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hoffen, aber sie glauben, daß sie den Präsidenten Poincare, der den Angriffen einer gewissen Presse und den Drohungen einer gewissen Partei gegen über sehr empfindlich ist, cinschüchtern können. Die Verschwörer sagen sich, daß der Präsident, wenn er es auch nicht wagen weroe, einen derartigen Ge- waltstreich zu versuchen, nämlich einen aus den Briandisten, den Gemäßigten und den Konservativen bestehenden Regierungsblock herzustellen, zum min desten sich bemühen werde, durch zweideutige Mani pulationen den von der Wählerschaft bekundeten gesetzlichen Willen zu schwächen. Es handelt sich bei den Verschwörern vor allen Dingen darum, die republikanische Mehrheit zu verhindern, daß sie sich in den Steuer- und Militärfragen deutlich und un widerruflich für die ehrliche und kraftvolle Durch führung des Programms von Pau aussprechen. Aber welche Formen werden die Ränke annehmen, in die die Rückschrittler das Elisee hineinzuzerren suchen, und wer wird sich zu diesen Ränken hergebcn? Schweben. * Die Reise des schwedischen Königspaares. Der König und die Königin sowie Prinz Wil helm reisen am 20. Mai abends nach Berlin, von wo der König und Prinz Wilhelm sofort die Reise nach Karlsbad fortsetzen, während sich die Königin nach Karlsruhe begibt. In Begleitung des Königs befinden sich Kabincttskammerherr Frhr. v. Thott, der erste Leibarzt Dr. Flensburg und der Le gationsrat im Ministerium des Aeußeren Bostroem. Serbien. * Begnadigung Berurteilter in Serbien. Aus Belgrad wird berichtet: Der König hat einen Ukas unterzeichnet, wonach alle Personen, die bis zum 25. Oktober 1913 wegen Spionage, Majestätsbeleidi- gung, Beleidigung von Skupschtinaabgeordneten oder von Behörden, Aufreizung der Bevölkerung und wegen Widersetzlichkeit gegen behördliche Organe an geklagt bzw. verurteilt worden waren, begnadigt werden. Demnach erstreckt sich die Amnestie auch auf alle wegen obiger Delikte abgeurteilten fremden Staatsangehörigen, die bereits aus der Haft entlassen worden find. Albanien. * Rückkehr Essad Paschas. Aus Durazzo wird gemeldet: Essad Pascha, der seit mehreren Tagen in Tirana weilte und dessen Rückkehr erst in einigen Tagen erwartet wurde, ist bereits am Frei tag hierher zurückgekehrt. KeNrk uns Bericht. Reichsgericht. Leipzig, 16. Mai. ? Eine Kontoristin unter der Anklage des Spionageversuchs. Vor dem vereinigten zweiten und dritten Strafsenate des Reichsgerichts wurde heute unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Menge wegen versuchten Verrats militärischer Geheimnisse verhandelt gegen die am 13. November 1889 in Roßhaupt im Kreise Eger in Böhmen geborene Kontoristin Rosa Längste in, die sich zuletzt in Hamburg aufgehalten hat und dem Gerichtshof aus der Untersuchungshaft vor geführt wurde. Die Anklage wurde vom Reichs anwalt Dr. Schweigger vertreten, die Verteidigung der Angeklagten lag in den Händen des Rechts anwalts am Reichsgericht Justizrat Dr. Simeon. Zu der Verhandlung waren weder Zeugen noch Sach verständige geladen. Die Angeklagte Langstein ist unverheiratet und österreichische Staatsangehörige. Bis zu ihrem siebenten Lebensjahre lebte sie m ihrem Geburtsorte Roßhaupt, dann kam sie mit ihren Eltern nach Deutschland, die einige Jahre in Hessen und dann in Frankfurt am Marn wohnten. Nach ihrer Konfirmation lernte die Lang stein die Weißnäherei, auch benutzte sie einen Kursus der Handelsschule in Frankfurt und wurde dann Kontoristin. Als