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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.05.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191405109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19140510
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19140510
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-05
- Tag 1914-05-10
-
Monat
1914-05
-
Jahr
1914
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Sonntag, 10. Mai 1914, Leipziger Tageblatt. Nr. 235. Sonntags-Sussade. Seite 7. ^mwWWW Kunst uncl wissenseNaft WNsSZZ Der neue Streit um Karl Lamprecht. Im „Leipziger Tageblatt" vom 8. März veröffentlichten wir folgende Notiz: „Eine interessante kritische Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit unseres bekannten Leipziger Historikers sowie seiner Geschichtsschreibung und seiner organisatorischen Leistungen aus der Feder des amerikanischen Universitätsprofessors Arley Barthlow Show finden wir im neuesten Heft der von den beiden Leipziger Historikern Friedrich und Rlihlmänn herausgegebenen Zeitschrift „Ver gangenheit und Gegenwart" (Verlag L. E. Teubners. Der Artikel weist mit Recht darauf hin, dich es schwer ist, über eine so eigenartige Histo- rikerpersönlichkeit wie Lamprecht ein ganz objek tives Urte'l deutscherseits abzugeben. Um so mehr müssen die ruhigen, allseitig abgewogenen Urteile des Amerikaners Interesse beanspruchen, zumal dieser in zweimaligem längeren Studienaufenthalt in Leipzig genügend Gelegenheit gefunden hat, die Verhältnisse persönlich würdigen zu können." Shows Artikel gipfelt nun in zwei Behaup tungen. Er erklärt, bei aller Hochachtung und An erkennung der Persönlichkeit Lamprechts, dessen Lehre für erledigt. Und er erachtet das von diesem gegründete Königliche Institut für Kultur- und Universalgeschichte für unnütz, da es nur zur Propa ganda für diese Lehre begründet worden sei und in ihm von Dozenten und Studenten nur im Sinne Lamprechts gearbeitet werde. Diese von Herrn Show für das Institut angenommene Situation ist nun neuerdings durch eine Erklärung der Do zenten des Instituts, unter denen sich nicht wenige hochgeachtete wissenschaftliche Namen unse rer Stadt befinden, in einer Weise beleuchtet worden, die uns veranlaßt, diese Erklärung in folgendem umi Abdruck zu bringen: Jin zweiten Heft des laufenden Jahrgangs dieser Zeitschrift („Llergaugenheit und Gegenwart") wird in Ueberfetzung ein Artikel des amerikanischen Geschichts professors Show über die Kulturgejchichtsschreibung uarl Lamprechts veröffentlicht, der uns, zumal da in der Tagespresse (im Leipziger Tageblatt) besonders auf ihn aufmerksam gemacht worden ist, und da seine aoil einem Gelehrten des Auslands kommenden Be hauptungen leicht als besonders glaubwürdig aus gegeben werden können, vor allem in einer Hinsicht zu entschiedenem Widerspruch veranlaßt. Der Ber- iasser bezeichnet das hiesige Institut für Kultur- und Uuiversalgeichuhte als ein« „hochorganisierte Propa- ganr»a für die neue Kulturgeschichte" und läßt damit die Aufgaben des Instituts, sowie die Stellung und Tätigkeit der daran wirtenden Mitarbeiter in einer Beleuchtung erscheinen, die den im Institut wirklich herrschenden Verhältnissen nicht entspricht und geeig net ist, irrtümliche Vorstellungen darüber zu verbrei ten: Herr Show, der seit 1909, dem Gründungsjahr des Instituts, nicht in Deutschland gewesen ist, hat ,ich keine ausreichende und richtige Kenntnis von der wissenschaftlichen Arbeitsweise im Institut beschafft. Das