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Sächsische Volkszeitung : 11.01.1933
- Erscheinungsdatum
- 1933-01-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193301113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19330111
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19330111
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1933
-
Monat
1933-01
- Tag 1933-01-11
-
Monat
1933-01
-
Jahr
1933
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Dor 1 a Jahren wurde das Ruhrgebiet beseht Die Besetzung Essens am 11. Januar Lag -es Gedenkens (Der Einmarsch ins Ruhrgebiet.) In unserer atemlosen Zeit, in der selbst Eeschehnisi« von größtem historischen Rang und stärkster seelischer Wucht allzu schnell aus der Erinnerung schwinden, ist es besonders notwendig, eines Ereignisses zu gedenken, das heute aor zehn Jahren seinen verhängnisvollen Lauf über Deutsch land nahm. Am 10. Januar, dem Tage des Inkrafttretens des Versailler Vertrages, sind zehn Jahre verflossen, da das Frankreich Poincarüs mit einigen kriegsmäßig ausge rüsteten Divisionen das deutsche Ruhrgebiet besetzte. Dieser gewaltige Aufwand an Soldaten und Waffen wurde an geblich zu dem Zwecke gemacht, um die Tätigkeit einer sog. Jngenieurkommtssion, die die Lieferung von Kohlen kon trollieren und sicherstellen sollte, zu schützen. In Wirklich keit rollte ein in manchen geheimen Denkschristen geforder ter und sorgfältig vorbereiteter politischer Plan ab, der das Rheinland von Deutschland lösen und unter di« Kontrolle Frankreichs bringen sollte. Nichts hat das im späteren tragischen Verlaus der Ereignisse so deutlich be wiesen, wie die von Frankreich entfesselt« separa tistische Bewegung und der Schutz, den das franzö sische Militär ihr mit Waffengewalt angedeihen ließ. Mit dem vertragswidrigen Einmarsch in das Ruhr gebiet begann für das deutsch« Volk und ganz besonders für die Bevölkerung in Rheinland und Westfalen eine Lei denszeit, die den Schrecken des Krieges mitten in einem sogenannten Frieden Wiederaufleben ließ. In instinktiver Erkenntnis der rechtlichen und politischen Ungeheuerlichkeit dieses Vorganges fand sich die Bevölkerung an Rhein und Ruhr, von dem ganzen Volke unterstützt, zur passiven Ab wehr zusammen. „Mtt Bajonetten kann man keine Kohl« förder n." So hieß das stolze Wort d«r Bergarbeiter, die sich weigerten, unter militärischer Kon trolle zu arbeiten. Die gleich« Haltung nahmen die Eisen bahner ein. Die Beamten weigerten sich, den Befehlen der fremden, rechtswidrigen Macht Folge zu leisten. Sie wurden, ebenso wie die Eisenbahner und zahllose andere, die ihrer nationalen Pflicht furchtlos nachkamen, aus der Heimat ausgewiesen oder in die Gefängnisse geworfen. In wenigen Wochen glich die größte industrielle Werkstatt Deutschlands einem Friedhof, mit dem auch die Franzosen nichts mehr anzufangen wußten. Aber in dem Maße, in dem sich der politische und wirtschaftliche Fehlschlag des gro ßen französischen Unternehmens offenbarte, wuchs die Er bitterung, mit der sie die schrankenlose Gewalt einsetzten, und mit ihr wuchs zugleich auch die Leidenschaft der stum men Abwehr. Das letzte Stadium dieses gewaltigen Rin gens zwischen Gewalt und Recht ist durch den ossenen Ver such Frankreichs gekennzeichnet, durch die Schaffung und Förderung einer überwiegend aus verbrecherischen Elemen ten bestehenden separatistischen Bewegung das Rheinland von Deutschland abzutrennen. Nur außerhalb der englischen Besetzungszone und nur dort, wo französische Bajonette und Maschinengewehre schützend zur Seite standen, konnte cs dieser Bewegung gelingen, den Schein einer lokalen Macht zu gewinnen. Sie brach schließlich an der unerschütter liche» Abwehr des Nheinlandes eben so sicher zusammen, wie sie künstlich aufgezogen worden war. Wer das er schütternde Bild des rheinisch-mestf.lischen Landes aus die ser Zeit kennt, weiß besser, als es in Worten zu beschreiben ist, welchem Unmaß an materieller und seelischer Not es monatelang ausgesetzt war. Es ist deshalb auch eine be sondere Pflicht der Dankbarkeit, am heutigen Tage aller derer zu gedenken, die in diesem Kampfe die Opfer ih.er nationalen Pflicht geworden sind. Das kurze Kapitel der deutschen Geschichte, das mit dem 