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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.04.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110412016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911041201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911041201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-04
- Tag 1911-04-12
-
Monat
1911-04
-
Jahr
1911
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BezugS.HreiS Nir Leip,in »n» V»r»rt* dnrch «>« l:aaer und Eveditenr« 2«al tiglich m» hau» ««bracht: » PI- »»natl-, L.7U Ml. oietteliädri. Bet »»lern FUtat« «. U» -"^^L-LiLS »ich »«, Pa»: inner-ald Deutlchland» und der denttche» Rolonien oietteljihrl. ML, »onatl. lM Ml. aurlchl. Postdestellaeld. Ferner in Belgien, Danemarl. de» Donau ktaaten. Italien, Lurembura. Zltederlaud«, Xar- weaen. Oesterreich-Ungarn, Rußland, Schweden, Schwei« ». Spanten. In all«« übrigen Staaten nur direkt durch dta Selchiftsftell« de» Blatte» ei-ältlich. Da» Leivriger Tageblatt «schetnt Lwal täaltch. Sonn. n. Feiettag, nur «argea» klbonne«i»t»-klnnabm«: 2atzan»i»g»l!« », bet alleren Trägern, FUtalen. Spedttenre» wrd Lnnahwestelle», sowie Postämtern and Briefträgern. St»i«l»erkanf»pr«t» dBl- Morgen-Ausgabe rWMrTagMaü Handelszeitung. Amtsblatt des Rates «nd des Rotizeiamtes -er Stadt Leipzig. Auzeigeu-Prei- f»r Inserat« au» Leipzig »ad llmgebun» dt« lspaltig« Petttjeilr !»Ps.die Reklame «eU« I Mk, voa auswärts 3i> PI, Reklamen t^v Mk.1 Inserat« von Behörden im amt liche» Teil di« Petitjerl« 50 PI. A«lchäst»ant,igea «tt PlaNvorlchttsren u t» der »dendauogab« »m Prell« erhöh: Rabatt nach Ians. Betlagegedähr Leiami- anflage ü Mt. o Tavlend erkl. Postgebühr. Terldeilag« höher. Fe»«rt«tlr* Luslraa« tonnen nicht ,urück- a«»oge» »erden. Für das Lrschelnen an beftimwten Tagen und Platzen wird leine Garantie übernommen. Anretgen-Annahme: Johanni»,aste tz. del lämtitche» Filiale» a. allen Annonce». Expeditionen de» Ja- und Auslände«. Trick Verlag de» Leipziger Ta,«, blatte» E. Pol«. Inhaber: Paul ttürfte». Nedaktta» und S«schist»stell«: Iohannisgastr 8. »ernlprecher: I4KI2, 14643, 14684 paavt» Filiale Dreodeu: Seestrage 4. l tTel^>hon 45211. Nr. 102. Mittwoch, Sen 12. llpril lSIl. 105. Zshrgsng. Die vorliegeuöe Mmmer umfaßt 20 Seiten. Das Wichtigste. ' Nach Beendigung seiner Sftikareise trifft König Friedrich August am heutigen Tage wieder in Dresden ein. * Es steht zu erwarten, dass an 50—80 000 De? teranen mehr als bisher Kriegsbeihisf-n ge mährt werden können. (E. Dtschs. R.) - Nach den letzten Meldungen ist die Lage in Albanien wieder ernster. (S. Ausl.) * Zn Berlin wurde ein Neichsverband deutscher Bühnenmitglieder gegründet. (S. Kunst u. Wissensch.) * Dlc deutschen Goethe. Bünde werden Ostern inBremen eine Tagung abholt-n IS Kunst u. Wissensch.) Wettwlrtlchskt unü öinnen- mirtlchsft. Der frühere Staatssekretär des Reichs- kolornalamts Bernhard Dernburg hat kürz lich in einer von uns besprochenen Studie „Kapital und Staatsaufsicht" auf die Gefahren hingewiesen, die durch die beabsichtigten Massnahmen des preußischen Handelsministers in der Beaufsichtigung der Berliner Zulassungs stelle für Wertpapiere der deutschenVolkswirtschaft drohen. Diese Schrift Hot in der Presse und in Fachkreisen allgemeine Beachtung gefunden, und auch die „Nordd. Allg. Ztg." hat sich zu den von Dernburg ausgesprochenen Gedanken geäußert. Das hat wieder Dernburg die Feder in die Hand gedrückt, der nunmehr in einem ausführlichen Leitaufjatz im „Berliner Tage blatt" seine Gedanken erneut zusammenfaßt und teilweise ergänzt. Ausgehend