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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.05.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191405170
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19140517
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19140517
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-05
- Tag 1914-05-17
-
Monat
1914-05
-
Jahr
1914
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vene 2. Nr. 248. Sonnlsgs-Nnstrsbe. Leipziger Tageblatt. yilfslag statt, daher war alles mit Kornblumen und Maraueriten geschmückt. Ter Kaiser trug, als er in der Uniform der Ostirdekürassiere vom Schloß zur Parade ritt, am Küraß einen Ltranß von Korn blumen. Der Monarch wurde stürmisch be- ludelt. Mit dem Kaiser ritten die General adjutanten Generalobersten v. Plcssen und v. Lüioll, Gencraladjutant Chef des Militärkabi netts Freiherr v. Lyuckcr. P r i n z e s s i n F r i e- drich Karl von Hessen als Chef des 80. In-- sanlericregimcntS folgte iin offenen L I» Dau- mont gefahrenen Wagen. Der Kaiser ritt an die Truppensronr und nahm sodann den Vor beimarsch ab. später nahm er militärische Meldungen entgegen. Das Wetter war schön, aber stark windig. Der Kaiser hat eine Reihe von Aus zeichnungen verliehen, u. a. tun Roten Adlerordrn zweiter Klasse mit Eichenlaub dem Generalmajor von der Cscy, den Roten Adler orden dritter Klasse mit schiene den Obersten v. Hake, Kommandeur des .KO. Regiments, und v. Basseivist, .Kommandeur des 8x. Regiments. Nach der Parade führte der Kaiser die F a h n e n k o m v a n i e i n s Königliche schloß zurück und ließ sie hier nochmals vorbeimarschieren. Um l Uhr sand Früh- st ü ckstasel beim Kaiser im Schloß statt. Hier bei saß der Kaiser zwischen dem Prinzen und der Prinzessin Friedrich Karl von Hessen, gegen über sau Oberhosmarscyall v. Reischach zwi schen dem General der Infanterie v. Schenck und dem Oberpräsidenten Hcngstenbcrg. Unter den Geladenen besanden sich außer dem Gefolge, den Vorgesetzten und Kommandeuren der zur Parade gestandenen Truppen u. a. noch der großherzoglich-luxemburgische ^berkammerherr Freiherr v. Thbcrg, köingl. bäurischer Kämmerer Gras Ingelheim, Generalintendant v. Huelscn- Hacselcr, Intendant Kammerhcrr v. Mutzen becher, Regierungspräsident v. Meister, Land gerichtspräsident Meucle, Konsistvrialpräsident Erlist, Oberbürqermeistcr Gläßing, Polizeiprä sident v. Schenck, Landeshauptmann Krekel, Erster Staatsanwalt Hagen und Kurdirektor Ebmeher. Nach der Tafel nahm der Kaiser eine D a n kc s h u l d i g u n g anläßlich des Kinder hilfstages voit l.'iOO Mädchen und Knaben der Volks- und Mittelschulen Wiesbadens entgegen, die vor der Balkonecke geschlossen ausgestellt waren. Auf dem Balkon erschienen der Kaiser, Prinz und Prinzessin Friedrich Karl von Hessen und die anderen Tasclgäste des Kaisers. Die Kinder sangen in Begleitung von Militärmusik das Niederländische Dankgebct, sodann „Wem (Kott will rechte Gunst erweisen" lind „Ich halt' einen Kameraden". Den Schluff; machte die Nationalhymne. Der Kaiser dankte auf das sekundlichste. Die Kinder lind ein überaus zahl reiches Publikum krachten dem Kaiser stürmische Ovationen dar. politische Ueberlichl Ver König von Sachsen in Neuburg i. S. Der König von Sachsen Iras am Sonnabend srüh von Tarvis kommend in München ein und reiste nach kurzem Aufenthalt nach Rohrenfels lind Neuburg (Donau) weiter. Dort kam er morgens 8 Uhr 84 Min. au. Oberst Tut- schek, Kommandeur des 15. Infanterieregi ments, lind Baron von Pfetten waren zur Be grüßung am Bahnhof erschienen. Im Gestüt wurde der König von Hosvetcrinärrat Wagen häuser empfangen. Gleich nach der Ankunft er folgte die