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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.05.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191405109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19140510
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19140510
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-05
- Tag 1914-05-10
-
Monat
1914-05
-
Jahr
1914
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Seite 2. Nr. 235. Sonmass-Nusgsbe. Leipziger Tageblatt. prüfen, insonderheit Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin tzurra, Hurra, Hurra!" Die Musik spielte dir preußische Hymne. Daraus erhob sich der Kaiser zu folgender Ansprache: „Durchlauchtigster Herzog! Vielgeliebter Schwiegersohn' Mit inniger Herzensfreude bin ich mit Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin dn freundlichen Einladung Eurer Königlichen Hoheit zur heutigen bedeutungsvollen Feier dieses herzoglichen Hauses gefolgt. Nicht nur um Zeuge des jungen ehelichen Glückes unserer geliebten Tochter zu sein, sondern zugleich, um an geweihter statt« die ernsten Pflichten eines Taufpatens Les neugeborenen Kindes zu übernehmen. Ich darf wohl im Namen der sämtlichen durchlauchtigsten Taufpaten des Täuflings Eurer Königlrchen Hoheit unseren tiefgefühltesten Dank aussprechen. Gott der Herr hat Eure Königliche Hoheit reich gesegnet, indem er dem Hause Braunschweig Lüne burg und dem schönen braunschweigischen Lande einen Thronerben bescherte. Die treuen Wünsche und Gebete der Eltern und Groszeltern, die des braun schweigischen Boltes sind glücklich in Erfüllung ge gangen. Gottes Güte wird in treuer Elternliebe und Fürsorge der Erziehung des erstgeborenen Sohnes seinen Beistand leihen und ihn heran wachsen lassen zu einem tüchtigen, charak« tervollcn Manne, zur Freude seiner Eltern und Groszeltern und des ganzen Landes. Möge der junge Erbprinz, wenn ihm dereinst die Bürde der herzoglichen Krone auferlegt wird, sein größtes Glück und seine höchste Be friedigung darin finden, für das Wohl seines angestammten Braunschweiger Landes alle Kräfte einzusctzen, im Rate der deutschen Fürsten zu wirken für die Gröfze und Macht des deutschen Vaterlandes als eine feste Stütze unseres protestantischen Glaubens. Ich for dere Sie auf, mit mir die Gläser zu erheben und auf das Wohl des jungen Erbprinzen von Braun schweig Ernst August und seiner erlauchten Eltern zu trinken. Hurra, Hurra, Hurra!" Die Musik spielte die braunschweigische National hymne. Nach der Tafel hielten die Majestäten Cercle. Den Schluß des heutigen Festtags bildete ein Fackelzug mit Serenade. Etwa 2000 Sänger und 1600 Fackelträger be wegten sich in langem Zuge nach dem Schloszplatz, wo sie Aufstellung nahmen. Nachdem das erste Lied ver klungen, erschienen die Fürstlichkeiten auf dem Bal kon des Schlosses und hörten den Vortrag des Nieder ländischen Dankgebetcs. Hierauf hielt Stadtrat v. Frankenberg eine Ansprache. Nach einem weiteren Liede wurde der Dirigent, Hof- und Domkantor Wi l m s, sowie die Vorstände der Vereine in das Schloß befohlen. Eine gewaltige Menschen menge wohnte der Feier bei und brachte den aller höchsten und höchsten Herrschaften lebhafte Huldi gungen dar. * Der Kaiser hat eine Neihe von Auszeichnungen .