Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.05.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140514014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914051401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914051401
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-05
- Tag 1914-05-14
-
Monat
1914-05
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Morgen-Ms-abe sür LeipOa un» Vorort» öurch unser« rr«a»r » » UN» Sp«S>t»ur«rmaitSgUch in» hau» gebracht: monatiich t.rs M., »iertellShrUch 3.75 M. »et Ser »eschtist.steUe, unfern ZtUalen unb ftu»gad»st»U»n abgeholt: monatlich t M., viertellShrlich 3 M. Durch -l» Post: innerhalb d»utschloa0» un» der deutschen Molonle« nwaatllch 1.5» M., olerteliührlich «.50 M., au-schllehllch postbegell,«!». da» leipziger kageblatt »rscheiat Werktag, »mal, Sonn» u. Z«lertog»lmal. 2» lelpzlg, -en Nachbarorten unt den chrten mit eigenen Ziilalen wir ble sidenbausgab» noch am sidenb »,» «rscheinen» in« hau» geliefert. Vertin«: NebaMon: In»enZeiten 17. Zerasprech.slnschlug: MoabitNr.4»7. ^mrdelsFeiturrs /lrntsbloL des Rates und des polizerarnLes der Stadt Lerpzrg «ebaktion und chrschdftosteUe: lohonni-goffe Nr.». » Zernsprech-NnschluS Nr. 1«b«. i«»»3 und 14b»«. ISS. Jahrgang für Inserat« au» Leipzig und Umgebung di, » Ispaltigrpettterilr25ps.,dien«klame,eile1 m., oon au»wart» 3» Pf., Neklamen i.ro M., -lein« Anzeigen Siepetttzeiie nur Sopf.d.wiederhol.Nab.,Inserate oon vrkorden im amtiiihenleil di« Petit» zeit« 5» Pf. ch«schdft»anzeig»n mit plabvorschrift im Preis« erhöht. Nadatt nach Laris. Veilagen: SrsamtausI.5M.üa»LausrnS au»schi.Postgebühr. Nnzeigen-ftnnahm«: ^»hanni»gasse«, bei sämtlichen Filialen de» leipziger Lagedlatte» und allen Nnnoneen-r-cprditionrn de» In» und fiuolande». VeschäftssteUr flir veriin u. di« pr.Vranbenburg: Direktion Wolter ZUrgel, Serlin w. io, Margarethenstrahe ». Z«rnspr«ch»ftnschluh: Liihow »»71. Nr. 242. Vonnersisg, üen t4. Mai. 1914 Das wichtigste. * Der Wehr beit rag im Königreich Lachsen beläuft sich auf 75 Millionen Mark. (L. Lcmdtagsber.) * Die Erste Kammer erledigte am Mittwoch einige Etatskapitcl. (L. Bcr.) * Die Zweite Kammer verabschiedete das Etarstapitel direkte Steuern und nahm einen Antrag auf Wegfall der zwei unte r- sten Steuerklassen an. Für Werdau wurde die Errichtung einer neuen Amtshaupt- mannschaft bewilligt. (S. Ber.) * Der Reichstag bar in namentlicher 'Abstimmung mit 268 gegen 75 Sli m m e n bei einer Stimmenthaltung die Forderung für das M i l i t ä r ka b i n e t ts gc b ä u d e in der Vik- loriastraßc ab gelehnt. Weiter erledigte er den Etar für Kanlcrun. (S. Art. und Ber.) * Die Beisetzung der verstorbenen Frau von Bethmann Holl weg findet heute in Hohenfinow stall. (S. Dtschs. R-- * Die bayrische S o zi a l d ein o kr a t ie plant wegen der Ablehnung der staatlichen Ar beitslosenversicherung für den Monat I u l i große S t r a s; c n k u n d g e b u n gc n. (S. Dtschs. R.) * Die Hamburg-Aiuerika-Linie erklärt die Meldung, daß zwischen dem Dampfer „Bater laub" und der. „Maurctania" ein Wett rennen über den Ozean stattsindcn werde, für vol'kommen falsch. (S. Nachr. v. Tuge.) * Der deutsche Rad-Welt m eistcr Wal- ter Rütt zog sich auf seiner Amerikareise bei einem Sturze schwere Ber letz ungen zu. ^S. LP. u. Sp.) der deutsche Vehrbeitra- und das Ausland. Bon Justizrat Dr. Junck, M. d. R. Die Heranziehung der Ausländer zum Wchrbeitrage ist in der Tages- und Fach presse mehrfach besprochen worden. Neuerdings haben auch verschiedene ausländische Regierun gen Bedenken