Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 31.03.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110331023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911033102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911033102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-31
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nr. 90. los. Lchryrms. Lelml-rr Tsyrdlsu. der Ackerdankommission Tlementel, der den Dor- sihlag machte, der au» der abgegrenzten Cham pagne stammende Wein solle „Hasste rter Champagner" und der au« dem Departement Aube schlechtweg „Champagner" genannt - werden. Man beschloss, fall» die vom Ackerbau- «inifteriirm geschaffene Eondettommisfion sich nicht bi, Montag für Einbeziehung des Departements Aub« in di« Champagne ausgesprochen haben sollte, am 9. April im Departement Aub« eine Volksabstimmung über den Vorschlag Elemente!» herbeizuführen. Pari». »1. März (Tel.) Aus Bar-sur Aub« wird gemeldet: Der Ausschussdes Winzerverbandes lieh gestern abend einen Aufruf anschlagen, in dem die bedingungslos« Aufnahme des Aube- Weins in bas Champagnergebiet gefordert wird. Kritische Lage in Fez London. 31. März. (Tel.) ..Daily Tel." meldet aus Tanger vom 3V. März: Di« Lage in Fez und Umgebung ist äusserst ernst. Sämtliche in der Hauptstadt lebend« Europäer suchten in den ver schiedenen Konsulaten Zuflucht. Englisches Oberhaus. Loudon. 31. März. siel.) Am Oberhruse, in dem gestern zum erstenmal Viscount Halda ne als Mitglied erschien, legte Staatssekr« tär Morley die Stellung der Regierung zu der vorgestern abgegebenen Erklärung Lord Lansdownes betreffend die Einschränkung der königlichen Präro gative für die Ernennung von Peers dar. Mörlen erklärt«: die Regierung beabsichtige nicht, der Ein bringung und Beratung der Resormbill Lord Lans- downes formelle Schwierigkeiten rn den Weg zu legen und werde dem Herrscher raten, dem Vorschlag zuzustimmen behalte sich jedoch vollkommene Hand' lungsfreiheit vor und habe, wie sich auch die Dis kussionen üb«r die Aenderung der Zusammensetzung des Oberhauses und die Prärogativen Befugnisse der Krone gestalten mögen, keinesfalls die Absicht, zu einer Verschleppung der Erledigung ihrer in der Parlamentsbill enthaltenen Vorschläge die Hand zu bieten, (Beifall bei den Ministeriellen.) Die Flottendebatte in der Reichsduma. Petersburg. 31. März. (Tel.) Während der gestrigen Debatten in der Reichsduma er klärte der Gttftlfe des Marinemirristers, daß, ent gegen den vorgestrigen Versicherungen Schinqarews, weder der deutsch«, noch der österreichische Vizekonsul irgendwie an den Geschäften einer Werft, auf der ein Unterseeboot gebaut werde, be teiligt sei. Sus Leipzig imü Umgeyenü. Leipzig. 31. März. Wetterbericht der König!. SSchs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für Leu 1. April. Nordwestwinde, Zunahme der Bewölkung, etwas kälter, zeitweise Regen. Pöhlberg: Glänzender Sonnenunter und -aus- gang, Himmelssärbung orange. Fichtelberg: Starke Schneedecke, fester guter Weg bis 1000 Meter, Schneetiefe 180 Zentimeter, glänzender Eonnenunter- und -anfgang, Abend und Morgenrot. * * Die Einführung der Biersteuer bi» 1. April 1912 verschoben! Vom Rate ist den Stadtverordneten mit