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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.04.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140401013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914040101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914040101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-01
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Monat
1914-04
-
Jahr
1914
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14. «v ahrelange . Energie )iese Br- ichlvisscn« >ie vada- il macht? »S allen men, uni solvieren end« im gewinn- S dieser Münze, id Leiter weite«« dah im Staate» i kürzlich kerkurses r gutnn I ferner Damen« nüdlichee versieht : gerecht nstnlt zu leit ein mni er- rt schon vorbcnen eidnngs« weiter »ekt, der i wurde, i. T.L.), Liebe r jiibrte >ie eine Älle völlige; udaseins hne sich urch di« ung der inlichkeit entkeime lrcchung die Er« e. B. wchburg nmlung. c neuen ilsen« vnners- i !?ber- rt und P-rs) ch Uhr, öfsent- uidlichst Paul sondcrir !6 I., Ida Zölle!, Oslnr Gas« 44 I. erlha Jena, aniker Jena. Jena. Fran nath iaqde- becke Var» 'kein, tburg. iulein 2 I., ' J«l. n. Mittwoch, 1. April 1914. Leipziger Tageblatt. - Nr. ISS. Mnrgen-rlusgade. SrUr 7. Lhina in Serlin. Unser Berliner Schauspielreferent schreibt in Ergänzung seines Drahtberichtes: Thinoiserien wachsen auch hierzulande, auf allen Aeckern des öffentlichen Lebens. Eine theatralische hat Gozzi imitiert. Schiller germanisiert, Lollmoeller wieder chinesiert. Wenn man „Turandot" in diesem Belang gelten läßt, lernte das deutsche Publikum das chinesische Theater zuerst aus seiner Verulkung kennen. Ban Rechtswegen wurde nun auf dem Stapelplatz so vieler exotischer Früchte und Erzeugnisse ein wichtiges chinesisches Schauspiel aus- geladen. Ein wichtiges? Auch „Die gelbe Hacke", das in den Kammerspielen aufgeführte Drama, hat keinen Chinesen, sondern moei Eng länder zu Verfassern. NiAn darf es aber Mister George Hazelton und Mister Benrimo glauben, daß sie ihr Stück aus echten China-Stücken „aus verschiedenen Teilen desselben Stoffkreises" zu- lammengezogen haben. Zweifellos haben sie den seit Jahrtausenden unveränderten inneren und äußeren Stil des chinesischen Schauspiels mit Ge nauigkeit sestgehalten. Nur, was in China ernst hafte Naivetät ist, di« dort niemanden An Genuß einer traurigen oder tragischen Begebenheit stört, das war in Europa drollig: daß wir den Theater meister, dessen Nasenspitze bei uns niemals aus den Kulissen gucken darf, während der ganzen Aufführung auf der Bühne walten und den Schauspielern die Requisiten reichen, ja, wenn's nottat, mit Armen inrd Beinen als praktikables Versatzstück wirken sahen. Das stumme Phlegma, die verdrießliche Wurstigkeit, womit Rudolf Schildkraut dieser angeblich „unsichtbaren" Tätigkeit oblag, galt uns für eine originelle Posse; doch gerade die Possen wirkung war gründlich unchinefisch! Und im all gemeinen war die ganze Aufführung, einige tiefere Eindrücke einer erhabenen Simplizität abgerechnet, eine Uebersetzung aus dem Ernste des Ostens in die Komik des Westens. Trotzdem beschlich auch den Zuschauer der moder nen Jllusionsbiihne — und gerade des Retnhardtschen Dekorationen- und Maschinenhauses — eine Ahnung von der charakteristischen Größe einer uralten, so ganz anderen Kunst, die an die Phantasie des angewohn ten Publikunls ungleich höhere Ansprüche stellt, als selbst das altgriechische und das Shakespearesche alt englische Theater. Denn nicht nur bleibt der Schau platz vom Aitiang bis zum Ende völlig unverändert; er ist auch keineswegs „neutral", zeigt vielmehr