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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.05.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140509029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914050902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914050902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-05
- Tag 1914-05-09
-
Monat
1914-05
-
Jahr
1914
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Nr. 234. Nbena»Nusgsde. seur 3. Die Ankunft deö KaiscrpaareS in Braunschweig. vranuschweig, st. Mai. Der Kaiser und tue Kaiserin mit Gefolge sind im Sonderzuge heute vormittag st,55 Uhr hier cingetrofsen. Am Lahnhof sand großer Empfang statt. In Hosgalawagen, deren Bedienstete die historische rote Hoflivree trugen, waren die Höfe und deren Gefolge einge troffen, darunter die Hausoffiziere in der altbraun, schweigischen Adjutantenuniform, sowie der Oberhof, marschall des Kaisers Freiherr v. Neiichach. Ferner waren versammelt: das Staatsministerium, die Spitzen der Behörden und der Stadt Braun- schweig sowie die zum Ehrendienst beim Kaiserpaar befohlenen Herren. Der Herzog und die Her. zog in trafen im Automobil ein; die Begrünung zwischen den Majestäten und dem Herzogspaar war überaus herzlich Aach de: Vorstellung der Nm. gedungen betraten die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften den Vorplatz des Bahnhofes. Hier war eine Ehrenkompanie des braunschweigischen Zn. fanterierogiments Nr. 92 mit Fahne und Musik auf. gestellt, dabei die direkten Vorgesetzten bis zum kom mandierenden General des 19. Armeekorps General v. Em mich; am linken Flügel stand das Ossizicr- korps der Garnison. Der Kaiser und der Herzog schritten die Front der Ehrenkompanie ab und nahmen einen Vorbeimarsch entgegen. Der Kaiser trug die Uniform der Leibhusarcn mit dem Bande des Ordens Heinrichs des Löwen, der Herzog die Uniform der Zietenbusaren mit den: Schwarten Adlerorden; die Kaiserin trug eine lilafarbene Nabe, die Herzogin eine blaßklaue. Zn Ealawogen ü la Daumont mit je sechs Grau'chimmeln fuhren die Herrschaften zum Ncsidenzschloß, im ersten Wagen sagen der Kaiser und der Herzog, im zweiten die Kaiserin and die Herzogin. Eine Eskadron der Braunschweiger Husaren geleitete die Wagen. Am Schlag des ersten Wagens ritt Oberstallmeister Frhr. v. Girsewald. Auf den Straßen der reichbeslaggten Stadt nahmen die Schüler, Innungen, Vereine, Kriegcrvcreine und Zungdeutschlandgrupven mit Fabncn Aufstellung. Ein vieltausendköpsiges Publikum jubelte den Majestäten und dem Herzogspaare zu. Die Majestäten nahmen im Residen.zschloß Wohnung, wo sie von den bereits versammelten hohen Gästen begrüfzt wurden. Das Wetter ist kühl aber schön Auf dem Schloßhofe hatte eine zweite Ehrenkompanie Aufstellung genommen. Weiten Landesverrat verhaftet. (Eigener Drahtbericht.) Hamburg, st. Mai. Die Hamburger Polizei verhaftete heute eine Kontoristin, die des Landesverrats beschuldigt wird. Sie hatte von einer hiesigen großen Werft, die sich mit dem Ban von Kriegsschiffen besaht, durch Mittels, Personen Pläne von Modellen neuer Kriegs, sch isskbauten verschafft und den französi» s ch e n Behörden diese angeboten. Einmal ist ihr das gelungen. Als sie aber ein zweites Mal Pläne fort- senden wollte, wnrde sie von ihrem Komplicen ver raten. Sie soll heute nach Leipzig überführt werden. (Hine schwere Niederlage der (Hpiroten. (Eigener Dr a h t b e r i ch t.) Durazzo, st. Mai. Die letzten Kämpfe nnt Epiroten haben zu einer schweren Nieder lage für diese im Tale von Aarjyrokastro geführt. Die Epiroten wurden geschlagen und flohen. Der griechische General