Institut dient der Pflege kultur- und unioer- salgeschichtlicher Studien auf breitester Grundlage, nicht der Propaganda für irgendeine bestimmte Auf fassung der Geschichtswissenschaft. Darin liegt die ihm von seinem Begründer gestellte Aufgabe, daß hier Kulturgeschichte um ihrer selbst willen betrieben und jede Einzeluntersuchung aus den verschiedensten Gebieten des geschichtlichen Lobens für die Erkennt nis der allgemeinen Zusammenhänge nationaler und allgemein menschlicher Kulturgeschichte mit allen ver fügbaren wissenschaftlichen Hilfsmitteln fruchtbar ge macht werden soll. Dazu sind die reichen Sammlun gen und Bücherbestände des Instituts bestimmt, in dem die mannigfaltigste Belehrung gewonnen wer den kann und jede Forschungsrichtung vertreten ist. Dazu werden die zahlreichen Seminarübungen abge halten, um dem Studierenden vielseitige Gelegen heit zu gründlichem Eindringen in kulturgeschichtliche Einzelarbeit zu geben. In zweckmäßiger Stufenfolge sollen sie von elementaren Kursen zu tieferdringenden llebungen über besondere geschichtliche Probleme und endlich zu Hebungen vergleichender Art fortschreiten können, aber unter freier Wahl der Studienrichtung, nur unter der Voraussetzung genügender Vertraut heit mit den Elementen historischer Kritik. Keines wegs gib« es einen Stuidienplan des Institut», der darauf angelegt wäre, die besonderen geschützt »wissen, schriftlichen Anschauungen des leitenden Instituts direktor» zur alleinigen Richtschnur aller im Institut betriebenen Uebungen und Studien zu machen. Demgemäß ist die Freiheit und Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Ueberzeugung und Lohre für all« diejenigen, die Lohraufgaben im Institut über nommen haben, völlig unangetastet. Wir legen Wert darauf zu erklären: Niemals ist auf die im In stitut tätigen Dozenten der geringste Druck zum Be kennen einer bestimmten Lehrmeinung ausgeübt wor den. Von einer schematischen Gleichförmigkeit bezüg lich der vorgetragenen Ideen, der angewandten Me thoden ist keine Rede. Es herrscht im Institut für Kultur- und Universalgeschichte genau die gleiche Mannigfaltigkeit der wissenschaftlichen Meinungen, dieselbe Freiheit der Methode, wie in jedem anderen historischen Institute Deutschlands. Leipzig, im März 1914. Die früheren und gegenwärtigen Leiter der Kurse im Kgl. Institut für Kultur- und Universalgeschichte bet der Universität Leipzig. W. Biermann. A. Conrady. K. Dieterich. A. Doren. I. Goldfriedrich. F. Holldack. A. Köhler. R. Kötzschke. I. Kretzschmar. E. Meister. E. Menke-Glückert. E. Mogk. Zu dem weiteren Vorwurfe, Professor Lamprechts Lehr« sei erledigt, erteilen wir unter den vorliegen den Umständen diesem selbst das Wort, wenn er es wünschen sollte. * Aus den Städtischen Theatern. Im Neuen Theater findet morgen, Montag, die erste Aufführung von Verdis Oper „ Ein Maskenball" in der neuen Einstudierung statt. Die szenische Leitung hat Oberregisseur Dr. Leit, die musikali che Kapell meister Porst, Mitwirkende sind die Herren Jäger, Käse, Heroeling, Zoller, die Damen Bartsch, Flad- nitzer, Nigrini ufw. — Am Mittwoch wird Kammer sänger Karl Perron ein weiteres Gastspiel in „Siegfried" geben. — Die nächsten Abonne mentsausführungen des „Parsifal" sind am Freitag und Sonntag, den 17. d. M. angesetzt, es gelten für diese Wiederholungen die üblichen Opern preise. — Der Vortragsabend von Irene Triefch morgen, Montag, im Alten Theater, in dem sich die Künstlerin vom hiesigen Publikum ver abschiedet, beginnt bereits um 7 