ein kostbares Gemach, das bald für den blühenden Birn garten des Vizekönigs Wu Sm Pin, bald für das Hochgebirge mit Gießdächen und Schneestürmen, bald für eine niedere Hütte oder für das Teehaus einer Liebesoerkäuferin ausgegeben wird. Und die Requi siten! Ein rotes Kissen reicht der Theatermeister dem Helden, das ist ein abgeschlagener Kopf. Eine Stange stellt eine Trauerweide vor, übereinander gehäufte Tische und Stühle sind Felsen und hohe Berge, die erklettert werden, eine Bank ist die gol dene Gondel auf nächtlichem Flusse, eine Leiter führt ins Himmelreich. Allmählich paßt sich unsere spröde Phantasie an^ eingelullt von der Melodie der blu migen chinesischen Sprache, und plötzlich erinnert man sich an Goethes Wort: „Gebt mir zwei Fässer und ein Brett darüber, und ich will euch die schönste Komödie spielen". (Oder so ähnlich!) Die zwei Engländer gestehen, daß sie in das Schauspiel „Die gelbe Jacke" eine aussteiaende Hand lung eingelegt haben, weil man in Europa nicht genug Embildungsfähigkeit besäße, an einem Stück Gefallen zu finden, das nur (wie dies in China seit WOO Jahren Mode ist!) aus Lyrik und Erzählungen bestünde. Diese Verfälschung ist bedauerlich. Ta die Verfasser trotzdem den echt-chinesischen Charakter der einzelnen Szenen, also das breite Zeremoniell und das Zuständliche dieser Dramatik wahren wollten und mußten, entstand ein Bandwurm, auf dessen Kopf man am späten Ende gerne verzichtet hätte, wenn uns in amüsanter Kürze bloß einige charak teristische Szenen geboten worden wären. Wir Kunst unä Wissenschaft MWMWWW haben nun einmal nicht die Langmut des Orientalen, der aus unendlicher Monotonie Opiumfreuden saugt. Höchst interessant war es, im chinesischen Gewände unsere Genoveva- und Parsifal-Sagen wieder zu er kennen. Zumal die Verführung des reinen Toren durch die Blumenmädchen ist kein Monopol der weißen Rasse! Mit zuerst stark angeregtem, dann in vierthalb Stunden adflauendem Interesse folgte das Berliner Publikum dem Thinesenstück. Die schauspielerische Gesamtleistung unter Max Reinhardts Leitung war hervorragend Unter den vielen, die da trippel ten, seien mit besonderer Verneigung hervorgehoben: Victor Arnold, der ergötzlichste naive LonfLren- cter („Chorus"), neben Schildkrauts Bühnen meister die lustigste Figur; ferner Gertrud Eysoldt als schmerzliche Mutterliebe, Werner Lotz als junger Held der Liebe und der Abenteuer und Else Eckarsberg als abgefeimtes Blumenmädchen. Hermann Livvrl. Neues Theater. („Parsifal." V.) „Wandel und Wechsel liebt, wer lebt" — sagt Wotan lächelnd, und stlgt hinzu: „Das Spiel drum kann ich nicht sparen." Bei uns hier ist es das gleiche, nur mug es dann beißen, „am Spiel" können wir nicht sparen, sondern lassen Gastspiel auf Gastspiel folgen. An Stelle Karl Brauns erschien gestern der hallische Künstler F. Schwarz. Sein Gurnemanz war der Typus des gutmütig wohlwollenden alten Herrn. Zu Anfang viellercht ein wenig vergriffen in der Maske: n.ch. erst ein Repräsentant des noch rüstigeren Manne-s- und dann erst (mindestens dock) ein Jahrzehnt später zu denken) des Greisenalters, sondern gleich bei Be ginn des Spiels ziemlich gealtert, so daß er sich beim Verlassen des kleinen Hügels auf des Knappen Schulter stützen muh. Den und jenen volleren Ton ausgenommen, erfaßte F. Schwarz den gesanglichen Teil seiner Aufgabe durchweg lyrisch, aber mit vieler Feinheit, und bewies in der Behandlung des Details lebhaften musikalischen Sinn. Wundervolle Steige rung zeigten gestern die beiden Hauptdarsteller vor nehmlich im mittleren Akte. Jacques' Parsifal handhabte Deklamation und Ausdruck mit wahrer Inbrunst