Papoulas hat regulär« griechische Truppen den Unterlegenen zur Hilf« gesandt. Vas Er-beben fn Sizilien. Tote und 12" verwundete. Catania (Sizilien), st. Mas. Das Erdbeben in Sizilien war verhängnisvoller, als die ersten Mel dungen erkennen liehen. Es sind bereits ZV Tote und 12V Verwundete geborgen worden. Von dem Dorfe Linera sind nur noch Trümmer übrig. Auch andere am Fuhe des Aetna liegende Orte sind stark beschädigt. Acirrale, st. Mai. Der gestern abend 7 Uhr in Mangano bemerkte Erdstoß ist auch in anderen Orten Siziliens, wie Guardia, Linera. Pisano, Zafferana und Einen verspürt worden. Es verlautet, dah Menschen getötet und verletzt worden sind. Acirrale, 9. Mai. Es bestätigt sich, dah das Dorf Linera beinahe vollständig zerstört morden ist. Die Zahl der Opfer an Menschenleben ist noch nicht festgestellt. Sieben Verwundete sind im Hospital zu Acireal« untergebracht worden. An scheinend wurde in den Dörfern Santa Vene- rina, Santa Maria Degli, Ammalati, Guardia, Santa Maria Vergine, Losen- tini und Peonisi nur Sachschaden ange richtet. Der Präfekt von Catania und andcre Ver treter der Behörden begaben sich mit Hilfsmann- sclxrftcn und Material zur Hilfeleistung nach Linera. Die Eisenbahnverbindung zwischen Acireale und Guardia ist wegen Rissen im Tunnel unterbrochen. Mailand, 9. Mai. Aus Catania wird gc- »neidet: WährenP des Erdbebens kam es im Ge fängnis zu einein Aufstand der Insassen. Diese verlangten in Sicherheit gebracht zu werden. Doch gelang es den Aufsichtsbeamlen, die Ruhe wiederherzustellcn. WnffenlandlMK der„Hronprinzesfin Cerilie". Washington, 9. Mai. Um Mitternacht gab das Marinedepartement bekannt, dah laut einer Mel dung des Admirals Badgcr der Hapag- bainpfer „Kronprinzessin C « cilie" be- reits in Puerto Mexiko eingetroffen sei und sofort seine Ladung gelöscht habe, die sofort mittels Extrazugcs nach der Stadt Mexiko wcitcrbciördcrt worden sei. In dem Staatsdepartement ncrhc- stchendcn Kreisen wird erklärt, dah man jede weitere Waffenlieferung um jeden Preis verhindern werde; doch liege im Falle des Dampfers „Kron prinzessin Cecilie" kein Grund zu einem nachträg lichen Proteste vor, da keine Blockade verhängt wor den sei. Trotzdem befürchtet man, daß die bevor stehenden Eingriffe in den internationalen Handelsverkehr früher oder später zu Schwierigkeiten mit anderen Mächten führen könnten. )14 Sonnstrenü, 9. Mai I9l4 Leipziger Tageblatt. Letzte Nachrichten )rb Ka- Aus- das Hie vorliegende All-ggbr imf-Ht y Erik«, r. it n ich si 1». la d ein rlano : Re landr, nders ffent- dtc zr iu legraph nial- tzent- Zonds ;cn soll, iftlicken )en Ar- machen otw endig riegs - erbefehl» ah Vize- Stellung e. erschulen. der Er. die Zahl zu den geworden aten für l Jahre Aus iam - itlichc eilung e Er- Pa r i s m m e r - a Mische Husaren e wegen iiida ge- dem es ie, dann Politik int blei Politit N'i» nicht t,MH cher. aus." marine »ord - i und le ist guten ie Ab- nten terdam nschait Be- anijche nister- spani- Schiffe n zu in- :iii .'in htc >n- cr. tngchat ?t wer- bahncil i Kolo- hlutz, ver- ebict Hine- Re. 1 der chcm » die tnis, 19l, tage ein- aus aren P'». die ige, ojzc etc. IHN ein öd- zu- cne gc- des Schillervereins zu Leipzig. Ueber die Enthüllung Schiller-enklpals in dres-en uns ein eigener Drahtbericht ?n ch e- er dt n- ia :r /tus -en Nelchstagskommiftzonen. (Eigener Drahtbericht unserer Berliner Redaktion.) E Berlin, 9. Mai. Die Enteignung Dualas in der Budgetkommission. Der Budgetkommission des Rciä>stags ist ein E >l t e i g n u n g s a n t r a g des Rechtsanwalts Dr. Holpert auf die Denkschrist des Kolonialamts zugegangen. Der