erhoben und, da es sich dabei nur um diplomatische Schritte handeln kann, zu nächst unser Auswärtiges Amt in Bewegung gebracht. Bon dort schlugen die Wellen, da die Handelsverträge des Reiches in Betracht kom men, hinüber in das Reichsamt des Innern. Zweifellos muß auch der Schatzsekretär, als der eigentliche Barer des WehrbcitragSgcsetzeS und als solcher wohl sein bester Kenner, und weiter der Staatssekretär des Iustizamtes, der sozu- . sagen des Reiches juristisches (Gewissen verkör pert, gehört werden. Bielleicht bleibt nicht ein mal der Herr und Meister des Kolonialamtes verschont, und zwar der Aktiengesellschaften we gen, die in deutschen Schutzgebieten, also nicht im „Inlande" ihren Sitz haben. Also hat der größere Teil der dem Reichskanzler Nachgeord neten Stellvertretungsämter das Wort. Freilich nur zur Meinungsäußerung. Denn die Ent scheidung über die aufgeworfenen Rechtsfragen liegt nicht bei der Regierung, sondern beim Richter und leider nicht beim Richter des Reichs, sondern ber den obersten Berwaltungsgerichtcn der Bundesstaaten. Au sie müßte sich der Aus länder oder die ausländische Aktiengesellschaft wenden, die etwa behaupten wollen, daß ihre Heranziehung zum Wehrbeitragc völkerrechtlich unzulässig sei. Im Februar dieses Jahres wurde im Reichs tage von liberaler Seite beantragt, die Rechts streitigkeiten aus der jüngsten Steuergesetzgebung des Reiches für die letzte Instanz einem Reichs- richter zu übertragen und zu diesem Zwecke das wenig beschäftigte Bundesamt für Heimats wesen zu einem Reichsamte für das Heimats und Finanzwesen auSzugestaltcn. Begründet wurde dieser Antrag mit der natürlichen Auf gabe jedes Gesetzes, sich in seinem Geltungs gebiet überall gleichmäßig, klar, zweifelsfrei durchzusetzeri, worauf ja letzten Endes alle unsere höchsten Gerichtshöfe, namentlich das Reichs gericht, beruhen; dieser Grundgedanke mache vor den Steuergesetzen nicht halt, iveshalb auch Erb schaftssteuer, Reichsumsatzstcuer, Stempelsteuer sämtlich dem Reichsgerichte unterstellt seien, leider nicht das Zuwachssteuergesetz, für das denn auch die keineswegs einheitliclze partikulare Recht sprechung wenig erfreuliche Zustände gezeitigt habe. Bekanntlich wurde der Antrag zwar im Reichstag angenommen, von den verbündeten Regierungen aber abgclehnt. Wesentlich aus po litischen Gründen: das Gespenst des Reichs- verwaltungsgerichtshofeS ging um. Schlagender konnte die^innere Berechtigung jenes Antrages nicht erwiesen werden, als da durch, daß jetzt Pariikulacgerichte eine Rechts frage entscheiden müssen, die nur ReichSrechl zum Gegenstände hat. Rämlich das Reichsgesetz über den Wehrbcitrag und gewisse Berträge, die das Reich als Träger unseres völkerrechtlichen Ber- kehrs mit fremden Staaten geschlossen hat. Es liegt auf der flachen Hand, daß es geradezu un erträglich wäre, wenn sich etwa das Verhältnis eines Belgiers zur deutschen Wehrsteuergesetz gebung verschieden gestaltete, je nachdem er in Baden, Preußen, Sachsen Recht nehmen muß. Um so wichtiger ist es, die streiligen Bestimmun gen des Wehrbettragsgcsetzes und der Siaats- vcrträge einer unbefangenen Betrachtung zu unterwerfen. Worum handel! cS sich ? Bezweifelt wird zunächst, daß die Ange hörigen solcher Staaten wehr-beitragspflichtig seien, die durch Berrrägc mit dem Reiche die Freiheit von Lasten zu Kriegszwecken oder in folge anderer außergewöhnlicher Um stände ausbcdungen haben. Selbstverständlich würde diese Freiheit, wenn sie bestünde, auch den Angehörigen meistbegünstigter Staaten zu gute kommen. Dieser Auslegungsversuch