und solch seltener Intensität der Gesühls- mitteilung, daß man dieses Mal des Theaters völlig vergessen mochte. Die schönen Gesangstöne strömten in aller Breite dahin, und mit dem kolossalen Emp- findnngscrescendo dieser einzig schönen Musik erhob sich gleichsam auch die ganze Natur des Künstlers. Die Vision von den Leiden des Amfortas ward tat sächlich ein seelisches Erlebnis. Das gleiche mar der Fall mit der Kundry Valeska Nigrinis. Nach dem Erachten vieler Theaterbesucher hat die Künstlerin bei uns diesen Charakter so recht eigentlich erst ge schaffen und wäre des Ehrennamens Parsivalesla würdig. Vieles in ihrer Darstellung schien noch weit vertiefter als neulich, bayreuthijch nicht der starren Tradition, sondern d<m Geiste nach. Wesent lich ist, daß die Künstlerin ihre Aufgabe nicht vom Standpunkte de: Heroine erfaßt, sondern von dem einer überaus feinnervigen Darstellerin, wobei sie von ihrer geradezu mustergültigen Ausspräche stark unterstützt wird. — Von schöner u»rd künstlerisch reiner Wirkung erwiesen sich gestern wieder einige Gruppenbilder der ersten Akts. Daß die Gralslzenen sich in so matter Beleuchtung abspielen, entspricht durchaus dem mystischen Charakter, indessen erschien gestern aber doch vieles zu sehr grau in grau, so daß man z. B. vom Mienenspiel der Hauptdarsteller in einigen ausschlaggebenden Momenten keinen voll kommen befriedigenden Eindruck empfangen konnte. Luaen Ss^vitr.. Kammermusikabend, veranstaltet von Anatol von Rocssel. Es Ivar entschieden ein höchst lobens wertes Beginnen, an einem Abende einmal aus schließlich moderne französische Kammermusik zu Gehör zu bringen. Außer Vincent d'Jndys B-Dur-Trio, Op. 29 für Klavier, Violine und Violoncell hatte man zwei Klavierquartette, ein unvollendetes in H-Moll von Guillaume Lekeu (1870—1894) und das in A-Dur Op. 30 von Ernst Chausson (1856—1899) ausgetvählk. Wohl tvar es moderne Musik, die gestern vor einem gewählten, musikverständigen Publikum erklang, doch nicht jene des französischen Neuimpressionis- nruS, in der rhythmische und melodische Zeich nung zu verschwinden scheint, die Harmonie aber durch überraschende Fülle und Eigenart aus gezeichnet ist. Obengenannte Komponisten wollen nicht in erster Linie koloristische Kunst unter Preisgabe der Tonalität und Verwendung pri märer Obertöne bieten, sie schreiben vielmehr eine Musik, die als Niederschlag eines regen Ge fühlslebens von Herzen kommend wieder zu Her- zeu gehen soll. Immer mehr ist die moderne Musik Ausdruck subjektiven differenzierten Empfindens geworden. Je mehr wesensverwandte Züge sich nun zwischen dem Gefühlsleben des Hörers und des Komponisten vorfinden, nm so mehr Verständnis wird jener dieser Musik cntgegcnbringen. So kann es geschehen, daß der eine ein modernes Stück ebenso sehr lobt, wie es der andere tadelt. Letzteres lag nun gestern tveniger nahe, da aus den einzelnen Werken Künstler sprachen, die, ausgerüstet mit bedeutendem Können und starker Erfindungsgabe, lediglich gesund - natürliches Empfinden in den verschiedensten Stärkegradeu in ihrer Musik zum Ausdruck zu bringen ver suchten. Wentger trat dies freilich in den beiden Triomittelsätzcn von d'Jndh hervor, die mehr geistvoll gearbeitet, verstandesmäßig kombiniert denn gefühlsmäßig erfaßt erschienen. Ans die sem Grunde hätte man noch am ehesten auf dieses Werk verzichtet, wennschon die beiden Ecksätze durch ihre kraftvoll-gesunde, teilweise dramatisch gehaltene Musik mit ihren mitunter rhythmisch ganz eigenartig gestalteten Themen und deren ausgezeichneten Verarbeitung stark interessierten. Viel Uebcreinstimmnng in der Art und Weise, den