geteilt worden, daß er beschlossen habe, die Ein führung der Biersteuer bis zum 1. April ISIS zu verschieben. Wie wir hören, ist dieser Be schluß des Rates darauf -urückzuführen, daß der Rechnungsabschluß für das Jahr 1910 zu einem unerwartet hohen Kassenüber- schuß geführt hat. Aus diesem Grunde braucht auch, wie wir schon mitgeteilt haben, keine Er- höhungder Einkommen st euer im lachenden Zahl einzutreteu. Weiter will der Rat durch seinen aufschiebenden Beschluß den Gastwirten (Gelegenheit geben, sich ach die neuen Bestimmungen des Eich gesetzes besser einrichten zu können. Vom 1. Oktober 1913 ab ist nämlich nur noch der Gebrauch von Schank gefäßen für Bier gestattet, bei denen der Eich- strich sich in einer Entfernung von minde stens zwei Zentimetern unterhalb des Gefäßrandes befindet. * Für Gasrohrlrgungen sowie für Neueinrich tungen und Verbesserungen in der öffentlichen Be leuchtung macht sich in diesem Jahr ein Aufwand von 483 700 erforderlich. Zu einem großen Teile soll durch Einlegung von weiteren Zugangsrobren eine Erhöhung des Drucks erzielt werden. Auch für einige Orte außerhalb der Stadt, die dem städtischen Abgabe gebiet angeschlossen sind oder noch werden, wie Schöne feld, Gautzsch, Oetzsch, Markkleeberg, ist Vorsorge ge troffen. * Beamtenjubiläum. Der Oberinspektor der städtischen Arbeitsan st alt, Oskar Rudolf Zs chucke, begeht morgen das Jubiläum 25jähriger Tätigkeit als Beamter der Stadtgemeinde Leipzig. Der Jubilar wurde am 1. April 1886 als Polizeileutnant angestellt. Bei Eröffnung der städtischen Arbeitsanstalt am 1. Oktober 1892 wurde ihm die Stelle des Oberinspektors und Verwaltungs vorstandes übertragen, die er seitdem ununterbrochen bekleidet. * Jubiläen. Der Musiker Berthold Richard Ludwig Franz in Leipzig begeht morgen das Jubiläum 25jährlg«r ununterbrochener Tätigkeit in der Kapelle des Musikdirektors Gustav Curth in Leipzig, Marienstraße 15. — Morgen begeht der Prokurist Wolf Richard Haubold das Jubiläum 50jähriger ununterbrochener Tätigkeit in der Seiden-, Zwirn- und Earngroßhandlung von Berger k Voigt in Leipzig, Rathausring 10. Der Jubilar hat als Reserveoffizier am Feldzuge 1870/71 teilgeuommen und ist Ritter des Eisernen Kreuzes 2. Klasse und des Albrechtordens 2. Klasse. * Tagung der Eewerbeschulmänner. Am Mittwoch, den 29. März, tagten in Leipzig die Gewer be schul männer des Bezirks der Krcishauptmann- schast Leipzig. Zunächst fand nachmittags 3 Uhr eine Besichtigung der Wagenfedernfabrik von Paul Engel mann in Leipzig-Eutritzsch statt. Der ganz vorzüglich und modern angelegte Betrieb dieser Firma, die sich lediglich mit rationeller Herstellung von Wagen federn befaßt, regte die Mitglieder des Verbandes sächsischer Gewerbeschulmünner außerordentlich an. Dieser Besichtigung schloß sich eine Versammlung im Saale der Gosenschenke an. Nach einem Vortrag des Herrn Oberlehrer Ingenieur Alfred Freund „Ueber das gewerbliche Schul wesen auf der Brüsseler Weltaus stellung" stellte der Vorsitzende Herr Oberlehrer Trescher eine Reihe von Organisationsfvagen des Ver bandes zur Erörterung. Zu diesen Fragen gehörte in erster Linie die Regelung der Pensionsoer- hältnisse von Gewerbelehrern, die nicht hauptamtlich anqestellt