ihre Ellern im Jahre 1912 ge storben waren, siedelte die Langstein nach Berlin über und nahm eine Stellung als Dienst mädchen an, die sie indessen bald wieder auf gab, weil die Arbeit für sie zu schwer war. Sie wurde wieder Kontoristin, verlor diese Stellung bald wieder und hat nun, um sich Mittel zum Unter halte zu verschaffen, einen Erpressungsversuch be gangen. Sie hat nämlich im Dezember 1912 an eine Frau U. in Charlottenburg einen Brief geschrieben, in dem sie der Adressatin eröffnete, sie werde ihrem Ehemann ein Geheimnis mitteilen, durch das die eheliche Treue der Frau U. in Zweifel gestellt werde. Wegen dieses Erpressungsversuchs ist ^re Langstein vom Landgericht 1>I Berlin zu einer Gefängnisstrafe von drei Monaten verurteilt wor den, die sie bis zum 7. April 1913 verbüßt hat, worauf sie als lästige Ausländerin aus dem preußischen Staatsgebiete ausgewiefen worden ist. In dieser Zeit hat sie vermutlich schon mit den Vorbereitungen der Handlung begonnen, die ihr heute als das unter Anklage stehende Verbrechen ausgelegt wird. Der Eröffnungsbeschluß besagt rämlich, daß die Angeklagte Langstein im Jahre 1913 den Versuch gemacht hat, Schriften, Zeichnungen und andere Gegenstände, dre im Interesse der Reichssicherheit geheimzuhalten waren, sich zu verschaffen, um sie zur Kenntnis des fran zösischen Nachrichtenbureaus in Paris zu dringen, und zwar soll sie diesen Versuch von Hamburg. Köln und Paris aus unternommen haben. Auf Antrag desReichsanwaltsDr.Schweigger wurde dieOeffent- lichkeit für die Dauer der Verhandlung ausge schlossen. Die Beweisaufnahme hat nach den Ausführungen des Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Menge ergeben, daß die Angeklagte sich von einem Schlosser, unt dem sie bekannt geworden ist, eine Zeichnung von einer maschinellen Einrichtung auf Kriegsschiffen hat anfertigen lassen, mit welcher Zeichnung sie nach Paris gereist ist. Dort hat man ihr im Nach richtenbureau gesagt, die Zeichnung sei nicht beson ders interessant, aber man gab ihr eine Liste mit über Gegenstände, die man haben möchte. Mit der Liste ist die Langstein nach Köln zurückgefahren und hat an eine Anzahl Personen Briefe gerichtet, um solche Gegenstände zu erhalten. Auf gegen sie er stattete Anzeige ließ ihr die Polizei beionders vrä- parierte Sachen übergeben und als die Langstein damit nach Paris abfahren wollte, wurde sie ver haftet. Das Urteil lautete wegen Versuchs des Ver rats militärischer Geheimnisse auf zwei Jahre sechs Monate Zuchthaus und fünf Jahre Lhrenrechtsverlust, vier Monate gelten als durch die Untersuchungshaft verbüßt. rr. Das Automobilunglück auf dem Woge zu» Flugplätze Lindenthal, das sich in der Abendstunde des 7. Zuni 1912 ereignet hat, beschäftigte heute abermals das Reichsgericht. Das Landgericht Leipzig hat am 1. Dezember v. I. in erneuter Verhandlung den Fuhrwerksbesitzer Eduard Oe. wegen fahrlässiger Tötuna wiederum zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt, nachdem da» Reichsa« richt «in früheres, auf dieselbe Strafe lautendes Urteil auf- gehoben hatte. Der Angeklagte, der über 30 Jahre Fuhrwcrksdesitzer ist, hat, wie erinnerlich, anläßlich der Flugwochc im ^ahre 1912 einen Kremserverkehr zwischen der Endstation der roten elektrischen Straßenbahn in Leivzig-Goblt» und dem Flugplätze eingerichtet. Am 7. Zimi fnhe « abends etwa 11 Uhr selbst mit einem leeren Kremser noch einmal nach dem Flugplätze hinaus, um Gäste hereinzuholen. Unter- ivegs stieß sein