Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.05.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140515017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914051501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914051501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-05
- Tag 1914-05-15
-
Monat
1914-05
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Sette 10. Nr. 244. Morsen-Aussave Leipziger Tageblatt. /rettsg, 15. Msi 1914 Volksvertreter, auch nicht der Reichstag, sondern unverantwortliche Stellen die Politik de» Deutschen Reichs machen. Die Agitation des Wehrvereine und einzelner inaktiver Offiziere sollte nicht von der Regierung gestutzt werden. Solange wir nicht eine Politik des Fort schritts machen, sondern eine solche, wie sie in Zabern in die Erscheinung trat, können wir nicht auf Ver trauen im Auslande rechnen. Staatssekretär v. Iagow: Ich weist nicht, wie der Vorredner annehmen konnte, ich hätte mich zum Fürsprecher und zum Verteidiger ck-auvinistischer Kundgebungen gemacht. Ich habe nur festgestellt, das, die russisch-deutsä)« Prcßkampagne von russischer Seite ausacgangen ist und Last das Mast, mit dem im Auslande gemessen wird, nicht ein gleiches ist. -lbst. Dr. Oertrl (.Nolls.): Der Widerhall in Deutschland bei der russischen Prcßkampagne war ein Säuseln gegen die klänge, die zu uns Itcrüberkamcn. Cie werden nicht von mir erlangen, dast ich auf alles das, was Herr Gothcin angeschnitten hat, eingche, aui Meistbegünsti gung, Kalisyndilar, kartcllwesen, Zabern, Zinsfuß crhöhung usw. usw. (Große Heiterkeit.) Das wäre ihm und mir zuviel '»«gemutet. Die bessere Aus bildung unterer Diplomaten ist wohl zu wünschen. Im Abgeordnetenhaus haben die Konser- ixitivrn einen dahingehenden Antrag eingcbracht. Die Resolution geht viel zu sehr ins einzelne. In Sachen der auswärtigen Politik must man sowohl dem befreundeten als auch dem nicht befreun deten Auslände gegenüber vorsichtig sein. In Meriko must alles getan werden, um Leben und Eigentum der Deutschen zu schützen. In China must deutsche Wirtschaft und Kultur ver breitet werden. Was ist aus der chinesischen Republik geworden, die Sic (zu den So.ialdemokratenl im vorigen Jahre so begrüßten? Jetzt möchte niemand von Ihnen dort sein. (Droste Heiterkeit.) Bismarck hat den Standpunkt eingenommen, dast wir im Orient stets in der Hinterhand bleiben müssten. Dast wir der Pendelpolitik Oesterreich-Ungarns nachgclauscn seien, ist unberechtigt. In der Türkei müssen wir uns Einslust sichern Deshalb ver stehe ich wohl die Entsendung einer Militärmisfion, obgleich die Ausbildung fremder Truppen stets einen unangenehmen Beigeschmack hat. Wir envartcn, dast unsere Interessen in Kleinasien gewahrt werden. Wir sind hingcgangen und dürfen uns nicht wieder ver drängen lassen. Der Dreibund ist eine geschichtliche Notwendigkeit. Wir müssen alles tun, um ihn zu erl-alte«, auch mit Opfern. Bei den Balkanwirren hat er die Feuer probe bestanden, kein Mensch will gegen Frankreich Hetzen. Diese Sünde ist drüben weit stärker als hüben. Drükxn ist der Ballen, bei uns der kleine Splitter. Für Ehauvinismus gibt es kein deutsches Wort. (Zuruf von den Soz.: All deutsch!) In mancher Beziehung ist dem deutschen Bolte etwas sehr davon zu wünschen. Wir sind nicht so nervös. Die Fremdenlegion ist ein Makel an der Ehre Frankreichs, das wir ihm nicht nehmen lönnen. An Rustland gefällt mir manches. (Zuruf von den Soz.: Die K n u t c.) Ob die neuen Matznahmcn der Zollgesetz gebung in Rustland von Nutzen sein rverden, glaube ich nicht. Darüber gehen die Meinungen sehr aus einander. Wir sind ein sehr guter, williger und nach sichtiger Abnehmer russischer Produkte.