sind. Mit den Vorberatungen dieser Frage wurde eine Kommission betraut. Ferner wurde auf die neuen ministeriellen Bestimmungen, be treffend Lehrplanänderungen, eingegangen und Herr Oberlehrer Dietrich-Mittweida zum Refereirteu für die Hauptversammlung im Oktober dieses Jahres über diese Fragen ernannt. Eine besondere Aus zeichnung erfuhr diese Versammlung durch die Gegen wart des Gewerbeschulinspektors Herrn Gewerberat Beni sch aus Dresden. Ein zwangloses Beisammen sein im Ratskeller bildete den Abschluß der sehr an regenden Tagung. * Der Hausväterverband der Trinitatisparochie hält Dienstag, den 4. April, abends lL9 Uhr in der „Grünen Schenke" seine Monatsversammlung ab. Bei dieser wird Herr Kurt Weber einen Vortag Italien über seine Erlebnisse in der französischen Fremden legion. Bei dem besonderen Interesse, das die fran- zöfische Fremdenlegion durch verschiedene Vorkomm nisse erweckt hat, dürfte der Besuch an diesem Abend besonders lehrreich sein. ff Schwerer Unfall in der Kraftstation der Großen Leipziger Straßenbahn. Ein Unfall, dem leicht zwei Menschenleben zum Opfer fallen konnten, ereignete sich heute vormittag in der zehnten Stunde in der Kraftstation der Großen Leipziger Straßenbahn in der Katzbachstraße in Eutritzsch. Es waren dort der in der Waldstraße 33 wohnhafte 46jährige Arbeiter Ferdinand Körner und der in Neuschönefeld, Marthastraße 17, wohnhafte 49jährige Arbeiter Hermann Döring am Kohlenbunker mit dem Reinemachen eines Schlotes beschäftigt. Döring Halle zu diesem Zweck den Kör ner angeseilt und von einer Luke aus etwa 4 Meter in den Schlot hinabgclassen. Während Körner ar beitete, gab die unter ihm befindliche Kohle plötzlich nach, so daß er nach stürzte und den Döring mit hinabriß. Beiden wurde durch den auf wirbelnden Kohlenstaub der Atem so versetzt, daß sic dem Ersticken nahe waren. Nur dem Umstande, daß ihnen von unten her sofort Hilfe wurde, ist die Erhaltung ihres Lebeds zu danken. Während Körner ohne nennenswerte Verletzungen davonkam und in seine Wohnung gebracht werden konnte, mußte Dü ring, der anscheinend schwere innere Ver letzungen erlitten hatte, mit dem Rettungsauto mobil in da, Stadtkrankcnhaus gebracht werden. * Diebstähle. Gestohlen wurde aus der Hausflur des hiesigen Amtsgerichts am Peterssteinwcg ein Fahrrat, Marke Neckarsulmer-Pfeil Nr. 227 502. — In der gestrigen Nacht drangen Einbrecher in ein Kontor in der Lützener Straße zu L.-Lindenau ein und versuchten den Geldschrank zu er brechen. Sie bohrten Len Schrank an und ver suchten die Decke aufzubrechen, doch scheiterte ihr Be ginnen an der Festigkeit des Schrankes. Außer einer Anzahl Postwertzeichen und einigen Schalldosen haben die Einbrecher nichts erlangt. — Gestohlen wurde seit November 1910 auf dem Transport von Evdkuhnen nach Leipzig ein Kolli in Leinen, gezeichnet R.. kck. L Co. 100, enthaltend 50 Stück Breitschwänze im Werte von 1730 » verscheuchte Einbrecher. Als gestern abend ein junges Parsten in ein Grundstück der Gellert- traße heimkebrte, bemerkte es. daß in einem Ee- chäft plötzlich Licht brannte. Gleich darauf machte ich ein Unbekannter an der Registrierkasse zu schaffen und ergriff, als er sich beobachtet sah, schleunigst die Flucht. Dem