Wagen mit einem aus entgegen gesetzter Richtung kommenden Automobil der Flug- leitüng zusammen. Dabei wurde der Kraftwagen führer Bauer, der jenes Automobil leitete, von der Deichsel des Wagens des Angeklagten so heftig an die Brust getroffen, daß er schwere Quetschungen erlitt, die seinen alsbaldigen Tod zur Folge hatten. Der Zusammenstoß war erwiesenermaßen dadurch herbeigeführt worden, daß der Angeklagte nicht scharf auf der rechten Seite der Straße gefahren war, sondern sich mehr auf der Mitte des Weges gehalten hatte. Das Reichsgericht hatte das frühere Urteil seinerzeit aufgehoben, da in ihm ungenau« Angaben über die Fahrgeschwindigkeit des Automobils ent halten waren. In dem neuen Urteile ist nunmehr festgestellt worden, daß das Automobil unter Frei lassung der äußersten Kantbahn scharf rechts mit einer Geschwindigkeit von 40—50 Kilometer die Stunde gefahren ist. und der Zusammenstoß ver mieden worden wäre, wenn der Angeklagte der Ver kehrsordnung gemäß ebenfalls scharr rechts gefahren wäre. Kegen das neue Urteil hatte der Angeklagte ebenfalls Revision eingelegt, die sich jedoch nur gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz richtete. Er behauptete, ihm sei zu Unrecht ein fahr lässiges Verschulden zur Last gelegt worden, denn er sei so weit rechts gefahren, wie es überhaupt möglich gewesen sei. Das Reichsgericht war jedoch der An sicht, daß das Urteil jetzt zu Bedenken keinen Anlaß mehr biete, und verwarfdie Revision. s41) 78K4.) öezirksausschuß. * In der heute vormittag unter Vorsitz des Nmtshanptinanns v. N o sti tz-W a l l wi tz ab gehaltenen Sitzung des Bezirksausschusses kam der Vorsitzende zunächst auf die schon mehrfach erörterte Angelegenheit der Gaußscher Sparkasse zu sprechen. Nachdem vom Overbenvaltungs- gericht ausgesprochen worden sei, daß die Spar- tässc Gautzsch von der Amtshauptmauuschaft nach Lage der Sache nicht gezwungen werden könne, den Eiulageuziusfus; wieder auf 3'/» Prozent herabzusctzcn, habe vor kurzem ein Vertreter des Avuigl. Ministeriums des Innern mit dem Gemeindcratc in Gautzsch verhandelt. Alle Be- mühungen aber, den Gemeinderat von Gautzsch, der sich durch die kürzlich ersvlgte Steigerung des Zinsfußes der Leipziger Sparkasse bedroht glaubte, zu einem Nachgeben zu be stimmen, seien vergeblich gewesen Bon der ge gebenen Möglichkeit, von Oberaufsichts wegen gegen Gautzsch einzuschrciten, habe das Ministerium aus prinzipiellen Gründen keinen Gebrauch machen wollen. Auf der anderen Seite habe sich aber das Ministerium nicht der Ein sicht verschließen können, daß gerade die nächst- benachbarten Gemeinden Oetzsch und Mark kleeberg in ihrer Existenz bedroht seien, wenn Gautzsch auf die Dauer die Einlagen um »/. Pro zent höher verzinsen dürfe als sic. Unter sol chen Umstünden habe sich das Ministerin»! trotz schwerer Bedenken dazu verstanden, auch für Oetzsch und Markkleeberg ein Hin- anfsctzcn des Zinsfußes ans 3^ Pro- zent bis ans weiteres zn genehmigen. Für noch weitere Sparkassen werde aber in Anbetracht der geographischen Lage ein gleich starkes In teresse nicht anerkannt werden können, und es sei deshalb auf weitere Genehmiguugcu dieser Art nicht zn rechnen. Im übrigen bestehe bei der erdrückenden Mehrheit der ländlichen Spar kassenvorsitzenden, die von Oetzsch und Mark kleeberg ausgenommen, Einverständnis darüber, daß nichts unversucht bleiben müsse, um im ganzen Landbezirk einen einheit lichen Zinsfuß Vvn 3'/, Prozent dnrcbzn- setzen. Die Tagesordnung