Uhr. — Mit der heutigen Aufführung der Posse „Wie einst im Mai" im Allen Theater beschließt das Schauspiel ensemble für einige Wochen seine Tätigkeit, um morgen. Montag, die Ferien anzurreten. — Die Erstaufführung der nächsten Operettenneuheit „Der keusche Josef" ist für den 23. d. Ni. im Ope rettentheater festgesetzt. — KarlEbhart ist nach seinem letzten Gastspiel in „Rosenmontag" für die Position des im August d. I. ausscheidenden Herrn Feldhammer, zunächst für ein Probejahr an die städtischen Bühnen verpflichtet worden. Riedel-Verein, Leipzig. Am 17. Mat d. I. feiert der Riedel-Verein d«n Tag seines 60jährigen Bestehens. Aus diesem Anlaß veranstaltet er am Sonnabend, den 16. Mai, ein Konzert in der Thomas- kirche, gleichzeitig das IV. Abonnementkonzert, mit Werken von Komponisten, mit denen der Riedel- Verein in besonderer Fühlung gestanden hat, Liszt, Dräseke, Bossi, Mahler, Bruckner usw. Die Absicht, dieses 60jährige Bestehen des Riedel-Vereins mit einem größeren Chorwerk mit Orchester zu feiern, mußte aufgegeben werden, weil das Stadtorchester zu dem Zeitpunkt nicht abkömmlich war. * „Die Entwickelung der geistigen Probleme in Max Klingers Werken" lautet das Thema eines Vor trages, den FrI. HildegardHeyne, wissenschaft liche Mitarbeitern am Städtischen Museum für bil dende Künste, an der Hand z. T. farbiger Licht bilder. Mittwoch, den 13. Mai, abends '/.9 Uhr in der „Leipzioer E u l i l u s - G e se l l s ch a f t", Cafö Burgkeller, Naschmarkt, 1. Etage, halten wird und zu dem Gäste willkommen sind. * Lt o Ernst als Opernlibrettist. Kapellmeister Otto Naumann hat, wie aus Mainz gemeldet wird, mit Otto Ernst zusammen eine abend füllende Oper vollendet, die einen Märchenstoff behandelt. Der Titel des Werkes, das voraussicht lich im November d. I. seine Uraufführung erleben wird, steht noch nicht fest. * Aus der Theaterchronik. „Ein Tag", ein dreiaktiges Lustspiel von Sil Vara, ist soeben von Geheimrat Max Grube für da» Deutsche Schauspielhaus in Hamburg angenommen worden. Die Uraufführung wird Ende Oktober stattfinden. * Earl Sternhetms Komödie „Der Snob", die am Montag in den Kammerspielen de» Deutschen Theaters zu Berlin bereit» zur 50. Aufführung gelangt, wurde auch für Aufführungen in englischer, russischer und polnischer Sprache, Vie noch im Laufe diese» Jahres stattfinden werden, er worben. * Mascagni arbeitet trotz des Fehlschlages seiner Oper „Parisina" wieder an einem ihm von d A nnunzio gelieferten Libretto und hat ein zwei tes von seinem Landsmann Giachino zur Kompo sition angenommen, das im Mittelalter spielt und eine Eifersuchtstragödie zum Gegenstand hat. * Die deutschen Wagner-Ausführungen im Pa riser Theätre des Champs ElysSes neh men am 20. Mai ihren Anfang. Als Dirigenten fungieren Weingartner, Nikisch und Albert Coates. Zur Aufführung gelangen „Tristan", die „M e i st e r s i n g e r" und „P arsifa l". Jedes dieser Werke wird dreimal gegeben. Der Abschluß ist eine Vorstellung des „Pargfal" am 13. Juni. * Hans Winderstein eröffnete, wie uns aus Bad Nauheim gemeldet wird, mit seinem Orchester den Reigen der diesjährigen Saalkonzerte gestern mit einem „Beethoven-Brahms-Abend" vor dichtgefülltem Hause mit großem künstlerischen Erfolge. Das Pro gramm enthielt von Beethoven die Ouvertüre „Die Weihe des Hauses" und das Violinkonzert (Solist Heinrich Schachtebeck) sowie von Brahms die zweite Sinfonie in D-Dur. Am 12. Mai findet ein Extra konzert der vereinigten Kapellen des Darmstädter Hof theaters und des Windersteinorchesters