von dem Gedanken, daß 1906, als er die Leitung des Kolonialamtes übernahm, dre große Masse des deutschen Volkes von den Kolonien nur wenig wußte, kommt Dernburg zu dem Ergebnis, daß es heute mit dem Wissen um die wichtigen Fragen der Weltwirtschaft ebenso bestellt ist. Er findet, daß die wohlmeinendsten und ver ständigsten Minister und die aufgeklär teste Fachpresse heute wie früher gegen politische Machtverteilung und politische Intrige nicht aufkämen, daß man nur dann Erfolg haben könne, wenn man die breiteste Oeffentlichkeit erst für eine Idee interessiert habe. „Welches ist nun die Frage, „so schreibt Dernburg," um die es sich letzten Endes in dem vorliegenden Falle, wie bei allen die Börse einengenden Maßnahmen handelt'? Kurz gefaßt die: Soll Deutschland eine seiner Machtstellung, seiner Rüstung, seiner Industrie, seiner Land wirtschaft entsprechende Rolle in der Be herrschung des Weltmarktes für Geld und Güter spielen oder nicht? Soll es einen sich frei entwickelnden Wertpapiermarkt haben, den internationale Papiere ebenso aufsuchen, wie internationale Kunden und internationale Guthaben ? Soll es einen freien Rohstoffmarkt haben, aus dem sich die deutsche Industrie aus der ersten Hand decken kann oder nicht?" Nach Dernburgs Ansicht ist die binnen wirt schaftliche Bevormundung, die vom Börsengesetz angefangen, über Verbot der Ter mingeschäfte in Waren, Differenzeinwand und Talonsteuer das deutsche Geschäft erschwert, es mit der Kotierungssteuer bedroht und damit den Fremdling ungastlich von den Türen zu weisen sucht, die Kette, die Deutschland von der internationqlen Stelle ausschließt, die ihm ge bührt. Er berührt dann die von Sydow er wähnte „Verengung des Marktes", der von ministerieller Seite ein Halt entgegengerufen wurde, dadurch, daß man die Begebung der Stammaktien der Ehicago-Milwaukee-Bahn an der Berliner Börse verhinderte, um durch dieses Halt eine Steigerung des Zinsfußes zu vermeiden. Dernburg steht, unseres Erachtens nicht mit Unrecht, auf dem Standpunkt, daß die Regie rung mit dieser Maßnahme nicht das allgemeine /Interesse verfolge, denn die Normierung der Summen, die an deutschen Börsen zugelassen werden sollen, unterliegt, wenn der Plan des Ministers, die Zulaffungsstellen von bureau- kratischer Seite her zu beeinflussen, Wirklichkeit wird, in Zukunst lediglich dem Empfinden dieser Seite, da es positive Kriterien dafür nicht gibt. Demgegenüber weift der frühere Kolonial sekretär darauf hin, daß unter solchen Umständen der Abschluß langsichtiger Geschäfte im Ausland nicht mehr möglich ist; zweitens, daß eine willkürliche Einteilung der deutschen Ersparnisse im Inland und Ausland zu keinem richtigen Ergebnis führen kann; drittens, daß der Zins fuß auf diese Weise gar nicht beeinflußt werden kann; viertens, daß staatsrechtlich und volks wirtschaftlich gesprochen, ein billiger Zinsfuß kein allgemeines Interesse ist in dem Sinne, daß man darauf Polizeimaßregeln zu erlaßen berechtigt wäre. Es sei in Deutschland inner halb der durch die guten Sitten gezogenen Grenzen ebenso legitim, Geld zu leihen als Geld zu verborgen, und ein Geschäft, in dem jemand sich etwas leiht, ohne daß jemand ihm etwas borgt, gebe es nicht. So stand nach Dernburgs Meinung bei Er scheinen seiner Arbeit die Kontroverse. In zwischen seien von verschiedenen Seiten Dar legungen gekommen, des Inhalts, es habe sich bei der Aktion im wesentlichen darum gehandelt, „ein seiner Art nach nicht geeignetes Papier" von Berlin fernzu halten. Diese Auffassung hält Dernburg erst recht für verhängnisvoll, da sie den bisherigen