>crliehen. Es erhielte» u. a. das Bild des Kaisers mit Unterschrift im Rahmen Staatsminister von Wolf s, Hosmarschall v. Klencke und Oberstall meister Frhr. v. Girsewald: den Stern zum Noten Adlerorden 2. Klasse General--Hofintcndant von s ch m i d t D a n k w a r d; den Roten Adlerorden 2. Klasse mit dem Stern Minister Nadkau; den Kronenorden 1. Klasse Oberzeremonienmeister Frhr. v. Münchhausen; den Stern zum Kroncnordcn 2. Klasse Oberlandcsgcrichtsoräsident Wolf und Generalintendant Frhr. v. Wangenheim; den Kroncnordcn 2. Klasse mit dem Stern Minister v. Boden, Zcrcmonienmeister Cramer v. Claus- bruch, den Roten Adlcrorden 2. Klasse General major v. Lindeguist. Immer noch Mlitäretat. (Stimmungsbild aus dem Reichs tage.) O Berlin, i). Mai. Die Beratung des M i l i t ä r e t a t s, die man in drei Tagen erledigt haben wollte, ist auch heute noch nicht zu Ende gekommen. Die Sonnabende — man muß das immer wieder von neuem wiederholen — eignen sich nun ein mal nicht zu parlamentarischer Arbeit, am we nigsten zur Rekordarbcit, und wenn die Parla mente wohl beraten wären, gäben sie den Wochen sch Ins; überhaupt frei. Man ist heute von 12 Uhr mittags bis in die 7. Abendstunde bei sammen gewesen. Man hat unendlich lange Reden gehört — mitunter dieselben von dein gleichen Mann noch einmal —, aber im Grunde hat mau sich dabei im Kreise herumgedreht und nichts weiter erörtert, als die Schmach der Sol- datenmißhandlungen und die Magen der von den Militärkapellen benachteiligten Zivilmusiker, die, >vie das Mädchen aus der Fremde, Fahr um Fahr bei dieser Gelegenheit wiederzukehren pflegen. Aus der Aussprache über die Militär justiz verdient die Mitteilung des Regierungs vertreters angcmertt zu werden, das; mit der Reform des Militärstrafrechts gewartet werden müsse, bis das neue Fivilstrasrecht fertig sei. Auch die Beschwerde» über den Militär boykott in Sachsen und Württem berg, die zu wiederholten Aussprachen zivi- chen sozialdemokratischen Abgeordneten und dem ächsischcn und württembcrgijchen Militärbevoll mächtigten rührten, durften nicht übergangen werden: schon um deswillen, weil die Sozial demokratie nicht mehr vollkommene Beseitigung des Militärverbots forderte, sondern gewillt schien, sich mit einer Milderung zu begnügen. Das Kapitel von den M i l i t ä r t a p e l l e n rief herkömmlicherweise Herrn Zubeit vor die Schranken, der mit seines Basses Grundgcwalr die weiland Posaunen von Jericho zu be schämen vermochte. Seine starten Ueberlreibun- gen — der Herr sprach sichtlich ohne eine Ahnung von der Beliebtheit, deren die Militärkapellen gerade auch in sozialdemokratischen Kreisen sich erfreuen, von der Schmntztönturrenz, die sie den Zivilmusikern bereiteten — wurden von dem fortschrittlichen Abg. Guns; er mit gutem Hu mor zurückgewiesen. Zum Schluss unterhielt man sich über die Bejahung der Burg Hohen- zollern. Am Montag soll die Sitzung schon um 11 Uhr beginnen. Vie Unterwerfung Marokkos. Der Vormarsch auf Tazza. — Der Plan des Generals Liautey. — Der Wider stand der Bergstämine. — Das Gefecht bei Dar-el-Hadjamai. — Inb2Stundenvon Paris nach Fez! I,. Paris, 8. Mai. Der Vormarsch auf Tazza stehl dicht be vor; das letzte Hindernis, das sich den Franzosen aus ihrem Marsch von Fez nach Oran entgegengeUt«, soll durchbrochen werden. Ursprünglich schien es im Plan des Generalkommissärs Liautey zu liegen, dag Tazza-Gvbiet rvirktuh durch „friedliche Durchdrin gung" dem Protektorat hinzuzugewinnen. Er schob seine Posten ganz langsam vor, eröffnete Märkte und erkaufte woht auch die Kaids; die Schmalspurbahn wurde von Udjchda über Taurirt bis nach der Kasa Msun, d. h. knapp 60 Kilometer von Tazza entsernt, ausgebaut, im Msun (auch M'Coun geschrieben) ließ er große Vorräte an Lobensmitteln und Kriegsmate rial anhäufen. Dies alles gelang fast ohne einen Flintenschuß. Doch jetzt sci>eint die militärische Un geduld wieder Lie Oberhand zu gewinnen. Vielleicht jagt sich auch General Liautey, der der Acadümie Franoaise angehört und aus seinen diplomatischen Rus stolz ist, daß die Besitzergreifung von Tazza ein Ereignis werden muß. Nicht etwa, weil