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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.05.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191405109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19140510
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19140510
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-05
- Tag 1914-05-10
-
Monat
1914-05
-
Jahr
1914
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6. Vellage. Sonntag, 10. Mat 1914. Leipziger Tageblatt. Nr. 2SS. Sonmags-Nusgade. Seite 53 -x k^i'auen-flunclzellau Vie -rutsche Stu-entin vor einem Jahrzehnt und heute. * In dem neuesten Hefte der bei Engen Diedc» rtchs in Jena erscheinenden Monatsschrift „Die Tai", das ganz den akademisck>en Fragen gewidmet ist und ein sehr reichhaltiges und interessantes Material zur Beurteilung der akademischen Probleme der Gegen» wart liefert, teilt Levin L. Schücking Beobachtungen über die deutschen Studentinnen mit, die er in zehn» jähriger Zusammenarbeit mit Studentinnen ge- lammelt hat, und die in mancher Beziehung als ty pisch betrachtet werden dürfe». Zwischen der deutschen Studentin von heute und der vor einem Jahrzehnt besteht nach ihm ein großer Unterschied. Die Studentin vor zehn Jahren glaubte in sehr vielen Fällen ihrem äußeren Menschen wenig schuldig zu sein. Ihre gründliche Verachtung aller Aeußerlichkeiten schuf den Entsetzen einflößcnden Typ der Studentin mit dem Struwweltopf, der schlecht» sitzenden Bluse von unbestimmter Farbe, den schlotte» rigen Röcken und der mehr als naturgemäßen Fuß» bekleidung. Dieser Typ Studentin schwänzte niemals das Kolleg. Daß sich die männlichen Kollegen über sie lustig machten, das verschlug ihnen schon darum wenig, weil sie damals zumeist fünf bis zehn Jahre älter waren als ihre männlichen Kameraden. Die PÄlologinnen hatten bereits fast durchweg unter richtet, die Neusprachlerinnen schon im Auslande sich Kenntnisse erworben. Ihre Reise und Bildung machte das Arbeiten mit ihnen zum Vergnügen. Sie empfanden freudigen Stolz darüber, daß sie als die erste Generation in der langen und ehrwürdigen Geschichte der Universitäten die Alma mater zu sich gerufen hatte, und sie waren von dem Ehrgeiz er füllt, sich der Gleichberechtigung würdig zu erweisen. Ihre Leistungen stellten damals die der Studenten tatsächlich meist in den Schatten. Wenn man in vieler Zeit, so bemerkt Schücking aus seiner Praxis, in literarhistorischen Hebungen Berichte verteilte, so konnte man unbedingt darauf rechnen, namentlich in physiologischer Zergliederung, in Fragen drama- ttscher lind kompositioneller Richtung u. dgl. wahr haft Mustergültiges von ihnen zu bekommen, wo gegen die Arbeit der Studenten stark absiel. Der Geist in den Kreisen dieser Frühstudentinnen hatte etwas Rührendes, selbst Ergreifendes. Daß sich ihnen die noch vor wenigen Jahren undenkbare Mög lichkeit des Universitätsbesuches aufgctan hatte» empfanden sie beglückend, sie betrachteten ihre Studienzeit als einen Spätsommer ihrer Jugend, in dem etwas von der Fröhlichkeit und harmlosen Aus gelassenheit ihrer Backfischjahrc wieder auflebte, und an den altüberlieferten, trockenen Lernstoff gingen sic mit wahrer Begeisterung heran. In all dem hat sich heute vieles geändert. Die „derwischartige" Kleidung gilt längst nicht mehr als Zeichen besonderen wissenschaftlichen Ernstes. Ge fällig gekleidet, ohne durch die Extravaganzen der Mode aufzufallen, weiß sich die Studentin in der Regel in den Rahmen der Universität gut einzu passen. Der wichtigste Unterschied gegen früher aber liegt in ihrer Verjüngung. Sie erwirbt ihr Reife zeugnis etwa wie der Mann, und die Studienzeit er scheint ihr nicht mehr als ein besonderer Glücksfall, sondern als