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Wen-»Dusgabe lür Leipzig un» Vorort« Surch unser« Teig«, und Spediteure rmaltäglt» in» hau« gebracht: monatlich 1.2S M., viertelllihrltch Z.7S M. Vei Ser Srschüst»st«U«, unfern Ziltalen und Mu«gab«NeUen odgeholt: monatlich IM., vierteljährlich SM. Durch Sie Post: innerhald veutscklanüs unS Ser Seutfchen Kolonien monatlich 1.SS M., vierteljährllch 4.SS M., auofchliestlich postdestellgelS. va» Leipziger Tageblatt erfcbelnt Werktag« Lmal, Sonn- u.Zeiertagslmal. In Leipzig, Sen Nackbarorten unS Sen Grien mit eigenen Filialen wirS Sie flbcnüausgabe noch am stdenü Seo Erscheinen» in» hau» geliefert, vcrlincr Neüaktlon: In Sen Zelten 17, k-rn>preck-?!nfchluß: Moabit Nr. 447. hmrdelsSeiturrg /Irntsblockt des Rackes und despolizerrrrnckes der Stadt Leipzig Redaktion unS Seschäftsstelle: ^ohanntsgasf« Nr.«. » Zernsprech-stnschlust Nr. 14S42, t4S4S unS 14044. ISS. Jahrgang stnzelgenprelse: von auowärt» so Pf., «eklamen I.« m., Kleine Anzeigen Siepetitzeil« nur ropf.b.wieSerbol.Rab.,Inserat« »on SehorSen im amtiiGenTeii Sie Petit zeil« SS Pf. Seschäftoan,elgen mit plahvorschrift im Preise «rh-ht. Rabatt nach Tarif. Seiiagen: Sesamtaufl.SM.Sa»Taufen» au»schi.Postgebühr. Anzeigen-stnnahme: ^ohanniogaste», bei sämtliche« Filialen Se« Leipziger Tageblatt«, unS allen stnnoneen-TxpeSitionrn Se» In- un» stuslanSe«. Sefchäflsstell« für Serlln u. Sie pr. SranSendurg: virektionwalterZliegel, Srrlin w. IS, MargaretbenstroKe ». Zcrnsprech-finschluK: Liihow S47>. Nr. 232 ckreitsg, Len 8. Msi. IS 14 Vas wichtigste. * Die Zweite k a m m e r beschäftigte sich in ihrer heutigen Sitzung mit dem (Ltats- kapitcl 16, S t a a t s c i s e n b a h n c n. * Laut königlichen Dekrets soll derLandtagam 2V. Mai geschlossen werden. (S. Letzte Dep.) * Der Bolksschullehrer Strotz ivurde vom Reichsgericht wegen vollendeten Spio nage v e r b r e ch e u s zu '> Jahren Zucht- hails verurteilt. (S. Recht u. Gericht.) * Die Duma hat debattelos die Kredite für erne Vervollkommnung der natio nalen Verteidigung angenommen. lS- Ausl.) ' * In der spanischen Kammer ist eine große M a ri n c v o r l a g c cingebracht worden. lS. Heer und Flotte.) * Nachdem die Internationale Kon trollkommission die Vermittlung in den Feindseligkeiten in Epirus übernommen hat, wurden vom Führer der Epiroten, Zogra- phos, die Feindseligkeiten vorläufig eingestellt. (S. des. Art.) * Aus dem Innern Mexikos sind wieder drei Züge mit Flüchtlingen nach Vera- eruz abgegaugen. <^S. Pol. Uebers) England und das Kaperrecht. Wir haben uns bereits in unserer gestrigen Abendausgabe zu den Erklärungen Greys über Englands Stellung zur Unverletzlichkeit des Privateigentums aus See ge äußert. Bei der Wichtigkeit der Sache ist es zweckmäßig, auf die Zusammenhänge etwas näher einzugeheu. Ein Mitarbeiter schreibt uns: „Sir E. Grey hat im Untertzause den An trag Morell ab gelehnt, mit den führenden Seemächten eine Revision des Seetriegsrechtes zu vereinbaren, die die Unverletzlichkeit des Pri vateigentums zur See mit Ausnahme der Fülle sichert, wo Schiffe Kriegsmaterialien führen oder die Blockade brechen. Den Gründ für seine ab lehnende Haltung gab Sir E. Grey mit voller Offenheit an: er will der übermächtigen englischen Fwtte die Möglichkeit erhalten, einen Feind Eng lands durch Ausübung des Kaperrechtes zu schädi- , gen. Wenn Sir E. Grey trotz dieser Erklärung nicht wünscht, daß England aus der nüchsteu Haager Konferenz als Vortämpser des kaperrechtes anf- trete, so wäre es dessenungeachtet ein verfrühter Dptlmismus, sich von den