« <Schr richtig!) Hier müssen wir kalt Blut zeigen. Rust land wird es sich noch sehr überlegen müssen. Ich wünsche, dast die Verhandlungen mit England zu gutem Ende geführt werden. Dabei wollen wir aber nicht die Allcingcbenden sein; wir wollen uns nicht über den Löffel barbieren lassen. Bei unserer Austenpolitik wollen wir lediglich unsere Ziele ver folgen. Unsere Flotte ist nicht gegen England ge baut worden. Jetzt endlich must die Entschöbt- g u n g der im Burenkricg e 1001/02 geschädigten Deutschen durchgesctzt werden. Wir haben unsere Friedensliebe bewiesen. Wir sichern ihn, wenn wir allen Völkern lxkunden, dast wir gegebenenfalls ent schlossen sind von der Ultima valio Gebrauch zu machen. Bereit zum Frieden, zu einem ehrlichen, wirklichen, ehrenvollen Frieden, aber gerüstet zum Kriege immerdar! (Lebhafter Beifall.) Llbq. Lchulz-Bromberg (Rpt): "Roch nie sind in Frankreich so scharfe Reden gegen uns gehalten worden als jetzt, wo wir eine politisck-e Versöhnung mit Frankreich begonnen haben. Wir brauck-en uns in unseren Rüstungen nicht nach Nord amerika zu richten. Es kann nicht verkannt werden, dast die Sti m mung in Rustland in der letzten Zeit feindseliger gegen uns geworden ist, namentlich im Hinblick auf die Entsendung unserer Militärmission nach der Türkei. Diese Stellung Rußlands uns grgenükvr lmt auf unsere Stellung nahme zu Rustland -uriickgcwirkt. Unsere Interessen in Kleinasien kreuzen sich mit denen Rustlands in keiner Weise. Wir haben auch keinen Grund, uns in die Verhältnisse anderer Staaten cinzumischen, wenn sie nns nicht berühren. Das schafft nur Verstimmung. Erfreut war ich iil^r die Mitteilung des Staatssekretärs betreffs unseres Ver hältnisses zu England. W^enn wir früher hier scharfe Worte gegen England gebrauchten, so kam das daher, weil in England scharfe Worte gegen uns ge fallen waren. Damals war der ganze Reichstag mit uns einig, heute wird uns unsere damalige Haltung von Herrn Gothcin vorgeworfen. Die Behandlung der in Perm gelandeten Ballonführer war nicht der Stimmung des Augenblicks entsprungen, sondern beruhte auf gesetzlicher Grundlage. Wenn Rustland das lleberfliegen seiner Grenze nicht wünscht, dann sollte cs auch unterbleiben. Es ist nicht zu wünschen, dast eine Verstimmung zwisck-en den zwei grasten Nachbarstaaten Platz greift. Wir wollen nach Möglichkeit mit allen Staaten in Frieden leben. (Beifall rechts.) Unterstaatssekretür Zimmermann: Auf unsere letzte Anfrage bei der englischen Regierung über di« Entschädigung der Deutschen aus dem Buren krieg haben wir noch keine Antwort er halten. Wir werden von neuem bei der englischen Regierung vorstellig werden, lieber dieFrcmd e n- lcgion haben wir uns zur Genüge unterhalten. Aus unsere Vorstellungen sind stets junge Leute, die noch nicht volljährig waren, sofort entlassen worden. Dast unser Gejamthandel mit China sehr gering sei, must ich leider zugebcn, daran sind ver schiedene Gründe schuld. Die