10. Januar 1923 begann, wurde eines der leidvollsten und an Zerstörung reichsten, die unser Volk je erlebt hatte. Aber es hinterläßt uns auch wertvolle Lehren, und das vor allem ist der Grund, weshalb wir dieses Tages ge denken wollen. Das rheinische Volk hat damals, weil es von einem Willen zur nationalen Selbstbehauptung be seelt war, sein Deutschtum unter atterschlverste» Opfern über einen gigantischen Kampf hinübergerettet, und das deutsche Volk insgesamt hat in dem gleichen Geiste der Einigkeit den äußerst bedrohten Zusammenhalt seines Reiches ge sichert. Das war, inmitten einer unermeßlichen Zerstörung, die schließlich sinnlos zu werden schien, Inhalt und Erfolg dieses Ringens. Diese Lehre sollte etwas gelten in einer Zeit, In der wir, zehn Jahre später, wieder in politischen Kämpfen zerrissen sind und uns nichts so sehr fehlt wie jene große Einheit des Willens, mit der allein wir auch eine gefährliche innere Katastrophe unseres Volkes noch überwinden können. Und schließlich sollten gewisse Leute in Deutschland, wenn sie die politischen Kämpfe um die deutsch« Freiheit in dem Jahrzehnt nach dem Ruhrkampse überblicke«», nicht blind kein vor der Tatsache, daß die Ein schwarzer Tag Der Morgen dieses 11. Januar 1923 >var kalt und regnerisch. Die Arbeiter, die in der Dämmerung zur Schicht gingen, standen in Trupps um grellbunte Pla kate, in denen die Kommunisten der erwarteten Hle- satzung in französischer und deutscher Spratts die Welt revolution ankündigten. Je iveiter der Morgen vor schritt, umso größer wurde die Menschenmenge, die sich in Essen in der Nähe des Bahnhofs, vor dem Krupp schen Friedhof an der Huyssens-Allee ansammelte. Schon in der Nacht.war bekannt geworden, daß französische Truppen von Düsseldorf her durch das Nuhrtal über Kettwig in Anmarsch seien. Jetzt wartete man der Dinge, die da kommen sollten. In der Menge zahlreiä-e Journalisten, namentlich Ausländer. Bildberichterstatter hatten ihre Apparate aufgebaut, um den Einmarsch zu photographieren. Das Warten, das sich bis gegen Mit tag hinzog, zerrte an den Nerven . . . * zk Gegen 11 Uhr vormittags ivar der südliche Stadt teil Bredeney ein riesiges französisches Heerlager: Rad fahrer waren der Bortrupp, sechs Tanks, acht Panzer autos und z«vei Schivadronen Dragoner folgten. Nach An gaben ausländische Journalisten sollten diese Truppen vorläufig am Rande des Stadtgebietes bleiben, um ab zuwarten, bis Infanterie nachgefolgt ivar. Um 1,412 Uhr rächte dann auch ein Regiment Infanterie an init einein Zum zehnten Jahrestag der Ruhrbesetzung hat sich das Conti-Nachrichten-Biiro an eine Reihe von Persönlichkeiten ge wandt, die jene schweren Tage unmittelbar miterlebten. Ihre Beiträge knüpfen an das für Deutschland so schicksalsschwere Ereignis an und würdigen vor allein die Entwick lung dieser zehn Jahre. Oberbürgermeister Dr. Jarres, Duisburg: Die langen und qualvollen Monate des Abwehrkampfes bleiben für alle Zeit ein Ruhmesblatt deutschen Kraftwillens und vaterländischen Trotzes. Zweifellos hat dieser Widerstand in dem jahrhundertelangen Kampfe zwischen Deutschland und Frankreich um die Herrschaft am Rhein mit einer Niederlage unserer westlichen Nachbarn geendet. Furchtbar waren allerdings die Opfer, die Deutschland I zur Erreichung dieses Erfolges bringen muhte. Der schwerste Schlag, den Deutschland in diesem Kampfe erlitt, ivar der völ lige Zerfall seiner allerdings schon vorher äußerst gefährdeten Währung. Aber alle diese Verluste und Opfer überwog doch der Gewinn, das; Deutschland nach seinem furchtbaren Niederdruck; im Jahre 1918 zum ersten Mal vor der Welt seine nationale Ehre in heldenmütiger Weise verteidigte und damit zeigte, daß in unserem Volke trotz der furchtbaren Zermürbung der Kriegs jahre und der Friedeusschmach noch der Nationalstolz lebt, ohne den kein Land bestehen kann. Es überwog der Geivinn, daß mit Rhein und Ruhr das wirtschaftlich wichtigste Gebiet dem Reiche erhalten bleibt. Zehn Jahre sind seitdem verslossen. In klarer, aber auch an Enttäuschungen reicher Politik hat dann Stresemann die Grundlagen zu einem Umschwung der internationalen Einstel lung gegen Deutschland geschaffen. Langsam nur sind die Früchte dieser Politik gereist. Gewiß ist die wirtschaftliche