Berichterstatter empfahl an Stelle der Enteignung nur eine sclmrfe Bau- kontrolle und eine durchgreifende Sanic- rungsvorschrift treten zu lassen. Das würde wohl praktisch eine räumliche Trennung von Schwarzen und Weihen herbeiführen. Die an- geforderten Mittel sollte die Kommission nach sack), licher Erwägung bewilligen. In der Tele- graphenasfäre trifft die Zentralstelle in Ber- lin kein Vor wurf; richtig war das Verfahren allerdings nicht. Ein Sozialdemokrat wandte sich gegen die Enteignung. Der Staatssekretär Dr. Solf teilt mit, dah nach bestimmten Nachrichten die Duala versucht haben, andere Stämme zu gemein- schaftlichcr Auflehnung und Abschütte- lung der deutschen Herrschaft zu bewegen. Im weiteren Verlauf der Debatte erklärte der Staatssekretär, dah inan sich auf die Loyalität der übrigen Kameruner Stämme verlassen kann. Von den bürgerlichen Parteien wurde hierauf eine Ent- schliehung eingcbracht, die in folgender Form ange nommen wurde: Der Reichstag stimmt der Vorlage zu mit der Maßnahme, dah 1. nicht nur für das zu entcig nende Land genügende Entschädigung ge währt wird, sondern auch für alle anderen den Enteigneten durch die Enteignung entstehenden wirtschajtlichen Schäden; 2. dah das durch die Enteignung vom Fiskus erworbene Land im Sinne der Landordnung von Kiautschau verwendet und verwertet wird' 3. dah den Eingeborenen ein ihrem wirtschaftlichen Bedürfnis genügender Fonds sichcrgestellt wird; 4. mit allem Nachdruck in Kamerun jeder Agitation gegen die von der Re gierung und dem Reichstage beschlossenen Einrich tungen entgegengctreten wird, sobald diese Agi tation Formen annimmt, durch die die politische Ruhe gefährdet wird. Die Entschliessung wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokraten angenommen, der Etat für " merun bewilligt. Ministerialdirektor Dr. Kriege vom wärtigen Amt ging nochmals auf die Auslandsprotrste gegen den Wehrbeitrag ein. Der holländische Protest sei an Reichsamt des Innern gegangen, weil er sich aus die Handelsvertrag« bezog. An das Neichsjchatzamt sei er erst zuletzt gegangen. Die Geschäftsführung sei nicht langsam, sondern im Gegenteil schnell gegangen. (Unruhe ustd Heiterkßttl) aus deni durch eimtimmigen Spruch der Preis- richter Herr Professor Johannes Hartmann als Sieger hervorging. Sein Entwurf zeigte Schillers Büste in Hermenfovm. zur Seite die Gestalten der Erhabenheit, männlich und kraftvoll, d«r Tragik in edler, weiblicher Bildung, um, wie die Erläute rung des Künstlers besagte, die tiefsten Empfin dungen der Dichtungen Schillers plastisch zum Ausdruck zu bringen. Was dieser erste Entwurf versprach, hat die in langer, ernster Künstlerarbeit gereifte Ausführung in edlem Marmor gehalten. So darf der Aus schuh zur Errichtung eines Schiller-Denk mals in Leipzig hoffen, nicht nur seiner nächsten Aufgabe genügt zu haben, sondern auch unserer lieben Stadt einen neuen, ihrer nicht unwürdigen Schmuck darzubringen. Der Dank dafür gebührt in erster Linie dem hohen Können und dem selbst losen, aufopfernden Schaffen des Meisters, aus dessen Geist und Hand das Werk entsprang. Unser Dank gilt weiter den edlen Spendern, den städti schen Körperschaften für die Gewährung Leipzig, 9. Mai. In Leipzig und Dresden sind am heutigen Tage, dem 109jährigen Todestage Schillers, dem Genius des deutschen Dichters, Denkmäler enthüllt worden. Der Leipziger Schiller-Verein und d«r Aus schuß zur Errichtung eines Schillerdenkmals in Leipzig können den heutigen Tag mit goldenen Lettern in ihren Annalen verzeichnen. Jahrelanger Wunsch ist Wirklichkeit geworden, und in den Anlagen an der Straße, die Schillers Namen