Interessen der Industrie wurden früher von alteingesessenen Bürgern wahr genommen, als die Industrie noch nicht so entwickelt war wie heute. Daraus kann man wohl entnehmen, dast sic noch nicht recht in der Erweiterung der Gc schäfte bewandert sind. Ick glaube aber, dast unsere Industrie andere Wege emschlagen must, wenn sic in China Erfolge erzielen will. Zunächst würde sich empfehlen, eine Spezialisierung des Ge schäfts nach dem Vordikd der Konkurrenz vor zunehmen. Dann müssen eigene Vertreter nach China htnausgeschickt werden, die den bereits vor handenen Vertretern attachiert werden oder selbst ständig arbeiten nach dem Vorbilde der amerikani schen und englischen Konkurrenz. Auch müssen die Geschäfte sich möglichst viele Konzessionen zu schaffen suchen. Einen wichtigen Faktor bildet auch die Kulturpropaganda. Junge Chinesen müssen in deutscher Sprache ausgebildet werden, die dann in unsere Dienste übernommen werden können. Aber da» kostet viel Geld Das Wichtigste aber ist, dast unsere Industriellen die dortige Sprache beherrschen müssen, wie wir es von unseren Beamten verlangen. Wir legen Wert darauf, dast immer noch mehr die Beamten, dtc nach China gehen, sich speziell für China ausbilden. Der Kaufmann und seine Ange stellten müssen die chinesische Sprache beherrschen. Wir wollen hoffen, dast unsere deutschen Kaufleute Mitarbeiten, damit unser deutscher Handel gestärkt wird. Dann werden wir allmählich auch in China die Position erringen, die uns zukommt. (Bravo!) Abg. Mumm (Wirtsch. Vgg): Wir wünschen mög lichst gute Beziehungen zu Rumänien, auch wünschen wir ein freunoUches Verhältnis zu England, können aber die Haltung des Aöq. Wendel nicht teilen, der für Frankreich in Hurrapatriotis mus macht. Gerade Herr Wendel hätte keinen An last, sich über das felddienstfähige Mundwerk ehcma ligcr Generale auszulassrn. Bedauerlich ist cs. dast von einem deutschen Konsulat eine zionistisch: Zeit schrift zum Annoncieren empfohlen worden ist. Unsere Politik must unter dem Zeichen des Christcntums und des Deutschtums stehen, das uns grost gemacht hat. Geheimrat Dr. Johannes: Es ist allerdings nicht Aufgabe eines deutschen Konsulates, Zeitschriften zum Zwecke des Annoncierens zu empfehlen und dafür Reklame zu machen. In diesem Falle aber glaubte der Konsul, ohne gegen die bestehende Vor schrift verstosten zu wollen, dem deutschen Exporteur eine bestimmte Zeitung empfehlen zu sollen, um den Exporteur mit seinen Abnehmern in Verbindung zu bringen. Daraus tritt auf Vorschlag des Präsidenten Dr. Kacmpf trotz lebhaften Widerspruchs Vertagung ein. Nächste Sitzung Freitag kl Uhr pünktlich: An fragen, Fortsetzung, kleine Etats. Etatgesetz, kleine Vorlagen. Cchlust 7 Uhr. Sächsischer LanMag. Erste Kammer. 44. öffentliche Sitzung. Präsident Graf Vitzthum von Eckstädt eröffnete die Sitzung gegen ll'/z Uhr bei dichtgesllllten Tribünen. Am Rcgierungstische die Minister Dr. Beck und v. 2 cydewitz mit Kommissaren. Eraf zur Lippe beantragt, Kapitel »2 des Etats, Technische Hochschule Dresden, nach der Regierungsvorlage zu bewilligen, ebenso Kapitel .»5 des Etats, Tierärztliche Hochschule, und damit der Verlegung der Hochschule nach Leipzig z u z u st i m m e n. Kultusminister Dr. Beck dankt der Deputation für das Bestreben, die Technische Hochschule auf der Höhe zu