Notlage des Vaterlandes heute trostloser denn je, und unter dieser Notlage hat besonders das deutsche Politik sich in dieser Zeit, wenn auch unter schweren Mühen, ztelbewußt vorwärts gearbeitet h a t. Das Rheinland ist seit Jahren frei, die Reparations frage ist so gut wie erledigt — nicht alle Ziele werden an einem Tage erreicht, und es wäre nicht einmal klug, dies zu versuchen. Der 10. Januar mag uns in seiner doppel ten Eigenschaft als der Tag des Versailler Vertrages und des Ruhrkamofes die Mahnung geben, den einheit lichen Willen des ganzen Volkes auf die großen Ziele zu lenken, die noch vor uns liegen. General und seinem Stabe. Um dieselbe Zeit raste das erste französische Zivilauto mit Ingenieuren in die Stadt; weitere Kraftwagen folgten mit den Quartiermachern. Gleich darauf strömten Truppen aus allen Richtungen in das Stadtzentrum, Kavallerie, zwei Regimenter In- santerie auf Lastautos, Maschinengewehrabteilungen, Panzerwagen und Tanks. Sie vereinigten sich am Haupt bahnhof und auf anderen Plätzen des Zentrums. Di« Umgebung des Banhoses, wichtige Straßenkreuzungen wurden von Kavalleriepostcn mit gezogenen» Säbel besetzt, unter großen Absperrungen der angrenzenden Straßen das Gebäude des Kohlensqndikats durch Infan terie. Es ivar aber leer, der Sitz des Kohlensyndikats mar inzwischen nach Hamburg verlegt worden. » -k In dem Augenblick, als die Trupzren einrückten, gingen in allen Geschäften die Fensterläden herunter. Restaurants und Hotels schlossen Sehr schnell waren auch die Straßen menschenleer. Essen schien eine toi« Stadt zu sein, in der es nur Uniformen gab. Im Rathaus war seit dem Morgen die gesamte Stadtverwaltung versammelt. Mittags erschien auf dem Rathaus-Vorplatz der kommandierende General. Er ver langte von Dr. Luther, daß er ibn als Oberbürgermeister am Rathaus-Portal empfange. Dr. Luther ließ erwidern, er sei in seinem Amtszimmer zu sprechen . . Bon Essen aus erstreckte sich die Besetzung bald auf das ganze Ruhrgebiet, für das nun schivere Zeiten folgten. damalige Einbruchsgebiet an Rhein und Ruhr zu leiden. Aber die Vereinigung des außenpolitischen Feldes und die Anbahnung einer vernünftigen internationalen Verständigung, die später der Außenpolitik Brünings und von Papens wenigstens einiger maßen gelungen ist, stellen doch ein wesentliches Aktivum in der Gesamtlage des deutschen Volkes dar. Ohne die vorherige Befreiung des Ruhrgebiets und des besetzten Rheinlandes von der Schmach der Besatzung wäre aber ein solcher Fortschritt nicht zu erzielen gewesen. Das deutsche Volk steht auch heute noch in surchibarem Kamps« um das nackte Leben. Wir vertrauen daraus, daß wir uns in diesem Kampfe durchsetzen und wieder an die Stelle rücken werden, welche dem deutschen Volke nach Vergangenheit und Wert im Kreise der 'Nationen zukommt. Wenn w>r dieses Vertrauen haben, so gründet cs sich nicht zum wenigsten auf den Beweis einiger Kraft, den unser Volk vor zehn Jahren im Ruhrkampfe erbracht hat Staatssekretär z. D. Frhr. v. Rheinbaben. Als Staatssekretär in der Reichskanzlei im ersten Teile der kurzen Kanzlerschaft Stresemanns und in ständiger Füh lung mit dem Führer meiner Partei als Berater in außenpoli tischen Fragen feit dem Frühjahr 1929 stehen mir heute, nach zehn Jahren, noch alle wichtigen Etappen des deutschen Leidens weges in jenem Katastrophenjahr in lebendigster Erinnerung. Als dem Kabinett Cuno Anfang August die Zügel entglitten, übernahm am 13. August Stresemann das Reichskanzleramt mit der Absicht, den Ruhrkampf so ehrenvoll wie möglich zu liqui dieren. Ungesäumt nahm er in seinen Reden, insbesondere in der bedeutungsvollen Stuttgarter Rede vom 23. August, die außenpolitische Aktion in die Hand und brachte sie tatsächlich, wenn auch mühsam genug, in Fluß. Die Wochen bis zum klaren Entschluß der Liquidation des Kampfes waren die schwerste Zeit in Stresemanns politischer Laufbahn und wohl in seinem Leben überhaupt. Der Wäh- Eine Umfrage zum Ruhr-Gedenktag Französische Truppen in Essen Ein« sa traurig« Ruin« » ist das Wrack der Atlantique, das In den Aasen von Cherbourg ! etngeschleppt worden ist. Der Pordermast hängt umgeftürzt über I dir Seiteinvand herab.
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