Zustand direkt umkehrt. Bisher war jede fremde Emission, gegen die keine politischen Bedenken bestanden, vorbehaltlich Prüfung der Rechtsgrundlage und der Prospekt freiheit der Zulassungsstelle frei. Von nun an wird, da nach der neuen Theorie jede fremde Emission den Geldmarkt verengt, die Rücksicht auf den Zinsfuß also jederzeit besteht, geprüft werden, oo nicht ein Effekt vorliegt, für welches politische und wirt schaftliche Gesichtspunkte sprechen und das daher zuzulassen ist. Die Verantwortung für diesen Schritt hält Dernburg mit Recht für enorm. Der Artikel kommt dann auf die falsche Ansicht zu sprechen, Amerika tue doch nichts für unsere Industrie, infolgedessen hätten wir keinen Grund, seine Eisenbahnpapiere an unseren Markt zu lassen. Er verweist darauf, daß die Vereinigten Staaten mit 604 Millionen Mark die drittgrößten Abnehmer deutscher In dustrieerzeugnisse sind, und daß wir als Ameri kas Kunden 1204 Millionen Mark im Iahre dorthin abzuführen haben. Abgesehen ist dabei von den Einnahmen, die der deutschen Groß, schiffahrt jährlich aus dem Verkehr mit Amerika erwachsen. Dernburg hält eine solche unfreund liche Idee, wie sic in der beabsichtigten Maß nahme Amerika gegenüber zum Ausdruck kommt, ganz allgemein in jedem Falle für einen Fehler und ist dek Ansicht, die Parole dürfe nicht heißen: Weltwirtschaft oder Binncnwirtschaft, sondern müsse heißen: Weltwirtschaft und Binnenwirtschaft. An dem Beispiel Englands sucht er die Richtigkeit dieser Auffassung darzulegcn. Weil England im wirtschaftlichen Sinne liberale Grundsätze verfolgt, weil die Polizei dort in ihrer Sphäre gehalten wird und die Steuern mehr auf den Verdienst als auf das Geschäft gelegt werden, ist England, insonderheit London der erste Markt und Treffpunkt der Welt, wo alle gern zusammenkommen und Werte aus allen Weltgegenden einen umfangreichen Markt haben. Trotzdem sei in London Geld nicht teurer als in Berlin. Das internationale Geschäft habe London den internationalen Kunden gebracht und das internationale Guthaben. Nach englischem Muster müße die Entwickelung auch bei uns ihren Gang nehmen, denn „die wahre Politik sei die Fernsicht des Interesses, das Auge des Weitsichtigen". Mit einer Warnung vor der Gepflogenheit des schlechten Geschäftsmannes, der nur Sinn für den nächstliegenden Vorteil bekundet, schließt die bemerkenswerte Darlegung. Man mag in Einzelheiten Dernburgs An sichten nicht überall beipflichten — so unterschätzt er unseres Erachtens doch etwas die Schwierig keiten, die der Schaffung internationaler Märkte in Deutschland schon allein durch ihr Bestehen an anderen Stellen, besonders in England entgegenstehen, — das eine ist jeden falls richtig: mit Polizeimaßnahmen und Verboten wird Deutschlands internationale Stellung in wirtschaftlicher Beziehung nicht gefestigt. Eine freie Entfaltung aller seiner Kräfte ist für den gesunden deutschen Wirt schaftsorganismus wesentlich und förderlich und diesen Gedanken wieder einmal unterstrichen zu haben ist Dernburgs Verdienst. SostslüeowkrstilÄer verrat an der Nrbeiterltzskt. Die „Natl. Korr." schreibt: Neuerliche Auslassungen Les sozialdemokratischen Zcntralorgans benehmen jeden Zweifel darüber, daß die angeblich? Arbeiterpartei allen Ernstes daran geht, auf dem Wege der Obstruktion die Verab schiedung der Reichsoersick)erungsordnung zu vereiteln und damit an der gesamten Arbeiterschaft einen Ver rat zu verüben, wie er in dieser Frivolität doch noch nicht dagcwcsen ist. Der „Vorwärts" versicherte zwar noch am Sonnabend, das „(besasel von einer Ob- jtrultion sei non der Schanmwkerpressc