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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.05.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140514028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914051402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914051402
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-05
- Tag 1914-05-14
-
Monat
1914-05
-
Jahr
1914
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-Iben- - Ausgabe küe Leipzig un» Vorort» »urch unser, TrTaer V»AU » » un» Spesiteure rmaitSgltch in» Hou» gebracht: monatii» I.2S M., vierteliShrltch Z.7S M. Set »er SeschäfiosteU», unser« Mole« un» Muogadestelien odgrhoit: monatlich IM., vierteljährlich SM. Durch St» Post: innerhalb veutschlanS» un» »er »rutschen liolontea monatlich I.S» M., »ierteljührlich 4.r» M., ausschließlich Postbestellgel», va» Leipziger Tageblatt erscheint Werktag» rmal,Sonn»u.Zeiertago Iinal. I« Leipzig, »en Na»dororten un» Sen Gelen mit eigenen Ziltalen wir» Sie sldenSausgabe noch am slden» Se» erscheinen» in» Hau» geliesrrt. Neöoktinn: Zn »en Zelten 17, Vernspreck»0nsGiuft: Moabit Nr. »47 Nr. 243. /trntsbloü des Rates und des potiseüuntes der Stadt Leivzrg NeLaktlon un» S»schSst»st«U«: ?»han«i»gass» »r.». » Zernsprech.stnschluß Nr. 1»»»2, 1»»»» un» 14»»». ISS. Jahrgang 4»—sür Inserate au» Leipzig un» Umgebung »>« /eNA»IAktlz>kkIse * 1 spalttg« petitretlerr ps.. Sie Neklameirile I m„ von auswSrt» Z» Pf-, Nekla.nen 1.2» M., Kleine flnzeigcn Sirpetitietle nur rops.d.wie»»rhol.Nab.,Znserate oonveborüen im amlUGenTeil »le Petit» zeit« S» Pf. Ses<b»st»an)etg«n mit plabvors<brist im Preise crkoht. NabatI nach Taris. Seilagen: Selamtausl.SM.SasTausen» ausschl.postgebühr. slnzetgen-stnnabme: ?ohanni»gasse», bei sämtlicben 'iiiialcn »es Leipziger Tageblatt«» un» allen stnnoncen-Lxp-Sitionen »e» Zn» un» stu«l:n»e». S«s<bäst»st»Ue für Serlin u.»ie pr. Vranüendurg: virektionWalterZiiegcl, Seriin w. IS, Margareibcnstralle S. Zernsprech» stnschluß: Lüko -> ' vannersisg, »en 14. Msi. IS14. Das wichtigste. * Die Erste Kammer stimmte in ihrer heutigen Sitzung mit allen gegen zwei Stimmen für die Ver legung der Tierärztlichen Hochschule nach Leipzig. (S. Letzte Nachr.) * Der bei dem Gcrü st ein stürz auf dem Alt- hoffschen Neubau schwer verletzte Monteur Richard Bauer ist in der vergangenen Nacht im Kranken haust' gestc» rben. (S. Leipzig u. Umq.) * Alle Mitglieder der früheren türkischen Kabi nette Kiamil Pascha und Achmed Mukthar Pascha sollen wegen großer politischer Feh ler unter Anklage gestellt werden. (S. Ausl.) * Tampico soll von den Regierungs truppen geräumt werden. (S. Pol. Hebers.) * In der Prager Universitätsklinik wurden bei der Vorführung von mit B l a t t c r n se r u m ge impften Affen mehrere Studenten an gesteckt. (S. Nachr. v. T.) * Der Aetna befindet sich in v o l l e r Tätig keit, so Last ein Ausbruch befürchtet wird, (siche Nachr. v. T.) Fortsetzung oder StiUstanö -er Sozialreform? O Berlin, 13. Mai. Am letzten Sonnabend und Sonntag Hal die Gesellschaft für soziale Reform zwcr Kund gebungen veranstaltet, in denen sie, unterstützt von namhaften Vorkämpfern auf diesem Felde, für eine Fortsetzung der sozialen Reformarbeit eingetreten ist. Darüber wäre an sich nicht viel zu sagen; man konnte sich daran genügen lassen, die Tatsache als solche zu konstatieren, zumal da die Reden nicht gerade wesentlich neue lkesichtspunktc enthielten, sondern mit dem guten Rechte des Politikers die uns allen bekannten Forderungen der Freunde sozialer Reformen wiederholten. (Eigentümlich indes ist das (Lcho, das diese in jedem Zug sehr würdigen Veran staltungen, die zudem von allem