fand eine glatte Erledigung. Genehmigt bzw. befürwortet wurden die Umbezirkungen zwischen Eradefeld und Graßdorf, die Errichtung einer Schulsparkasse in Liebertwolkwitz (unter Garantie der Gemeinde), der Bebauungs plan über einen Teil der Flur Hänichen nörd lich der Staatsstraße (am Bismarckturm, in des sen Nähe auch der neue Gcmeindcfriedhof ange legt wird), die Erhöhung des Gehalts des Ge- meindevorftandcs in Hirschfeld von 200 M. auf 300 Mark, die Ortsgesetze der Gemeinden Grvßzschocher-Windorf und Oetzsch mit Raschwitz über die Krankenfürsorge für ihre Beamten und Angestellten, der IV. Nachtrag zum baurcchtlicheu Ortsaesetz für Bösdorf, das Ortsgcsetz über die Erhebung von Abgaben zur Armenkasse im Orlsarmenverbande Graß- dors, die ortsgesetzlichen Bestimmungen über die Herstellung von Straßen, Fußwegen und Schleusen in Lindenthal, der I. Nachtrag zum Ortsgesetz über die Erhebung van Ge bühren für die baupolizeiliche Ueberwaclnmg Vvn Bauten im Gemeindebezirke Licbc et wa lkwitz, das Ortsgesetz für die Gemeinde Lindenthal und den Gntsbezirk Breiten- fcld über die Errichtung einer Freibank, der I. Nachtrag zur Wasscrwerksordnnng für Grvß- z s ch o ch e r-Wi n d vr f (der Wässerzins soll künftig für die ersten 40 Kubikmeter 30 Pfg., für jeden weiteren Kubikmeter 25 Pfg. betragen), die Gesuche der Firmen Brakel L Sohn in Hamburg wegen Errichtung einer Zubereitungs anstalt für Ticrhaare in Liebertwolkwitz, Meier L Weiche lt in Großzschocher-Wiudvrf (Anbau an das Maschinenhans), Berger L Wirth in Schönefeld (Errichtung eines Packraumes mit Lagerboden), Rudolph Herrmann in Leipzig- Stötteritz (betr. ihre Eisengießereianlaae in Mölkau) und Thüringer GaSgesell- schäft (zweiter Gasmotor in EngelSdorf). Für Gr und stücksabtrenn ungen in Böhlen, Oetzsch, Schönefeld und Markkleeberg wurde Be freiung erteilt. — Es folgte ein« nichtöffentliche Sitzung. veulscber Reichstag. Sitzungsbericht. Am Bunde»rat»tisch: Dr. Delbrück. Präsident Dr. Kaempf eröffnet die Sitzung um 10,20 Uhr. Erster Gegenstand der Tagesordnung ist die zweite Beratung des Etats des Reichstags. Abg. Ledebour sSoz.): Unsere Geschäfts- ordnung bietet zu wenig Elastizität, zu wenig vewegung-frei-eit, um «in« schnell« Erlen- gung des Etats herbeizuführen. Die Einführung der Diäten har die Bewegungsfreiheit eingeengt, weil monatliche Pauschalsummen festgesetzt sind, so daß die Einbcrufuna des Reichstage» erst im November er folgen kann. Die Sitzungen sind viel zu lang. Fünfstündige Beratungen würden genügen, um die Arbeiten zu fördern. Erfreulich ist, daß a uch die Angehörigen der Presse ihrerseits Stellung genommen haben, um diese lieber- bürdung zu beseitigen, da sie, rein technisch und physisch genommen, gar nicht in der Lage sind, so ihre Arbeiten zu erledigen, wie sie es selber wün schen und wie cs im Interesse der Berichterstattung notwendig wäre. Mit Beginn der nächsten Session sollte eine gründliche Aenderung unserer Geschäfts führung eintreten, um uns allen eine Diskussion auch im privaten Leben zu ermöglichen. (Beifall bei den Soz.) Abg. Dr. Thoma jNall.) Als Fachmann, als aus übender Stenograph, muß ich um eine Reform der Zustände im Stenographischen Bureaudes Reichstages ersuchen. Vor allen Dingen sollten die Stenographen nicht dem jeweiligen Präsidenten, son dern dem Reichstag selber unterstellt werden. Die gegenwärtigen Verhältnisse im Stenographischen Bureau, das sich zum größten Teil aus Akade mikern zusammensetzt, entbehren jeder Regelung Die Herren müssen den Rang y ö h e r e r B e a m t c n erholten, wie in Bayern, Sachsen und Oesterreich, wo die Verhältnisse geradezu vorbildlich sind. (Beifall.