führt, erhebt sich das Denkmal des Dichters der deutschen Dramen. Zu den Enthüllungsfeierlichkeiten hatten sich heute morgen eine große Anzahl geladener käste einge funden, die von dem 1. Vorsitzenden des Schiller- Vereins, Umversitäts-Professcr Dr. Georg Wit kowski, begrüßt wurden. Als Vertreter des Rats waren Bürgermeister Roth und Stadtrat Lim burger erschienen. Ferner bemerkten wir den Kommandierenden General Exzellenz v. Laffert, Reichsgerichtspräsident Exzellenz v. Seckendorfs', Oberre chsanwalt Dr. Zweigert, den Rektor der Unioerität Geh. Hofrat Professor Dr. Mayer mit den Professoren Geheimrat Köster, Doren, Prüfer, Kreishuuptmann von Burgs dorfs, Geheimer Baurat Licht, Vezirks- Schulinspcktor Müller, sie Geh. Kommerziell rate Biagosch und Waselcwsky, Oberpest direltor Geh. Postrat Domizlasf, Pol^eidirektor Dr. Wag le r, den Intendanten der städtischen Theater Geheimrat Martersteig, den Schöpfer des Denkmals Prof. Johannes Hartmann, Prof. Klengel, Prof. Sterner-Prag, den schwäbi schen Dichter Cesar Flaijchlen, als Vertreter der städtischen Theater die Herren Winds, Hcll- muth-Bräm, Huth, und des Schauspielhauses Herrn Wildenhain. Gesang der Thomaner, unter Leitung Les Thomas, kantors Prof. Schreck, erüsfnelc inner Begleitung von Bläsern des städtischen Orchesters die Feier mit dem „Lied an die Freude", dann bestieg Prof. Dr. Witkowski die Rednerkanzel, um in seiner sprach lich und gedanklich gleich vollendeten Weiherede folgendes auszuführen: „Was braucht's dir Denkmal? Du hast dir das herrlichste errichtet!" So sprach der junge Goethe vor dem Straßburger Münster Erwin von Stein bachs, so sprechen auch wir im Gedanken an den geistiaen Bau, den Schiller mit höchster Dichter- und Denkerkraft am Gipfelpunkt unserer klassischen Bildung aufgeführt hat. In einer weiten, für alle offenen Hatte zeigt uns dieser Bau Bilder von unverblichcner Farben pracht, edel und doch jedem aus dem Volke verständ lich. Sie künden von einem F r e i h e i t s s i n n, der sich gegen unwürdige und ungerechte Bedrückung auflehnt, aber sich willig dem Gesetze beugt. Sie stellen Gestalten edlen Menschentums im Kampfe mit dem Schicksal erhebend und er schütternd vor uns hin, und am Schlüsse der Reihe verkünden sie das neuerwachtc Gefühl einer Vaterlandsliebe, die alles freudig an die Wahrung der eigenen Art und des heimatlichen Bodens setzt. Die größten Schöpfungen Schillers, seine Dramen, prägen diese Eigenschaften so aus, daß bis zur Gegenwart kein anderer Dramatiker die gleiche Verbindung erfüllter künstlerischer Forde rungen und höchster Bühnenwirksamkeit erreichen konnte. Diese ungeschwächte Eindruckssähigkeit der Dramen Schillers steht als stärkste Schutzwehr vor der Idealkunst. Deshalb galt ihm und seinen Werken immer der heftigste Ansturm entgegen gesetzter Kunstanschauunaen. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts schien es einen Augenblick, als sollte Schiller durch einen solchen Ansturm von dem Hcrrscherthrone der deutschen Bühne gestürzt werden, aber unerschüttert steht heute sein Ruhm und seine Wirkung. An dem Tage, an dem er vor 109 Jahren aufhörtc, sterblich zu sein, erscheint er in seinen Werken lebenskräftiger als je. Das gilt nicht nur von den dramatischen Dichtungen, nicht nur von der begeisternden, gedankentiefen Lyrik; es ist die Gesamtpersönlichkeit Schillers in ihrem vorbildlichen, Willensstärken, ethisck-en Empsinden, das doch der Schönheit auch in dem sittlichen Ge biete ihr Recht gegenüber der Strenge Kants ge wahrt hat; es ist die Auffassung der Kunst als einer nur in sich selbst beruhenden, keiner andern Macht tributpflichtigen, seelischen