ist offenbar falsch. Wie schon durch eine Anfrage im Reichstage sestgestellt wurde, füllt der Wehr beitrag eben nicht unter jene Vertragsbestim mungen. Sein Zweck ist nicht der Krieg, son dern die Wahrung des Friedens, und sein „außcr- ordenilicher" Charakter beruht überhaupt nicht in dein Verwendungszwecke, sondern in der steuer-technischen Art seiner Aufbringung. Es sind allein Gründe innerer Finauzpolink, bei denen namentlich das Verhältnis des Reichs zu der Finanzhohcit seiner Gliedstaaten in Frage stand, die uns dazu geführt haben, dem Volke eine einmalige gewaltige Leistung abzu fordern. Uebrigens zugleich als erste Stufe einer laufenden, also gewiß nicht „außergewöhn lichen" Reichssteuer, nämlich dec Vermögens zuwachssteuer. Schwieriger zu behandeln ist der Einwand, daß es zufolge von Staatsverträgen, also wie derum völkerrechtlich, unzulässig sei, ausländische Aktiengesellschaften, die keinen Sitz im Inlande haben, stärker heranzuziehen, als die inländischen. Nämlich nicht nur mit den sog. offenen Reserven und Gewinnvorlrägen, sondern mit dem gesamten inländischen Grund- und Be triebsvermögen. Daß inan sich hiergegen zu wehren versucht, namentlich von feiten solcher Aktiengesellschaften mit inländischem Betriebe, die den gewollten Mangel eines Sitzes im In land« nunmehr schwer büßen müssen, ist wohl verständlich. Aber kaum berechtigt. Aktien gesellschaften, also juristische Personen, sind überhaupt nicht „Angehörige" im Sinne jener StaatSvcrträge, in denen ausgemacht ist, daß die „Angehörigen" der vertragschließenden Teile gegenseitig den Inländern völlig gleichgestellt sein sollen. Vor allem aber unterscheidet hier das Wchrbeitragsgcsetz gar nicht nach der An gehörigkeit zu einem deutschen oder einem frem den Vertragsstaate, sondern nach dem Sitze der fraglichen Aktiengesellschaft. Mit ihm beschäf tigen sich die StaatSvcrträge ebensowenig wie mit dem Wohnsitze natürlicher Personen. Man darf hiernach die Hoffnung hegen, daß es gelingen wird, das deutsche Rcichsgesetz vor jeder Anzweiflung durch das Ausland zu schützen. Besser freilich wäre es, wenn dieser Schutz ans- gingc von der Autorität eines obersten Gerichts hofes des Reiches selbst, um dessen eigene Ge setze und Staatsverträge es sich handelt. Vie dualasache im Reichstage. Stimmungsbild aus dem Reichstage. O Berlin, 13. Mai. Das Ereignis des heutigen Tages war die Jungfernrede des Freiherrn von Rechen berg. Der ist dem Reichstag ja freilich kein Fremdling mehr. Man hat in früheren Jahren bei gelegentlicher Anwesenheit in der Heimat ihn auch schon als Kommissar des Bundesrats erlebt. Aber inzwischen ist Herr von Rechen berg unter Umständen, die für ihn vielleicht nicht ganz erfreulich gewesen sind, aus dem Amte geschieden; auch sonst hat sich mancherlei begeben, und aus dem viel angefeindeten Gouver neur von Ostafrika ist der frisch gewählte Zen- trumSabgeordnete sür Braunsberg geworden. So war die Spannung wohl zu verstehen, mit der mal! im Hause wie auf den Tribünen heute dem ersten Auftreten des Herrn von Rcchenberg in seiner neuen Würde cntgegcnsah. Ob dies Er warten auch durchaus gerechtfertigt wurde? Das ist nicht so ohne weiteres zu sagen. Freiherr von Rechenberg, der mit etwas fremdländischem Dialekte sprach, ist nicht gerade das, was man im technischen Sinne einen Redner heißt. Er spricht stockend, und er spricht auch leise, und es war wirklich nicht ganz leicht, seinen Wendungen zu folgen. Immerhin wurde, wer genau zuhörte, für solche Mühe belohnt Aus diesem technisch gewiß nicht vollendeten