wechselvollen Gefühlen in Tönen Ausdruck zu verleihen, zeigen die beiden der Kunst viel zu früh entrissenen Ncnsranzosen Lekeu und Ehausson. Beide sind zivei heißblütige Musiker naturen, begabt mit einein feinen Gefühl für klangliche Wirkungen und rhythmische Gebilde. Der Wellennatur des Gefühls entsprechend, Nüs sen sie mit glücklicl)er Hand den Wechsel von Leidenschaft und innerer Ruhe in ihrer im Aus druck bald anschwellcnden, bald wieder ab ebbenden Musik mit Hilfe technisch reich aus gestatteter Partien und innig empfundener Kan- tilenen wiedcrzugeben. Immer und immer wie der begegnet man feingezeichneter, melodiscl)er Linienführung und durch besondere Klangschön heit ausgezeichneten Stellen. Wahrheit im Aus druck geht beiden Komponisten über alles. Daher schrecken sie, sobald es erforderlich ist, vor klang lich gervagten Stellen auch nicht zurück. Beide wissen immer so viel zu sagen, daß sie schwer lich ein Ende finden können, dabei aber bis z,c- letzt den Zuhörer in Spannung haltend. Von Leidenschaft und tiefem Empfinden kündet der erste Satz des großzügig angelegten H-Näoll- Quartetts von Lekeu, zu dem die im folgenden Satze anhebende tiefe Klage, der wehmutsvolle Gesang in starkem Kontrast stehen. Es war eine recht schwierige Aufaabe, die sich die Herren Anatol von Roessel (Klavier), Hofkonzert meister Josef Blümle, Carl Herrmann (Viola) und Kammermusikus Franz Schmidt (Violoncello) gestellt hatten, die sie aber doch in der Hauptsache mit künstlerischem Gelingen lösten. Wenn hier und da doch einmal größte Präzision im Zusammenspiel oder feinere Aus arbeitung und Ausgleichung nach feiten des Klangs zu wünschen übrig blieb, so sah man doch gern über diese kleinen Mängel in Anbetracht der Verdienste, einen derartig hochinteressanten Abend bereitet zu haben, gern hinweg. Den vier Künstlern, die bei der Wiedergabe dieser drei Novitäten ihr bedeutendes Können nach besten Kräften einsetzten, ward wiederholt wohlverdien ter, herzlicher Dank zuteil. Ourt Hermann. * * A«s den städtischen Theatern. Herr Karl Ebhardt vom Stadttheater in Bafel wird am Donnerstag, den 2. April als Ferdinand in „Kabale und Liebe" auf Anstellung gastieren. * Hans Kysers Schauspiel „Erziehung zur Liebe", das die Zensur unbegreiflicherweise erst nach langem Zögern freigegeben hatte, wurde, wie uns draht lich aus Berlin gemeldet wird, am Deutschen K ü n st l e r t h e a t e r der Societü ergreifend dar gestellt und mit sehr lebhaftem Beifall ausgenommen. Der Dichter erschien ost vor t-em Vorhang. Das ernst gestimmte Werk ist ein sogenanntes Pupertätsdramo. Ein schwärmender Jüngling, Abiturient, wird von der heißen Liebe einer reifen Frau, der Gattin seines Professors, in schmerzlichen Flammen fürs Leben ge härtet. Nicht der Knabe aber ist am Ende der leid tragende Teil. Dichterische Schönheiten und» starke Szenen stehen neben psychologischen Rissen und Sprün gen. Elsa Galafres war der bedeutsame Mittel punkt der Aufführung. tt. L. * Das Soloqnartett für Kirchengesang Leipzig veranstaltete im Monat März auf ergangene Einla dung hin 18 Ausführungen. Das eine Konzert in der Dreisaltigkeitskirche in Berlin brachte einen Reingewinn von 3500 für die unter dem Pro tektorate Ihrer Majestät stehende Diakonissenanstalt „Bethanien". In der Osterwoche singt das Quartett dreimal in London und zweimal in Brüssel. * Zum Generalintendanten ernannt. Wie die „Münchner Neuesten Nachrichten" melden, ist der Intendant der Münchner Hofbühnen, Clemens Frei herr von Franckenstein, zum General intendanten ernannt worden. * Das Alberttheater in Dresden wird, wie längst erwartet wurde, am 1. Mai seine