Funktion, die den anderen großen menschlichen Kräften, der Vernunft und dem moralischen Bewußtsein, sich als freie Ge nossineinzuordnen hat; es ist endlich der Glaube an die drei Begriffe: Freiheit. Gott und Tu gend, die alle insgesamt Schiller als großen Volksführer und Volkslehrer lebendig erhalten. So gelten die Denkmäler, die heute Dres den und Leipzig nach vielen anderen Städten Schiller errichten, nicht der Mahnung an Ver dienste eines Großen der Vergangenheit; sic gelten dem Lebenden und den zukünftigen Geschlechtern. Die Daseinsformen und die praktischen Lebens anschauungen wandeln sich, aber für alle Zukunft soll und muß uns jener Kern einer über Selbst sucht, niedere Sinnlichkeit unv Erwerbssinn hinaustragenden Gesinnung erhalten bleiben, die nirgends schöner, klarer und überzeugender aus geprägt ist als in dem geistigen Bau, den Schiller errichtet hat. Unser Leipzig ist zu allen Zeiten eine der deutschen Städte gewesen, die solche Gesinnung in ihrer Bürgerschaft am entschiedensten gehegt und betätigt haben. Wie in keinem anderen Orte wird hier seit fast 75 Jahren regelmäßig der Geburts tag Schillers als volkstümliches Fest gefeiert. Unsere Blicke weilen gern auf dem oescheidencn Häuschen in Gohlis, wo die Freundschaft edel gesinnter Leipziger, Körners und Gäschens, dem Dichter nach den Stürmen seiner Jugend einen Sommer ruhigen Schaffens und heiteren Glücks gefühls bereitet hat, jener frohen, siegesgcwissen Stimmung, aus der das „Lied an die Freude" quoll. So fühlen wir uns vor anderen Schiller ver bunden, und längst war der Wunsch rege, diese innere Gemeinschaft durch ein äußeres Zeichen in mitten Leipzigs allen sichtbar zu bekunden. Seit dem, im Jahre 1840, derLeipzigerSchtller- Verein in, Leben getreten war, zählte er die Errichtung eine« Schiller-Denkmal« zu seinen ersten und liebsten Aufgaben. Immer neue An- läufe zu ihrer Erfüllung blieben dem Ziele durch die Ungunst der Verhältnisse fern, bis in den letzten Jahren reiche Spenden edler Mitbürger und vor allem die Beihilfe, die der Rat der Stadt ge währte, es ermöglichten, den Denkmalsgedanken zur Tat werden zu lassen. Nun wurde unter den -iefigen Künstler, «In Wettbewerb «««geschrieben. sein Glas dem Schöpfer des Denkmals, Prof. Hart mann, widmete. Für die Gäste sprach am Schlüsse des Beisammenseins Bürgermeister Roth, der u. a. ausführte, daß die Gäste sicherlich ebenso gern der Einladung gefolgt wären, wie die Natsmitglieder die Mittel zum Denkmal bewilligt hätten. Sein Glas leerte Redner auf das fernere Blühen, Wachsen und Gedeihen des Schillervereins zu Leipzig. -es berichtet unserer Dresdner Redaktion: I>. Dresden, 9. Mai. Am 109. Jahrestag von Schillers Tod wurde hier heule vormittag 11 Uhr bei recht trübem Wetter das von .Pros. Selnrar Werner geschaffene Schiller- tcuc:n.il enthüllt. Es hat lange gekauert, bis auch Dresden ein >olches Monument erhielt; andere Städte sind ihm längst darin vorangegangen. An Anregun gen zur Schaffung eines Schillerdenkmals hat es freilich auch hier nicht gefehlt, aber aus verschie denen Gründen waren sic ohne sichtbaren Erfolg gc- blieben. Erst die 100. Wiek-erkeyr von Schillers Todestag ließ 190.'» hier einen Ausschuß zur Schaffung eines Denkmals für Deutschlands größten Freiheits sänger ins Leben treten, aber auch dies Komitee harte manche Schwierigkeiten zu überwinden, bis cs infolge eines größeren Beitrages der Güntz-Stiftung ein Preisausschreiben erlassen konnte, aus dem Pros. Werner als Sieger hervorging. Das Denkmal, das in der Neustadt, in den Anlagen am Ausgange der Haupt- und der Königsstraße nach dem Albertvlatze zu