unter Felix Weingartner statt; Anfang Juni wird ein Musiksest abgehalten, bei welcher Gelegenheit zwei Werke des bekannten Tonsetzers Arnold Men delssohn (unter persönlicher Leitung des Kom ponisten), Beethovens „Neunte", Mahlers „Lied von der Erde", sowie eine Tondichtung von Richard Strauß zur Aufführung gelangen. Die Leitung über nimmt Hans Winderstein. Solisten sind: Mme. Charles Cahier, Sophie Schmidt-Illing, Anna Jacobs, Eloberger, Stephani von der Darmstädter Hofoper; Chor: der Darmstädter Musikverein (200 Sänger und Sängerinnen). * Fritz Kreisler — Ritter der Ehrenlegion. Aus Paris wird gemeldet: Fritz Kreisldr wurde zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Der Minister überreichte ihm persönlich die Auszeichnung. * Der Senior der friesischen Dichter gestorben. Der Senior der friesischen Volksdichter, der zweiund neunzigjährige tapfere Kämpfer in dem Streit für die Erhaltung seiner heimischen Mundart, Waling Dijkstra, ist. wie erst jetzt bekannt wird, vor kurzem in dem Dorf Holwerd gestorben. Der Ver schiedene hat in den Jahren 1893 bl» 1911, dem „Lit. Echo" zufolge, anfänglich mit Dr. F. Buitenrust Hettema, später allein das erste friesische Wörterbuch in vier Bänden herausgegeben, von denen der Band mit „friesischen Eigennamen" von Johan Winkler bearbeitet wurde. * Ein neue» Attentat auf die Dresdner Zwinger anlagen. Unier Dresdner M itarbeiter schreibt uns: Die viel gerühmte Schönheit der sächsischen Haupt stadt wird bald der Vergangenheit angehören! Mit einem Eifer, der seinesgleichen sucht, bemüht man sich, alles zu zerstören, was dieser Stadt ihren un nachahmlichen Reiz verleiht. Sie hat viel eingebüßt durch die letzten großen Staatsbauten, die an Nüchternheit und Einförmigkeit nicht zu überbieten sind. Seit anderthalb Jahren aber wird geradezu ein bewußter Kampf gegen das Juwel Dresdens, den herrlichen Zwinger, gelührt. Er bildet den hervorragendsten Anziehungspunkt der wettinischen Residenzstadt, aber was tut man alles, dieses einzigartige Gebäude mit seinen präch tigen Anlagen zu zerstören! Man errichtete ihm gegenüber in der Ostra-Allee das neue Schauspielhaus, dessen ungefüge Masse den zierlichen Bau einfach erdrückt: niemals ist in Dresden ein Bau so einstimmig verurteilt worden wie dieser. Mehr aber noch werden die Zwingeranlagcn leiden durch den Neubau der mo dernen Gemäldegalerie. Mag auch der letzte Ent wurf von Kramer gegen den ursprünglichen große Fortschritte aufweisen, die Notwendigkeit ist bis heute nicht nachgewiesen worden, daß der Bau unbedingt im Zwinger errichtet werden müsse. Von berufener Seite, u. a. von Cornelius, Gurlitt, ist darauf hingewiesen worden, daß man die brennende Frage der Museumsneubauten in Dresden nach einem einheitlichen Plane lösen müsse: vergebens. Mit einer einzigen stimme Mehrheit haben schließlich die Dresdner Stadtverordneten den beantragten Beitrag von einer halben Million Mark bewilligt, unter der Bedingung, daß die Zwinger anlagen nicht weiter bebaut werden dürfen. Dieser Forderung hat die Regierung zugestimmt, und der Rat hat diese Bedingung darauf als Nach trag zur Dresdner Bauordnung veröffentlicht. Nun aber wird man in Dresden äußerst unangenehm überrascht durch die Mitteilung, daß die Zwingeranlagen trotz alledem weiter bebaut werden sollen! Der Mathematisch-Physikalische Salon, der im Zwinger untergebracht ist, leidet unter sehr beschränkten Raumverbältnissen. Man hat daher einen kleinen, wenige Meter breiten Anbau ausye- führt, der von der Straße aus gar nicht zu sehen rst. Nun aber beantragt die Regierung im neuen Staats haushaltsplan die Bewilligung einer Summe von 38 600 .