dies Land irgendwelchen Kultur wert besitzt — es ist im Gegen satz zum reichen, fruchtbaren Schaujaland arm, ödeste Wüste oder wegen ragender Felsen unwegsam. Ader Tazza hat höchste strategische Bedeutung. Wer von Algerien und Oran nach Fez reisen will, muß durch das Höhental hindurch, das von Tazza beherrscht wird; weder im Norden noch im Süden gibt es «inen anderen Durchgang, La hier der Atlas seine steilen Bergzüge vorschiebt. Ehe es zur Teilung Marokkos kam, hofften die Spanier, sich dies Tazza zu eigen machen zu können; aber die Franzosen wollten um keinen Preis darauf verzichten: jode Landoerbindung zwischen dem marokkanischen Protektorat und dem öst lichen Kolonialbesitz wäre abgeschnitten worden. Man muß auch ohne weiteres zugestehen, daß der Besitz Tagzas für die Spanier keinesfalls dieselbe Bedeu tung gehabt hätte, wie für die Franzosen. Warum soll Tazza jetzt im Sturm genom men werden? Es ist bekannt, daß die dort hausen den Stämme der Bu-Arajns und Bu-Pahmeds tapfer und wild, auch sehr gut bewaffnet sind; aber sie ließe» sich bis jetzt ohne Widerstand zurückdrängen, und aller Wahrscheinlichkeit nach würde man sie mit Gold und Wohlleben in ein bis zwei Jahren vollends gewon nen haben. Jedoch bei jedem Durchbruch eines Tunnels werden laute Feste gefeiert; die französi schen Militärs wünschen mit Fanfaren und Gewehr geknatter die Bergfeste zu erklimmen. Bei Msun stehen 4.100 Mann, mit denen man nach einem Nacht marsch und einem Borsturm, der nicht länger als den 'Morgen dauern soll, in Tazza einzudringen gedenkt. Gleichzeitig wird General Gouraud mit den im Westen stehenden Truppen auf Suq-el-Arba vorgehen, wonach sich die Bereinigung beider Heere in Suq-el- Had-Tsul oder El-Asara vollziehen wird. Die Opera tionen können nm so leichter übereinstimmend ge führt werden, als schon seit Monaten die drahtlos« Telegraphie über die Köpfe der Atlasbewohner hin weg eine Verbindung ermöglicht hat. Prof. Augustin Bernard, der von Msun zurückgekchrt ist, sagte dem „Matin": „Es wird zu keinen großzügigen Militäropcrationen kommen; aber das Pulver wird doch mitsprechen; denn die Eingeborenen sagen: „Unsere Weiber würden uns als Feiglinge betrachten, wenn wir uns den Christen ohne Kampf unterrverfen würden." Die Schwierig keiten dürfen nicht geleugnet werden. Major Mou- gin hat alles trefflich vorbereitet, sich überall Mit wisser und Mithelfer gewonnen. Die Truppen befin- den sich in glänzender Verfassung; Soldaten, deren Dienstzeit abgelausen ist, wollen bleiben, bis die Waffentat vollbracht ist." Die Generale Baum garten und Gouraud erwarten jetzt das Kom men des Höchstkommandierenden Liautey, der nach seiner Begegnung mit dem Kammerpräsidenten Deschanel täglich das Zeichen zum Vorstoß geben kann und wohl nur gezögert hat, weil die Sieges nachricht und die Liste der Opfer zu dem Stichwahl tag eintreffen sollen . .. Schon bei einer vorbereiten den Aktion, die gegen irgendwelchen Roghi in der Nahe von Dar-el-Hadjamai durchgeführt wird, wo bei das Lager dieses religiösen Agitators in die Häirde Gournauds fiel, hatten di« Franzosen acht Tote und sieben Verwundete. (Unter den Toten den Fremdenlegionär Bockle aus Pletten, Württem berg.) Der neue Kamps wird noch ernstere Verluste zur Folge haben, für die das radikale Ministerium Doumergue die Verantwortung tragen soll. Mit der Eisenbahn, die allerdings nur militäri schen Zwecken dient, wird man, wenn sie über Tazza hinaus ausgebaut sein wird, in fünfzehn Stunden von Oran nach Fez gelangen kön nen, in 62 Stunden von Paris nach Fez! Das marokkanische Protektorat wird bald Frankreich nicht fremder und nicht, ferner sein, wie heute Algier und Tunis! vor -em Mbruch -er mexi