etwas, was üblich und gewöhnlich ge worden ist. Sie ist dem Sttidenten heute weder an Vorbildung, noch an Lebenserfahrung überlegen, und damit ist auch überhaupt ihre frühere Ueberlegenheit unfraglich weggefallen. Es studieren heute auch Frauen, deren Intelligenz in den Jahren der Pioniere zweifelsohne nicht für zureichend angesehen worden wäre. Die Studentin besucht auch heute noch ihre Vorlesungen pünktlich, aber auf dem Gebiete der produktiven Arbeit werden besondere Leistungen von ihr immer seltener. Es fehlt ihr, das ist auch Schückings Erfahrung, an der Selbständigkeit und dem wissenschaftlichen Wagemute. Dafür hat sie allerdings andere schätzenswerte Eigenschaften: so ist sie z. B., die geborene Interpretin, und oft hält in Wissenschaftlichen Fragen ihr gesunder Menschenver stand sie davon zurück, sich in Spitzfindigkeiten zu ver lieren, eine Gefahr, der der Student leichter er liegt. Dem Examen steht die heutige Studeytin ruhiger und gefaßter gegenüber, als ihre Vor gängerinnen, die im Examen oft völlig den Kopf verloren. Die Studentin von heute kann eben mir weniger verbrauchten Nerven arbeiten. Vie Seteiliguag -er Frau im Rechtsverkehr. Von Landgerichtsrat Dr. jur. L. Sowohl im geschäftlichen als auch im prnmten Leben kommt es häufig vor, daß die Frau ihren Ehemann bei Vornahme irgendwelcher Rechts geschäfte unterstützt, ihm bei Besprechungen eines Vertrages mit anderen Leuten beratend zur Seite steht oder auch gar im Verlaufe mehrerer Abreden für ihren Mann allein Besprechungen vornimmt. Die Folge derartiger Mitwirkung der Frau ist l-äufig die, daß sie auf Grund ihrer „Mitl'eteiligunZ" auch mit in Anspruch genommen und mitverilagt wird. So kommt es häufig vor, daß sich ein Geschäftsmann ein Darlehn geben läßt und daß bei den Abreden hierüber die Frau den Darlohnsgeder günstig zu stimmen sucht. Sie hat damit keineswegs sich selbst zur Rückgabe des Darlehns mitverpflichten wollen. Nur dann wird eine solche M i t Verpflichtung anzu nehmen sein, wenn sie entweder ausdrücklich über nommen ist oder aus andern Umständen hcrvorgeht. Hat z. B. der Darlehnsgeber das Geld nur des halb hergegeben, weil die Ehefrau ihm erklärt hat, sie sei vermögend, oder sie habe eine Erbschaft ge macht, das Geld sei ihm daher sicher, so wird man eine Mitverpflichtung der Ehefrau annehmen können. Betreibt die Ehefrau mit ihrem Ehemann ge meinschaftlich ein Erwerbsaeschäst, und macht sie mit diesem gemeinschaftlich Bestellungen dafür, so Ixastet sie natürlich vertragsgemäß mit ihrem Ehe mann für die Zahlung des Kaufpreises. Unterschreibt die Ehefrau mit ihrem Ehemann einen Mietvertrag, so haftet sie mit dem Manne zu sammen wegen des Mietzinses, trotzdem sic ein selbständiges Wohnungsrcchl mangels besonderer Abrede nicht erwirbt. Durch die vorbezeichnete Mitbctciligung der Ehefrauen an solchen Vereinbarungen ihrer Ehe männer entstehen häufig Prozesse, die vermieden würden, wenn ;n allen Fallen, in denen ein schrift licher Vertrag nicht geschlossen wird, klipp und klar zum Ausdruck gebracht werden wurde, ob und in welcher Weise die Ehefrau für die übernommene Schuld michaften soll. Ein Zrauenunternehmen an -er schweizertjchen Lan-esaussteUung. Uns wird aus der Schweiz geschrieben: In der Schweiz rüstet man sich eifrig für die schweize rische Lairdesausstellung, di« am IS. Mai eröffnet werden soll. In hervorragender Weise werden sich die Schweizer Frauen daran beteiligen, indem sie in der Gruppe Raumkunst einen grogen Pavillon zu einem „Alkoholfreien Restaurant" einrich ten. Die äußere vornehme Gestaltung mußt« dem Architekten der Landesausstellung vertraglich über lassen werden, weil das Restaurant einen Bestandteil der NauintunstaussteNung bildet, für den Pavillon