erhalten. Dicie sei bereits wieder unter den gleichartigen deutschen Instituten von der sechsten Stelle auf die vierte zurückaelangt. , ,, Oberbürgermeister Dr. Beutler Dresden dankt der Regicruua für ihre Fürsorge für die Technische Hoch schule und bittet, eine Vertretung der Tech nischen Hochschule i n d e r E r st e n K a m m e r zu schaffen, ferner eine Gleichstellung der Professoren an der Technischen Hochschule mit den Universitäts professoren hcrbeizufübren. Hinsichtlich der Tier ärztlichen Hochscyule sei er überzeugt, dast an der Verlegung der Hochschule nach Leipzig nichts mehr zu ändern sei. Bestreiten müsse man jedoch die Notwendigkeit der Verlegung. Ent weder sei die Regierung früher nicht gründlich unter richtet worden oder jetzt nicht. Er bitte weiter, auch ferner eine Tierklinik in Dresden zu unterhalten und der Errichtung einer Akademie für Mediziner, die jetzt in Krankenhäusern ihre Ausbildung suchten, nicht entgegen zu sein. Wirksi Geh. Rat Dr. Mehncrt erklärt, wenn die Wünsche des Vorredners erfüllt würden, dann wür den die Freunde der Tierärztlichen Hochschule, die gegen die Verlegung nach Leipzig gwirkt hätten, ihr Ziel nicht weiter verfolgen. Minister a. D. v. Metzsch ichlicstt sich dem an. Wirkt. Geheimrat Dr. Wach freut fick über die Erklärung der Vorredner. Er erinnert an die Diffe renzen, die aus dem Kampfe um die Hochschule ent- stauocn seien, wozu auch der Gedanke der Universität Dresden gehört habe. Das ganze Land werde diesen Ausgang mit Freuden begrüßen. Geh. Kommerzienrat Wacntig-Zittau ist für die Verlegung und weist namentlich auf den Zu sammenhang der Chirurgie an Tieren und an Men- sck/cu hin. Manche Operation an Menschen habe erst an Tieren erprobt werden müssen, ob sie ausführbar sei. Zwar seien Opfer zu bringen, aber für den Unterricht dürfe nichts zu teuer sein. Oberbürgermeister Dr. Dehne Plauen kann den von Wacntig behaupteten Zusammenhang so eng nicht finden. Die Tierärztliche Hochschule müsse selbständig bleiten. Der Etat der Technischen Hochschule wird hier auf einstimmig bewilligt. Gegen den der Tierärztlichen Hochschule stimmen Oberbürger meister Dr. Beutler und Oberbürgermeister Dr. Dehne. (Wir berichteten darüber bereits kurz in der gestrigen Alvndnummer. D. Red.) Wirk! Geh. Rat Dr. Mehnert berichtet über den Eisenbahnetat und beantragt, Kapitel kk, Staatscisenbahneu. nach der Vorlage zu bewilligen. Er verlangte dabei, dast in Sachsen schneller gesahren werde und dast bessere Verbindungen hergestellt würden. Graf Schönburg glaubt nicht au einen Eisen- I» ahnkrie g. Er wünscht, daß Preußen und Bayern um bessere Verbindungen über Sachsen ersucht werden sollen. Die erste Klasse müsse fortfallen, dagegen im Durchgangsverkehr bcibchalten werden. Im Binnenverkehr sei sw nicht nötig. Darauf wird das Kapitel nach der Vorlage be willigt. Es werden dann noch eine größere Anzahl von Eiscnbahnangclcgenhcitcn vorgcbracht, wobei die Eiscnbahnprojclte Borna —Großbothen und Wurzen —Eilenburg genehmigt werden. "Nächste Sitzung morgen 11 Uhr. Tagesordnung: Etatskapitcl und Petitionen. Zweite Kammer. (Fortsetzung aus der gestrigen Abendnummcr.) Abg. Sindermann (Soz): Seine Freunde müßten dem Minister entschieden widersprechen. Es klinge gerade so, als: Macht nur, daß ihr möglichst schnell nach Hause kommt, und dann: Aendert die Ge schäftsordnung. Alle Abgeordneten seien darin einig, daß materielle Vorteile für die einzelnen mit -er Abänderung der Landtagsordnung nicht ver bunden sein sollen, es handle sich nur um die Be seitigung der Unrichtigkeiten in der Bemessung der Diäten. Die Reichstags« bgeordneten könnten in Sachsen während der Vertagung de» Reichstages frei herumfahren, die sächsischen Landtagsabgeordneten nicht. Dieses Ver halten der Regierung sei mit einer Nadelstichpolittk nahe verwandt. Der Landtag habe immer auf sich gehalten. Abg. Fraßdorf (Soz.): Die Regierung sei der Kammer gegenüber unfreundlicher als die Kammer gegen die Regierung. Die Sozialdemokraten haben von der Redefreiheit bei weitem nicht den Gebrauch gemacht wie die bürgerlichen Parteien, und bis weit in die konservativen Kreise wert« das Verhalten der Regierung als ungerecht empfunden. Auf die Dauer gehe es nicht an, daß die Kammer so von der Regierung behandelt wird. Graf Vitzthum von Eckstädt: Das Recht, den Landtag zu schließen, stehe dem König verfassungs mäßig zu. Die Regierung habe daher den 20. Mai als Schiustlaa ins Auge gefaßt, nachdem sie sich mit dem Direktorium beider Kammern ins Einvernehmen gesetzt habe. Bei einer Aendcrung der Landtags- orc-nung handle es sich nicht um materielle Aende- rung allein, sondern um die formelle Seite. Einer unserer größten Staatsrechtslehrer, Geheim rat Bindi n g. stehe auf dem Standpunkt, daß das Diätengesetz von 1009 ungültig sei. Abg. Nitzfchte (diatl.): Seine Freunde wollten die Aenderung d«r Landtagsordnung nicht durch Gesetz ausgestattet sehen, um materielle Vorteile zu erzielen, sondern um eine Beschleunigung der Geschäfte herbeizusühren. Von einem Entgegenkommen der Regierung sei in der Deputation nichts zu bemerken gewesen. Der Minister habe keiner einzigen Sitzung der außerordentlichen Deputation beigewohnt. (Zu stimmung in der Mitte und links.) Die Ausführun gen des Abg. Opitz sollten wohl eine Entschuldi gung der Konservativen bedeuten. Abg. Dr. Böhme: Die Fraktion setze in die Leitung von Opitz das größt« Vertrauen und hoff«, ihn noch lange an diesem Platze zu sehen. Sie seien bereit, die Geschäfte zu fördern. Das Recht, den Landtag zu schließen, stehe dem König zu. In d«r Verfassung sei das Gleick-gcwicht der Kräfte unseres Volkes zum Ausdruck gebracht. Aog. Günther (Vpt.): Es handle sich nicht um eine Verfassungsänderung, sondern um eine solche der Landtagsordnung. Abg. Fleißner (Soz.): Das Recht des Königs, den Landtag zu schließen, werde von niemand be stritten, aber das Direktorium habe sich wohl eine Pflichtverletzung zuschulden kommen lassen, als cs nicht genügend Widerstand gegen den Schluß des Landtags am 20. Mai entgegengesetzt habe. Der jetzige Zustand der Geschäftsordnung sei des Landtags unwürdig. Präsident Dr. Vogel weist denVorwurf zurück, daß das Direktorium sich habe eine Pflichtverletzung zuschulden kommen lassen. Die Sachen seien ihren ordnungsmäßigen Gang gegangen. Er habe auch rechtzeitig der Kammer Mitteilung gemacht: wenn aber heute über diesen Gegenstand stundenlang debattiert würde, von dem noch gestern gedacht wurde, dast er debattelos passieren würde, so höre natürlich jede D i s p o s i t i o n auf. Nach kurzen Ausführungen der Abgg. Dr. Böhme und Opitz wird der Deputations antrag gegen die Stimmen