erfunden"; am Sonntag aber schließt der Leitartikel desselben Blattes „Ein Ausnahmegesetz gegen die Arbeiter!" mit der nicht mehr mißverständlichen Ankündigung: „Die angeführten ungeheuren Eingriffe in die Rechte der Arbcitertlassc machen eine euer gische Auflehnung gegen die geplante Unbill zur Notwendigkeit!" Welcher Art diese „energische Auflehnung" der Minderheit gegen den Willen der Mehrheit sein wird, kann nach Lage der Dinge nicht zweifelhaft sein. Die Sozialdemo kratie wird — selbstverständlich im Rahmen, aber gleichzeitig eben unter schwerstem Mißbrauch der Ge schäftsordnung — bei allen ihr unangenehmen Be stimmungen der Reichsoersicherungsordnung aus der Kommission ihre dort schon ausführlich lieralenen Ab änderungsanträge wieder hervorholen, neue hinzu- sügcn, in jedem einzelnen Falle mehrstündige „Be- gründungsreden" halten, bei jedem einzelnen Para graphen namentliche Abstimmungen beantragen, und dergleichen schöne, „durch die Geschäftsordnung ge botene" Mittel mehr! Bei 1751 Paragraphen bieten sich da natürlich unbegrenzte Möglich keiten. Der parlamentarische Sprachgebrauch aber nennt eine solche systematische Durchkreuzung und Ver höhnung des Mehrheitswillens, diesen Mißbrauch der Geschäftsordnung mir geschäftsordnungsmäßigen Mitteln nun einmal „Obstruktion". Wenn der „Vorwärts" das Ding nicht beim rechten Namen nennen will, so mag dabei vielleicht noch ein Rest von Schamgefühl gegenüber der Arbeiterschaft im Spiele jein, deren Interessen die Sozialdelnokratic hier aus parteiegoistischen Gründen in einer Weise verraren will, die alle ihre bisherige Bekämpfung der staat lichen Arbeiterfürsorge noch in den Schatten stellt: Die „Arbeiterpartei" steht im Begriff, der deutschen A r b ei t e r s ch a s 1 die gesamten in d'er Reichsversichcrungsordnung vor gesehenen Vorteile- die Invalidenwitwen rente, die Invalidenkinderrente, die Erhöhuirg des täglichen .«".'ankengeldes für hochgelohnte Arbeiter um 50 Pf., die Ausdehnung der Krankenversicherung auf weitere fünf Millionen Arbeiter lLandarbeiter, Heimarbeiter und häusliches Dienstpersonal) — nur deshalbzuvereiteln, weil etwa 5000 Kassen- Leamtenstellen künftighin nur noch ordnungs mäßig vorgebildeten Beamten anvertraut und nicht mehr der Sozialdemokratie zur Versorgung ihrer Agitatoren und schiffbrüchigen Parteimitglieder überlaßen bleiben sollen. Das ist die geplante «lln- bill" und der „ungeheuerliche Eingriff in die Rechte der — Arbeiterklasse" (lies: der Sozialdemokratie), der die „energ's^e Auflehn"ng zur Notwendigkeit macht". Im Augenblick fühlt der „Vorwärts" allerdings die noch dringlichere Notwendigkeit, das Partei- egoistische Erundmotiv des beabsichtigten Arbeiterverrats und der Obstruktion vor den Arbeitern auf jede Weise zu verschleiern. Dazu soll zunächst wieder die Behauptung dienen, die Mehrheit wolle die Vorlage „durchpeitschen". Die Haltlosigkeit dieses Vorwurfs ist bereits überzeugend nachgewiesen worden. Zweitens versucht der „Vorwärts" die Ver eitelung des Gesetzes damit zu rechtfertigen, daß die angeblichen Vorteile nichts als ein Betrug der Arbeiterschaft seien, daß di« ausgeworfenen Renten eine „erbärmliche Niedrigkeit" aufwicsen usw. Das ist dasselbe Argument, mit dem die Sozialdemokratie seit 30 Jahren in bewußter Entstellung des Zwecks unserer Arbeiterversicherungsgesetzgebung jedes so zialpolitische Gesetz diskreditiert hat. Die staatliche Arbeiterfürsorge in Deutschland soll keine Staats pensionäre erziehen, sondern die Arbeiterschaft nur für die Fälle der N ot sichern. Die gewährten Renten mögen an sich gering sein, für