Besichtigung des Hofgestü ts. Danach war Frühstückstafcl. Um »/Z2 Uhr wurde in Hofequipageu die Fahrt nach Jagdschloß Grün au augetretcn, in Begleitung des Ge neralleutnants von Tettenborn, des Flügel adjutanten Majors von Frihsch, des sächsischen Gesandten von Stieglitz und des Obersten Tutschek. Nach der Besichtigung des Jagdschlosses fuhr der König nach Neuburg a. d Donau, ivo er kurz nach !2 Uhr unter den Hochrufen der Bevölkerung in die festlich geschmückte Stadt einsuhr. Im neuen Kasernenhofe der Kaserne I wurde sodann dem König das 1.5. Infanter ie- rcgiment, dessen Inhaber er ist, vorge stellt, wobei Oberst Tutschek nach einer Än- sprache ein dreifaches Hurra auf den König aus brachte. Der König erwiderte mit einem Hoch auf Kaiser Wilhelm und König Ludwig III. Hier auf ließ sich der König das Offizierkorps, die Stadtvertretung und die 15er-Vcreinigungen, die aus ganz Bayern erschienen waren, vorstellcn. Nach dem Parademarsch begab sich der König zu Wagen nach der Schloßkaserne, wo im Ossi- zierkasino zu Ehren des Königs ein Diner statt fand. Um 5 Uhr 28 Min. verließ König Fried rich August mit dem fahrplanmäßigen Inge, in den ein Salonwagen eingestellt war, Neuburg und trat über Ingolstadt die Rückreise nach Dresden au. Negierung un- öesolüungsvorlage. Die Reichsregieruug ist nicht abgeneigt, auf den neuen VermiUlungSantrag der liberalen Par teien nnd der Konservativen zur Besoldungs novelle einzugehen. Sie läßt durch die „Nordd. Allg. Zciiung" folgendes verkünden: „Die bisherigen Verhandlungen über die B e s o l d u n g s n ov e l l e haben zn einer Eini gung zwischen den verbündeten Regierungen und dem Reichstage leider nicht geführt, da letzterer beiden Beschlüssen seiner Kommission stehen geblieben ist, die die Regierungen von vornherein aus sachlichen Gründen nicht an- uehmeu zu lönnen erklärt hatten. Inzwischen ist im Reichstage ein Antrag eingebracht wor den, der die Wiederherstellung der Re gierungsvorlage bezweckt und nur in Anlehnung an die Erklärung des Reichchchatzsekretürs über eine künftige Gehaltserhöhung der gehobe nen llntcrbeamten eine Ergänzung des Ent wurfes durch Ausnahme der Vorschrift wünscht, das; im Herbst 1015 ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, der die Bezüge der Beamten der Klasse 11» und 11b der Besoldnngsordnung für das Jahr 1010 ausbessert. Wenn die verbündeten Regierungen sich bereit finden sollten, dem zuzustimmen, so würde dies im Interc s se der in der Novelle bedachten Beam- 1 e n geschehen, die beim Nichtzustandetommcn der Vorlage auf nicht absehbare Zeit hinaus auf die ihnen zngedachlen Eintommensvcrbesserunaeu verzichten müßten. Anderseits ergibt sich aller dings au5 der Sachlage, das; die in dem An träge gewählte Fassung des Entwurfes auch das aus;'?» sie Mas; dessen darstcllen würde, was die Genehmigung der verbündeten Regierungen finden tönnte, da diese den von ihnen bisher eingenommenen, in der Budgetkomnnssion wie in der Vollversammlung des Reichs.ages wieder holt und bestimmt dargelegten Standpunkt nicht verlassen können." Das ist sehr gut und erfreulich. Fragt sich nur, ob das Zentrum mittut. Und dem scheint leider nicht so. Ablösung von ftanzösifthen Konzession-- gefellschasten in Kamerun. bisherigen Konzessionsgebiete dieser Geselkscha trogen zusammen rund vier Mill Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt unter der Ueberjcyrist „Ablösung von französischen Konzesjionsgesellschaften in Kamerun" u. a.: Die Kolonialverwaltung hat der Kommission für den Neichshaushaltsetat eine kurze Denkschrift über die Ablehnung von vier franMschen Kon- zessionsgesellschasien vorgelegt. Es sind dies: 1. die Comoagnie Commerciole de