müssen 38 000 Franken bezahlt werden. Dafür dürfen sich Sie Frauen aber dann auch einer stilgerechten Einrichtung rühmen. Um das Unternehmen würdig durchführen zu können, haben sich alle angesehenen schweizerischen Frauenvereine zu einem „Verband schweizerischer Frauenoereine für alkoholfreie Fest- wixtschaften" Mammengeschlossen, Betrieb und Lei tung sowie das finanzielle Risiko l-at der „Züricher Frauenverein für alkoholfreie Wirtschaften" über nommen. Derselbe besitzt in Zürich eine Reihe vor züglich eingerichteter und gut geleiteter alkoholfreier Restaurants mit oft drei bis fünf Sälen und Sitzungszimmern, sie bilden eine Art Volkshäujer, auf dein Zürichberg sogar ein prächtiges alkoholfreies Kurhaus. In diesen Züricher alkoholfreien Restau rants verkehren alle Schichten der Bevölkerung, ja, es ist der Vorzug derselben, daß die Leitung es mit seinem Takt verstanden hat, neben den einfachen Arbeitern auch die guten Kreise anzuziehen. Dazu haben wesentlich die schönen Lokale beigetvagen. Die gebotenen Speisen sind gut und billig, die Servier töchter dürfen kein Trinkgeld annehmen. Natürlich besitzt nun der Zürick-er Frauenverein für alkoholfreie Wirtzcha ten genug Erfahrung, um auch den Betrieb nährens cer Landesausstellung in Bern gut durchführen zu können. Vor allem wollen die Schweizer Frauen das Reformwirtshaus in der Praxis zeigen und beweisen, daß ein« gute Wirt schaftsführung ohne Alkohol möglich ist, vor altem soll die Jugend sehen, daß Aestanlässe und Gesellig keit nicht notwendig mit Alkoholgenuß verbunden sein nlüssen. Zudem gibt dieses Fvauenreftauvant den Frauen Gelegenheit, sich auch im wirtschaftlichen Er werbsleben auszuweisen. Der Pavillon bietet .',00 Gästen Raum, ferner kön nen iin anschließenden Garten noch weitere 500 Per sonen placiert werden. Da eine große Frequenz zu erwarten ist, mußten natürlich auch die Küchen- und Wirtschaftsräume entsprechend eingerichtet werden. Es wurde eine große Dampskochanläge montiert, zu welcher 6 große Kochkessel von 15—250 Liter Inhalt gehören. Die nämliche Airlage liefert auch das für den ganzen Betrieb notwendige heiße Wasser. Wärmeschränke und Eisschränke sind in genügender Anzahl vorhanden. Der mächtige Kochherd kann in 2—3 Stunden für 1200 Personen einfache Mittag essen liefern, der Patisserieofen stellt in 3—4 Stunden für 1000 Personen Backwerk her. In dem großen Be triebe ist außer dem Heizer nur weibliches Personal angestellt. Die Betriebsleitung hat in der Nähe der Ausstellung ein Haus für 8000 Franken gemietet (für ein halbes Jahr), um dem Personal gute Un-ter- kunstsräume zu sichern und ihm auch die notwendige Ruhe in seiner freien Zeit verschaffen zu können. Das Unternehmen des Reformwirtshauses findet überall großen Anklang, es gehen der Leitung täglich Sympathiekundgebungen in Form von Briefen zu. Gewiß wevden Tausende von AuSstellungsbesuchern dankbar für die Gelegenheit sein, in schönen Räumen behagliche Mahlzeiten ohne Alkoholzwang einnehmen zu können, die tatkräftigen Schweizer Frauen dürfen auf ihr Unternehmen, das sie mit eigener Kraft ins Leben riefen, stolz sein. Gewiß werden auch die Frauen anderer Länder in dem alkoholfreien Pavil lon ernckehren und neue Anregungen für die Gast hausreform, diese notwendigste Wohlfahrtsarbvit, mit heimnehmen. Else Spiller, Kilchberg b. Zürich. vom wandern. Von Frida Spandow. Das Wandern ist nicht allein des Müllers Lust, sondern macht auch anderen Leuten Freude, wenn man — ein wichtiger Einwand — richtig ausgerüstet ist. Denn wirkliches Wandern ist nicht zu ver wechseln mit einem harmlosen Spaziergang, den man gemütlich zwischen zwei Mahlzeiten unternehmen kann' es will genau überlegt und vorbereitet sein in oezug auf Zeiteinteilung, Kleidung