kanischen Vermittlung. Der amerikanischen Regierung kommt, wie es scheint, die Verschärfung der Lage sehr unerwünscht und ihre Haltung ist wieder einmal sehr wider spruchsvoll. Lietzen sich schon die ruhig fortgesetzten Kriegsvorbereitungen in Veracruz nicht mit einem ehrlichen Waffenstillstand vereinbaren — wenn sie auch an sich sehr verständlich sind —, so treibt die Regierung vollends jetzt doppeltes Spiel, wo sie auf der einen Seite durch den Kriegsminister er klären läßt, datz keine Truppenfendungen geplant seien und auf der anderen Seite schon die Kontrakte für die nöligen Transportschiffe in der Mappe hat. Der Nebellenführer Carranza fühlt sich jetzt oben auf, und nicht mit Unrecht, denn er hat unbestreit bar Erfolge erreicht. Wie lange er allerdings in seiner „Hauptstadt" Torreon herrschen wird, ist eine andere Frage. Wir verzeichnen folgende Meldungen: Kriegerische Maßnahmen unausbleiblich. New York, 9 Mai.. In den letzte» Tagen hat sich die mexikanische Krise.wieder so zugespitzt, datz heute abend die Lage Hochernst ist und weitere kriege rische Maßregeln unausbleiblich er scheinen. Das Kriegsdepartement kauft unterder hand Transportdampfer für weitere Truppensendungen an. In Tampico, wo, wie schon gemeldet, die beiden bedeutendsten Petro leumquellen in Brand gesteckt wurden, sind dadurch alle dort liegenden Schiffe in Feuersgefahr geraten, so datz sie aus dem Hafen zurückgezogen werden mutzten. Die Verhältnisse haben sich derart ver schlimmert, daß man stündlich den Abbruch der in Wirklichkeit bereits gescheiterten Vermittlung gewärtigt. Veracruz gefährdet. Washington. 9. Mai. Eine gestern abgehaltene Beratung über die Frage, ob General Funston Verstärkungen gesandt werden sollen, zeigte, datz innerhalb des Kabinetts eine Meinungs verschiedenheit besteht. Einige Mitglieder des Kabinetts waren der Ansicht, daß durch die Absendung der Verstärkungen die Friedens vermittlung gestört werden könnte, während andere Verstärkungen für nötig hielten, um gegen einen Angriff längs der Eisenbahn und der Wasserwerke gerüstet zu sein. Wie verlautet, hat General Funston dem Kriegsdepartement mit geteilt, datz seine Linie an verschiedenen Punkten gefährdet sei und datz plötzliche An Sona«,, lv. Mi» «SIL griffe di« Zurückziehung seiner Streitkräfte von diesen Punkten notwendig machen würde, welche damit ungeschützt sein würden. Funston habe erklärt, er werd« 15000 bis 18000 Mann nötig haben, um Veracruz und die zurzeit besetzten Außenbezirke zu halten. Di« Entscheidung über die Höhe der Ver stärkungen wolle er dem Eeneralstab überlassen. — Während der Kriegssekretär Garrison erklärt, es seien keine Anweisungen erteilt worden, wird jetzt bekannt, daß Kontrakte über die Charterung von mehreren Handelsschiffen abgeschlossen und Vorbereitungen zur Absendung von 50- bi» 60000 Mann getroffen worden sind. Sturm aus Tampico und Mazatlan? Washington, 9. Mai. Nach Berichten au» den Hauptquartieren der Rebellen hat Earranza befohlen, die Unternehmungen gegen Tampico und Mazatlan zu einem raschen Abschluß zu -ringen. Verstärkungen sind auf beide Plätze vorgerückt. Carranza in Torreon. Torreon, 9. Mai Carranza ist hier einge troffen und hat Torreon zur vorläufigen Haupt stadt gemacht. General Villa empfing ihn am Bahnhof und geleitete ihn zu seinem Hause. politiseke UebeilieM Der Zrieöensschluß an -er Serliner Handelshochschule. Die Vorlesungen an der Berliner Handels hochschule sollen, nachdem sie eine volle Woche geruht haben, am Montag wieder be ginnen, da die Aeltesten der Kaufmannschaft und die Dozenten der Hochschule nunmehr zu einem Einvernehmen gelangt sind. Tie Einzelheiten diesem Einvernehmens sollen erst noch bekanntgegeben