Einbrecher sind etwa 100 in die Hände gefallen. * Ein unbedeutendes Schadenfeuer entstand l;eute morgen in einem Geschäftslokale im Handels- Hofe. Die Entstehungsursache ist unbekannt. Nach ^stündiger Tätigkeit hatte die Feuerwehr das Feuer unterdrückt. In diesem Falle hatte sich oas selbst - tätige Feuer meldesystem der Firma Oskar Schöppe, das im Handelshof zur Ausfüh rung gekommen ist, bestens bewährt. Durch dieses System wurde di« Brandstelle dem Hausmeister sofort angezeigt und so die weitere Entwicklung des Feuers verhindert. » Verhaftungen. Vor einigen Tagen war versucht worden, in eine Wohnung der Bayrischen Straße ein- zubrechen. Der Dieb hatte seine Fertigkeit an der Vorsaaltür ausprobiert, die aber seinen Bemühungen widerstand. Der in dem Grundstück gesehene Dieb wurde in einem bereits wegen Diebstahls vorbestraf ten Kellner aus Weißenfels ermittelt und verhaftet. Er konnte der Tat überführt werden. — Zn Hast genommen wurde ein 18 Jahre alter Glas macher von hier, der von der Amtsanwaltschaft Grimma wegen Betrugs gesucht wird. — Festgenom- men wurde ein 25 Jahre alter Arbeiter aus Bcnde in Thüringen, der dringend verdächtig ist, im vorigen Jahr in der Universilatssttaße ein Fahr rad gestohlen zu haben. — Dasselbe Schicksal erreichte einen Reisenden aus Nordhausen, der von der Staatsanwaltschaft in Karlsruhe wegen Betrugs und Urkundenfälschung steckbrieflich verfolgt wurde. — In Haft lam ein 20 Jahre alter Fleischer ne s e l l c aus Spören, der von der hiesigen Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung gesucht wird. — Wegen Zechbelrugcs kam ein 24 Jahre alter Kellner aus Weimar in Haft, der in einer Gastwirtschaft der Blücherstraße eine größere Zeche gemacht hatte, ohne im Besitze von Geldmitteln zu lein. — Aufgegriffen und festgenommen wurde ern 31 Jahr« alter Zapfer aus Borken, der von der hiesigen Gerichtsbehörde wegen Sachbeschädigung gesucht wurde. — Festgenommen wurde ferner ein 47 Jahre alter Arbeiter aus Theisa, der sich schon seit Jahren in unsittlicher Weise an seinen eigenen Kindern vergangen hatte. * Zeugen gesucht! Am 13. März vormittags in der 11. Stunde ist ein 47 Jahre alter Zimmermann vom Thüringer Bahnhof aus mit einem Straßen bahnwagen der Hl-Linie nach Connewitz gefahren. Derselbe will auf der Pegauer und Meusdorfer Straße vom Wagen gesprungen, dadurch zu Falle gekommen sein und erhebliche Verletzungen am Ober körper davongetrogen haben. Bei der Straßenbahn ist über den Unfall nichts bekannt, und der Verletzte hat den Vorgang auch jetzt erst zur Kenntnis der Be hörde gebracht. In seinem Jntersse wäre es er wünscht, wenn sich Zeugen des Vorganges in der Kriminalabteilung melden würden. * Betrüger. Ein Unbekannter, der sich als Tele graphenassistent ausgegeben hatte, erlangte auf Grund gefälschter Papiere von einem hiesigen Privat mann einen Betrag von 150 -4t. Der Betrüger wird beschrieben als 45 bis 50 Jahre alt, 1,68 bis 1,70 Meter groß, untersetzt, mit mittelblondem Schnurr und Spitzbart, aufgedunsenem Gesicht mit roten Lin Suchhänüler.Zudiläum. Friedrich Vieweg L Sohn. In diesen Tagen begehr die bekannte Verlags firma Friedrich Vieweg L Sohn in Braunschweig, eine der ältesten und angesehensten Verlagsbuchhand