der Konservativen angenommen. Abg. Dr. Hiihnel (Kons.) berichtet hierauf für die Finanzdopulation über Kapitel 91 des Etats, , Universität Leipzig, und beantragt, es nach der Vorlage zu bewilligen. Abg. Dr. Löbner (Natl.): Man habe alle Ursache, sich der Entwicklung der Universität zu freuen. Manci-e Frage harre aber noch der Lösung, und zwar nicht nur wissenschaftliche, sondern auch Verwal tungsfragen. Redner tritt dann für die Beteili gung der Nichtordinarien an der Ver waltung der Universität und der Fakultät ein. Abg. Schreiber (Kons.) befürwortet die Peti tionen um Errichtung von Lehrstühlen für Natur- hetlkunde und Homöopathie, die nach dem Anträge der Deputation auf sich beruhen bleiben sollen. Aog. Brodaus (Fortschr. Vpt.) befürwortet gleich falls die Petitionen und bemängelt namentlich die schroffe Form des von der medizini schen Fakultät zu Leipzig über die Homöo pathie erstatteten Gutachtens. Mit besonderem "Nachdruck unterstreicht Redner die Ausfüh rungen Dr. Löbners über die unhaltbare rechtliche Stellung der "N ichtordinarten, und tritt ebenfalls für eine Reform der Verwaltung der Universität in dem Sinne ein, daß die Nichtordi- nancn an dieser beteiligt werden müßten. Abg. Fräßdorf (Soz): Auch ihm gehe das Depu tationsvotum nicht weit genug. Man dürfe Homöo pathie und Naturheilkunde nicht so weit zurücksetzen, sondern müsse jeden nach seiner Fasson ge sund werden lassen. Abg. Wappler (Natl.) schließt sich den Aus führungen Dr. Loebners betr. der Nichtordinarien und Brodaufs betr. der Homöopathie an. Weiter befürwortet «r die Errichtung einer staats- wissenschaftlichen Fakultät in Leip zig. Es sei bedauerlich, daß die Regierung sich in der Frage bis jetzt so ablehnend verhalten habe, daß die studierenden, die den Dr. rer. pol. machen wollten, nach Tübingen, Kiel, Straßburg oder Bres lau gehen müßten. Abg. Bleyer (Natl.) befürwortet die Natur- heilmethode, die sehr segensreich gewirkt habe. Kultusminister Dr. Beck ist der Ansicht, daß in den I neuen I a k u l t ä t s o r d n u ng c n, di« jetzt von 1 allen vier Fakultäten bearbeitet würden, den Wün schen der "N i ch t or d i n a r ie n wenigstens etwas entgcgengekommen würde. Den Petitionen um Errichtung von Lehrstühlen für Homöopathie und Na t u r h e i l k u n de könne die Regierung kein« Folge geben. Die Naturhcilkundc werde schon jetzt von Aerzten ange wendet, sei aber k«ine Wissenschaft und I-abe daher auch keinen Platz an der Universität. Wegen der Homöopathie müsse er es der Kammer überlassen, ob sie den Wortlaut des Gutachtens zu scharf finde oder nicht. Di« Frage der Errichtung einer staats wissenschaftlichen Fakultät in Leipzig sei noch nicht spruchreif. Abg. Brodauf (Fortschr. Vpt.) tritt der Acußerung des Ministers entgegen, dast die "Naturheilkunde keine Wissenschaft sei. Er beantrage, die betr. Petitionen der Regierung zur Kenntnisnahme zu über weisen. (Der Antrag wird hinreichend unterstützt.) Aba. Fräßdorf (Soz.) bekämpft den Standpunkt des Ministers, daß die "Naturheilkunde keine Wissen schaft sei. Man müße dann eben das Nötige tun, um sie zu einer Wissenschaft zu machen. Damit schließt di« Debatte. Nach einem Schluß wort« des Berichterstatters wird das Kapitel nach der Vorlage bewilligt. Die Petitionen um Errichtung von Lehrstühlen für Naturheilkunde werden der Regierung zur Kenntnisnahme überwiesen (gegen 18 Stimmen), die übrigen Petitionen bleiben auf sich beruhen. Zahlreiche Sänger benutzen zur Stärkung ihrer Stimmorgane mit Erfolg Wqbert-Tabletten. Preis der Originalschachtel Mk. 1.