werden. Inzwischen hat Professor Iastrow an den Rektor der Handelshochschule folgendes Schreiben gerichtet: Sehr geehrter Herr Rektor! Wie ich höre, ist begründete Aussicht vorhanden, über die Prinzipienfragen, die die zu künftige Verfassung der Handelshochschule be treffen, eine schnelleEinigung zustande- zubringen, während eine Verzögerung durch Fragen bedingt zu werden scheint, die lediglich meine Person betreffen. Mir ist in den letzten Tagen durch den einmütigen Vertrauensbeweis meiner Kollegen, durch die nicht minder einmütigen Aeußerungcn der öffentlichen Meinung in der Tagespresse aller Parteischattierungen und endlich durch die kräftige Haltung unserer Studierenden, eine so überreiche Entschädigung zuteil geworden, daß ich es nicht verantworten könnte, aus dieser Ursache allein die imposante, aber doch schwerwiegende Störung fortgesetzt zu sehen. Soweit es aut mein Votum ankommt, bitte ich Rektor und Kollegium nach Eini gung über die Prinzipienfragen die Studie renden so schnell wie möglich um Wieder aufnahme des Besuches der Vorlesun gen zu ersuchen. Mit Hochachtung und kollegialem Gruße Dr. Iastrow. Vermutlich bildet dieses Schreiben eine Be dingung für die rasche Verständigung über die Prinzipicnfragen. Eine seltsame Spen-e. Das Pariser „Journal" teilt mit, daß dem französischen Kriegsmini st eriu m un gefähr 50 Trompetenderdeuts chen Ar mee geschenkt worden seien, die das Mini sterium sofort unter die verschiedenen Infanterie regimenter verteilt habe (?). Diese Trompeten sollen dazu verwandt werden, um die französi schen Truppen mit den deutschen Trompeten signalen bekanntzumachen, besonders mit den im Felde gebräuchlichen. Das Blatt macht darauf aufmerksam, wie wichtig es für eine Ar mee sei, schon in Fricdenszeiten die Signale des Feindes kennen zu lernen und in jedem Regiment einige Leute zu besitzen, deren Ohren an die Trompetensignale des Feindes gewöhnt sind. Wer der „Spender" dieser 50 Trompeten ist, sagt das Pariser Blatt leider nicht. Fus Sem Leben -es Herzogs von Frgpll. Ter verstorbene Herzog von Arghll, Schwie gersohn der Königin Viktoria, war ein nicht ge wöhnlicher Mann. Er hat zwei Bände fesselnder Lebenserinnerungen veröffentlicht, die den Titel „Wanderungen durch die Vergangenheit" füh ren; er hat das Buch zu einer Oper „Tiarmid" verfaßt, und als die Aufführung dieser Oper unter lebhaftem Beifalls vor sich gegangen war, sagte er in seiner trockenen schottischen Art: „Wo das herkam, ist noch mehr, falls man es haben will." Der Herzog war nämlich ein Schotte durch und durch, und dafür genoß er bei seinen Landsleuten, deren Anhänglichkeit an ihre Heimat ja beinahe sprichwörtlich ist, die größte Beliebtheit. An dem Tag, als der da malige Marquis von Lorne die Ehe mit der Tochter der Königin Viktoria einging — es waren harte Widerstände zu überwinden gewesen, ehe der schottische Edelmann den Ring mit der englischen Prinzessin wechseln konnte —, an diesem Tage äußerte eine alte brave Schottin: „Heute kann die Prinzessin stolz sein!" Tenn die Gattin des Marquis von Lorne zu werden, das war in der Vorstellung der guten Alten so ungefähr das Höchste, was einem weiblichen Geschöpfe auf dieser Erde an Glück und Ehre Widerfahren konnte. Tie Erinnerungen des Herzogs von Argnll reichten noch bis ans Wellington zurück. Als er Junge war, hat er den Helden von Waterloo zusammen mit anderen Kindern im Ringelreihen umtanzt, und der Alte lächelte vergnüglich dazu, „belustigt, sich so ganz von einer Kriegskunst umzingelt zn sehen, der er nicht widerstehen konnte." Für uns Deutsche ist es besonders interessant, daß der Herzog im Jahre 186«, zum Studium die Universität Berlin bezog. Er hatte vorher