Verhandlungen der nächsten Haager Konferenz einen Fortschritt hin sichtlich der Beseitigung des Kaperrechtes zu ver sprechen. Denn Sir E. Grey yal Euglauos Zu stimmung zu dem Vorschläge, der von der Haager Konferenz erwartet werden kann, u. a. davon ab hängig gemacht, daß im Haag gleichzeitig eine Verständigung über die Fragen der Blockade und der Konterbande erzielt sowie ein Ab kommen geschlossen wird, das die Verwandlung von kau^sayrleischlssen in bewaffnete Schiffe ver bietet. Um sich über die Tragweite dieser Be dingungen klar zu werden, muß man sich ver gegenwärtigen, welche Meinungsverschieden heiten j n. Frug u au, der zweiten Haiger Kon ferenz yerrwrgeruseu yabeu, und mau muß sich ferner daran erinnern, daß das von Grey ge forderte Verbot der Umwandlung von Han delsschiffen iu Kriegsschiffe den darauf bezüg liche», unter der hervorrageudcu Beteiligung Deutschlands gefaßten Beschluß umfloßt. Ein deutscher konfereuzvevollmücytigter, der Bonner Staatsrechtslehrer Zorn, hat hierüber seiner zeit iu der „Marine-Rundschau" einen lichtvollen Bericht erstattet, dem wir unter Beschränkung auf dw Hauptsachen das Nachstehende entnehmen: „Die materiellen Fragen des Teekriegsrechtes wurden in der vierten Kommission unter Vorsitz des russischen Staatsrates von Martens beraten. Deutscherseits hatte man seit Fahren im Auswärtigen Amt in gründlichster Weise diese Fragen durch gearbeitet und iu Verhandlung mit den anderen be teiligten Rcßors den Euttours einer Rechtsordnung des Seekrieges festgestcllt, der, wenn er angenommen worden wäre, den größten Fortschritt darstellen würde, den diese Materie überhaupt jemals seit Hugo Grotius gemacht hat. Aber auf der inter- naionalen Konferenz ist von dem großartigen Bau der deutschen Entwürfe wenig übrig geblieben. Der Grund hierfür war zweifellos ein tiefer innerer Gegensatz in fast allen hierher gehörigen Fragen zwischen verschiedenen Kruppen der Mächte, ein Gegensatz, der vielleicht als Gegensatz der Kon tinentalmächte und der Inselstaaten bezeichnet werden kann. > England, das mit seiner Seemacht alle Meere beherrscht und überall seine maritimen Stützpunkte hat, muß naturgemäß und ohne daß man hiergegen einen Vorwurf zu erheben berechtigt wäre, in den meisten Fragen des See kriegsrechtes andere Auffassungen zur Geltung zu bringen bestrebt sein, als z. B. Deutschland mit seiner verhältnismäßig geringen Seemacht und ohne maritime Stützpunkte, die ihm ermöglichen, überall I in der Welt sich mit Kohlen, Lebensmitteln und I Munition zu versorgen und seine beschädigten Schisse ! zu sichern und wiederher,zustellen. England hatte auf der Konferenz in diesen Fragen die unbedingte Unterstützung Japans; Sir Ernest Satow und der japanische Botschafter Tsudzuki, vertraten mit starker Energie und zäher Konsequenz ihren Standpunkt; in ihrem Gefolge waren stets Spanien und Portugal, meist auch die skandinavischen Staaten und Holland Dem gegenüber stand in weitaus den meisten Fällen eine Koalition von Deutschland und Rußland, denen sicb regelmäßig Oester- rcich-Ungarn zugesellte. Deutschland wurde mit ausgezeichneter Sachkenntnis durch den zweiten deutschen Bevollmächtigten, Kriege, vertreten. Italien hielt sich selbständig, doch mit unverkenn barer Neigung zu England. Die Vereinigten Staaten traten in der Verhandlung dieser Dinge nicht stark hervor, neigten aber im ganzen mehr den englischen Nechtsanschauungen zu. Merkwürdig war die Haltung Frankreichs: von dem alten tradi tionellen Gegensatz gegen England war wenig übrig geblieben; meist stimmte Frankreich mit