lungen Deutschlands, das Fest ihres 125jährigen Be stehens. Am 1. April 1786 gründete Friedrich Vieweg im Sassischen Hause in der Brüdersttaßc zu Berlin eine Buchhandlung. Vieweg ist 1761 zu Halle a. S. geboren und hat auf der Latina ter Irancteschen Stillungen eine ge diegene Schulbildung genossen. Dem von seinen Eltern gewünschten theologischen Berufe wandte er sich bald wieder ab und trat als Lehrling in ein Hamburger Handelshaus ein. Der als Aufklärer be kannte Buchhändler Friedrich Nicolai in Hatte be kehrte ihn jedoch bald zu dem Entschlüße, Buchhänd ler zu werden. In ter Buchhandlung des 2vaisen- haufts machte Vieweg feine Lehrzeit durch, ging dann als Gehilfe nach Hamburg, wo er mit dem Buch Händler Hoffmann in Beziehungen trat und mit der Firma Joachim Heinrich Campe Freundschaft knüpfte. Von seinem 1785 verstorbenen Vater erbte er ein paar tausend Taler mch begann mit diesen ein Verlags ge schäft. Der streitbare, freigeistige Theologe Karl Friedrich Bahrdt war der erst« Verlagsautor Viewegs, dem sich als zweiter ter ältere Bruder des Verlegers. Pastor Vieweg in Sargstedt, mir theo logischen Schriften anschloß. Im zweiten Vcrlogsjahr erschien bei Vieweg in Berlin des Friedrich Frefherrn von der Trenck „Merkwürdig« Lebensgefchichte"? Für dieses Buch erwirkte sich der illerleger ein Kurfürst lich Sächsisches Privileg vom Kurfürsten Friedrich Äugust von Dresden. Vieweg wird in den Berichten der damaligen Leipziger Jubilate und Michaelismessen mehr fach genannt, als „Wilhelm Vieweg ter Jünger« aus Berlin". Ein Porträt aus seiner Jugendzeit zeigt einen im besten Sinne des Wortes schönen, lungen Mann, mit idealistischem, unternehmend«'» Gesichtsausdruck, den man eher für «inen Dichter als für einen Verleger halten könnt«. Unter der nach dem Tode Friedrichs des Großen einsetzenden Aera Wöllner hatte auch Vieweg schwer zu leiden, konnte jedoch schon 1794 seinen Verlag bedeutend- erweitern. Im nächsten Jahr« heiratete er Charlotte Lamp«, seines Hamburger Freundes einzige Tochter. Viewig stand jetzt unter den führenden Geistern seiner Zeit, und auch als Verleger an erster Stelle. Herder, Friedrich von Schlegel, Johann Heinrich Voß sowie Goethe, der bekanntlich in der Wahl seiner Verleger außerordentlich vorsichtig war, gaben bei Vieweg Wette l-craus. So erschien dort am 28. Ja nuar 1797 die erste Ausgabe von „Hermann und Dorothea", mit dem Rechte für den Verleger, das Gedicht aufzulegen, jo oft er wollte. Die Ausgabe, heute noch in seltenen Exemplaren, erschien als Taschenbuch für 1798 und war mit zwei schönen land- sckmstlichen Kupfern ausgestattct. Im zwölften Derlagsfabre übersiedelte Friedrich Vieweg nach Braunschweig, wo er zusammen mit dem vom Herzog Karl Wilhelm Ferdinand als Schulrat nach Braunschweig berufenen Campe über aus aufklärend wirkte. Durch die Uebernahme der Braunschweigischen Schulbuchhandlung kamen auch Werke von L e s s i n g, so der „Anti-Goeze", Wette von Gellert und Salzmann sowie Robinson an Vie weg. Der Herzog von Braunschweig setzte in den jungen Verlagsbuchhändler Vieweg ein großes Ver trauen und licß ihm z. B. beim Ausbau eines großen Geschäftshauses auf dem Burghause, wo früher ein Komödienhaus stand, viel Vergünstigungen