Vorträge blitzten allerlei Sarkasmen und scharfe Spitzen auf. Und was man verstand, das schien den Rnf zu rechtferti gen, den Herr von Rechenberg seit manchen Jah ren genießt, daß wir es bei ihm mir einer nicht zu unterschätzenden Intelligenz zu tun haben. Was Herr von Rcchenberg zur Sache selbst vorbrachte, war ein wenig zwiespältig. Es fiel manches Wort, daS wie eine nachdrückliche Parteinahme für die Duala klang; aber im wesentlichen war's doch eine Verteidigung der aus hygienischen Gründen erforderlichen Ent eignung, und schließlich mündeie die Rede in eine VcrtraucnSerklürung für das Kolonialami ans, dem man die weitere Ordnung der Angelegenheü getrost überantworten dürfe. Auf diesen Ton waren in der Hauptsache auch die anderen Reden aus dem Hause gestimmt. Alle bürgerlichen Parteien sind dafür, daß die Duala für die Besitzrechte, die ihnen genommen werden und im Interesse der Gesundung des künftigen Han delszentrums genommen werden müßen, nach den Grundsätzen von Rech! und Billigkeit ent schädigt werden. Im einzelnen gab es ja natür lich auch da Abstufungen und Schattierungen. So meinte Herr Keinath, dec mit großem Glück die nativnalliberale Ansicht vertrat, man dürfe selbstverständlich die Duala für die ihnen unter Umständen entgehenden Zukunftswerte ent schädigen. Aber in der Abweisung der s o z i a l d e m o k r a t i s ch e n U e b e r t r e t b u n- gen war das ganze Haus sich einig, und ge rade der Sprecher des Fortschritts, der Ham burgcr Braband, fand ungemein scharfe Sätze, nm das Gebaren der äußersten Linken zu kennzeichnen, deren Hauptorgan erst heute früh ganze Kübel sprachlichen Unrats über die bürgerliche Mehrheit ausgcschüttet hatte; über diese nichtsnutzige Methode, hinter dem Vor gehen des politischen Gegners immer nur un saubere Motive oder vollendete Korruption zu wittern, oder, wenn dieser Gegner zufällig die Negierung ist, in ihren Plänen und Handeln nur das Werk schmutziger Spitzel zu sehen. In vorgerückter Stunde — inzwischen hatte man die gestern hinausgeschobene n a menitiche A b - stimmu ng über, den Neubau des Mili tärkabinetts vorgenommen, die mit der er drückenden Mehrheit von 268 Stimmen gegen 75 Stimmen die Ablehnung des unbehag lichen Grundstücksgeschäfts ergab — griff dann noch Herr Solf selber in die Debatte ein. Besser sagt man vielleicht: er zog die Summe der bisherigen Aussprache und fügte daran eine nochmalige Darlegung des Standpunkts der Re gierung; sehr klug in der sachlichen Aneinander reihung der Gründe und sehr wirksam in der diplomatischen Behandlung des Reichstags im allgemeinen und der ungebärdigen Sozialdemo kratie im besonderen. Gestern, als der Genosse Wels in der schlechtesten Vcrsammlungsmanicr dem Kolonial amt und dainit doch auch dessen Leiter dunkle Machenschaften vorgcworfcn hatte, war Herr Solf — und sicher mit Recht — für einen Moment aufgebraust. Heute war diese Er regung verschwunden, und es war nur noch der erfahrene Menschenkenner, der sich der Gabe, die in seiner Persönlichkeit liegt, bewußt ist und durch sie zu wirken suchte. „Wenn Sie der Denk schrift nicht glauben," meinte Herr Solf, „dann glauben Sic mir als einem Manne, der die Kolonien kennt und lange in den Tropen ge lebt hat." Und nachdem er so etwas wie ein Programm für Neukamerun entworfen hatte, schilderte er in großen Zügen, wie Duala künftighin zur Handclscmpore sich auswachsen solle, wie aber darum der Stand der Duala weder geschädigt noch vernichtet werden würde. Als Herr Solf dann schloß, hatte man allge mein den Eindruck, daß ihm gelungen war, was