— iw« Es folgt die Schlußberatung über da» Knappscha tsgesetz. Abg. Langhammer (Lib.) berichtet für die Eesctz- gebungsdeputation und beantragt die Annahme des Entwurfs in der von der Deputation vorgeschla genen Fassung. Finanzminister v. Seydewitz dankt der Depu tation und besonders dem Berichterstatter für die ge leistete große Arbeit. Einem Teil der von der De putation geäußerten Wünsche könne die Regierung zustimmen. Wenn aber die Kammer den Antrag «»nehmen wollte, daß die Zahl derer, für die eine Krankenkasse errichtet werden müsse, von 100 auf 150 erhöht würde, und wenn eine Erhöhung der Personen über die in der Regierungsvorlage vorgesehene Zahl hinaus be schlossen werden sollte, so werde das Gesetz für die Regierung unannehmbar sein. Abg. Krauste (Soz.) bedauert, daß das Gesetz nicht zuerst an die Zweite Kammer ge langt sei und nicht gründlicher durchberaten werden kann. Die Erste Kammer hat sich ihre Stellung nahme sehr leicht gemacht. Der Entwurf kann wohl Pom Standpunkt der Bergwerksbesitzer als annehm, bar bezeichnet werden, nicht aber von dem der A r- beiterschaft. Die Bergarbeiter hätten früher viel weitergehende Rechte besessen und könnten mit diesem Entwurf nicht zufrieden sein. Redner geht dann ausführlich auf eine Reihe Einzelheiten ein. Abg. Kleinhempel (Natl.) erklärt, daß seine Freunde den Anträgen der Deputation zu stim men werden. Die darüber hinausgehenden An träge der Sozialdemokraten würden sie ablehnen. Abg. Müller (Soz.): Von der Ersten Kammer ist nichts anderes zu erwarten gewesen, als dast sie die Wünsche o«r Bergarbeiter unberücksichtigt lassen werde. Die Regierung hab« sehr falsch ge handelt, dast sie den Entwurf zucr st andie Erste Kammer hat gelangen lassen und dann der Zwei ten Kammer gewissermaßen die Pistole auf di« Brust setze. Die Zweite Kammer müsse jetzt eben zusrimmen. Abg. Fräßdorf (Soz.) bedauert, dast die Regie rung bei sozialpolitischen Gesetzen nie über das Mindestmaß hinausgehe. Aus eigener Kraft könnten die Bergarbeiter keine Erhöhung des Krankengeldes durchsetzen, deshalb müßte im Gesetz festgelegt wer den, was man in anderen Fällen den Kassenoer- waltungen überlassen könnte. Warum soll das Verhältniswahlsystem bei Len Knapp- schaftskassen nicht obligatorisch durchgefüyrt werden? Redner bittet um Annahme der Anträge der sozialdemokratischen Depulationsminderheit. Abg. Drescher (Soz.) erkennt an, daß die Depu tation bemüht gewesen sei, einen gangbaren Weg zu finden. Er bitte aber, die einzelnen Bestimmungen noch einmal zu prüfen. Die Verbesserungen für die Bergarbeiter seien zu gering. Abg. Dr. Spieß (Kons.) nimmt die Deputation gegen die Angriffe der Sozialdemokraten in Schutz. Ministerialdirektor Dr. Wahl: Eine Erhöhung der Pensionen in der von der Sozialdemokratie geforderten Weise sei zurzeit nicht möglich. Sie würde den Zusammenbruch der Kassen bedeuten. Das Hauptbestreben der Regierung gehe aber dahin, diese Kassen zu erhalten. Die kleinen Kassen hätten sich ganz gut bewährt. Nach der Reichsversicherungs ordnung sei der sächsische Gesetzgeber nicht in der Lage, die