheit, mit der er seine Umgebung in den Pfuhl hinabzu ziehen jucht, mit realistischer Kleinnialerei. Den Text durchdringt er mit klugem Sinn und trägt ihn ein dringlich und pointiert vor. Freilich — dass dieser Mephisto ein übersinnliches Wesen ist, dass wir keinen Menschen, sondern den leibhaftigen Teufel vor uns haben, das liess Steinrück» Darstellung nicht erkennen. Er gab z»ar v«n niedrigen, gemeinen Eharakte», der mit den Gaben des Geistes und Witzes geschickt ope riert — aber er war ein Mensch, wie es viele gibt, kein böser Geist. Dieser transzendentale Zug im Mephisto, diese dämonische Macht, die ihn einer Zwischenstufe zwischen Gott und Mensch zuweist, fehlte der Darstellung Steinrücks. Indessen bis zu einer ge wissen Grenze helfen ihm seine starke Intelligenz und sein ätzender Sarkasmus, einen immer interestanten Mephisto zu geben. Zwischen diesen Männern wan delt nun still und ergeben Else Heims als Gretchen. Wie rasch ist es dieser Künstlerin gelungen, mit ihrer Minna und Elisabeth die Gunst unseres Publikums zu erobern! Ihr Gretchen schlog sich diesen Leistungen würdig an. Sie war ganz das gesunde, einfache, lebensfrohe Bürgerinädchen, das keine Vergangenheit hat, und dessen reine Stirn die Keuschheit des Herzens kündet. Zwar fiel die Antwort auf Faustens erste Frage „Bin weder Fräulein" um einen Ton zu scharf aus — statt etwas schnippisch und kurz angebunden kamen ihre Worte fast grob heraus —, so gab sie sich in den folgenden Szenen mit einer Anmut, stand sie vor dem Spiegel mit einer so natürlichen, sich selbst bewundernden Koketterie und zeichnete dann die wachsende Leidenschaft mit einer solchen Lcbcnswahr- hcit, dass man an dieser mit den Mitteln der Natur und Natürlichkeit schaffenden Kraft seine Helle Freude haben musste. Da gab es Fe nheiten, vielleicht un beabsichtigte. wie sie z. B. die Wange sanft in die streichelnde Hand des Geliebten schmiegt, und wie sie vor dem Mnttergottesbild andeutet, dass ihr Schmerz nicht nur ein seelischer ist. Dir Monologe schienen mir mit Nuancen allzu reich ausgestattet; aber eine besondere Kunst der Frau Heims, di« Wort- und Ton- malerei, kam hier zur vollen Geltung. Die Matte Schwerdtlein der Anna Schramm ist eine viel gerühmte schauspielerische Leistung, die auch diesmal wieder ihre grosse Wirkung ausübte. Diese Mischung von gefällig-liebenswürdigem Wesen und kalter Falschheit, di« Leichtfertigkeit, mit der sie Gretchen nach den. Munde redet, und die Zudringlichkeit, mit der sie Mephisto an sich zu effeln sucht, alles gehüllt in eine überwältigende Kraft der Komik: das alles macht di« Marte der Frau Schramm zu einer künst. l,rischen Schöpfung ersten Ranges. Neven den Gästen bestanden auch di« Mitglieder unsere« Ensemble, mit Ehren. Hans Leibelt gab den Wagner mit behag licher Breits, Otto Gross den Valentin mtt jugend lich-kraftvoller Wucht, die nur der Schweroerwundete etwas hätte dämpfen sollen, Bernhard Wilden- hain war ein naiv-schüchterner Schüler mit dem hoffnungsvollen Frohsinn des Mulus, und eindrucks voll wurden der Erdgeist und der böse Geist von Heim. Wolfram und Charlotte o. Schultz ge sprochen. Fritz Schaefer war eine groteske Hexe. Die Regie des Oberregisseurs Ernst Bornstedt hatte eine schwere Aufgabe zu bewältigen. Zunächst waren die notwendigen Kürzungen, dann die szenische Einrichtung zu berücksichtigen. Um die Welt des Faust dekorativ und szenisch auszuschöpsen, bedarf es freilich längerer und gründlicherer Vorbereitung, al? es wohl diesmal möglich gewesen ist. Die einzelnen Bilder waren in ihrer bildhaften Wirkung zum Teil recht nüchtern. Die Erscheinung des Erdgeistes liess kalt, der Elockenklang und Chorgesang rührten nicht an unser Herz, der Osterspaziergang war ohne Leben, Martes Zimmer grog wie ein Turnsaal. Dagegen gab es einige Bilder, in denen di« dekorative Kunst Leo I mpcrovens sich auf der Höhe zeigte: so wie die Vorfrühlingslandschaft des Osterspazlergang.-s mit den schlanken jungen Birten und der im Blütenflor prangende Garten der Frau Marte. Mochten ein zelne Mänael in dieser Vorstellung aussallen, das Ganze machte doch als Gesamtleistung emen tiefen Eindruck, der stärker war, als ihn alle vorhergehenden Sonderaufführungen erzielen lonnten. So ist nun diese kurze Nachsaison des Schauspiel hauses zu Ende, die wir gern noch weiter ausgedehnt gesehen hätten. Ein edles,, auch die höchsten An sprüche befriedigendes Programm vereinigte Lessing, Eoetye, Schiller, Hebbel und Ibsen auf -er Bühne de« Schauspielhauses. Schauspieler von grossem Namen kamen zu uns und bescherten uns künstleris o Gaben von hober Bedeutung und Schönheit. Die szenische Einrichtung der Stucke, die zum Teil ans einer modifizierten Reliefbühne vor sich gingen, waren zum mindesten als Versuche immer interessant, wenn auch eine gewisse Eintönigkeit nicht zu ver meiden war. und man gelegentlich nach dem viel gestaltigen bunten Leben verlangte, das sonst in einigen dieser Werke zu herrschen pflegt. Dr. Duckvis Ztotte-nstsiw.
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