er sich vorgesetzt hatte, daß das Haus ihm glaubte und vertrante . . . Zur Trauerfeier fürZrau von Sethmann Hollweg. Zu unserem Bericht von gestern abend über die Trauerfeier für die Gemahlin des Reichskanzlers im Kongregsaale des Reichskanzlerpalais tragen wir noch folgendes nach: In der Mitte der Schmalseite des Saales war ein Altar errichtet, vor dem der mit dem Kranze des Kaiserpaares uno anderen Blumengewinden ge schmückte Sarkophag stand. Zahllose Kränze schmückten die anstoßenden Räume und milderten den tiefen Ernst im Trauerhause. Die von Generalsuperinten- dent l>. Lahusen gehaltene Trauerrede grün dete sich auf die von der Entschlafenen noch selbst gewählten Worte des 25. Psalms: „Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich; denn du bist der Kott, der mir Hilst, täglich harre ich dein. Denn keiner wird zuschanden, der dein harrt." Gesänge des König!. Hof- und Domchors, von der Entschlafenen ebenfalls sür diesen Zweck ausgewählt, umrahmten die Feier, die voll Wehmut und Weihe einen tiefen Eindruck in der Versammlung hinterließ und einen würdigen Ausdruck der allgemeinen innigen Teil nahme darstellte, die das deutsche Volk vom Kaiser throne bis in die breitesten Schichten dem ersten Beamten des Reiches in seinem schweren Leide zollt. Hl- Auch am Mittwoch sind der „Nordd. Allg. Ztg." zufolge im Reichskanckerpalais noch zahlreiche Beileidskundgebungen aus dem Reiche wie aus dem Auslande eingegangen. Der Herzog und die Herzogin vonCumberland haben ihre Teilnahme übermittelt, ebenso der Fürst und die Fürstin zu Schwarzburg, der^ Fürst zu Waldeck und Pyrmont, Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg, Prinz Johann Georg von Sachsen, der Erbprinz von Hohenzollern, der Herzog von Ratibor. Fürst und Für st in Bülow, Fürst o. Pleß, Fürst Put bus, Fürst zu Stolberg-Wernigerode und Fürstin Bismarck. Auch der Senat in Lübeck sandle ein Telegramm. Sir Edward Grey ließ sein Bei» leid durch den Botschafter Sir Edward Goschen bekunden. Auch von dem russischen Minister des Aeußern Ssasonow ging ein Tele gramm ein. Die Regierungen von Spanien, Portugal und den Niederlanden brachten ihre Teil nahme durch ihre hiesigen Vertreter zum Ausdruck. Der griechische Minister des Aeußern v. Streit und der frühere ungarische Ministerpräsident o. Lucacs sandten gleichfalls Beileidstelegramme. Die sterbliche Hülle der Gemahlin des Reichs kanzlers wurde am Mittwoch nachmittag nact^ der Trauerfeier im Reichskanzler-Palais in aller Stille nach dem Stettiner Bahnhose üdergeführt, um von dort nach Hohenfinow gebracht zu werden, wo am Donnerstag im engsten Fnmilenkreise die Beisetzung in der Bethmann Hollwcgschen Familiengruft erfolgt. Der Sarg stand bei der lieber- führung auf einem vierspännigen Wagen, dem eine Anzahl Kranzwagen folgten, und dem sich die Wagen mit den nächsten Angehörigen der Entschlafenen an schlossen. Po<kemmste<kungun-5mpfüngin ihrer -egenfeiti-en Seeinflußung Gerade jetzt, wo die Geister der Jmpffreunde und der Jmpfgegner wieder aufeinnndergeplatzt sind, ist ein Aussatz von Prof. Dr. Bäum ler in Freiburg i. Br., der in der „Münchener medizinischen Wochen schrift" erschienen ist, von außerordentlichem In teresse. Die Frage, inwieweit eine nach geschehener Ansteckung mit Pocken vorgcnommene Impfung -en Ausbruch der Krankheit verhütet, oder wenn sie doch ausgebrochen, ihren Verlauf mildern kann, spielt ins besondere . in Ländern, in denen die Impfung der Kinder und die Wiederimpfung nicht streng durch geführt wird, in denen also der Schutz der Bevölke rung ein