Aufstellung gesunden hat, zeigt uns Schiller in Meter hoher Figur auf einfachem Sockel, die Schreibtafel in den Händen. den Blick sinnend ins Weite gerichtet. Umgeben ist das Standbild von einer massiven, halb runden Umrahmung, die gleich der Figur aus Lacher Marmor kergcstellt ist und an ihrer Innenseite mit einer Reihe von stimmungsvollen Reliefs geziert ist. Die Motive dazu sind natürlich Werken des Dichters entnommen, wir finden darin „Die Teilung der Erde", „Hero und Leander. ..Hektors Abschied", „Das Lied von der Glocke", „Das Mädchen aus der Fremde", „Die Bürgschaft", .Die Kraniche des Ibyiiis", „Teils Apfelschuß" und die Mariencrschei- nung aus der „Jungfrau von Orleans". An der Herstellung dieses Halbrunds ist Prof. Oswin H e m pcl wesentlich beteilig. Das Ganze wird noch eine Umrahmung non Grün und Blumen erhalten, aus der es sich sehr sympathisch herausheben wird. Die Enthüllnngsseier, zu der auch Prinz Johann Georg erschienen tvar, wurde eingeleitet durch den von der Kapelle des Schützenregimemts Nr. 108 gespielten Gralsritter- Marsch aus Richard Wagners „Parsifal". Dann sang der Dresdner Lohrergesangverein unter Leitung von Prof. Friedrich Brandes die Hymne „an die Kunst" von Wagner, woraus der Vorsitzende des Denkmalsausschusses, Stadtrat Dr. Hopf, eine kurze Ansprache hielt und das Zeichen zum Fallen der Hülle gab. In packenden, begeisterten Worten feierte dann der Direktor der städtischen Sammlungen Prof. Dr. Mind e-P ouet die Bedeutung Schillers für die deutsche Nation, worauf Stadtrat Hopf das Denkmal der Stadt Dresden übergab. In ihrem Namen übernahm Oberbürgermeister Dr. Beutler das Monument. Der Vortrag von Reinhold Beckers „Morgenlied" durch den Dresdner Lehrergesang verein und Beethovens „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre", gespielt von der Schützenkapelle, schlossen die Feier ab. Abends wird aus Anlaß der Denkmalsenthüllung im König!. Schauspielhauir eine Aufführung von „Wallensteins Tod" statt finden. g des Platzes und die Bewilligung der zu seiner Her richtung erforderlichen Mittel, und zumal dem dem Rate der Stadt für die reiche Gabe aus Kunstfonds. Wenn ich Ihnen, sehr geehrter Herr Bürger- meister, nunmehr das Denkmal in Eigen tum und Pflege der Stadt übergebe, so empfangen Sie in gewissem Sinne zurück, was Sie früher uns, dem Ausschüsse für das Denkmal, gespendet haben. Wir hoffen, das^Sie und alle unsere Mitbürger an unserer Gabe Freude haben sollen, und daß im Treiben des Alltags, in das wir unser Denkmal mir voller Absicht mitten hinein gesetzt haben, es an die höheren Mächte mahne, die für uns Deutsche iu keiner Gestalt sinnfälliger verkörpert sind als in dem Bilde Schillers. — Erblicken Sic es nun, wie es von jetzt an für alle Zeiten vor unseren Augen stehen soll, solange der Marmor dauert. Die Hülle falle!" In gleißendem edlen Marmor steht die Herme Schillers vor dem Beschauer. An den schlanken Schaft lehnt sich die Gestalt eines Jünglings als Symbol der Männlichkeit, indes eine weibliche Fi gur, die Gestalt der Tragik, in erschütterndem Schmerze die Augen zu Boden schlägt. Freundliche Vergißmeinnicht schmücken den Sockel. Das Denk mal, ein Werk unseres einheimischen Künstlers, des akademischen Bildhauers Prof. Johannes Hart- m a n n, der auch das Schumann-Denkmal für Zwickau geschaffen hat, fand allseitige Anerkennung. Im Namen der Stabt übernahm Bürgermeister Roth das Denkmal mit folgender Rede: „Liebe Mitbürger; Sehr geehrte Fe st genoss en! Freudig bewegt von dem Anblick des soeben enthüllten Denkmals, übernehme ich dieses namens der Stadt Leipzig in deren Eigentum und Pflege. Im Sinne