> Präsident Dr. Kaemps: Weder über die Steno graphen, noch von den Stenographen selbst ist eine Beschwerde an mich gelangt. Selbstverständlich werde ich den Wünschen die größte Aufmerksamkeit schenken. (Bravo!) Ich werde erneut die Verhält nisse im Stenographischen Bureau prüfen und mich dabei dem Rate sachoerständiger Mitglieder des Hauses nicht verschließen. Uebrigens liegen die Ver- lstiltnisse in Bayern wesentlich anders als bei uns. Allen berechtigten Wünschen mird vollauf Genüge ge schehen. (Beifall.) Abg. List-Eßlingen (Natl.): Das schlechte Vor- wärtslommen in den Geschäften des Hauses liegt zum größten Teil an der Regier u n g. (Sehr richtig!) Die Budgetkommifslon mußte früher mit denEtats- beratungen beginnen können, und es sollten nicht auf einmal so viele wichtige Gesetzentwürfe dem Reichstag unterbreitet werden. Wir sollten vor allen Dingen unser Redebedürsnis ein chränken. (Lebh. Sehr richtig!) Wir verlangen in einer Resolu tion für die Reichstagsabgeordneten freie Fahrt auf den deutschen Eisenbahnen während der Dauer der ganzen Legislaturperiode. kBeifall.) Dabei würde sich die Regierung nichts vergeben. Wir empfinden es als unwürdig, wenn so getan wird, als ob wir durch die Frage der Freifahrtkartell einen Druck ausüben woll ten, ob Schluß der Session oder Vertagung eintreten solle. (Lebh. Sehr richtig!) Der Antrag der Wirt schaftlichen Vereinigung, Elsässer und Welsen, für die Bearbeitung derjenigen Geschäfte, welche die sozialen und Arbeiter-Ange legenheiten betreffen, eine besondere Ko m- mifsion einzusetzen, müßte erst der Geschästsord- nungskommission überwiesen werden. Anderseits be antragen wir, für die Bearbeitung derjenigen Ge setze, die den Handel und die Gewerbe betref fen, eine besondere Kommission einzusetzen. Ich bitte, unseren Vorschlägen zuzustimmen. (Beifall bei den Natl.) Abg. Gröber (Ztr.): Der Forderung aus Frei- a h r r k a r te n für die ganze Legislaturperiode schlie ßen wir uns an. Die Ausdehnung der parlamentari schen Verhandlungen hält kein Mensch aus. Vor allen Dingen sollten die Wederholungen in Kom mission und Plenum verschwinden mild die Be ratung 'lach englischem Muster eingerichtet werden. Der völlige Mangel an Disposition zeigt sich namentlich darin, daß wir jetzt noch nicht wissen, ob vertagt oder geschlossen wird. (Sohr rich tig!) Wir haben doch auch noch private Geschäfte und Interessen. Gegen eine solche Behandlung muß ich Verwahrung einlegen. (Lebh. Zustimmmng.) Die Spezialgesetze sollten nicht so tropfen weise im Laufe der Session vorgelegt werden. Die Regierung sollte sich mit dem Reichstag über einen festen Plan verständigen. Die Verhältnisse im Stenographischen Bureau sind reform bedürftig. Abg. Dr. Müller-Meiningen (Vpt.): Es ist ein unerträglicher Zustand, daß uns von der Regierung immer neue Gesetze vorgelegt werden, deren Be ratung in der Kommission bisweilen unmöglich wird, weil wir die vielen Kommissionen nicht mehr voll besetzen können. Das Diätengesetz zeigt vielerlei Mängel: besonders die Abzüge sind reform bedürftig. Wenn z. B. ein Abgeordneter erkrankt und infolgedessen auf seine Kosten sich im Kranken haus verpflegen läßt, so erhält er keine Diäten, weil er nicht im Reichstag anwesend ist. Das ist eine blödsinnige Bestimmung. (Vizepräsident Dr. Paasch« rügt