und Er nährung. Ein kurzer Wanderplan mit leidlich ge nauen Angaben über die Entfernungen zwischen den vorgesehenen Rastpunkten sei vorher ausgestellt und die einzelnen Reisestrecken nicht zu weit genommen, da Uebermüdung schwere Gesundheitsschädigungen im Gefolge haben kann. Trainierte Wanderer können sich acht bis zehn Wanderstunden am Tage zumuten, während Ungeübte nach drei bis vier Stunden er schöpft sein werden. Der richtige Wandcrschritt muß gleichmäßig im Takte fortführen, zu schnelles Gehen pumpt die Lungen aus, zu langsames macht sie schlaff. Das Wichtigste beim Wandern sind die Füße, darum ist auch auf ihre Bekleidung das Hauptaugen merk zu legen. Die Stiefel müssen vor allem bequem und dauerhaft sein. Wer in Salonschuhen die Land straße eröbern will, wird bald ein klägliches Fiasko erleben. Zwar ist es nicht nötig, als Ausbund von Häßlichkeit herumzulaufen, doch muß beim Wandern die Schönheit und die Eleganz der Erscheinung hinter der Nützlichkeit zurückstehen. Die Eitelkeit bleibe ruhig daheim beim Seiden strumpf und Spangenschuh, lieber ein bißchen plumper Fuß als drückende Stiefel! Festes Loder, das keine Nässe durchlüßt, dicke Sohlen und niedrige Absätze sind zum Lauren dringend zu empfehlen. Zum Berg steigen, auch schon in unseren deutschen Mittel gebirgen, sind Nagelschube sehr augenehm. Die Be- nagelung läßt man am besten an Ort und Stelle be sorgen, wo sie meist verständnisvoll und preiswert ausgeführt wird. Wollene Strümpfe, die den Fuß mollig einhüll«», sind baumwollenen vorzuziehen, die bei fast unvermeidlichem Eindringen von Feuchtigkeit hart werden und empfindliche Füße wundrciben. Ein laues abendliches Fußbad >ollte niemals unterlassen werden, zur Stärkung kann man den Fuß nachher mit Franzbranntwein einreiben. Wunde Stellen werhen nach gründlicher Säuberung mit Hirschtalg cingefettet und über Nacht etwas Watte oder Lerbandgazc aufgelegt. Ein trockene» Wundpuder oder Talkum, vor dem Anziehen in die Strümpfe gestreut, schützt vor Wundlaufen oder Durchscheuern. Der praktische Kleiderrock, aus dunklem im prägnierten Loden, in einer Nuance, die weder Staub- noch Wasserflecken annimmt, ist fußfrei mit Riegeln und Knöpfen versehen, so daß man ihn bei Regen oder zum Steigen um eine Hand breit ver kürzen kann. Eine bequeme, weite, halsfreie Flanellbluse mit kurzen Aermeln dürfte im Tragen angenehmer als Batist sein, da letzterer den Rücken gar nicht gegen kühle Winde sichert, ein Mangel, der nach heftigem Transpirieren ost zu Erkältungen führt. Ein weicher, ungarnierter Filzhut, ein Schleierschal, der bei Regen Augen, Ohren und Hals einhüllt, vervollkommnet das praktische, nicht un kleidsame Kostüm. Fügt man noch ein wetterfestes, langes Lodencape mit Kapuze hinzu, so mag man getrost den Kampf auch mit Sturm und Regen aus nehmen Gänzlich überflüssig zum Wandern ist der Regenschirm. Man bringt von ihm gewöhnlich nur noch Fragmente wieder heim. An seine Stelle tritt besser ein fester Stock, der bei Ermüdung und auf glatten Pfaden eine Stütze gewährt. Bleibt noch der Rucksack zu erwähnen, ein un erläßlicher und treuer Reisebegleiter. Rian wähle ihn aus festem, undurchlässigem Stoff und achte be sonders darauf, daß die Tragriemen breit, fest und aus naturfnrbiqem Leder sind. Schmale Riemen drücken auf den Schultern, dunkle färben bei Feuchtigkeit ab und hinterlassen, besonders auf Hellen Blusen, ganze Landkarten aus zerflossenen Farbflecken. Beim Packen des Rucksackes verteile man das Gewicht gleichmäßig. Rutscht das Schwere auf eine Seite, wird das Tragen bald lästig. Es ist kaum nötig zu sagen, daß man sein Gepäck beim Wandern auf das Dringendste beschränken soll, eher im Gegenteil. Nimmt man zu wenig mit, um leichter zu