feindseligen Draufgängertum sich sorglich fernhielten, ge weckt haben. Da treten zunächst die „Wohl wollenden" auf und erklären vornehm und kühl: was am Sonnabend und Sonntag ausgesprochen worden sei, wäre an sich ja nicht zu beanstanden, aber es wäre doch höchst inopportun. Die So zialpolitik — darüber wären wir uns alle einig — hätte zunächst einmal eine tüchtige Zwischen aktpause durchzumachen; darum hätten, die ihr wirklich nützen wollten, es zu halten, wie nach kanonischem Recht in der Kirche die Frauen: sie hätten fürs erste einmal gründlich zu schwei gen. Aber, wie gesagt, das sind die besonders Vornehmen. Andere befleißigen sich nicht so trockenen Tones und sprechen frei nach Heinrich v. Trcitschte, der seine heiße Kampfschrift in späteren Jahren noch bereuen lernte, mit Bezug auf die Veranstalter und Redner dieser Ver sammlungen von „Gönnern der Sozialdemo kratie". Wobei den einzelnen dann noch zu Ge- müte geführt ivird, daß sie sich von der Bis- marckischen Sozialpolitik grundsätzlich entfernt Hütten. Das ist dieser finstere Terrorismus, der seit Jahren durch nufer Volk geht und in schier beängstigendem Maße alle Ursprünglichkeit und Individualität in unseren höheren Schichten zu ersticken droht. Wir klagen soviel über den Terrorismus, der in der Welt der Handarbei tenden heimisch wurde, und sind doch selbst der Sünde bloß. Diese abschüssige Entwicklung ist sogar so weit gediehen, daß wir nachgerade jeden Respekt vor dem Mann von Eigenwuchs, und stünde er noch so hoch in der Schätzung von Kennern und Fachgenossen, verloren. Die Welt mag sich Mit Recht vor seinen Leistungen beu gen, aber sagt er einmal etwas, was dem popu lären Vorurteil und der Modemeinung wider streitet, dann hebt allemal eine fröhliche Hatz an, und mehr als einmal hat es sich begeben, daß sie nicht früher endete, als bis der Ragende zur Strecke gebracht war. Just dieser Terroris mus aber oder, wenn man anders will, die Unduldsamkeit, die cs nicht vertragen kann, wenn irgendwo neben ihr zufällig Nichtklischeegedaukeu gedacht werden, scheint uns die Veranstaltungen vom letzten Sonnabend und Sonntag zu recht fertigen. Es kommt ja auch wirklich nicht darauf an, daß fort und fort das deutsche Volk mit neuen sozialpolitischen Gesetzen beschenkt wird. Im Gegenteil: auch wir neigen zu der Auffassung, der Herr Delbrück in diesem Winter gelegentlich Ausdruck gab, daß zunächst einmal in der uner müdlichen Fabrikation sozialpolitischer Gesetze und Verordnungen ein kleiner Stillstand einzu treten hätte. Ganz gewiß, bis zum Tz vollendet ist unsere sozialpolitische Rüstung noch nicht; die in der Krankenpflege, in den Gastwirtschaften, im Verkehrsgewerbe Tätigen sind noch immer so gut wie ungeschützt, das Heimarbeitsgesetz ist im großen ganzen ein Schlag ins Wasser geblieben, und auch der Kiuderschutz steht, wie Lehrer und Jugcndpfleger immer wieder be zeugen, in der Hauptsache auf dem Papier. Also, au sich gäbe es schon noch mancherlei in dieser Richtung zu tun. Indes, auch der Politiker (und vielleicht der am allerwenigsten) kann mit dem Kopf durch die Wand. Und gerade die soziale Reform muß, wie jede gesetzgeberische Arbeit, die au die altruistischen Triebe, an den idealen Schwung in der Nation appelliert, von der frei willigen Zustimmung des gesamten Volkes ge tragen werden. Diese Zustimmung ist aber doch zurzeit, wie wir alle wissen, nicht zu erreichen. Wir haben im Moment andere Sorgen, andere Interessen, die uns nicht ohne tiefere Berech tigung näher angehen, und darum ist es ganz gut, wenn man fürs erste einmal stillhült, das Geschaffene sich einleben läßt und prüfend zusieht, wie es sich bewährt, um dann zu ge