England, nur in wenigen Fällen bewahrte es die selbständige Haltung seiner großen seerechtlichen Tradition, wäh rend Rußland in fast allen Fragen des Seerechtes fest zu Deutschland hielt. Unter dem gekennzeichneten großen Gegensatz gingen insbesondere unter die beiden Fundamental fragen des Seetriegsrechtes: Konterbande und Blockade. Die Vorschläge zur Regelung dieser Fragen und die Verhandlungen darüber ergaben als bald so tiefe Gegensätze, daß nichts übrig blieb, als sie abzubrechen. Ebenso war in der Frage der Zer störung neutraler Prisen in Notfällen der englische und der deutsch-russische Standpunkt unvereinbar. Das gleiche Ergebnis hatte die große Kommissions verhandlung über den amerikanischen Antrag auf U n- oerletzlichkcit des Privateigentums im Seekrieg, der in der Praxis auf das Verbot der Wegnahme von feindlichen Handelsschiffen hinausläuft. Hier trat Deutschland zurück; der Gegensatz war in diesem Falle in erster Linie e'n englisch-amerikanischer; die Frage ist nicht erledigt worden; der englisch-amerikanische Gegensatz war so tief, daß von einer Lösung der Frage nicht die Rede sein konnte." So mußte sich die vierte Kommission mit der Erledigung einiger kleinerer Dinge begnügen. Anerkannt wurde, daß cs „erwünscht" sei, bei Kriegsausbruch Handelsschiffen in den Häfen des Gegners eine Frist zur Abwickelung ihrer Geschäfte und zu sicherem Auslaufen zu ge währen. Anerkannt wurde ferner, daß die der Küstenfischerei, dem Lokalverkehr, wissenschaft lichen, religiösen oder Humanitären Zwecken die nende Schiffahrt vom Seebeuterecht grundsätz lich ausgenommen ist. Anerkannt ivurde weiter — ein besonderes Verdienst Deutschlands —, daß der Pvstvertehr durch neutrale, ja selbst aus feindlichen Schiffen im Seekriege unverletzlich ist und das Durchjuchuiigsrecht — Deutschland hatte ein völliges Verbot der Durchsuchung von Postsendungen befürwortet — mit der größten Rücksicht ausgeübt werden muß. Ferner wurde bezüglich der lliuwaudelung von Handelsschiffen in Kriegsschiffe die grundsätzliche Zulässigkeit die ser Maßregel anerkannt unter der Voraussetzung, daß das umgewandelte Schiff völlig der Kriegs marine einverlcibt und in deren Listen ein« czelragen wird. Die von England geforderte Ein schränkung dieser Maßregel auf die Territorial gewässer wurde auf lebhaften deutschen Wider spruch nicht in die Konvention aufgenommen. Nur zu diesen wenigen neuen Rcchtssützen hat der Haager Versuch geführt, das gesamte Seekriegsrecht festzulegcn. Grcns Forderung be treffs der Kauffahrteischiffe legt in das bisherige Ergebnis der Haager Verhandlungen eine klaffende Bresche." Vie vermitteln-e Internationale kontrollkvmmisfion. In albanischen Regierungskreisen wird die Lage angesichts der Niederlage der albanischen Gendar men und der albanischen Freiwilligen sehr pessi mistisch aufgefaßt. Man sieht keine Möglichkeit mehr, den siegreichen Epiroten ausreichenden Widerstand enrgegenzusetzen. Die Regierung muß sich zu Ver handlungen mit den Epiroten bequemen. Die Ver mittlerrolle hat ja auch bereits, wie wir schon in unserer heutigen Morgenausgabe meldeten, die Internationale Kontrollkommission übernommen. Es scheint sogar, als ob der Fürst aeneigt sei, die Regierung wieder der Kontrollkom mission zu übergeben. Die Bedingungen der Epiroten, deren Führer die Vermittlung der Kontrollkommission angenommen Hat, sind sehr hart. Sie fordern die Bewilligung sämtlicher von den Epiroten verlangten Landkonzessionen, andernfalls würde der Vormarsch auf Durazzo erfolgen. Im einzelnen liegen folgende Meldungen vor: Die Feindseligkeiten