wandern, so rächc sich diese Bequem!.chkeit oft genug. Sehr wichtig sind ein Paar weiche Schube, die dem müden Fuß abends eine wahre Wolltat bedeuten. Ebenso reichlich Strümpfe zum Wechseln, und im Gebirge warmes Unterzeug. Schon in mäßig hohen Regionen wird es nachts empfind lich kalt, und die Herbergen sind manchmal recht primitiv. Dann ist es sehr erfreulich, wenn man sich durch warmes Unterzeug, das leichter zu ver packen ist wie Decken und Mäntel, gegen die Kälte schützen kann. Entgegen dem Wort«, daß drei die beste Gesell schaft bilden, wandert es sich am fröhlichsten zu zweien. Freilich muß man miteinander überein stimmen im Können, Wollen und Empfinden. Ganz allein ermüdet man schneller, kann auch seine Ein drücke keinem Gleichgesinnten anvertrauen und sieht mit Neid die heiteren Weggenossen an sich worüber ziehen. Ein größerer Kreis wieder ist schwer beim Wandern zusammenzuhalten oder man 'nutz -ich blindlings einem Führer unterwerfen, wie es bei Wandergesellschaften auch stets der Fall ist. Bei Er müdung treibt ein heiter angestimmtes Marschlied selbst erschlaffte Füße mechanisch zum Weiterichreitcn an. Die anfcucrnde Wirkung des musikalischen Rhythmus ist eine althergebrachte Erkenntnis. Die schönste Wanderzeit sind die frühen Morgenstunden und der spät« Nachmittag. Nickis Schöneres, als bei Sonnenaufgang durch taufrische Wiesen und er wachende Wälder zu ziehen. Die Sonne v ärmt, aber brennt noch nicht, die Vögel singen, und elastischen Schrittes wandest der ausgeruhte Mensch eindrucksfreudig durch die Pracht der Natur. Die schwülen Mittagsstunden werden zur Rast benutzt, ein Schlä'cken in kühlem Wa!d S'ckatten gibt neue Kräfte. Mit vollem Magen läuft es sich schlecht, aber auch^der Hunger ist ein lästiger Wander kamerad. Sind keine Wirtshäuser am Wege, so versehe man sich bei'eiten mit Proviant. Leicht verdauliche Speisen und alkoholfreie Getränke bilden die beste Mahlzeit. Man vermeide zu häufiges Trinken, vornehmlich eiskaltes Oucllwasser. Trotz seines herrlichen Gesckmackes und momentan an genehmer Wirkung ist es eine heimtückische Er- auickuna. deren Dolgen bösartig sein können. Sehr lustig ist das Abkochen im Freien, doch will das Feueranfachen und Aufbauen des Holzes richtig ver standen sein. Es gehört eigentlich mehr zum „Camping": beim Wundern ist das Mitschleppen des gesamten Küchcnapparatcs etwas umständlich. verschiedenes. * Weiblich« Dozenten. So sehr sich der Start da gegen sträubt, an den Universitäten den Frauen die Dozentenkarriere fr«izug-eben, so vermag er sie doch damit nicht von dem Beruf gang auszuschlicßen. So hat die freie Hochschule, Berlin, kürzlich Frl. Dr. Jacobs ahn zu Vorlesungen über Armenpflege zu gelassen. * Frauen in Schulkommissionen. Durch die Ein führung der obligatorischen hauswirrschastlichen Fortbildungsschule in Straßburg wurden neu« kom munale Fvauenämter geschaffen. Sechs Frauen, di« von den Frauenvereinen vorgeschlagen worden waren, wurden der Schulkommisjion für die haus wirtschaftlichen Fortbildungsschulen zugeteilt. Dem Ortsschulvorstand haben früher schon zwei Frau«» mit beratender Stimme angehört. — Auch in Tilsit hat man einer Frau Stimmrecht in der städtischen Schuldeputation eingeräumt. Es ist die Direktorin des dortigen Lyzeums. Zur Ausbildung d«r Bibliothekarin. Viele Frauen, die gern Bibliothekarin werden mochten, müssen dielen Wunsch aufgeben, da in ihrer Stadt keine Ausbildungsmöglichkeit vorhanden ist. Man verlangt als Vorbildung meist eine Volontärzeit in einer größeren Bibliothek und dazu Kenntnisse in Sprachen, auch in alten, und andere für das Fach besonders notwendige Studien. In wenigen Orten gibt es private Biöliothekarinnenschulen. die mit einem Examen abschließen. Um dem