« zur Verlängerung des Zwingers: es sollen diesem Bau vier Joch angefügt werden, wodurch mit einem Schlage «eine ganze Symmetrie zerstört werden würde! Ganz abgesehen davon, daß man nicht weiß, wie dieser Anbau dem Werke Pöppel manns zu Gesicht stehen wird. An einer ganz ver steckten unauffälligen Stelle des Staatshaushalts plans findet sich jene Regierungsforderung, ohne daß ein Wort der Erläuterung bcigegeben wäre. Man fürchtete wohl den neuen Entriistungssturm, der sich er hebenwürdc.wenn d:eser„Kunstvandalismus"bekannt- werden würde. Leider hat der Finanzausschuß der sächsischen Zweiten Kammer mit einer Stimme Mehrheit der Forderung zugestimmt, aber in allen kunstverständigen Kreisen Dresdens hofft man, daß das Plenum sie ablehnen werde. Auf eine wunderbar einfache Weise läßt sich der Raummangel, der nicht geleugnet werden kann, den man aber nicht durch ein solch kunstschänderisches Mittel beseitigen darf, beseitigen: man braucht nur das Observatorium aus dem Zwinger nach einem andern Platz, am besten außerhalb der Stadt, zu verlegen. Zweifellos gehört ein Observatorium heutigentags nicht mehr in» Innere einer Großstadt: Berlin und Hamburg beispielsweise haben ihre Observatorien und Sternwarten längst hinausverlegt. Sehr zu wünschen wäre auch, daß man nicht den Platz an der Herzogin Garten für das neue Naturhistoriscye Museum wählte, sondern das Logengebäude, das freilich außerordentlich teuer ist, das aber eine einwandfreie städtebau liche Lösung des Museumsbaues ermöglichen würde. Man steht wieder einmal in Dresden vor der Entscheidung über wichtige Fragen, die das Lebensinteresse der Stadt betreffen; leider hat man Grund zu der Annahme, daß wieder einmal der Rat der Sachverständigen, von denen dieser Notschrei ausgeht, nicht beachtet werde. Wo bleiben, fo muß man tragen, der Bund für Heimatschutz und die Kgl. Kommission zur Erhaltung der Kunstdenkmäler in Sachsen? * Die Ausstellung von Werken alter Kunst au» Prioatbesitz, die der Berliner Kaiser-Fried rich-Museums.Verein in der Kgl. Aka demie der Künste veranstaltet hat, vereinigt etwa 200 Gemälde des 15. bi» 18. Jahrhunderts mit etwa ebenso vielen Plastiken und Werken der Kleinkunst. Der Katalog, der bisher nur die erste Abteilung um faßte, liegt jetzt vollständig vor und enthält nunmehr alle ausgestellten Gegenstände: Gemälde, Bildwirke reien, Bildwerke aus Stein, Ton und Holz, Bronzen, Silber, Majolika und Miniaturen. Auf 25 Tafeln ist eine Auswahl der besten Gemälde wiedergcgeoen. * Die Neuorganisation der Essener Üunstgewerbe- schule. Eine bemerkenswerte kunstgewerbliche Schul ausstellung hat kürzlich im Kunstmuseum zu Essen stattgcfunden. Die Handwerker- und Kunst- gewerbeschule ist erst vor zwei Jahren „auf den Ruinen einer Gewerbeschule alten Schlages , wie es im neuesten Berichte des königl. Landesgewerbeamtes heißt, gegründet worden. Es ist in erster Linie der umsichtigen Anregung des Leiters, des Architekten Alfred Fischer, zu verdanken, was in dieser kurzen Spanne Zeit erreicht werden konnte. An der Anstalt wirken als Lehrer Künstler der verschiedensten Richtungen. * Der italienische Komponist Zandonat, dessen „Tonchit a" vor zwei Jahren in London zur Auf führung gelangte, ist von Edmond Rostand be- auftragi worden, den „Cyrano von Bergerac" in Musik zu setzen, den Walter Damrosch bereits vor längerer Zeit — ohne Autorisation des Verfassers — vertont hat. kva Maria. 