ihren Zweck sind sie zu- nächst hinreichend. Tatsächlich geht der Gesamt aufwand heute in die Milliarden, und noch kein In. dustriestaat der Welt hat bisher auch nur Halbwegs das Maß von Arbeiterfürsorge erreicht, das bei uns schon vor der Reichsoersicherungsordnung bestand. Im übrigen hätte gerade die Sozialdemokratie es am ehesten in der Hand, den Notgrofchen der Arbeiterschaft zu mehren, wenn selbst auf die mehr als zehn- prozentig« Besteuerung verzichten würde, mit denen sie den Arbeiterhaushalt für ihre Partei zwecke belastet. Endlich aber legt der „Vorwärts" besonderes Ge wicht auf den „'Nachweis", daß der sozialdemokratische Mißbrauch der .Kasseneinrichtungen nichts als eine „frivole Beschuldigung der Scharfmacher" sei, für dl« jeder Beweis fehle, so daß also auch kein Anlaß zu den beabsichtigten Aenderunaen in der Ortskranken- kasfenverwaltung bestehe. Nun, wenn dieser Miß brauch nicht stattgefunden bat und auch nicht beab sichtigt ist, woher dann die fürchterliche Aufregung der Sozialdemokratie? Warum will sie denn Obstruktion treiben, wenn sic nicht schwere parteipolitische Ein buße von der Neuordnung befürchtet? Weiß denn der „Vorwärts" nicht mehr, daß er selbst die Orts krankenkassen als die vorzüglichste „Waffe für den proletarischen Be freiungskampf" begrüßt hat? Ist nicht amt lich erwiesen worden (siehe die Begründung zum Lusftihrnngsgeketz zur Neichsversicherungsordnung), daß der berüchtigte Anstellungsoertrag, der den sozialdemokratischen .Kossenbeamten die lebenslängliche Sinekure auch für Pen Fall schwerste: Zuchthausstrafen sichert, in Hunderten von Fällen tatsächlich abgeschlossen wurden, während die Sozialdemokratie standhaft erklärte, es handle sich nur um einen „Entwurf" ? Vielleicht über legt jich dies« Partei doch noch einmal gründlich, Melkte Folgewirkungen ihre Obstruktion und >r Arbeiter verrat unter Umständen haben könnten. Es mag ihr gelingen, unter der Maske der „Ardeiterfürsorge" die Verabschiedung des segensreichen Entwurfes zu hinter trerben. Glaubt sie aber wirklich, daß es ihr auf die Dauer möglich sein werde, dieses frivole Spiel Mit den Zntereßen der Arbeiterschaft vor dieser selbst zu bemänteln? Für die bürgerlichen Varteien würde eine wirksamere Wahlparole schwerlich dcnloer st in als die Befrejuiig der Arbeiterschaft von der sogenannten Arbeiterpartei, die die Fürsorge der Witwenund Waisen und die Kranken Versicherung weiterer fünf Millionen Arbeiter hintertreibt, um ihre Parieiagit , toren besser versorgen zu können. Das neue üeutsche brasilianische Kabel. Die Verlegung des Kabels Monrovl a—P c r- namduco, mit der am 6. März der Kabeldampfer „Stephan" von Pernambuco aus begann, ist am 28. März glücklich beendet worden. Das 11000 Kilo meter lange deutsche Kabel konnte am 1. A p r i l dem allgemeinen Verkehr übergeben werden. Es zerfällt in drei Teilstrecken: Borkum—Santa Cruz iTeneriffa), Teneriffa—Monrovia < westafrikanische Küste) und Monrovia—Pernambuco jBrasilien), und ist Eigentum der am 27. August 1908 in Berlin ge gründeten Deutsch-Südamerikanischen Telegraphen gesellschaft mit dem Sitz in Köln. Von der Gründung der Gesellschaft bis zur Verlegung des in den Kabel werken in Norderham heracstellten Kabels sind alio nur 2'2 Iahre verfloßen. Diese Leistung ist ein außer ordentlich gutes Zeichen für die genannten Kabel werke, denen sowohl die Anfertigung als auch die Verlegung oblag. Wie die bereits eröffneten Stationen Santa Cruz und Monrovia, die namentlich auch als Umtelegraphierungsstarionen in Frage kommen, erfolgt auch die Besetzung der Station Per nambuco mit