zuteil werden Auch beauftragte er, beeinflußt vielleicht durch Campe, Friedrich Vieweg damit, ein« Buch händlermesse und BuchhänLlcrbörse zu begründen und damit die Residenz Braunschweig zum Mittelpunkte -es literarischen Verkehrs zu heben. Wenn auch aus diesen Plänen infolge der alsbald eintretcnden historischen Ereignisse — Herzog Karl Wilhelm Friedrich verlor bei Jena Land und Leben — nichts geworden ist, so hat doch Vieweg fein eigenes Geschäft in diesen Jahren zu bedeutender Höhe er hoben und hat im städtischen und staatlichen Leben Braunschweigs eine gewichtige Nolle gespielt. Sein Schwiegervater und Mitkämpfer Campe zog sich nach den Schlachten bei Jena und Auerstädt ganz zurück und widmete sich der Vollendung eines Wörterbuches der deutschen Sprache, dessen letzte Bogen er im Mai 1813 seinem Schwiegersöhne mit den Watten übergab: „Hier, lieber Sohn, haben Sie die letzten Bogen, aber damit auch mein« letzte Kraft." Aus Friedrich Vieweg folgt« 1835 Haus Heinrich Eduard, nachdem er schon zehn Jahre zuvor als Teil mitinhaber der Firma eingetreten war, und der Titel des Vcrlagshauses wurde in Friedrich Vieweg k Sohn umgcändert. Der Sohn zeichnete sich durch große Umsicht und Kenntnis aus; es kam ihm zu statten, daß er auf langen Reisen weit in der Welt heruingckommen war. Eine Freundschaft mit dem später so berühmt gewordenen Justus Liebig bracht« diesen zu den berühmten Autoren hinzu, deren sich jetzt mehr neu« bedeutende wissenschaftliche Namen anreihten. Eduard Vieweg hat übrigens auch Belletristik gepflegt, besonders Heber se tzun gen aus dem Englischen. Von deutschen Autoren erschien bei ihm 1854 „Der grüne Heinrich" von Gottfried Keller und die „Leute von Seldwyla" 1856. Im gleichen Jahre kam bei Vieweg ein Buch von Coro inus „Ein Frühling" heraus. Dieser Coroinus ist bekanntlich kein anderer gewesen als der jüngst verstorbene Altmeister Wilhelm Raab«. Vieweg verlegte auch Anselm Feuerbachs nachgelassene Schriften und verschiedene Romane von Fanny Levald. In den unruhigen Jahren um die Mitte des vori gen Jahrhunderts ist der Verleger Vieweg auch unter die Zeitunqsverleger gegangen. Am 1. Juli 1846 erschien di« „Deutsche Reichszeitung" und im Herbst 1849 fuhr Eduard Vieweg als Mitglied der deutschen Kaiserpartei nach Gotha. Er wurde auch im folgenden Jahr« in das Erfurter Parlament ge wählt. Am 2. August 1866 stellte die „Reichszeitung" ihr Erscheinen „bis auf bessere Tage" ein. Im Ok tober 1866 wurde Vieweg auf ein schweres Kranken lager geworfen, von dem er erst Ende 1869 erlöst wurde. Der Sohn und Nachfolger Heinrich Vieweg studierte 1852—53 bei der Firma F. A. Brockhaus in Leipzig deren großartigen Geschäftsverkehr und lernte die Metropole des deutschen Buchhandels aus eigener Anschauung gründlich kennen. Im väterlichen Geschäft übernahm er zuerst die Schulbuch handlung und Spielkartenfabrik. 