9) Von Margarete Richter. (Nachdruck verboten.) Dann ging sie hinüber in das Verwaltungs gebäude, um Geheimrat Dürholz abzuholeu. Ihre Ueberlegung, Dr. Steenholt tcinc Gelegenheit zu einem persönlichen Zusammentreffen zu geben, >var ja jetzt durch das Lclephongesprüch hiufällig geworden. Das; er sic anrufen würde — damit halte sie nicht gerechnet. Nun konnte er ihr auch begegnen, sie würde jedenfalls fest bleiben. Mochte er von ihr denken, was er wollte! Und sie warf den Kopf in den Nacken. Als sie die Vorhalle betrat, kam ihr Ge heimrat Dürholz bereits entgegen. Er hatte Hunger, wie er scherzend behauptete. „Uebri- gens, da fällt mir ein, haben Sic etwas dagegen, wenn ich Dr. Steenholt und Dr. Fuchs für Sonntag zu uns zu Tisch bitte?" „Durchaus nicht, Herr Geheimrat," sagte Eva, ohne durch einen Ton zu verraten, daß sie auf Steenholts Gesellschaft nicht ungern ver zichtet hätte. Geheimrat Dürholz drückte auf die Klingel der Haustüre. Diensteifrig eilte der Portier herbei. „Ist Herr Dr. Fuchs oder Herr Dr. Steen- holt hier?" „Jawohl, Herr Geheimrat. Die Herren sind bei Tisch." „Ach lasse einen der Herren auf einen Augen blick bitten! . . . Ich muß es gleich sagen, sonst vergesse ich es, und die Herren sind vielleicht vergeben, blS ich wieder daran denke," wandte er sich an Eva. Nach kurzer Zeit erschien Dr. Steeuholt. Er und Eva wechselten einen kalten Gruß. „Entschuldigen Sie, daß ich Sie bei Lisch störe. Ich wollte fragen, ob Sie Sonntag mittag bei uns essen wollen — oder haben Sie etwas Besseres vor?" fügte der Geheimrat scherzend hinzu, als er ein leises Zögern auf dem Ge sichte seines Assistenten bemerkte. „L) nein!" beeilte Dr. Steenholt zu ver setzen. „Ich komm« mit großem Vergnügen." „Wollen Sie Dr. Fuchs ebenfalls benach richtigen? Antwort nur im Absagefall. Sic wissen ja. So — nun lassen Sie Ihre Suppe nicht kalt werden!" Dr. Steenholt verbeugte sich. Auf Eva warf er ciueu herrischen Blick. Sie zuckte kaum merklich die Achseln und drehte sich auf dem Absatz herum. Jni Herausgehen erklärte Dr. Dürholz: „Ich lade meine Herren niemals schriftlich ein, außer für große Gelegenheiten. Auf diese Weise hat cs einen zwangloseren Anstrich, und ich wünsche, daß sich meine Herren in meiner Gegenwart frei bewegen, wenn sie nicht im Dienst sind." Eva sagte einige zustimmende Worte. Sic hatte nur halb zugehört. Sie ärgerte sich über Steenholts Anmaßung und Külte. Was nahm dieser Mensch sich eigentlich heraus? Trotz ihrer feindseligen Stimmung beschloß sic, ihn wieder zu versöhnen, denn im Grunde war cs ja lächerlich, wenn sic mit den Assi stenten, die sie beinahe täglich sehen mußte, nicht im guten auskam. Die Gelegenheit, wieder gut zu machen, was sie auf dem Gewissen hatte, bot sich zwei Tage später. Eva wartete bereits seit einer Stunde auf Geheimrat Dürholz in seinem Arbeitszimmer, als es telephonierte. Dr. Steenholt, der neben an im Arbcitsraum der Assistenten beschäftigt war, trat heraus und nahm eine dienstliche Mit- teilung entgegen. Das Gespräch war zu Ende, und Steenholt schickte sich an, das Zimmer mit einem kühlen Grus; nach Eva hin zu verlassen, als sic ihn zurückhielt: „Herr Doktor, Sie sind mir böse ... es tut mir leid —" „Bitte, gnädiges Fräulein. Sie haben sich nicht zu entschuldigen. Es ist alles in Ord nung.