vorläufig eingestellt. Durazzo, 8. Mai. Nachdem der Führer der Epiroten, Zographos, die von der Internatio nalen Kontrollkommission angebotene Vermittlung angenommen hat, sind die Feindseligkeiten seit gestern mittag eingestellt worden. Die weiteren Verhandlungen werden in Santi Qua- Man kann, wenn wir es überlegen, Wein trinken fünf Ursachen wegen: Ernmal um eines Festtags willen, Sodann vorhandenen Durst zu stillen, Desgleichen künftigen abzuwehren, Ferner dem guten Wein zu Ehren, Und endlich um jeder Ursach' willen. Rückert. die neue üeutsch-französische Kamerun- Grenze. ' Einer der rührigsten Afrikaforscher, den die deutsche Erde trägt, stand in der Person des Herrn Haupt mannes a. L. HansvonRamsay vor einem statt lichen Auditorium, das sich zu der allgemeinen Ver- einssitzunq der Gesellschaft für Erdkunde in dem Festsaale des Zentraltheaters eingefunden hatte. Vierundzwanzig Jahre lang hat Hauptmann von Ramsay der deutschen Flagge auf afrika nischem Boden gedient, bald mit der Waffe in der Hand, bald forschend und studierend mit Auge und Zeichenstift. Mit besonderer Spannung lauschte daher die Hörerschaft dem Vortragenden, als er sie durch seine Schilderungen in ein Gebiet führte, woraus das deutsche Volk seine Empfindungen mit Sorge gerichtet hat. Authentisches über die Grenz- regulierung Kameruns zu erfahren, war deshalb willkommen. Seit dem Jahre 1890, seit dem Sansi barvertrag, als der Anspruch aus Uganda aufgegeben wurde, trat erst die Frcwe auf, die Musterkolonie Togo gegen Kamerun zu vertauschen, dann kam es zu dem Marokkovertrag, der eine Reihe von Wunderlichkeiten enthält. Es ist damit am -1 November 1911 für das Gebiet Kamerun ein Zuwachs von 280000 Quadrat kilometer eingetreten. Abfällig ist dieser Vertrag besprochen worden. Gewiß, wir haben damit nicht nur gute Gebiete bekommen, es sind zum Teil sogar sehr schlechte bei der Erenzregulierung hinzu getreten. Aber so schlimm, wie es gemacht wird, ist es auf keinen Fall, denn es steht fest, daß das gute Gebiet ein ausgezeichnetes, volks reiches ist. Die Schlafkrankheit tritt natürlich als grauenhafte Geißel im Lande reichlich auf. Es müssen auch hier Adsperrungsmaßregeln geschaffen werden. Gewisse Wunderlichkeiten liegen in den Etappenstraßen vor. die für die Franzosen von emi nenter Bedeutung sind Ein Fehler war es, daß wir den „Entenjchnabel" bekommen haben, der die Bevölkerung zerteilte und ihr Gebiet halb deutsch, halb französisch zerfallen ließ Wohl ist das Gebiet für Deutschland in den Händen französischer Kon- zesnonsgesellschasten. Allein diese Haden viel Gutes gebracht, und auch aus zolltechnischen Gründen — es sei nur an den Gumnnhandel erinnert — Anerken nungswertes geschaffen. Redner ging nun näher aus die Grenzregulierung selbst ein. Im nördlichen Teil kommen Volksstämme vor. die zu den besten gesunden, kräftigen und lebensfähigen Leuten ihrer Rasse ge hören. Ihr Land, das heute eine glückliche Abrun dung erfahren, gibt den Nachweis, daß das allgemein abfällige Urteil nicht zutreffend ist und die gut be völkerte Gegend bei weitem überwiegt. — Die Sitzung wurde durch den Vorsitzenden, Herrn Ge heimrat Professor Dr. Partsch mit einem pietätvollen Nachruf an den Heimgegangenen stellvertretenden Vorsitzenden Herrn Geheimrat Professor Dr. Carl CH un eröffnet, dessen reiches Forscherleben ein rascher Tod beendete — Nach diesem Nekrolog wid mete der Vorsitzende dem Heimgegangenen Ehrenmit glied der Gesellschaft, dem führenden deutschen Geo logen Eduard Süß in Wien, Worte dankbaren Ee- denkens. V. K. Kunst unö