1855 verheiratete sich Vieweg mit Helen« Brockhaue. Unter Heinrich Vieweg kam Helmholtz zu den Verlags autoren hinzu. Der Verleger Vieweg zeichnete sich vor andern durch großzügige Geschäftsführung und Wohlhabenheit aus. Er besaß das Landgut und Schloß Wenkhausen bei Braunschweig, wo er viele seiner Autoren als Gäste bei sich sah, und ging selber auf weit« Reisen nach Norwegen und bis ans Rote Meer. Heinrich Vieweg starb 1890. Sein ältester Sohn und Erd« war ihm im Tode vorangegangen. Die Firma ging nun an seine einzige Tochter und die Witwe über, und Bernhard Tepelmann, sein Schwiegersohn, trat in das Geschäft ein. Dem gemeinschaftlichen Streben dieser drei ist e» Frrtttk Sl. «ün istt. Flecken, bekleidet mit dunklem Anzug und Ueber- zteher, graublauem weichen Filzhut mit dunklem Band. * Lebensmüde. I» «bart «»er Gastwirtschaft in der Kveuzstvatze erschoß sich gestern abend ein 34jährige, Bierverleger aus unbekannten Grüntden. * StratzenunsSlle. Beim Ausweichen vor einem Motorwagen rutschte gestern in der Llisenstraße «in beladener Möbelwagen in die Tagerinne. Dabei wurde eine heruntergelassene Markise abgerissen, die beim Herabfallen ein« Schaufensterscheibe einschlug, wobei die ausgestellten Gegenstände teilweise be schädigt wurden. — In der Bayrischen Straße scheute gestern das Pferd eines Kohlenwagen«. Die Deichsel durchschlug dabei die Glasscheibe einer Ladentür. Da» Pferd blieb unverletzt. * Vorsicht auf flachen Dächern! Ein mit dem Ab nahmen von Wäsche auf dem flachen Dache eines Hauses der Promenadenstraße beschäftigte» 16jähriges Dienstmädchen trat versehentlich auf die Glasscheibe einer Dachluke und brach durch, ohne jedoch abzustiirzen. Das Mädchen kam mit einer Fleischwunde am linken Unterarm davon. Sus Sschlen. Dresden. 31. Marz * Hofnachrichten. Der König überreichte dem Khcdiven persönlich die Insignien des Großkreuzes de» Albrechtsordens, während dem gesamten Gefolge des Königs vom Khediven Orden verliehen wurden. Graf v. Rex erhielt das Großkreuz des Medschidije-Ordens. Der Monarch verlieh den einzelnen Zeremonien meistern des Khediven ebenfalls Orden. br-st. Chemnitz, 31. März. (Die Direktion der Sächsischen Maschinenfabrik) hat in ihrer gestrigen Sitzung beschloßen, fall» sie im weiteren Verlauf der Streikbewegung zu einer Gesamtaus- sperrung ihrer Arbeiter kommen sollte, ihren treuen Arbeitern, die nicht sozialdemokratisch organisiert sind, aus eigenen Mitteln während der Aussperrung eine höhere Unterstützung als die Streikkassen zu zahlen. * Lausa, 30. März. (Ein Falschmünzer) wurde im hiesigen Gasthofe verhaftet, al» er feine Zeche mit gefälschten Zweimarkstücken kqahlen wollt«. * Fallenstein, 30. März. (Da» neue Kgl. Amtsgericht) wurde in Anwesenheit der Spitzen der königlichen und städtischen Behöttren eingeweiht. An die Feier schloß sich ein gemeinschaftliches Fest mahl. * Freiberg, 30. März. (Bahxfrevel.) Die Lokomotive des Halsbrücke—Freiberger Personenzuges ist auf freier Strecke zwischen Tuttendorf und Frerberg infolge eines auf den Schienen liegenden Steines entgleist. Verletzt wurde niemand, auch konnte di« Strecke bald wieder freigemacht werden. * Radebeul, 30. März. (Keine Lohn bewegung.) Die Meldung, daß die Arbeiter der Waffelfabrik Erich Benkendorjf Nachf., G. m. b. H., in eine Lohnbewegung cingetreteu seien, entspricht nicht den Tatsachen. Sus Lsitzlens Umgebung. * Görlitz, 31. März. (Rektor a. D. Max Hoff mann) ist im 57. Lebensjahre an den Folgen einer Mittelohrentzündung gestorben. * Dessau, 31. März. (Stiftung.) Der am 26. Oktober 1910 verstorbene