Colonisation du Congo Francais, 2. die Compagnie Francaise de l'Ouhamö et de la Nana, 3. die SociLtä de la Sangha c-qua- toriale, 4. die Sociötö de la Mambör^-Sangha. Die ten be- ionen Hektar. Durch die zwischen dem Staatssekretär Dr. Solf und den Gesellschaften jetzt abgeschlossenen Verträge verzichtendie Gesellschaften aufsumt- liche Nechte, die sie gegen die deutsche Regierung aus ihren Konzessionen herleiten können und werden von sämtlichen Verpflichtungen aus diesen Konzessio nen befreit. Als Gegenleistung sollen die Gesellschaften eine Fläche Kronland zum Eigentum erhal ten, die im Höchstfälle ein Prozent ihres bis herigen Konzessionsgebietes betragen kann. Sie er halten diese Fläche jedoch nicht sofort in voller Größe, sondern zunächst nicht ganz ein Drittel da von. Der Rest steht ihnen erst dann zu, wenn sie ihre Rechte auf eine deutsche Gesellschaft mit einem be stimmten nach der Größe der Fläche berechneten Min destkapital übertragen und von der zuerst übereig neten Fläche ungefähr drei Viertel in dauernde Be nutzung genommen haben. Zu diesen Bedingungen der Ablösung waren dis Gesellschaften nur bereit, wenn ihnen gestattet wurde, selbst geeignetes Land im Küstengebiet Kameruns aufzusuchen. Diesem Verlangen nachzugcben. erschien billig, weil die Ri valität eines französischen oder eines ähnlichen Bc triebes nut der Entfernung oon der Küste abnimmt und lmld gänzlich auihört. Russische preßsiimmen über Jagows Reüe. Es Ivar vvrauszuscheu, daß der Widerhall ans den russischen Blättern auf die Darlegungen des Staatssekretärs v. Jagow nicht eben freund lich sein würde. Ein Ueberblick über Auslassun gen hervorragender Petersburger Blätter be stätigt diese Vermutung. So bemerkt die „No wo je Wrem ja": „Wir wären schuldig, w nn wir die Wahrheit entstellten, Herr v. Jagow beschuldigt uns aber allzu gewissen hafter Registrierung der Beweise vom deutschen Ehauvinismus. Diese Registriertätigkeit ist auf zweierlei Weise zu paralysieren: entweder die deutschen Chauvinisten halten sich zurück, oder es werden Polizeimaßnah- m c u getroffen. Den ersten Weg wird Herr von Jagow nicht wählen: daher bleiben ihm nur Drohungen, die am Anfang des 20. Jahrhun derts lächerlich wirken." „Rjetscy" meint: „Herr v. Jagows all gemeiner Optimismus ändert sich, sowie er von Rußland spricht. Der Staatssekretär führt das Problem der russisch deutschen Beziehungen auf die Frage des russisch-deutschen Pressefetdzuges zurück. Man muß ein kurzes Gedächtnis haben, um den Feldzug der deutschen Presse für eine Reaktion auf eine russische Herausforde rung zu halten. Der Artikel in der „Kölni schen Zeitung" war eine Herausforde- r u n g. Die ernste russische Presse ist immer für den Weltfrieden eingetreten. Herr v. Jagow mißt die deutsche und die russische Presse mift zwei Maßen." „Birschewija Wjedomosti" schreibt: „Die Ausführungen über die Presse sind un richtig. Sie widersprechen den Ausführungen, die er unlängst in der Kommission gemacht hat. v. Jagow verteidigt eine verlorene Somit««, 17. Ma, ISN. Stellung mit unbrauchbaren Mitteln, wie die anschließenden Debatten zeigten, die eine Antwort der deutschen Gesellschaft auf aggressive Artikel in der deutschen Presse darstellen." vle Sefchlüsie von Korfu. Während der Vermittlungsverhandlunaen auf Korfu kam es zu lebhaften Debatten zwischen den Mitgliedern der internatonalen Kontrollkommission und den Vertetern der autonomen Regierung von Epirus. Doch wurde in den Hauptpunkten am Freitag eine Einigung erzielt. Die Epiroten haben viel von den ursprünglichen Forderungen nachgelassen auf dringendes Zureden der griechischen Regierung, die den zum Ge sandten in Berlin ernannten Herrn Theotoky al» ihren Bertrauensmann nach Korfu schickte. Nord« epirus erhält innerhalb des albanijchen Staates eine besondere Stellung, indem die beiden Bezirke Koritza und Argysokastro von christlichen Gouverneuren verwaltet werden, die direkt vom Fürsten ohne Mitwirkung der Epiroten ernannt werden. Ueber die Errichtung eines lokalen Rates und dessen Befugnisse ist noch nichts Bestimmtes bekannt. In der Frage der Sicherstellung der Ge nie i n d e o e r m ö g e n mußten die Epiroten nach gebe». Die albanesische Sprache wird obliga torisch in oen drei ersten Klassen der Volks schule gelehrt. Die Amtssprache in Epirus ist Griechisch, nur im Verkehr mit dem albanesische» Zentralbehörden gilt das Albanesische. Tie Forderung einer besonderen Flagge für Nord- epirus wurde abgelehnt. Die Gendarmerie besteht aus Christen und Mohamedanern nach dein Prozentsätze der Bevölkerung und ist im Bedarissalle auch nach anderen Teilen Albaniens verletzbar. Es blieben nur noch einige Nebenfragen, so be sonders die staatsrechtliche-Stellung des Chimcara- Gebieies, zu regeln, doch hofft man, daß auch Sprrömilios, Ser Vertreter von Chimcara, sich nach Gewährung gewisser Zugeständnisse den Be schlüssen lugen wird, sobald dies geschehen ist, wird das Uevereinkommen von beiden Vertretern unter zeichnet werden, die daraus für seine Anerkennung bei ihren Auftraggebern eintreten werden. Zo- graphos wird es einer allgemeinen epirotischen Versammlung vorlegen. Die Mitglieder der inter nationalen Kommission reisen am Montag nach Durazzo ab. Heer unS Zlottc. Verdoppelung des Artillerieoffizicrbestandes in Rußland. Wie ernsthaft die russische Heeresverwaltung an dem weiteren Ausbau der Armee gehl, ist aus den Maßnahmen ersichtlich, die eine energische Verstär kung geeigneten Offizierersatzes und dessen Vor bildung bezwecken. Besonders bemerkenswert ist ferner die Vermehrung der Stellen bei den Artillerie- Junkerschulen. Während bisher nur ungefähr killst Junker auf ihnen ausgebildet wurden, wird dies« Zahl demnächst auf etwa 1700erhöht. DieseVermehrung, die fast einer Verdoppelung gleichtommt, zeigt deut lich, daß man eine ganz bedeutende Verstärkung der Artillerie beabsichtigt. Weiter ist hieraus zu ersehen, daß eine neue Organisation geplant ist, die eine Tei lung der bisherigen Batterien zu 8 Geschützen in zwei zu 4 Geschützen bezweck:, zu welchem Zweck naturgemäß bedeutend mehr Offiziere benötigt wer den. Die weiteren Maßnahmen, die für nötig er achtet werden, den erforderlichen gesteigerten Offizier ersatz angesichts der erheblichen Erhöhung des grie- densbestandes der Armee sicherzustellen, bestehen in einer ganz bedeutenden Stellenvermehrung auf den Kadettenanstalten. Im Kadettenkorps in Wolsk bei Ssaratow soll eine neue Kompanie formiert werden, und für das Kadettenkorps in Chabarowsk sollen nicht weniger als 180 neue Stellen eingerichtet werden. Weiter hat man eine Vorbereitungsschule für ein Ka dettenkorps zu einem solchen für 500 Kadetten um gewandelt. Ferner sind die Etats der Junker und der Klassen in oen Kriegsschulen wesentlich vermehrt Zrie-e un- Fortschritt. Von Geh. Hosrat Prof. Dr. K. Lamprecht er halten wir folgende Zuschrift: „Das „Leipziger Tageblatt" brachte am vorigen Sonntag einen kriegerisch anmutenden Artikel unter dem Tnel „Der neue Streit um Karl Lamprech t". Was war geschehen? Ein Professor der Univer sität Leland Stanford Junior im fernen Kalifornien hatte einen Vortrag über mich als Historiker ge- batten; Vieler war in einer deutschen Zeitschrift in Uebcrsctzung erschienen; und dann war das allerdings Ungewöhnliche eingetrcten. daß dieser Zcitjchrifts- artrkel dem großen Leipziger Publikum auf dem Wege durch die Tagespresse als Quelle bezeichnet wurde, wo man sich endlich „über eine so eigenartige Historikerp.'riönlichkeit wie Lamprecht" objektiv Be lehrung holen könne. Natürlich veranlaßte das manch einen zum Lesen, darunter auch die Dozenten des von mir geleiteten Instituts für Kultur und Universalgeschichte. Und sie lasen unter anderem schwarz und weiß, daß das Institut nichts sei als eine „hockorganisierte Propa- canda für die neue Kulturgeschichte", will sagen meine Lehren und Meinungen. Und sic gingen hin und schrieben dem objektiven Amerikaner eine Er- tlärung ins Stammbuch, die 'eine Auffassung des Institutes allerdings korrigierte. „Das Institut dient der Pflege kultur- und univerialgeschichrlichcr Studien auf breitester Grundlage, nicht der Propa ganda für irgendeine bestimmte Auffassung der Gx- schichtswisscnschaft. Darin liegt die ihm von seinem Begründer gestellte Aufgabe, daß hier Kultur geschichte um ihrer stc l bst willen betrieben und jede Einzeluntcrsuchung aus den verschiedensten Gebieten des geschichtlichen Lebens für die Erkenntnis der allgemeinen Zusammenhänge nationaler und all gemein menschlicher Kulturgeschichte mit allen ver fügbaren wissenschaftlichen Hilfsmitteln fruchtbar gc macht werden soll." Besser und von kompetenteren Beurteiler» konnte die gänzlich irrige Auffassung, die sich bei unserem Kalifornier — aber auch bei manchem Leipzig näher wohnenden, wenn nicht gar Leipziger Kritiker — gebildet hatte, schwerlich zurückgewiesen werden. Ich stimme natürlich mit der Erklärung dec Dozenten in jedem Worte überein; völlig gerecht fertigt geht das Institut aus diesen Anwürfen hervor. Daneben war aber auch der Institutsleiter, meine Wenigkeit, in dem genannten Aufsatze Gegenstand der Beurteilung. Ich kann, wenn ich mit zwei Wor ten aus diese Ausführungen des Artikels eingehe, nur sagen, daß ich in der Tat sehr aufrichtig und ruhig gewertet worden bin. Insbesondere erkennt der Ver fasser an, daß alle grundlegenden — gegenüber früheren Anschauungen zumeist flrundstürzenden — Prinzipien meines Denkens Gemeingut des geschicht lichen Forschens und Urteilens geworden sind: hinauf selbst vis zur Periodisierung der Nationalgeschichten nach Kulturzeitaltern. Sollte man nun danach nicht meinen, der Verfasser werde zu dem Schluß gelangen, ich hätte in dem langen Meinunasbampfe über diese Prinzipien gesiegt? — O nein: coen dies ist bezeich nend, das; ihm oas gar nicht einfüllt. Er findet, ich hätte keine „Schule" gemacht; die älteren, „großen" Historiker hätten mir nicht zugestimmt: darum sei ich erledigt. Er hat also keine Ahnung davon, daß mir in meinen Augen nichts Schlimmeres Hütte lxgegncn können, als eine engbegrenzte „Schule" zu machen; und das; ich glücklich bin, mit meinem Denken in dem der Zeitgenossen so aufgegangen zu sein, daß man meiner oft nicht einmal mehr gedenkt. Ist das nun aber nur amerikanisches Urteil? Weit gefohlt: auch auf deutschem Boden habe ich dies Denken gefunden und — erlitten. Es ist das Denken von Leuten, die noch nicht über die Linie hinaus sind, jenseits derer persönlicher Ehrgeiz und ncidlicher Wettbewerb auf hören, und die daher wähnen, jeder Erfolg müsse auch seinen äußeren Lohn in einem sogenannten Ruhm davontraaen. Aus diesem Gebiete wird unser Autor also noch manches zu lernen haben, und mir und vielen anderen Wohldcnkenden möge er und die Masse der ihm verwandt Empfindenden glauben, daß mir sein auf dieser Grundlage formuliertes Uneil gleichgültig ist. Für uns alle aber ist es wichtiger, zu schaffen. Ich erlebe die Freude, daß die eben jetzt zu höherem Flug gelangenden Versuche in Preußen, eine Wisscincbe.fi der Gegenwartskultur aus den Universitäten heimisch zu machen, grundsätzlich mit dem. was ich in Planung und Durchführung des Instituts für Kultur- und Universalgeschichte bei der Universität Leipzig sxjr Ansang unseres Jahrhunderts erstrebe und erarbeite, ülxreiiilaufen; und ich habe das Glück, auch noch wissenichastlich dem neuen kulturgeschichtlichen Prin zipc mit dem Ausbau zu verhelfen, das heute die Geisteswissenschaften umfaßt, und dessen Durchbildung eine allerdings kampfreichc Zeit meines Lebens er füllt hat." -Zus Leipziger Kunstsalons. In dankbarer Anerkennung sei es ausgesprochen, daß die Leitung des Leipziger Kunstvereins unseren Anregungen seit den letzten Darbietungen großzügig gefolgt ist. Mit dem Vielerlei des Gleich gültigen hat man endgültig gebrochen. Ja, inan hat es gewagt trotz lauter, heftiger Proteste lein Sonntag im Kunftverein während dieser Zeit gehörte zum Interessantesten sür Beobachtung aus dem Gebiete der Menschenpsychologie), die ganze Kollektion eines der Kühnsten unter den Künstlern neuester Richtung auszustellen. Diesem Versuch, dessen Erfolg zur Schulung unseres Publikums mißlungen ist, weil der Leipziger Kunstphilister vom Künstler fordert, nicht aber zu lernen gewohnt ist, folgt heut die durch das Gebotene wie auch durch die neuartige Anordnung alle befriedigende, bedeutende Aus stellung der Werke des Architekten Prof Emanuel von Seidl. Wenn man landläufig behauptet, Architektur sei die am schwersten zugängliche Kunst, hier wird dieser Gemeinplatz widerlegt. In vorzüglichen Mo dellen (Maßstab 1:100) mit Angabe des Terrains, in großen, teilwcis hervorragend schönen Photogra phien und in farbigen Peripektivansichten werden die Werke Meister Emanuel v. Seidls vorgeführt. Dank der Anschaulichkeit der Anordnung vermag der Laie sich nicht nur in das gerade gebotene Bauwerk hineinzufühlen, sondern Wege zur Baukunst an sich, zu ihrem Wesen werden der Allgemeinheit eröffnet. Zwei Einwände dürfte zuerst der unverbildete Be schauer erheben: „Das ist ja alles in Münchner Art, und wie einfach, ohne große Varianten sind diese Bauten " Beide Einwürfe scheinen berechtigt; doch beide wandeln sich für den Kenner zu Vorzügen des Künstlers. 2a. die Bauten tragen Münchner Art an sich und in sich, ist doch Emanuel v. Seidl, wie sein großer, jüngst verstorbener Bruder, Urmünchner, und dankt gerade das, was wir als münchnerisch an Baustilen anjprechen, diesen beiden Meistern vor allem die charakteristische Note. Und die Einfachheit! Soll man für jemand, der etwas von Baukunst versteht, betonen, daß gerade in der Spärlichkeit, aber rechten Verwendung der Mittel ein Hauptreiz der Architektur beruht? Man vergleiche jedoch einmal die Gliederung eines Bau werks, ;. B. des Landsitzes Dr. Georg Wolf und der HäujerjIPoyeu oder Schöller, daraufhin. Man studiere an den Photographien, wie sich die Gebäude in die Landschaft fügen, fast ein.chmiegen. so daß der Teil, der an dichten Wald grenzt, die größte Massig keit zeigt, wie eine Hausgruppe zum Wasser oder Ausblick hin sich öffnet Ferner verfolge man mit den Augen (man scheue ein Bücken auf das Niveau der Modelle dabei nicht) die Linien und Ueberschnei- dungen der Dachkonstruktionen. Da ist Reichtum, der unaufdringliche Reichtum alter Kultur. Und noch eines sei betont. Jedes Bauwerk Seidls hat ein Gesicht, und zwar mit dem klaren Ausdruck seiner inneren Bestimmung. Kann das Gesellschaftsbaus „Kolleg" anderes als der Zusammenkunftsort fröhlicher Eeielligkeit sein? Wie anmutig gruppiert sich die Hausfront um das gastliche Rund! Ganz Hotel, mit weiten Balkonen und Terrassen, mit groger, offener Halle, lädt das Kurhaus Bad Kreuznach ein; ein kleines Heim sür ruhige Sommertage schuf der Meister für Richard Strauß. Zum Schluß sei auf die glückliche Lösung einer der schwierigsten Aufgaben hingewiesen, auf das Wohnhaus und Ausstellungsgedäude (Kunst baus ist eine unmögliche Zusammensetzung. Es gibt Kunstseide. Kunstbutter. Ein Kunsthaus ist nach deutschem Sprachgebrauch ein Hous aus künst lichem Material, nicht ein Haus für Kunst) des Hofrats F. 2. Brackl. Leider fehlen hier die 2nnc»ansichten, wer aber die Freude des Verweilens in diesen Räumen genossen hat, der schätzt Meister Seidls Art für immer und weiß, daß er, ein kunstsinniger Beherrscher der Form, im Sinne der jedesmal gestellten Aufgabe schaltet. Doch mit der Ausstellung Emanuel v. Seidls ist das Sehenswerte im Kunstverein nicht erschöpft. 2n Henry Valensi tritt uns ein Künstler der Farbe und Form entgegen, dessen großes Können und klares Wollen uns viel erhoffen läßt. 2m Kunstocrein lernen wir ihn allerdings nur von einer Seite seines Wesens kennen. Diese impressionistischen Gemälde von hervorragen der Farbeukraft und Luftperspektioe bedeuten nämlich für den Künstler nur eine Vorstufe. Henry Valensi erstrebt neue Synthese zwischen Geschautem und Geistigem. Er will mit einem Bild von Kon stantinopel '. B. nicht nur den augenblicklichen Augeneindruck von einer Stelle nach einer Seite hin geben, nein, alles das, was er bei dem Worte Kon« stantinopel empfindet, alle Erinnerungen von Ein drücken will er in einem Bilde zusammenfügen; aber jo, daß dieser Ausdruck für jedermann sofort die Vorstellung Konstantinopels erweckt. Von dieser Art seines Schaffens sahen wir seinerzeit bei Del Vecchio einige Proben und betonten die Bedeutung gegenüber anderen, sogenannten Futuristen. 2n einzelnen der ausgestellten Gemälde können wir, so wir es wißen, die Vorstufe zum Synthetiker Valensi entdecken. Wie in einzelnen das gesamte Licht, und bei diesem Künstler damit alle Färbung von einem Punkte ausgeht, auf einen Punkt zentrieitz ist, das ist nicht mehr reiner Natureindruck, sondern künstlerisch gestaltete Natur in bestimmter Absicht. Gegenüber Valensi fällt der Deutschs» anzoje Richard Bloss ab. Er ist sicher ein sehr ge- wandter, sehr begabter Künstler, allein er vermag seinen Gemälden nichts zu verleihen, was sie über eine feine koloristische Skizze einer gelegentlichen 2mpression erhebt. Wie die Flamen der Renaissance in Italien wohl manches an Technischem lernten, aber ihr Bestes, den Charakter ihres Volkes, verloren, io geht es Len Deutschen, die in Paris zu Halbfranzosen werden. Der Verlust an Eigenem ist so groß, daß Technisches ihn nie ersetzen kann. Aus Respekt vor den eben Genannten verzichte ich auf Besprechung der noch vorhandenen Kollektion eines Malers, dessen Abstand von den anderen zu groß ist, um mit ihnen erwähnt zu werden. Dagegen hebe ich gern einige Arbeiten zweier Leipziger Plastiker hervor. Walter Zschorsch überraschte mich durch lebenswahre, lebendige Büste Erich Graf. Noch nie habe ich den Künstler von so glücklicher Seite gesehen. Diese Leistung legt ihm allerdings mehr Achtung vor sich selbst auf, und eine Arbeit wie der Männerstudienkopf, das Marmor porträt einer Dame und das Relief der Pflügenden dürste nicht das Atelier eines Künstlers verlaßen, der solches zu leisten imstande ist. Für Bruno Eyermann habe ich von jeher eine Vorliebe. Seine Plaketten und Medaillen zeichnen sich durch glänzende Beherrschung der Tech nik. verbunden mit reinster Künstlerschaft aus. Allein auch als Kleinplastiker stellt der Künstler seinen Mann Der „Schmerz" vor allem verrät jo viel Ausdruckskraft, daß man hoffen darff Eyer mann demnächst auch als Plastiker in großen Formen wiederzufinden. 0r. ködert Oorvexd.
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