Wissenschaft. * Eine unerwartete Wendung in der Angelegen heit der Deutschen Bücherei. Der aus Buchhändlern, Bibliotheksdirektoren und hohen Verwaltungsbe amten zusammengesetzte große Verwaltungsrat der Deutschen Bücherei tagte unter dem Vorsitz des Vorstehers des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Geheimrats Karl Siegismund- Berlin, im Buchhändlerhaus zu Leipzig. Hierbei erklärte Herr Direktor D r. Wahl für sich und die akademischen Bibliothekare Dr. Lockemann und Dr. Schmidt, daß er seine und der genannten Bibliothekare ausgesprochene Kündigungzu rück ziehe Der Vorsitzende erklärte hierzu das Ein verständnis des Geschäftsführenden Ausschußes der Deutschen Bücherei. * Schillertheater in Eharlottenburg. Unser Ber liner Echauspielreferent schreibt: Nach vielen Jahren ist nun wieder Björnsons große Tragödie „Ueber unsere Kraft, Erster Teil" über eine unserer Bühnen gezogen. In den neunziger Jahren übte das sehr ernste Drama des Elauoenskampfes und der Glaubensüberwindung in Paul Lindaus „Ber liner Theater" eine Zugkraft aus, wie in dem neuen Jahrhundert nur die — „Fünf Frankfurter" . . . . Auch die Volksmenge in der weiten Halle des Charlottenburger Cchillertheaters war ge bannt rn Andacht Daß die realistisch-satiriiche Konferenz der Geistlichen und die brünstigen Not- schreie des fanatischen Zweiflers Bratt eine ge wisse Ermüdung verursachten, lag an der Schwäche der Regie, die nur den einen Teil ihrer Aufgabe: das Szenenbild zu löjen verstand und eine feinere Abstimmung des schauspielerischen Orchesters ver mißen ließ Bratt und der junge Schwärmer ver fielen dem Predigersermon, der sicherer als der Buch stabe den Geist tötet. Dem Regisseur ist im Schiller- theater ein noch wichtigeres Amt anvertraut, als an den Meisterbühnen; denn er hat zum Teile mit be gabtem Jungwuchs zu arbeiten, der gebildet, für jede Rolle erzogen werden muß. In unserem Gedächtnis haften viele vortreffliche Aufführungen der Schiller bühnen; ihr Geheimnis war die leitende Kraft. Ein erziehender Regisseur hätte in diesem Falle auch die Leistung der jungen Künstlerin vervollkommr. die hier in der Rolle der kranken Pfarrersfrau zum ersten Mal wesentlich hervortrat. Für ihren toten Glauben setzt die Frau des letzten Christen Sang ihre starke Liebe ein und opfert sim dem Glauben des Gatten sterbend. Das Uebermaß stiller, blasser Innigkeit ist dem gesunden Naturell des Fräuleins Elly Stärk nicht beschieden. doch eine bedeutende schauspielerische Anpassungsfähigkeit kam der Illusion des Zuschauers zu Hilfe und schien der jungen Schau spielerin Entwicklungsmöglichkeiten zu verbürgen. Die hängen für ihr gelehriges Talent von der Kunst der Belehrung ab. Man hätte sie in den ersten Szenen weisen müssen, die beseelte und vergeistigte Sprache der weitsehenden Sterbenden niemals mit einem leeren Parlando zu vertauschen. Im Affekt fand Elly Stärk ihre Natur, und wunderschön spielte sie die verklärte Ekstase des Sterbens. Sie verdiente ihr Teil an dem lebhaften Beifall des Publikums. Eine in großer Schlichtheit ergreifende künstlerische Schöpfung stand im Mittelpunkt der Aufführung: der Pfarrer Sang des Georg Paeschke. II. X. * Die Uraufführung der „Marketenderin", der neuen Oper Engelbert Humperdincks, zu der Robert Misch das Buch gedichtet hat. erfolgt endgültig am 16. d. M. im Kölner Stadttheater. * Das Odeon-Theater wird, wie uns aus Paris telegraphisch gemeldet wird, am nächsten Montag wieder eröffnet werden. Es heißt, daß die dem Theater gewährte Iahresunterstützung von IW 000 auf 300000 Fr. erhöht werden wird. * „Ein