gebener Frist mit reiferer Erfahrung so oder vielleicht auch in neuen Formen das Werk sort- zusetzen. Das Gefährliche ist nur, daß inzwischen in Deutschland eine Bewegung aufgekommeu ist, die alles bisher auf diesem Felde Geleistete in mehr oder weniger scharfer Pointierung für groben Unfug erklärt, daß sie in wachsendem Maße Parteien und Parlamente sich untertan -zu machen gewußt hat, auch schon in die Hör säle der Universitäten eindrang, wo strebsame junge Leute ihr willfährig wurden, und daß mitunter es scheint, als ob die ganze Entwick lung der letzten vierzig Jahre aus unserem Er leben ausgetilgt werden sollte und wir anzu knüpfen hätten an die Manchestermünner und Eobdeniten, an die Prediger der Heilslehre von der schöpferischen freien Konkurrenz nnd der Harmonie aller Interessen. Unter solchen Uni ständen hatte es, scheint uns, einen sehr guten Sinn, wenn die Männer, die nicht wünschen, daß wir zum laisseri kküre, laisssr Liier zurückkehren, sich zusammcutaten und einmal inmitten der Nörgler und Zweifler laut und vernehmlich sich zu dem sozialen Resormgedanten bekannten Räumung von Tampico? Der Sieg in dem Kampf um Tampico scheint nun doch den Rebellen zu winken. Wenn man den amerikanischen Meldungen trauen darf, so haben die Bundestruppen schon alle Vorbereitungen zum Verlassen der Stadt getroffen. Dock) scheint ihre Lage nicht allzu verzweifelt zu sein, da sie sich noch im sicheren Besitz der Eisenbahnverbindung ins Innere befinden. Ein gewaltiger Artilleriekamps. Veracruz, 14. Mai. Die Einnahme von Tam pico durch die mexikanischen Rebellen wird für heute morgen stündlich erwartet. Seit 24 Stunden ist eine gewaltige Schlacht mit Artil, leriefeuer im Gange. Die Verluste auf beiden Seiten werden bis jetzt auf 2500 Tote und Ver wundete beziffert. Räumung von Tampico. Washington, 11. Mai. Admiral Mago meldet, dast die Kanonenboote der Bundes truppen den Flust verlassen haben und neben den fremden Kriegsschiffen ankern. Die Bundestruppen hätten um 1 Uhr nachmittags begonnen, Tampico unter Benutzung der Eisenbahn zu räumen. Die amerikanischen Vertreter in Niagara Falls. Washington, 14. Mai. Der frühere amerikanische Gesandte in Panama H. P. Dodge ist zum Sekretär der amerikanischen Vertreter auf der Nermittlungskonferenz in Niagara Falls ernannt worden. Reformen in Rumänien. X. Bukarest, 7. Mai. Das Parlament ist auseinandergegangen und auf gelöst worden, nachdem es in wochenlanger Dis kussion, in der die Gegensätze scharf aufeinander platzten, mit großer Mehrheit sich für eine Verfassungs revision entschieden hat, die erforderlich ist für die Durchführung der Pläne des gegenwärtigen Mi nisteriums Bratianu bezüglich einer Agrarreform und einer Wahlreform. Die Wahlen für die Konstituante, die die Versassungsabänderungen zu beschließen hat, werden am 13. Juni (31. Mai a. St.) ihren Anfang nehmen. Die Agrarreform geht dahin hinaus, daß von den großen Gütern derjenige Teil, der AM Hek tar überschreitet, enteignet und an die Kleinbauern verteilt werden soll, während man das Wahlrecht, das jetzt nur ungefähr 100 000 Staatsbürger besitzen (es wählen für das erste Kollegium 15 000, für das zweite Kollegium 32 lM und für das dritte Kollegium — das auch die indirekte Wahl besitzt — 50 000 Wähler! sehr erheblich erweitern und ein einziges , Wahlrecht einführen will. In den leitenden politi schen Kreisen nimmt man an, daß insgesamt 800 lM Hektar aus dem Großgrundbesitz in den Kleinkaucrn- besitz übergeführt werden können, 'wofür der Staat allerdings eine (nach und nach von den Kleinbauern wieder cinzuziehende) Summe von mehr als einer Milliarde zu bezahlen hoben würde, ein Betrag also, ' der