^ Er sagte das so steif wie möglich. Eva stand auf: „Nein, es ist nicht in Ord nung! Sic haben mir meine Absage übelgcnom- men, weil ich Ihnen den Grund verschwieg. Später einmal — wenn Sie null) besser ken nen — will ich Ihnen den Grund sagen. Jetzt würden Sic ihn nicht verstehen. Inzwischen wol len wir uns das Leben nicht sauer machen durch Zürnen!" Sie bot ihm die Hand. Er schlug ein: „Ich danke Ihnen," sagte er einfach, und: „Sie ,iud doch anders, als ich dachte," fügte er treuherzig hinzu. Und sie lachten sich beide an, wie am ersten Tag. Als Eva am anderen Tag auf das Ver waltungsgebäude zusteuerte, stand er plötzlich unter der Türe der Halle. Er nickte ihr lachend zu. „Ich habe Ihnen aufgelauert," sagte er, leise errötend unter ihrem verwunderten Blick, und reichte ihr die Hand. „Na, und was soll's?" „Ich schäme mich wirklich — ich habe mich noch gar nicht für das Buch bedankt, das mich ganz köstlich amüsierte." „Hoffentlich haben Sic cs mit Erfolg ge lesen, es war wenigstens meine heimliche Ab sicht." Er nickte: „Ja, natürlich! Tief ins Ge wissen hinein ist mir der Don Juan gedrungen, aber —" „— aber ganz stimmt's doch nicht, meinen Sie? Nein, soll es auch nicht. Sie sind auch kein Typ, Sie sind eben doch mehr „Sonder klasse"." Er sah sie überrascht an: „Wie kommen Sie als Binnenländerin zu dieser Kenntnis?" Eva lachte: „Ich sagte Ihnen schon: Wan dervogel . . . Ich habe schon manche Kieler Woche hinter mir." „Und Sie wollen sich nicht für Segelsport interessieren? Sie wollten nicht segeln? Das ist ein Verbrechen!" Einen Augenblick kämpfte er mit sich, dann sagte er: „Und wenn ich Sie nun dock, noch einmal bitten würde — würden Sie mitkommen?" Eva errötete tief und sah zu Boden: „Nächste Woche haben wir Wäsche . . ." „Und drc übernächste?" Er gab's nicht auf. Eva fühlte seinen gespannten Blick. Sie sah auf und sagte ruhig: „Gut, in der übernächsten Woche dürfen Sie mich noch einmal fragen." „Ich danke Ihnen, Fräulein Horn!" Er grüßte und ging an ihr vorüber, hinaus in eine der Baracken. Eva sah ihm nach. Er hatte recht, sie würden noch etwas an einander erleben. Aber Siegerin würde sie bleiben? Sic atmete tief aus: Hüte dich —. Eva stockte. Sie hatte ihn beim Vornamen nen nen wollen und wußte ihn gar nicht. Sonder bar . . . wie mochte er heißen? „Steenholt", das klang beinahe dänisch. Aber er war Deut scher, Ostfricsc, soviel Dr. Dürholz ihr gesagt hatte . . . Eva sann alle Namen durch, aber cs paßte keiner. Später fragte sie „so nebenbei" Sigmund Dürholz danach, allein der wußte ibn auch nicht. * * * * Sonntag kamen die Herren zu Tisch, Punkt zwei Uhr. Denn wenn auch der Geheimrat sich erlauben durfte, in bezug auf die Mahlzeiten unpünktlich zu sein, von seinen Assistenten er- ivartete er die größte Genauigkeit auch in dieser Beziehung. Eva, als einzige Dame, sah davon ab, sich zu Tisch führen zu lassen. Als das Mädchen die Suppe meldete, stand sie auf und trat mit einer allgemein einladenden Handbewcgung in das Speisezimmer. Dr. Steenholt gab dem Geheimrat den Vor tritt und eilte dann an Evas Seite. „Darf ich um den Vorzug bitten?" lachte er, ihre Absicht wohl durchschauend. „Wenn Sie wollen," erwiderte sie trocken und deutete auf einen Sitz neben ihrem Platz. Während des Essens entspann sich eine hei tere Unterhaltung, die der Geheimrat durch Anekdoten aus dem Schatze froher Jugend erinnerungen immer von neuem in Gang brachte. In launiger Weise wurden die allgemknnen und die besonderen Tagesereignisse durchgesprochen, bis sich die Herren schließlich in politische Gegen sätze zu verwickeln drohten. (Fortsetzung in der Mcwgennuogo^e.)
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