dionysischer Tanz" betitelt der bekannte Komponist und Pianist Professor Josef Weiß eine von ihm komponierte einaktige Pantomime, zu der Curt Steinbrück den Text verfaßt hat. Den Bühnenvertrieb des Werkes hat die Vertriebs stelle des Verbandes Deutscher Bühnen schriftsteller übernommen. * „Der Corregidor", Hugo Wolffs Oper, wird in einer Neuinszenierung von Direktor Gregor im WienerHofoperntheaterzur Aufführung gelangen. * Elisabeth von Schroeder, die mehrere Wochen als Gast des bulgarischen Künrgspaares im Palais von Sofia weilte, bat dort in einem Hofkonzert einen glänzenden künstlerischen Erfolg errungen und wurde vom König Ferdinand durch Ueberreichung einer Ordensdekoration in Brillanten ausgezeichnet * Die Gattin Wilhelm Raabes ist in Braunschweig nach langem schweren Leiden im Alter von 79 Jahren gestorben. Sie hat damit genau das gleiche Alter erreicht wie ihr Gatte, den sic um drei Jahre überlebt hat Mit trauer Hingebung war sie ein langes Leben um den Dichter besorgt, dessen Eigen heiten und Launen sie mit zarter Hand zu leiten wußte. Ihr allein war cie Obhut des Allerheiligsten, des Schreibzimmers, anverl.aut, und kein anderer als sie durste sich an Raabes Schreibtisch zu scl-affen machen. Die Gabe einer Dicbterfrau, wie sie Susannah Ibsen besaß, nämlich hinter dem Schaffen des Gatten still zurückzutreten, hat auch die Gattin Wilhelm Raabes besessen. * Keine Orden für Künstler! Einen bemerkens werten Beschluß haben die akademischen Lehrer an der Dresdener Akademie der bildenden Künste gefaßt. Sie haben Eingaben an das Ministerium des Innern und den Rat der Akademie gerichtet, worin sie bitten, daß in Zukunft keine Ordens- oder Titelauszeichnungen an Künstler verliehen werden, um der Titel- und Ordenssucht entgegenzutreten. — In einer zweiten Eingabe wünschen die akademischen Lehrer eine Ver tretung im a k a d e m i s ch e n R a t der Verwal- rung der Kunstakademie. * Der Konflikt wegen der Fundamentierung der Berliner Museumsbauten, der seinerzeit zwischen der Bauverwaltung und der Museumsbauleitung ausge brochen war. dürfte, wie das „B. T." zu melden weiß, demnächst im Abgeordnetenhause bei der Besprechung des Bauetats wieder ausleben. Durch den schwie rigen Baugrund auf der Museumsinjel war die Bauleitung gezwungen, bei der Fundamen tierung ganz besondere Vorsicht walten zu laßen. Wie noch erinnerlich sein dürste, unter breitete sie der Bauverwaltung ein sehr sorgfältig geprüftes Projekt, das aber die Bauverwaltung ohne Angabe von Gründen ablehnte, ein anderes „im Hause" gearbeitetes an die Stelle setzte und auch ausführen ließ. Anerkannte Autoritäten erklärten das Projekt der Regierung für unmöglich. Es kam zum Konflikt, über den sich auch der Kaiser Vortrag erstatten ließ Schließlich wurde die Fundamentierung nach dem Plan und unter der ausschließlichen Verantwortung der Bauverwaltung oorgenommen. Der Minister der öffentlichen Arbeiten aber versprach damals dem Abgeordnetenhaus, daß er über den Konflikt und die verichiedenen Fundamentierungsprojekte eine eingehende Darstellung veröffentlichen werde. Das ist bis heute jedoch nicht geschehen, und die Ab geordneten dürsten jetzt den Minister an sein Ver sprechen erinnern und die Veröffentlichung fordern, damit sie in der Angelegenheit klar sehen. * Vorlesung Roosevelts. Wie aus London gemeldet wird, will Roosevelt demnächst vor der König!. Geographischen Gesellschaft in London eine Vorlesung über seine Expedition halten und die Richtigkeit einiger Angaben de» eng lischen Forschers Landor über da» Innere Brasi liens anfechten.