diesen Ausdruck.) Es schadet unserem Ansehen, wenn uns gewissermaßen als Belohnung für gutes Verbalten die Freifahrkarten zur Vertagung de» Reichstages gewährt werden sollen. An der Ver schleppung der Arbeiten ist in erster Linie die Re gierung schuld und der Bundesrat, der es sehr häufig an dem nötigen Entgegenkommen dem Reichs tage gegenüber hat fehlen lassen. (Beifall links.) Abg. Frommer (Kons.): Dem Anträge Basser- m a n n s auf Einsetzung einer besonderen Kommission zur Beratung der Materie, die Handel und Gewerbe betrifft, stimmen wir trotz mancher Bedenken zu. Dagegen lehnen wir den Antrag Behrens' auf Einsetzung einer besonderen Kommission für soziale und Arbeiterangclcgcnheiten ab. Für die Aus dehnung der Freifahrkarten können wir nicht eintreten. Die Wünsche unserer Beamten und be sonders der Stenographen dürften durchaus ge- rechtfertigt sein. Abg. Hoch (soz.l: Die stenographischen Berichte müssen schneller erscheinen. Nach einer weiteren Bemerkung des Abg. Lift- Eßlingen (Natl.) sagt Präsident Dr. Kaempf Prüfung der vorgebrachten Wünsche zu. Der Etat des Rcich stags wird genehmigt. Die Resolution Bassermanns betr. Ein- setzung einer Kommission für Handel und Gewerbe wird angenommen. Die Abstimmung über die Resolution Beh rens' auf Einsetzung einer Kommission für sostale und Arbeiterangelegenheiten bleibt zweifel haft. E» findet Hammelsprung statt. Es stimmen für die Resolution 75 Abgeordnete, dagegen 102. — Da« Haus ist somit beschlußunfähig. Die Beratung muß abgebrochen werden. Präsident Dr. Kaemps: Die nächste Sitzung be raume ich auf eine Viertelstunde ipäter mit der Tagesordnung: Rest der heutigen Tages ordnung an. Schl«» Uhr. - Sächsischer LsnMag. Erste Kammer. 46. öffentliche Sitzung. k. Dresden, 16. Mai. Präsident Graf Vitzthum o. Eckstädt eröffnet die Sitzung, zu der auch Prinz Johann Georg er schienen ist, gegen 11 Uhr. Am RegierlMgsttsch Minister Dr. Beck, von Seydewttz. Nach Berichten des Oberbürgermeisters Dr. Beut ler werden die Etatskapitel 100 und 101 betr. Stil tungsmäßige und privatrechtliche Lei stungen der Staatskasse für Kirchen- und Schulzwecke und allgemeine und unvorher gesehene Ausgaben im Geschäftsbereiche des Kultusministeriums nach der Vorlage be willigt Wirkl. Geh. Rat Dr. Wacntig berichtet dann für die 1. Deputation über Dekret 8 betr. Entwurf eines Pfarrbesoldungsgcsetzes, und beantragt, das Gesetz mit geringen Aenderungen in der Fassung der Zweiten Kammer anzunehmen: es wird so beschlossen. Nachdem Gras zur Lippe für die zweite Deputa tion über .Kapitel 20, direkte Steuern, berichtet hat, wird auch dieses Kapitel nach der Vor lage bewilligt. Eine Anzahl Petitionen nm Errichtung oder Wiedererrichtung von Amtsgerichten, ii>»er die Oberbürgermeister Dr. Dittrich berichtet, werden der Regierung teils zur Erwägung, teils zur Kenntnis nähme überwiesen. Eine Petition der Gemeinde Borsdorf bei Leipzig zum selben Gegenstand läßt man auf sich beruhen. Nach Bericht de? Kamnrerherrn Dr. Sahrer von Sahr-Dahlen stimmt man in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen der Zweiten Kammer der Er richtung einer Amtshauptmannschaft in Werdau zu, lehnt aber eine solche in A u e ab. Kapitel 60 und 6b: Landwirtschaft, Han del und Gewerbe im allgemeinen, Wegebau und W a ss c r ba u n n t c r st ii tz u n g e n, werden nach Bericbt desselben Berichterstatters nach der Var läge bewilligt. Neber Dekret 19: Entwurf eines .Knappschaftsgesetzes, berichtet Kammerherr Sahrer