deutschen Beamten. Das Kabel hat in erster Linie den Zweck, unter Herabsetzung der Telegrammgebühren eine Ver besserung der telegraphischen Verbindung mit Südamerika zu schaffen. Um aber einen für die Rentabilität des Kabels nötigen Verkehr zu erhalten, dürfte noch als weitere Aufgabe in Betrachi kommen, auf dem siidamerikanischen Kontinent für weitere günstige A n s ch l u ß l i n i e n an die Ans gangsstation Pernambuco zu sorgen; denn die Handelswelt legt nicht allein Wert auf niedrige Ge bührensätze, sondern hat auch ein großes Interesse daran, daß die Telegramme möglichst ohne erhebliche Verzögerung dem Adressaten ausgehändigt werden. Argentinien, das infolge der lebhaften Handelsbeziehungen mit Deutschland einen verhält nismäßig großen Telegrammverkehr unterhält, wird seine Telegramme vorläufig in der Richtung nach Europa dem Kabel nicht zuführen können, weil eS der englischen Western Union Telegraph Compann gegenüber bereits verpflichtet ist, seine Telegramme für die nächsten 25 Jahre fdurchschnirtliche Betriebs fähigkeit eines Tiefseekabels) der im Mai vorigen Jahres verlegten und für den Verkehr eröffneten Linie Buenos Aires—Asunicon zuzuführen. Man wird da her einstweilen von Argentinien nur den telegra phischen Verkehr zu erwarten haben, der durch Funken- spruch solchen Anstalten übermittelt »verden kann, die mit der Linie Pernambuco—Emden in Verbindung stehen oder deren Beförderung über das erwähnte Kabel vom Absender ausdrücklich verlangt würde. Durch einen Vertrag mit der Gesellschaft des französischen Kabels Brest—Dakar(Senegambien)— Pernambuco ist in Störungsfällen Unter- stützung gewährleistet worden. Zur Ermög lichung der Unterstützung werden noch in diesem Sommer die beiden bedeutenden Kabel stationen Emden und Brest in direkte Kabclverbin düng gebracht. Deutschland stellt das 1009 Kilometer lange'Kabel Emden—Valentia (Irland) zur Verfü gung. Die zur Inbetriebsetzung des Kabels nötigen Mittel sind aur 500 000 «it veranschlagt, im Etat 1911/12 eingesetzt und vom Reichstag auch bewilligt worden. Da nun die beiden Zwischenstationen Monrovia und Dakar Lurch die beiden französischen Kabel Dakar—Conakry und Conakry—Monrovia miteinander verbunden sind, kaitn in Störungs fällen auf deutschem oder französi schem Kabel — der Verkehr unter Umgehung der unterbrochenen Teilstrecke ohne erhebliche Verzöge rung vermittelt werden. Im Telegrammverkehr zwischen Deutschland und Brasilien ist ein« Ermäßi gung der Wortgebühr im allgemeinen um 60 Pf. ein getreten. Das Neichspostamt hat die Wortgebühr nach Pernambuco auf 2,50 nach den Anstalten der Amazon Telegraph Company in der 1. Zone auf -1,75 in der 2. Zone auf 5,95 und nach allen übrigen Anstalten Brasiliens auf 3,50 .4t festgesetzt. Wenn auch das neue Kabel in erster Linie dem südamerikanischen Verkehr dienen soll, so werden den noch günstigere Verbindungen nach dem afrika nischen Kontinent geschaffen, die allerdings die wünschenswerte Unabhängigkeit von den englischen Linien nicht überall haben. Telegramme nach Sene- gambien, Niaerien. Liberia und anderen Ländern der afrikanischen Westküste gelangten bereits zur Be förderung üoer dieses Kabel. RZeiter nach Süden hat man auch neuerdings dadurch Anschluß an bestehende Kabelverbindung zu finden gewußt, daß ein Küsten kabel von Monrovia nach Grand Bassam (Elfenbein küste) gelegt wurde. Don Grand Bassam ist die Mög lichkeit gegeben, die vorhandenen Verbindungen noch Kotonau (Dahome). Lagos, Bonny. Duala (Käme, run) und über St. Thomas noch SNdwest- und Süd-
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