dem Geldmärkte auf lauge Zeit ein besonderes Gepräge geben würde. Denn während auf der einen Sc.ts die Regierung diesen Betrag aufbringen müßt.', wären auf der anderen Seite oie Großgrundbesitzer dessen Empfänger, und diese müßten das erhaltene Kapital doch wieder irgendwie unterbringen. Die liberale Regierung stößt mit ihren Plänen bei den konservativen Bojaren aus erheblichen Widerstand, doch gibt cs unter ihnen Einsichtige genug, oie offen bekennen, daß man den Forderungen der Zeit sich nicht verschließen dürfe, und oie sogar bereit sind, freiwillig von ihrem Besitze herzugeben, was die Re gierung für erforderlich erachtet. So ließe sich wohl Der große Mann geht seiner Zeit voraus, Der Kluge geht mit ihr auf allen Wegen, Der Schlaukopf beutet sic gehörig aus, Der Dummkopf stellt sich ihr entgegen. Mine Erinnerungen an Heinrich Schliemann. Zu dem Büchlein über seine berühmten Autoren, das der Verlag von F. A. Brockhaus veröffentlicht, hat Professor C. Schuch Hardt, ein alter Genosse und Mitarbeiter von Heinrich Schliemann, eine seine Studie über Schliemanns Bedeutung bcigrsteuert, in die er allerlei charakteristische Er innerungen an diesen genialen Pionier der modernen Ausgrabungstätigkeit verwoben hat. Er spricht von Schliemanns enormer Arbeitskraft, nnd daß er gewohnt war, keine Minute des Tages un benutzt zu lassen. „Wann man in Athc n auch in sein Haus kam, man fand ihn eifrig beschäftigt irgendwo auf dem weiten Gebiete zwischen Kurszetteln und dem Homer. Im Frühling 1887 wurde ich mit Kurt Wachsmuth und Konrad Cichorius von ihm nach Troja geführt. Das Schiff »var gegen Abend von Athen ab gefahren. Als wir am anderen Morgen an Deck kamen und uns, froh, das staubige Athen hinter uns zu haben, ganz dem Genuß der köstlichen Meer fahrt Hingaben, saß Schliemann hinter dem Rad kasten und las im Urtext des Neuen Testamentes. Ich dachte, er hielte seine Sonntagsandacht, aber er saate: „Nein, es ist bloß, weil hier immer noch so viel Wörter und Wendungen vorkommen, die ich nicht kenne." Am selben Abend saßen wir in der Dardanellen stadt zusammen. Cichorius sprach lebhaft davon, wie Tiberius ein viel besserer Mensch und größerer Regent gewesen sei, als er bei Tacitus erscheint. Schliemann erfaßte den Stoff mit leidenschaftlichem Interesse, trieb das Gespräch weiter und weiter und gestand am anderen Morgen, er habe die ganze Nacht nicht geschlafen, sondern immer darüber nachgcdacht. wie großes Unrecht doch dem trefflichen Kaiser ge schehen sei, und ob man nicht eine ganze Reihe anderer Persönlichkeiten retten könnte, wie den Tiberius aus den Klauen des bösen Tacitus." Ein anderer starker Zug in Schliemanns sesselnoer Persönlichkeit war seine Fähigkeit zu glauben, sei» leidenschaftliches Erfassen eines Problcmes. sein' Begeisterung, die er sich durch die Kritik nicht leicht stören ließ. „Als ich im Mai 18!>0 allein in Mvkcnä war und dort in dem kleinen Museum vor der einzigen Leiche stand, die ziemlich wohl erhalten aus den Königsgräbern gehoben ist, fragt mich der Wärter: „Ist dies wohl wirklich Agamemnon?" „Ich glaube nicht." „Aber Dr. Schliemann glaubt es. Er sagt, er habe in der Nacht, bevor er dies Grab fand, den Agamemnon im Traume gesehen in einer goldenen Rüstung mit Schwert und Speer, und am anderen Morgen sei er auf diese Leiche gestoßen, die eine goldene Brustdecke trug und ihre Waffen und goldenen Trinkgefäße zur Seite hatte; und deshalb sei es Agamemnon." Kunst un- Wissenschaft. * Der englische Zensor und die Oberammergauer. Die Oberammergauer Truppe wollte in diesem Sommer in einem großen englischen Seebadeort das Passionsspiel in einem Freilichttheater zur Auf führung