unserer Bürgerschaft glaube ich zu handeln, wenn ich den wärmsten Dank aus spreche dem Künstler für sein trefflich ge lungenes Werk und Ihnen, hochverehrter Herr Pro sessor Witkowski, und allen Förderern dieses Denkmals, für die unermüdliche, jahrelange Tätig leit für die endliche Erfüllung eines in Leipzig seit Jahrzehnten gehegten Wunsches. Znsbeson dere gilt dieser Dank dem Schillerverein, der nun länger als 70 Jahre unermüdlich bestrebt gewesen ist, das Verständnis für die Werke des großen Dichterfürsten sowohl als auch anderer oeutscher Geisteshelden in unserer Bürgerschaft zu erhalten und zu fördern. Unsere an Denkmälern sonst reich gesegnete Stadt barg bisher nur zweier Dichterdenkmäler, nämlich Goethes und Gellerts. Zu einem Denkmal für Schiller, den volkstümlichsten deutschen Dich ter, waren bisher nicht die Mittel zusammen zubringen gewesen. Und doch ist gerade Schiller auf der Höhe des dichterischen Schaffens zu Leipzig in die engsten Beziehungen getreten. Hier in Leip zig fand die Uraufführung der „Jungfrau von Orleans" statt, und bei der wenige Tage darauf, am 17. September 1801, in Schillers Gegenwart bewirkten 3. Aufführung erlebte er einen Triumph, wie er ihm sonst nie zuteil geworden ist. Nach dem er schon während der Aufführung selbst nach jedem Akt in außergewöhnlicher Weise gefeiert war, erreichten die Huldigungen ihren Höhepunkt vor dem Theater. E. Schwab beschreibt diese Szene zwischen dem großen Dichter und den Leipzigern jener Tage in so packender Weise, daß ich Ihnen, liebe Mitbürger, diese kurze Stelle wohl vorlefen darf. Schwab schreibt: „Beim Ende des Stückes strömte alles in Eile aus dem Theater, um den hcraustretenden Dichter in der Nähe zu schauen, zu begrüßen, ihm zu danken. Wie nun Schiller erschien, traten die Versammelten auseinander und ließen den Hochgefeierten in ehrfurchtsvoller Stille mit entblößten Häuptern durch ihre lange Reihe schreiten. Hie und da sah man einen Vater, eine Mutter ihre Kinder emporheben, und hörte sie die Worte flüstern: „ der ist es!"" Sie sehen, meine hochverehrten Damen und Herren, die Leipziger vor 113 Jahren hatten Ver ständnis für die Ideale; ich weiß, daß die heutige Generation hinter ihren Vorfahren nicht zurück steht: Das Denkmal des großen Idealisten wird uns in unserer real veranlagten Zeit eine Mahnung sein, daß die idealen Kräfte am letzten Ende die ausschlaggebenden sind für Vorwarts- kommcn oder Untergang eines Volkes." Für den Verein Leipziger Presse legte hierauf Redakteur Kark Hesse einen Kranz am Denkmal nieder, für die Mitglieder der städtischen Bühnen Oberregisseur Winds, der zugleich daran erinnerte, was Schiller den deutschen Schauspielern war und noch ist. „Schillers Sprache hat dem Schauspieler die Zunge gelöst!" Im Auftrage de» Leipziger Schau- spielyauses widmete Bernhard Wildenhain „unserem Schiller" einen Kranz, dem namens des Schillervereins zu Leipzig Dr. Helen folgte mit der Versicherung, daß die Ehre und der Genius Schillers im Schillerverein allezeit eine Pflegstätte haben werden. Im Anschluß an die Enthüllung des Denkmals fand im Jagdzimmer Les Ratskellers ein vom Schillerverein gegebenes Frühstück statt. Im Ver laufe des Ellens brachte Prof. Witkowski ein Hoch auf Kaiser Wilhelm und König Friedrich August aus, während der Leipziger Dichter Franz Adam Beyerlein die Gäste begrüßte, die „sich heute zum Geiste unseres Patrons, unsere« Schillers" bekannt haben." Rechtsanwalt Dx. Neuaebauex toastete quf -l« Ltnldettftecht Letv-t-, wah«nd Dr. K«lm knlhiiHlillg üer Zchilletdenkmälrt in Leiprig und Vierden.
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