von Sahr-Ehrenberg Die Annahme des Entwurfs wird beschlossen. Dann werden noch einige Eisenbahnange legen Helten erledint und nach einem Bericht des Geh. Kommerzienrats Waentig-Zittau bewilligt man das Kapitel Forsten nach der Regierungsvorlage: ebenso nach Bericht de? Präsidenten" a. D. v. Kirchbach die Kapitel dr Etats 24 a A r m e e m u s e e n und 31 Allgemeine Regier» ngs- und Verwalt ungscinge legenheiten. Aus Antrag des Oberbürgermeisters Keil erteilt inan der Regierung Entlastung hinsirötlich des Rechenschaftsberichts 1910/11 auf diele Fi nanzperiode. Der Rest sind Kleinigkeiten. Nächste Sitzung Montag 10 Uhr. Tagesordnung: Restliche Etatskapitel und kleine Zachen. LehteMchrichten Eine Verletzung des deutsch-französischen Marokko-BertrageS. Köln, 10. Mai. Wie der „Köln. Ztg." aus Tanger gemeldet wird, wird in Casablanca die Konzession für den Bau und Betrieb einer Wasserleitung an eine französische Gesell schaft bekanntgegeben, ohne daß eine öffentliche Aus schreibung vorangegangcn wäre. Es widerspricht dies ausdrücklich den Bestimmungen des deutsch- französischen Marokkovertragcs. Die Rückkehr de» Reichskanzler» nach Berlin. (Eigener Drahtbericht.) Frankfurt a. M., 16. Mai. Der Berliner Korre spondent der „Frkf. Ztg." meldet seinem Blatte: Der Reichskanzler kehrt heute von Hohenfinow nach Berlin zurück und nimmt seine Amtsqeschäste wieder auf. Ob er in den nächsten Tagen imRei ch s tage erscheinen wird, ist fraglich, sogar unwahr schein! ich. Man ist im Reichstage selbst der Meinung, daß es eine peinliche Situation wäre, politisch mit einem Manne zu debattieren, vvn dem man weiß, daß er unter dem frischen Eindruck eines großen Verlustes steht. Die russische Presse über die Rede v. Aagows. Petersburg, 16. Mai. Die nationalistischen Blätter besprechen die Rede des Staatssekre tärs v. Jaeow in dem Sinne, daß die Schuld an dem Pressefeldzug in Wahrheit ausschließlich bei der deutschen Presse liege. Nur vereinzelt wird die friedliche Tendenz der Ausführungen des Staatssekretärs anerkannt und gewürdigt. Reise de» albanischen Ministerpräsidenten nach Wien. Rom, 16. Mai. Der albanische Ministerpräsident Turkhan Pascha ist nach Wien «-gereist. Ankunft des griechischen Königspaare» in Saloniki. Saloniki, 18. Mat. Heute morgen sind der König und die Königin mit dem Prinzen Alexander und der Prinzessin Helene an Bord des Panzers „Psara" hier eingetroffen und vom Keneralgouoerneur sowie den Spitzen der Militär- und Zioilbehörden begrüßt worden. Große Menschenmengen jubelten dem Herrscherpaar bei der Landung zu. Die Stadt ist festlich geschmückt. Die Vertreibung der Griechen au» der Türkei. Saloniki, 16. Mai. Trotzdem die türkische Regierung wiederholt Abstellungen versprochen hat. werden noch immer Griechen aus Thrazien vertrieben. Die Flüchtigen kommen völlig aus - geplündert hier an. Ihr Vieh ist fortgetriebcn, das Hausgerät geraubt und die Häuser sind besetzt worden. Die Berichte entwerfen ein schreckliches Leidensbild. Da» Vordringen der Rebellen. Zuarez, 16. Mai. Nach einer Meldung des In jurgentcngenerals Murg la haben die Insurgenten Monclova besetzt. Die Bundestruppen sind aus der Garnison geflüchtet. Monclooa war die letzte Stadt, die die Bunde-truppen an der Eisen -ahn besetzt hi«lt«n. Feuer im Mo»ta«,r Theater. Mo»ka«, 16. Mai. Im Dekoration-dcpot des Kaiserlichen Theaters zu Moskau hat einFeucr einen Schaden von mehreren hundert tauf end R u bel angerichtet. Die V«Ueie»-e L«--«de 8 Sette«.