sehr ungleichmäßiger ist, eine sehr wichtige Rolle. Wenn nämlich in eine solche Bevölkerung die Pocken eingeschleppt werden, so breiten sie . sich nach dem Beispiel von Sidney in Neu-Südwales im vorigen Jähre und kürzlich in Belgrad rasch aus. Die Einwohner, auch die, die vorher das große Wort gehabt haben, werden von Furcht und Schreck er griffen und drängen sich zu den Massenimpfungen, wofür zunächst durch Behörden und Aerzte das nötige Impfmaterial nicht schnell genug beschafft werden kann. Gerade das Deutsche Reich ist deshalb besonders gefährdet, weil es inmitten anderer Länder gelegen ist, wo man es mit der Impfung weniger genau genommen hat. So wurden z. B. im Jahre 1912 im Großherzogtum Baden und Württemberg die Pocken durch ein Kleidungsstück von Polen oder Galizien eingcschleppt. In dem einen Falle handelt cs sich um 75 Pockenerkrankungcn mit 8 Todesfällen, in dem andern um 21 Fälle mit 1 Toten, d. h. im ganzen 90 Pockenerkrantungen mit 12 Todesfällen. Eine böse Verzögerung der notwendigen Schutzmaß regeln muß leider eintreten, wenn bei Einschleppung von Pocken ein davon Befallener die Krankheit in sehr abgeschwächtcr Form, besonders hinsichtlich des Ausschlages, bekommt. Das kann stattsind'en, wenn die Impfung in der Kindheit dem Körper noch einen gewissen Schutz verliehen hat. Manchmal kann der Ausschlag im ersten Stadium mit dem bei anderen Krankheiten austretenden verwechselt werden, jo z. B. mit dem von Masern oder von Windpocken. Die Jmpfgegner verlangen die „Gewissens klausel", wie sie in England eingeführt ist. Es ist klar, daß dadurch der Nutzen, den die gesetzliche Zwangsimpfung vom Standpunkt unserer gegen wärtigen Kenntnis über Pockenvcrbreitung und Impfschutz und nach den besonders in Deutschland seit fast einem lialben Jahrhundert gemachten Er fahrungen hat, sehr verringert werden muß. Wenn sich nämlich in einer Bevölkerung viele Ungeimpftc, d. h. also gänzlich Ungeschütze befinden, so ist, wenn Pocken eingeschleppt werden, die Zahl der Empfäng lichen und sehr Gefährdeten überhaupt eine viel größere als in einer vollständig durchgeimpften Be völkerung. Die Krankheit wird sich also in dichtbe völkerten, kindereichen Stadtteilen schnell ausbreiten. Mit Recht weist BäumIer darauf hin, daß es erst bei solchen Gelegenheiten deutlich wird, wie außer ordentlich zahlreich und mannigfach die Berührungs möglichkeiten unter den Bewohnern einer Gemeinde oder gar einer großen Stadt sind. Von welcher großen Wichtigkeit die Impfung selbst bei Ausbruch der Pocken noch sein kann, geht aus Erfahrungen hervor, die im Londoner Pockenhospital gesammelt sind und aus dem Jahre 1908 stammen. Wenn man die 14 Tage oon der Ansteckung bis zum Auftreten des Aufschlages in drei Abschnitte von 7, 3 und 4 Tagen teilt, so stellt sich im allgemeinen heraus, daß eine erfolgreiche Impfung, die im ersten Abschnitte der Zeit, in l-er das Pockengift über tragen, aber noch nicht äußerlich kennbar geworden ist, vorgenommen wird, den Ausbruch der Krankheit völlig verhüten kann. Wenn sie im zweiten Abschnitt oorgenommen wird, so kann die ausbrcchcnde Krank heit durch eine Veränderung des Ausschlages mehr oder weniger gemildert werden. Wird sie aber erst im dritten Abschnitte vorgenommen, so werden die Beschwerden des Kranken vermehrt. Das neueste Werk über die in Liverpool in den Jahren 1902 bis 1903 ausgebrochencn Pocken von Dr. Hanna bringt ganz klare Beweise dafür, daß die Erkrankung bei den Ungeimpftcn weit schwerer auftrat als bei den
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite