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Was begab sich zwischen -em 9. November 1918 und -em 28. Juni 1919? Kindenburgr „Es ist keine Aussicht mehr" 4. Folge. Und nun kommt die Meldung aus dem Drohen Hauptquartier an das Auswärtige Amt: „General Ludendorsf schlägt folgenden Wortlaut vor: Die Deutsche Regierung ersucht den Präsidenten der Ber einigten Staaten von Amerika, di« Herstellung de» Friedens in die Hand zu nehmen und zu diesem Zweck Bevollmächtigte aller kriegführenden Staaten einzuladen. Sie erklärt sich damit einverstanden, das, die vom Präsi denten der Bereinigten Staaten von Amerika in der Kongreß- botschaft vom 8. Januar 1S18 und in seinen späteren Kund gebungen ausgestellten Programmpunkte als Grundlage für die Friedsverhandlungen dienen. Im Anschluß hieran schlägt dir deutsche Regierung den Ab- schluß eines Waffenstillstandes zu Lande, zu Wasser und in der Lust vor, und ersucht den Präsidenten der Bereinigten Staren von Amerika, den Waffenstillstand, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, schon jetzt herbeizusühren." General Ludendorff fragt weiter: 1. Warum sind Oesterreich-Ungarn und die Türkei nicht fhier eine Wortliicke)? 2. Die Oberst« Heeresleitung letzt voraus, daß es sich nur um di« bekannten 11 plus 4 Programmpunkte Wilsons handelt. Am gleichen 2, Oktober vormittags schon hat General von der Bussche den Parlamentariern Uber die Lage berichtet. Da» Entsetzen lähmt die Ahnungslosen- Am zweiten Sonntag des Monats September — wieviel Tage ist das erst her? — war eine Reihe von Abgeordneten aus den Mehrheitsparteien bei dem Reichskanzler von Hertling ge wesen, um di« sofortige Aufnahme von Friedensschritten zu veranlassen. Beunruhigend« Gerücht« aus Wien hatten sie dazu ge trieben. Da bekamen sie ablehnende Antwort. Man möge noch «in Weilchen warten, und jetzt — — dieser restlose militärische Zusammenbruch. Wie war das alles zu begreifen? Max von Baden fragt an Hindenburg zurück: ob der mili tärische Zusammenbruch zu erwarten sei, macht die Oberste Heeresleitung daranf aufmerksam, was diese Friedensaktion sür Elsaß-Lothringen, für die deutschen Kolonien, für die rein polnischen Kreise der östlichen Provinzen zu bedeuten hab«: „Bevor ich mich Uber die Einleitung der von der Obersten Heeresleitung gewünschten Friedensaktton schlüssig mache, be ehre ich mich. Eure Exzellenz um folgende Stellungnahme zu folgenden Fragen zu bitten: 1. Wie lange kann die Armee den Feind noch jenseits der deutschen Gren^ halten? 2. Muß die Oberste Heeresleitung einen militärischen Zu sammenbruch erwarten und bejahendenfalls zu welcher Zeit? Würde der Zusammenbruch das Ende unserer militärischen Widerstandskraft bedeuten? 3. Ist die militärische Lage so kritisch, daß sofort eine Aktion mit dem Ziel Waffenstillstand und Friede eingeleitet werden muß? 4. Für den Fall, daß die Frage zu drei bejaht wird, ist die Oberst« Heeresleitung sich bewußt, daß die Einleitung einer Friedensaktion unter dem Druck der militärischen Zwangslage zum Verlust deutscher Kolonien und deutschen Gebiets, nament lich Elsaß-Lothringen» und rein polnischer Kreis« der östlichen Provinzen sühren kann? S Ist die Oberste Heeresleitung mit Absendung des an liegenden Notenentwurfs einverstanden? Eurer Exzellenz wär« ich für sofortige Antwort dankbar." Hindenburg antwortet: „Die Oberste Heeresleitung bleibt auf ihrer am Sonn tag, den 29. September d. I., gestellten Forderung der sofortigen Herausgabe des Friedens- «ngebote» an unsere Feinde bestehen. Infolge des Zusammenbruchs der mazedonischen Front, der dadurch notwendig gewordenen Schwächung unserer Westreserven und infolge der Unmöglichkeit, die in den Schlachten der letzten Lage elngetretenen sehr erheblichen Verlust« zu ergänzen, besteht nach menschliche« SrmeNen keine Aussicht mehr, dem Feinde den Frie den auszuzwingen. Der Gegner seinerseits fährt ständig neue, frische Reserven in di« Schlacht. Roch steht da» deutsche Heer festgefügt und wehrt steg reich all« Angriffe ab. Di« Lage verschärft sich aber täglich und kann di, Oberste Heeresleitung ,n schwerwiegenden Snt. schlvsten zwingen. Unter diesen Umständen ist es geboten, de« Kampf abznbrechen, um dem deutschen Bolt« und feinen Berbündeten nutzlose Opfer z« «waren. Leder ver säumte Tag kostet Taufenden von tapferen Soldaten da» Leben.« Indessen ist es den Mehrhcitsparteien bewußt geworden: Werden Ludendorsf und Hindenburg, wie sie es eigentlich für notwendig hielten, mit der Verantwortung des Augenblicks belastet, — muß Ludendorff zu Fock), — das glatte, ins Grausige verkörperte Gegenstück von Sedan, die völlige Kapitulation ist unabwendbar. di« Zuriicksiihrung der Westarmre nicht mehr möglich. Es gilt, zu verhindern, daß diese gesamte West armer in Kriegsgefangenschaft gerät. Es geht um das Volk in der Gesamtheit. Das zwingt sie zur Verantwortung, — ganz gleichgültig, wer dies« Zustände durch Versäumung herbeigesührt hat. Scheidemann will nicht, daß di« sozialdemokratische Partei sich mit der .Liquidation des Hohenzollern-Vermögens" belaste. Ebert bekundet in dieser Stunde die Gesinnung: „Es geht umsEanze und Letzt«. Wir müssen retten, was zu retten ist. Wenn die P a r t r i ' d a r ü b« r zugrunde geht, soll sie zugrunde gehen." lDtese Szene erlebt ein« seltsame Wiederholung In de« Zentrumsparte« Lei Annahme der Versailler Friedensdiktat«, worüber später noch genauer wird zu berichten sein.) Am 3. Oktober 1918 ging das deutsche Friedensangebot an Wilson hinaus. Der Wortlaut deckt sich fast mit dem Ent wurf Ludendorsf». Da« Volk schreckt zusammen. Jetzt erst merkt di« breite Masse, worum es geht. Die Provinzblätter meldeten erst am 1. Oktober 1918 von einem Waffenstillstandsangebot von Bulgarien. Der Ministerpräsident Malinosf habe an den Führer der Ententetruppen von Mazedonien ein Wassenstillstandsangebot gerichtet. Das habe in den bundestreuen Kreisen Bulgariens große Erregung hervorgerusen. Es wird gemeldet: „Herr Malinosf ist mit diesem Angebot auf eigene Faust, ohne Zustimmung des Königs, des Parlament» und der bulgarischen Obersten Heeresleitung vorgegangen. Maßnahmen zur krastvollen Unterstützung der bulgarischen Front sind im Gange. König Ferdinand hat an Kaiser Karl von Oesterreich ein« Botschaft gerichtet, in dem er den Kaiser seiner Bundestreue versichert. König Ferdinand verharrt auf seinen Posten und tritt de« Ereignissen, in der Hoffnung auf Hilfe der Mittelmächte, end- gegen.. Von maßgebender ungarischer Seit« ist nach Sofia gemeldet worden, daß bereits ausreichend« Hilfe unlerwegs sei." — Bereits in der nächsten Nummer des gleichen Blatte» wiM in lakonischer Kürze der Zusammenbruch Bulgariens als vollzogene Tatsache gemeldet. (ForHetzung folgt) Für die Rechte -er Kirche in Spanien Mutige Rede eines Abgeor-nelen Ter baskische Abgeordnete Aguirre Hot bei der Be ratung des Gesetzes über die religiösen Orden eine warme Verteidigungsrede für die Rechte der Kirche geholten. „Sie wissen", so sagte Aguirre, „daß der sponiscize Dele gierte Hurtodo im Völkerbund behauptet hat, die ver schiedensten Sprachen und Kulturen würden in Spanien respektiert, aber über die Religion hat er geschwiegen, iveil er wohl wußte, daß diese in Spanien nicht respek tiert ivird. Im Namen der großen katholischen Mehrheit des baskisci-en Volkes erhebe ich mich jetzt, um Ihnen zu sagen, daß wir es gern gesehen hätten, wenn die Republik dieselbe Ehrfurcht, die sie für Sprache und Kultur gezeigt hat, auch auf religiösem Gebiet zum Ausdruck gebracht hätte." — „Warum", so fuhr Aguirre fort, „«vollen Sie die Kirche derjenigen Güter berauben, die ihr unbestreitbares Eigentum sind? In Vitoria z. B. hat sie zwei große Werke zustande gebracht, die Kathedrale und das Semi nar, wozu der Staat nicht einen einzigen Pfennig beige tragen hat. Der einzige Beitrag — wenn wir hier von einem Beitrag sprechen «vollen — bestand darin, daß er einen Vertreter sandte, als die Grundsteine dieser beiden Gebäude gelegt wurden. Sie wünschen das Unterrichts monopol, aber das Recht der Kindererziehung steht der Familie und nicht dein Staate zu. Das werden Sie selbst anerkennen: denn in Artikel 43 der Verfassung haben Sie dem Volke ein Gebot gegelien, worin Sie, wenn ich Ihnen die Enzpklika des Hl. Vaters über die Erziehung der Jugend verlesen würde, die Ermahnungen des Papstes wiederfinden könnten. Der Vater, so heißt es in dem genannte«« Artikel, hat die Pflicht, seine Kinder zu er ziehen, ihnen beizustehen und sie zu unterrichten. Dann muß ich aber auch das Recht Izaben. meinen Kindern die jenige Erziehung zu geben, die ich für geeignet halte." — „Die Wünsche und Forderungen, die ich hier vortrage", so schloß Agnirre seine Rede, „sind das Echo des religiösen Verlangens unseres Volkes, dessen Charakter sich in dem Geist des großen Heiligen von Navarra, des heiligen Franz Xaver, widerspiegelt. Wollen Sie bitte einsehen, ivie hart es ist, das religiöse Bewußtsein eines Volkes wie des unsrigen zu treffen, das einen unerschütter. lichen Glauben besitzt und in dem die reli giösen Gefühle so tief verwurzelt sind, daß «vir uns, wenn diese Gefühle geschän det werden, genötigt sehen, die Bande der Freundschaft, die uns mit anderen Teilen Spaniens verbinde«,, zu breche n." Wie man katholische Pfarrer gewinnt Wie der oldenburgisch« Ministerpräsident in rin katholische« Jugendheim kam. Unter der irreführenden und unrichtigen Ueberschrift: „K a- tholi scher Geistlicher leitet nationalsozia listische Versammlung" berichtet der „Völkische Beobachter" in seiner Berliner Ausgabe vom 24. d. M. (Nr. 5S) über eine Versammlung in Bösel (Oldenburg), in der „Pg. Ministerpräsident Röver über die. weltanschau lichen Grundlagen des Nationalsozialismus" gesprochen habe. Die erhebend verlausen« Versammlung sei zur Freude aller Versammlungsteilnehmer von dem katholischen Pfar- rerSommer geleitet worden usw. Hierzu ist folgendes fe st zu stellen: Der Mini- ster Spangemacher und Ministerpräsident Növer hatten den katholischen Pfarrer Sommer in Bösel (Oldenburg) tele- fonisch gebeten, das zu seiner Pfarrei gehörend« katholische Iu- gendheim für ein« nationalsozialistische Versammlung zur Ver- fügung zu stellen. Das hat der Pfarrer mit dem Bemerken a b - gelehnt, dotz er das katholisch« Jugendheim nicht für ein« nationalsozialistische Versammlung zur Verfügung stellen könne. Nach dieser Ablehnung hat der Ministerpräsident Riiver gebeten, da» Jugendheim für eine Versammlung freizu geben, in der er al» Ministerpräsident über Verwaltung»»«?»»« sprechen w»1l«. RSver hat dabei auf verlangen de» Pfarrer» ausdrücklich ,«gesagt, daß er dl« Versammlung nicht,«« parteipolitischen Zwecke« «»»nutzen »erd«, also ««der für die nationalsozialistisch« Partei werben, n»ch gegrn dir Zentrumspartei spreche« «erd«, Unter dieser voraursetzunghatder Pfarrer dann da» Jugendheim sreigegrben und die Versammlung selbst ge leitet. Di« Mitteilung des „Völkischen Beobachter»", daß der Mini sterpräsident Növer über di« weltanschaulichen Grundlagen de» Immen ilanan ißvnkanl Zvrlsm sagens Itüsklv2sn1r»uni!L:kslr!4