Rentier Friedrich Hübner hat der hiesigen Stadtgemeinde ein Vermögen von etwa 300 000 -4t hinterlassen. Aus dem Stiftungs vermögen sollen einfache Häuser erbaut werden, deren Wohnungen unbemittelten älteren Einwohnern Dessaus unengeltlich oder gegen einen billigen Miet zins vermietet werden sollen. Die Häuser sind jedoch nicht als Armenhäuser und die Benutzung der Wohnungen nicht als Armenunterstützung anzuschen. * Branitz i. B., 30. März. (Selbstmordeines Realschülers.) Der 13 Jahre alt« Schüler der 2. Realschulflasie Rastny hat sich gestern erhäng». Der Vater des Jungen hatte vom Anstaltsdirektor die Verständigung erhalten, daß der Schüler eine un genügend« Note erhalten habe. Aus Furcht vor Strafe verübte der Knabe Selbstmord. * Komotau, 30. Mär». (Selbstmord eines Dreizehniährigen.) Der 13 Jahre alte Schüler Nobert Fiedler aus Hareth warf sich heute vor die Lokomotive eines Personenzuges. Dem Knaben in zwei Jahrzehnten gelungen, dem Viewegschen Ver lage Ruhm und Glanz zu bewahren. Nach wie vor sind die ausgezeichnetsten Namen der naturwissen schaftlichen Welt in den Verlagskatalogen der Firma Friedrich Vieweg L Sohn vertreten, und der zum Jubiläum vorgelegte, glänzend ausgestattet« und inhaltreiche Jubiläumskatalog 1786 bis 1911 beweist aufs beste den Ruhm und die Arbeit des Hauses Vieweg L Sohn. p. s. Sunkt unü Mllenläjkstt. * Der Nachfolger Diartersteigs in Köl». Die Kölner Stadtverordnetenversammlung genehmigte in ihrer gestrigen Sitzung die Anstellung des bis herigen Direktors des Bromberger Stadttheaters Römond als Nachfolger des Direktors Geheimrat Martersteig zum Letter der vereinigten Stadttheater in Köln. Re-mond war früher Schauspieler, ging dann in Karlsruhe zur Oper über und hat dort sowie in Köln mehrere Jahre hrndurch mit großem Erfolge in Heldenpartien gewirkt. Im vorigen Herbst über nahm er die Leitung des Bromberger Stadltheaters. Rämond ist Dessauer Kammersänger. Er bezieht in Köln ein Gehalt von 18 000 ^t und übernimmt die Leitung der beiden Theater im Herbst. r. Paul Wallot, der Erbauer des deutschen Reichstagsgebäudes, tritt am 1. April in den Ruhestand. Er wurde am 26. Juni 1841 in Oppenheim a. Rh. geboren, besuchte die Ge. werbeschule in Darmstadt sowie das Polytechnikum in Hannover und darauf die Berliner Akademie und die Universität in Gießen. Nachdem er jein« Studie,, in Berlin weiter fortgesetzt und eine Reise nach Italien gemacht hatte, ließ er sich 1868 in Frankfurt a. M. als Architekt nieder und beteiligte sich mit Er folg bei öffentlichen Wettbewerben. Bei der zweiten Konkurrenz für das Reichstagsgebäude erhielt Wallot den ersten Preis, und er wurde auch mit der Aus führung betraut, die ibn bis 1894 in Anspruch nehm. Er war 1882 nach Berlin übergesiedelt und wurde ge legentlich der Einweihung des Reichstagsgebäude, zum Geheimen Baurat ernannt. Bald darauf folgte er einem Ruf als Professor der Akademie der Künste und der Technischen Hochschule nach Dresden, wo er bis jetzt gewirkt hat. Dort hat er auch da» sächsische Ständehaus geschaffen. Noch einmal hatte er sich ft» den Dienst des Reiches gestellt, indem er 1803 da» Palats für den Reichstagspräfidenten schuft
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)