bringen. Der Lord-Kammerherr Lord Sandhurst hat jedoch von seinem Recht des Spiel verbots Gebrauch gemacht und die Aufführung des weltbekannten Passionsspiels untersagt. * „Die Brüder Karamagow", der berühmte Roman Dostojewskys, ist von Wilhelm Kagelorski dramatisiert worden. * Gluck in Lauchstedt. Die diesjährigen Fest- spiele des Lauchstedter Theatervereins finden Freitag, 19., Sonnabend, 20. und Sonntag, 21. Juni statt. Zur Feier von Glucks 200. Geburtstag wird „Orpheus" in seiner ursprünglichen ita lienischen Fassung gebracht, für die Bühne bearbeitet und übersetzt von Professor Dr. Heinrich Abert (Halle a. S). Den Orpheus wird nicht, wie üblich, eine Altstimme singen, sondern ein Bariton ( T o s s o n y - L ei p z i g); als Eurydice wird Char lotte Uhr (Frankfurt a. M). als Eros Grete Merrem (Dresden) auftreten. Die musikalische Leitung dieses Urorpheus hat Universitätsmusik- direktor Alfred Ra hlwes (Halle), die Regie Dr. Ernst Lert (Leipzig) übernommen. Die Chöre werden von höllischen Studenten und Damen det höllischen Gesellschaft gesungen. Die Dekorationen malt Universitätszeichenlehrer Fischer (Halle). * Ein Marmorkopf Konstantins des Großen. Als ein Hauptstück der plastischen Neuerwerbungen im Kaiser-Friedrich-Museum wird in den Amtlichen Berichten aus den Königlichen Kunst sammlungen ein Marmorkopf aus dem 4. Jahrhundert angeführt, der wahrscheinlich ein Porträt Kon stantins des Großen ist. Das Museum besaß bereits einen unvollendeten Kopf, der in der ganzen Anlage, besonders in derZusammensetzung des Diaoems, mit dem neuen übereinstimmt. Der Kopfschmuck ist ein Kran zaus gepaarten Eichenblättern mit eingeschodenen Metalljpangen zwischen jedem Paar >owie mit einem Juwel inmitten; es ist also eine Nachbil dung der älteren t-'oroo« civic», die wohl durchweg aus getriebenem Goldblech bestand. Konstantin und seine Söhne trugen sie noch, während sie danach auf den Münzen verschwindet. Ein Standbild Kon stantins, das unzweifelhaft ist und sich im Museum des Lateran in Rom befindet, bietet bei gleicher Auffassung den Eichenkranz in übereinstimmender Zusammensetzung. Nach dem Vorbild des Augustus, der als Staatsretter mit dem Eichenkranz ge chmückt wurde, hat sich auch Konstantin so darstellen lasten. * Auszeichnung. 2n der Botschaft der Union spielte sich gestern nachmittag, wie uns aus Berlin gedrahtet wird, eine schlichte Feier zu Ehren eines deutschen Gelehrten ab. Dem Direktor des Museums für Meereskunde, Geh. Regierungsrat Dr. Albrecht Penck, ist von der amerikanischen Geographengesell schaft zu New Pork die große goldene Riedaille ver liehen worden, die ihm gestern überreicht wurde. * Das Friedmannsche Tuberkulosemittel, das in der letzten Zeit Aerzte und Laien lebhaft beschäftigt hat, bildete in der letzten Sitzung der Berliner medizinischen Gesellschaft den Gegenstand eines Vor» träges, in dem der Berliner Chirurg Professor Karewski seine Erfahrungen über die Behand lung chirurgischer Tuberkulosen mit dem genannten Mittel niederlegte. Behandelt wurden seit No vember 1913 im ganzen 54 Fälle, die so ziemlich alle Formen der chirurgischen Tuberkulose, beionders solche der Knochen, Gelenke und Drüsen, umfaßten. Um ein ganz einwandfreies Ergebnis zu erhalten, wurde der tuberkulöse Charakter der Erkrankung im Einzel salle vorher genau festgestellt und jede andere Be handlung — soweit es statthaft erschien — vermie den. Nach seinen Erfahrungen nun bestreitet Prof Karewski dem Friedmannschen Mittel jede günstige Einwirkuna aus den tuberkulösen Prozeß selbst, und auch das Allgemeinbefinden wurde nicht in irgendwie nennenswerter Weise beeinflußt. Das zuerst von einzelnen Seiten so