ein Jahr in Cambridge studiert, dessen Zustände er aber einer scharfen ökritik unterworfen hatte; um so besser gefielen ihm die wissenschaftlichen Einrichtungen der Hochschule der preußischen Hauptstadt. Er kam damals in die Tage des gewaltigen politischen Aufschwungs des preußischen Staates hinein und hatte, da er in der ersten Gesellschaft verkehrte, Gelegenheit, die hervorragendsten Männer Ber lins kennen zu lernen. Tavon schreibt er: „Wie ein Tnrm ragte in der politischen Gesellschaft hoch über alle Bismarck und in der Armee Graf Moltke. Bismarck war groß, oft derb und rauh, aber höflich, stets sprach er seine An sichten, oder doch wenigstens das aus, wovon er wünschte, man möchte es als feine Ansichten ansehen. Moltke war dünn und schmächtig, in seinem Verstände von ebenso scharfem Schnitt wie in seinem Profil, glatt rasiert, glatt im Sprechen, aber fest und entschieden, wenn er etwas sagte, was sehr selten geschah." Aus jener Zeit hat der Herzog von Argyll von dem damaligen Prinzen Wilhelm, unserem jetzigen Kaiser, folgendes Bild entworfen: „Der kleine Prinz Wilhelm wird, wenn er am Leben bleibt, vielleicht der tüchtigste König werden, den Preu ßen seit Friedrich dem Großen gehabt hat. Er ist jetzt erst acht Jahre alt, aber er hat sicher lich viel gute Gaben und viel Verstand. Seine Mutter ließ ihn Uhlands ganze lange Ballade von Jung-Roland vor mir aufsagen. Er dekla mierte sie vollständig herunter, ohne auch nur einmal stecken zu bleiben, und er sprach die Verse mit viel Begeisterung und Vergnügen." Seine Beziehungen zur deutschen Welt hat der Herzog auch später noch gepflegt: speziell dem Fürsten Bismarck ist er bei Gelegenheit des Berliner Kongresses näher getreten und er hat ihm später auch in Kissingen einen Besuch ab gestattet. Das Urteil, in dem er seine Erfah rungen zusammenfaßte, ist kurz und schlagend: „Ein großer Mann, nodly plsnneä." Seine bedeutendste Wirksamkeit entfaltete der Herzog als Gencralgouverneur von Kanada, eine Stellung, in die er im Jahre 1878 ein- rückte und die er mit großem Takte und feinem politischen Verständnis ausfüllte. Später trat er im öffentlichen Leben mehr in den Hinter grund, blieb aber immer eines der vornehmsten Mitglieder der hohen englischen Gesellschaft. Er war in ihr bekannt als einer der schlechtest ge kleideten und geistreichsten Gentlemen des ganzen Königreiches. Seine Gesellschaft war ganz be sonders darum gesucht, weil er wie wenige die seltene Kunst verstand, Geschichten gut zu erzählen. So wußte er z. B. höchst drollig davon zu berichten, wie er einmal beinahe als Fenier verhaftet worden wäre. Es war bei einem Be suche in Irland, auf der Station Sligo war tete er auf den Zug und plauderte und rauchte sich inzwischen eins mit dem wachthabenden Poli zisten. Als der Zug endlich einlief, erklärte der Polizist ernst und gemessen, er müsse den Herzog verhaften. Der wollte sich das natürlich nicht gefallen lassen, warnte ihn vor voreiligem Ver fahren und erklärte ihm, er sei eben auf dem Wege zum Vizekönig, und wenn der ihn nun fragen würde, ob er auch zu Sligo einen tüch tigen Polizisten getroffen habe, was sollte er ihm dann sagen? Die bewaffnete Macht wurde unsicher und trat in eine Besprechung mit dem Zugführer ein, aus der der Herzog die halb laut gesprochenen Worte heraushörte: „Sieht er nicht wie ein Gentleman aus?" Endlich ent schloß der Polizist sich, den Herzog freizulassen, machte ihn aber darauf aufmerksam, daß der Zugführer ein Auge auf ihn haben werde. So entrann der Herzog der Verhaftung; in Dublin erfuhr er dann, daß man auf einen Führer der Fenier fahnde, der ihm zum Verwechseln ähnlich
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