Mangel an geeigneter Ausbildung abzuhelfen, hat die Stadt Breslau die Ausbildung der Bibliothekarinnen über nommen. Diesem Beispiel ist jetzt Magdeburg gefolgt. In beiden Städten liegt die Leitung in den Händen des Stadtdibliothekars. In Breslau haben die Frauen, die die Kurse absolviert haben, fast alle Stellungen in der Stadt selbst gefunden. In Mag deburg soll die Ausbildung vier Halbjahre umiassen und im ersten Halbjahre an einer Dolksbibliothek erfolgen. Daneben ist ein praktischer Kursus für Buchbinderei an der Kunstgewcrkeschule zu nehm:». Das Schulgeld beträgt für Einheimische im 1. Halb jahr 50 it, im 3. und 4. je 100 während Aus wärtige das Doppelte zu zahlen haben. Die Höbe des Schulgeldes im 2 Halbjahr bleibt späteren Verein barungen Vorbehalten * Frauen in der «rmeupflege. Mit der Annahme des dem Bayerischen Landtage jetzt vorliegenden Entwurfs eines Armengesetzes (Ausführungsgesetz zum Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz) würde für das Königreich Bayern die Wählbarkeit von Frauen zu Mitgliedern des Armenrats ausdrück lich zugelassen sein. Nach Artikel 26 des Entwurfs sind wählbar alle volljährigen Einwohner beiderlei Geschlechts, die mit Steuer veranlagt sind. Für Frauen gilt das Erfordernis der Steuerveranlagung auch dann als erfüllt, wenn der Ehemann oder ein Elternteil mit Steuern veranlagt ist. Dieselben Voraussetzungen gelten für die Wählbarkeit zu Armenpflegerinnen. Den Bezirkspflegeausschüssen, die in Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern für jeden Armenbezirk gebildet werden können, in Gemeinden mit mehr als 30 000 Einwohnern ge bildet werden müssen, und die sich aus einem Mit- gliede des Armenrats, dem Armenarzt, dem Pfarrer und mehreren Armenpflegern des Bezirks zusammen, setzen, sollen Frauen nach ausdrücklicher Bestimmung des Gesetzentwurfs ebenfalls angehören. Ehcgesetz». In fast allen europäischen Staaten stammen die Gesetze über die Ehe und Ehescheidung aus einer Zeit, in der die Beschaulichkeit des Lebens Hand in Hand ging mit einer engen Bindung der Familie, in der der Mann allein der erwerbende Teil war, während den weiblichen Mitgliedern die Sorge für den Haushalt übertragen war. In Zu sammenhang damit stand die Auffassung über -en Begriff der Ehe. In unseren Tagen ist ihr Inhalt ein anderer geworden und mag man auch diese Ver änderung der Ansckzauung nicht immer gutheiken^ so wird man sich doch den veränderten Verhältnigcn anpassen müssen. Wie stark der Zug der Zeit nach Umänderung der Ehegejetze ist, geht daraus hervor, daß seit -em letzten Jahre Reformoorschläge und Gesetzentwürfe in England, Schweden und Ungarn beraten worden sind. Ueberall haben sich die Frauen lebhaft an den Diskussionen beteiligt, wobei sie in England sich besonders der arbeitenden Frauen angenommen haben, für die unter den be- stehenden Verhältnissen die Möglichkeit der Ehe» scheidunq fast illusorisch ist. In Schweden sind Hei« ratsverbote vorgesehen für Geisteskranke und Ge schlechtskranke, solange eine Gefahr der Infektion vorliegt. Eine wesentliche Erleichterung wird für die Ehescheidung geplant, die bei gegenseitigem Ein verständnis probeweise auf ein Jahr ausgesprochen werden soll, dann aber, sobald beide oder auch nur der eine Teil es wünscht, endgültig ausgesprochen wird. Wichtig ist, daß die Scheidung auch auf Wunsch nur eines der beiden Eheleute durchführbar ist. In bezug auf die Kinder schlägt der Entwurf vor. daß die Mutter, falls ihr die Kinder zugesprochen sind, auch die allein gesetzliche Vertreterin ist- * Ein Erholungsheim für berufstätig« Frauen wird in Blankenburg in Thüringen in diesem Früh jahr eröffnet werden, und damit einem dringenden Bedürsnis abgeholfen. Bei den messt ungünstigen