Verhältniswahl obligatorisch durchtzufiihren. . Nach Erwiderung der Abgg. Müller und Krauste (Soz.) und einem Schlußwort des Abg. Langhammer (Natl.) wird das Gesetz in der Fassung der Deputations Mehrheit angenommen, und die darüber hinausgehenden sozialdemokratischen Anträge werden abgelehnt, doch wird beim 8 22 der vom Abg. Fräßdorf beantragte Zusatz ange nommen, daß bei Krankheiten, die zum Tode führen, das Krankengeld vom ersten Tage der Krankheit an nach zur ah len ist. Eine Reihe von Petitionen auf Errichtung und Wiedererrichtung von Amtsgerichten werden der Regierung nach einem Bericht des Abg. Anders (natl.) zur Erwägung überwiesen. Aus der Leipziger Umgegend befindet sich darunter eine Petition über Bors darf. Abg. Dr. Schanz berichtet alsoann für die Finanz deputation s über Antrag Dr. Böhme und Gen. auf Erhöhung der Bezüge der Hinterbliebenen von Staatsdienern usw. und beantragt, den Antrag in folgender Fassung anzunehmen, die Regierung zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den Erhöhung der Pensionen und Versorgung der Hinterbliebenen der Staatsdiencr, Geistlichen, Lehrer und diesen gleich stehenden Personen zugesichert ist, und die Petition des Vereins der ehrenvoll verabschiedeten Staats beamten usw. um Erhöhung von Wohnungsgekd der Regierung als Material zu überweisen. Die Abgg. Anders (Natl.) und Koch (Fortsch.) treten für diesen Antrag ein, ebenso Dr. Böhme (Kons.) und Fräßdorf (Soz.). Regierungsral Dr. Kirchner erklärt aber, die Regierung sei aus Gründen der Staatsraison nicht in der Lage, einen solchen Gesetzentwurf oorzulegen. Er bitte um Ablehnung des Antrages. Doch dieser wird angenommen. Abg. Dr. Mangler (Kons.) beantragt hierauf für die Gcsetzgebungsdeputation den Entwurf eines Ge setzes betr. Ausscheiden der Städte Zittau, Freiberg Bautzen und Meißen aus dem Bezirksverbaude in der Fassung der Ersten Kammer anzunehmen. Abg. Hartmann (Natl.) schließt sich als Mitbericht- crstatter oem an. Der Gesetzentwurf zeitigt eine längere Debatte, in der sich Aog. Schanz für den Antrag ausspricht, mährend Abg. Kleinhempel demselben nicht zuzu stimmen vermag. Abg. Fräßdorf lehnc namens seiner Freunde den Entwurf gleichfalls ab. ebenfalls Aog. Singer. Graf Vitzthum v. Eckstädt bittet, den Entwurf an zunehmen. Die Erweiterung der Bezirksverbänoe werde Gelegenheit bieten zur Schaffung grotzerer wirt schastlicher Verbände. Die Regierung sei bereit, später einen Entwurf betr. Reform der Bezirksorganiiation oorzulegen. Abg. Barth lehnt den Antrag ab. Abg. Hettner erklärt, ein Teil seiner Freunde könne »ich den Ausführungen der Abgg. Kleinhempel und Singer nicht anschliesten, werde vielmehr den Ent wurf annehmen. Abg. Schoenfeld will dem Entwurf zustimmen, des, gleichen Abg. Schwager. A'oa. Braun tritt für den Entwarf eru. Dieser wird mit -17 gegen 25 Stimmen ange nommen. Dagegen stimmen die Sozialdemokraten, vereinzelte Nationalliverale und Konservative. Nächste Sitzung morgen 11 Uhr vorm. Tages- ordnuna: Rechenschaftssachen. Landeskulturrenten bank; Antrag des Dr. Niethammer betr. Verein, fachung der Staatseisenbahnverwaltung, Etatskapitel, zu denen die Erste Kammer abweichende Beschliifse gefaßt hat. und Antrag Dr. Böhme betr. Förderung des Genossenschaftspersonalkredits.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)