überlaut an- geprieiene Mittel bedeute also keine Bereicherung des Heilschatzes; es müsse sogar — schon wegen seiner vielfachen Verunreinigungen — als nicht unge fährlich bezeichnet werden. * Zur Nachfolgerschaft von Erich Schmidt. Prof Brecht dementiert alle Meldungen über seine Be rufung nach Berlin. „Man hat an mich wegen der Berliner Lehrkanzel keine Anfrage gerichtet, und mir ist auch nicht bekannt geworden, daß man in der letzten Zeit sich in den Berliner Kreisen mit dem Plan beschäftigt hätte, mich von Wien an die erledigte Lehrkanzel nach Berlin zu berufen." * Ein Dickens-Modell gestorben. Das Original der „Little Nell" aus Dickens „Old Curiosity Shop", Mrs Harriet Pice, ist dieser Tage im Alter von 87 Jahren gestorben. Mrs Pice war die Tochter Mr. John Pevperells, der in Campten Street den alten Laden unterhielt, aus dem Charles Dickens' Phantasie den berühmten romantischen Kuriositäten laden gemacht hat. Dickens „Little Nell", die dort 1827 zur "Welt kam, hat mit ihrem Vater, der ein Spieler war. später wirklich das abenteuerliche Leben gerührt wie Vater und Tochter in Dickens' Roman. Sie kam erst als Siebzigjährige in einer kleinen englischen Landstadt zur Ruhe. Richard Strauß über sich selbst. Richard Strauß, der gegenwärtig in Paris weilt, hat einem Mit arbeiter des „Journal" erzählt, wie er zu arbeiten pflegt. Die Pariser Kritiker hatten Strauß immer als ein wildes, feuriges Temperament, als einen Komponisten, der seine Werke sozusagen in Sturm und Ungestüm schreibe, dargestellt. Strauß will ober durchaus nicht zu den Stürmern und Drängern ge zählt werden. „Ich schreibe," sagte er ein bißchen ironisch, „an einem Arbeitstisch, der genau so aus sieht wie alle andern Tische, entweder im Hausrock oder auch im englischen Cheviotanzug. Ich bin nie mals fieberhaft erregt und trage mein Haar kurz ge schoren. Ich liebe den Sommer, das Land und die Berge. Ich bin ein unverbesserlicher Bergkletterer. Und die Inspiration besucht mich oft, wenn ich hoch oben auf des Berges Spitze stehe. Ich verbringe den Sommer in Karmisch in Bayern. Es gibt da viel Grün und viel Ruhe. Die Linden düsten mir ins Haus hinein. Hier kommt mir die Schaffenslust am häufigsten. Im Winter, vom November bis zum April, arbeite ich, sehr kühl, ohne jedes Hasten, ja so gar ohne jede Emotion. Man muß schon Herr über sich selbst sein, wenn man das wechselnde, in ewiger Bewegung befindliche, slußartige Schachbrett, das Orchestration heißt, in Ordnung halten will. Der Kopf, der „Tristan" komponiert hat, mußte kalt sein wie Marmor. Ich arbeite langsam. Von meiner ersten schöpferischen Idee bis zur endgültigen Ver wirklichung des Werkes vergeht immer viel Zeit. Ich meine, daß die Erfindung, wenn sie etwas Neues, Fesselndes bringen soll, Zeit braucht. Die größte Kunst bei der Erfindung ist die Kunst zu warten, ab warten zu können. Die Stoffe bilden sich, wie die Wesen Gestalt annehmen: langsam... Ich habe die „Legende von Joseph" im vorigen Jahr« geschrieben, aus einem Impuls heraus, wie meine anderen Werke, ohne nach irgendeinem Stil zu suchen; ich erstrebt« immer nur den Stil, der sich dem inneren Wesen des Werkes am besten anpaßt. Nach meiner Ueberzeugung muß jedes Werk in einer anderen Sprache geschrieben sein und ein eigens für es gemachtes Kleid tragen. Man soll in der Kunst nickt vorgefaßte ästhetische Ansichten hoben. In der Malerei, in der Skulptur liebe ich ebensosehr die kühnen Neuen wie die reinsten Klassiker. Aber ich will über diese Dinge nicht sprechen. Ich maße mir kein anderes Talent an als das, das ich in mein bißchen Musik hineinzulegen suche..."
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