Einlommensoerhältnissen und den geringen Mitteln, di« den arbeitenden Frauen für ihre Erholung zur Verfügung stehen, ist es oft schwer, ein« geeignete Stätte ausfindig zu machen, wo für wenig Geld Be hagen und gute Verpflegung geboten wird. Das neu« Heim im Friedrich-Froebel-Haus wird allen die sen Anforderungen eittsprechen. In ihm erhalten di« Mitglieder des Kindergärtnerinnenoereins Vor» zngspreise, öder gar bei völliger Mittellosigkeit «vent. auch freien Aufenthalt. * Frauenstimmrechts-Archiv in München. In München ist man an die Gründung eines Frauenstimmrechts-Archivs gegangen. Das Archiv wird für Deutschland nach Bundesstaaten geordnet werden. Zur Beschaffung von weiterem Material werden in jedem Staate eine oder mehrere Mit arbeiterinnen gesucht, die die Pflicht haben, für das Archiv alle Frauenstimmrechtsdokumente ihres Staates aus der Vergangenheit zu beschaffen. * Das ungarische Familienrecht und die Frauen. In Ungarn wird eine Aenderung des Bürgerlichen Gesetzbuches geplant, wobei auch die Bestimmungen über das Familienrecht einer durchgreifenden Um arbeitung unterzogen werden sollen. Da gerade die einschlägigen Gebiete, wie das Eherecht, das Recht des unehelichen Kindes, das Vormundschaftsrecht usw. die Frauen ebenso angehen, wie die Männer, wenn sie nicht noch stärker unter ungünstigen Be stimmungen zu leiden haben, wandte sich der Bund ungarischer Frauenoereine an den Justizminister mit der Litte, seine Wünsch« zu dem Gegenstand äußern zu dürfen. Sie fanden fast unerwartet großes Entgegenkommen. Denn nach einer Rücksprache mit dem Minister, in dem die Frauen ihre zahlreichen Wünsche Paragraph für Paragraph vororachten, wurden die Frauen zu einer Kommissionssitzung unter Leitung des Fachrcferenten zugezogen. Zu nicht weniger als 100 Paragraphen macht der Bund Abänderungsvorschläge. Er verlangt u. a. die Um wandlung der väterlichen Gewalt in die elterliche Gewalt, die Erteilung des Rechtes an die Ehefrau, den Lohn oder Gehalt des Mannes statt seiner direkt vom Arbeitgeber in Empfang zu nehmen, falls der Eh.mann ein Trinker oder Spieler ist. Für das un eheliche Kind wird das Recht beansprucht, den Namen des Vaters zu führen und zu sein«» rechtmäßigen Erben zu zählen. Hoffentlich findet wenigstens ein Teil der Forderungen die notwendige Berücksichti gung, so daß der Gesetzentwurf bereits im Sinne der Frauen ansfällt. * Frauenrecht« in Frankreich. Die organisierte Frauenbewegung ist in Frankreich recht schwach. E» ist gar nicht daran zu denken, daß Frauenvererne in so großer Anzahl in kleinen und mittleren Provinz städten entstehen und bestehen, wie dies ein Charak teristikum der deutschen Frauenbewegung ist. Organi sation ist überhaupt nicht die starke Seite der Fran zosen. Vielleicht haben die Französinnen es auch gar nicht so nötig, Rechte zu verlangen, da man aus manchen Gebieten ihnen weit entgegenkommt. Dies gilt besonders für das Berufsleben. Es gibt in Paris wie in den größeren Prooinzstädten ein« ansehnliche Zahl von Advokatinnen, eine von ihnen ist jetzt noch höher htnaufgerückt. Mlle. Marte Gaitrer arbeitete mit Porncars, dem jetzigen Präsidenten -er Republik, zusammen, solange er noch Anwalt war. Jetzt ist sie vom Bureau fort zur Generalinspektorin im Verwaltungsdienst des Mini steriums des Innern ernannt worden. * Mindestlähn« fil, Frau«» und Kinder. Eine industrielle Wöhlfahrtskommisfion hat sich in Ore gon in den Deremiaten Staaten gebildet. Ihr ist durch Gesetz das Recht geaeben. grundlegende Be dingungen über die industrielle Arbeit, ikber di« Arbeitszeit und MindestlShne für Frauen und Kin» der zu treffen. Sehnlich« Bestimmungen bestehen in Kalifornien und Washington,
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