Pforten schließen. Es soll am 1. September als Volkstyeater unter neuer Leitung wieder eröffnet werden; es fragt sich aber, ob das möglich sein wird. Bis zum 1. Mai führt die künstlerischeLeitung derOberregisfeur Sturm. * Die Jury der zeitgenössischen Graphiker, Abtei lung Allgemeine Deutsche Kunstaenonenschaft, waltet seit Donnerstag ihres schweren Amtes. Gilt es doch, die nach Tausenden zählenden Einsendungen gra phischer Werke aus allen Teilen Deutschlands zu sichten. Der Jury gehören u. a. an die Professoren Peter Halm und Otto Strützel, München, Kappstein und Paul Herrmann, Berlin, Bruno Herour, Leipzig, Schröter, Karlsruhe, Kaul Düsseldorf, Baur. Stuttgart, Heinrich Wolf Königsberg, Georg Jahn, Dresden. — Den auswärtigen Kollege» zu Ehren fand am Donners tag abend ein Bieiabend beim Professor Bruno Heroux in dessen Atelier statt, ,u dem auch eine große Anzahl Leipziger Künstler geladen war. Anregende Gespräche über alle Künste wechselten mit Scher, und Frohsinn ab. Es war ein richtiger Künstlerabend — Am Freitag lud der Künstler verein die Herren zu sich zu Gaste und ge staltete den Abend gleichzeitig zu einer Festlichkeit, in der, wie der 1. Vorsitzende, Herr Architekt Georg Wünschmann, in seiner Ansprache ausführte, außer der Ehrung der auswärtigen Kollegen auch die Geselligkeit und die Damen zu ihrem Rechte kommen sollten. Es entwickelte sich ein buntes Bild froher Geselligkeit, welches nicht zum geringsten Teile durch die glänzenden musikalischen und deklamatorischen Darbietungen gesteigert wurde. Frau Monnard-Borstel, Frau Hofrat Meiner, Frau WUnschmann-Toula, Fräulein Gertrud Dathe, die Herren Schröter und Sammler usw. mit ihren Einzeldarbietungen, Quartetten und Terretten, Klaoiervorträaen stellten sich in den Dienst der Sache, und Mitternacht war schon vorüber, al« sich die auswärtigen und heimischen Gäste langsam zer streuten. Nsr gute Name. 57 s Roman von Georg Engel. ct.V>s>^ri^bt I9W 6rstk'eiv L 0o., O. m.. d. L. Klar und ernst, wie siS ihn selten gesehen, stand der Kapitän vor dem Mädchen, aber gerade diese überlegene Ruhe raubte ihr den letzten Rest von Besinnung. Alles, was sie aus seinen Worten heraushörte, war nur das Bestreben, sich womöglich auf einen Schlag von ihr zu lösen, und mit der Sicherheit des Hasses ahnte sie, daß diesen Wunsch einzig die fremde, verabscheute Frau in ihm rege gemacht haben könnte. Schwer stützte sie sich auf die Bank und sah mit zornig leuchtenden Augen zu ihm herüber. „Für wen schlugst du dich?" fragte sie eisig. „Für meine Mutter!" „Und wer pflegte dich?" „Wieder meine Mutter!" Sylvia schrie leise auf, ihre kleinen Hände ballten sich krampfhaft zusammen. Ja, jetzt fühlte sie es, diese brutale Offenheit entfesselte bei ihr plötzlich den wildesten, glühendsten Haß, dessen sie fähig war. Vor ihren Augen flimmerte es. Nein, jetzt wollte sie den Gefühllosen nicht mehr schonen. „Ich hätte dir diese Frage eigentlich nicht vorzulegen brauchen," lächelte sie mit eigentüm lichem Hohn, „da ich mich von der vollständigen Richtigkeit deiner Angaben bereits selbst über zeugte. Sylvia von Parchim weiß, was sie einem wirklich geliebten Manne schuldig ist, und es sollte mich wundern, wenn es nicht auch dir hinterbracht wurde, daß ich sogleich in dein Kran kenzimmer eilte." Holstein regte sich. „Davon weiß ich nichts," antwortete er ruhig, „rnir wurde nur von einer flüchtigen Anwesenheit erzählt." Das Mädchen ergrif, einen herabhängenden Zweig und lachte spöttisch auf: „Dann wurde dir recht berichtet," rief sie laut, während sie die Blätter des Zweiges zerpflückte. „Flüchtig war mein Besuch allerdings, aber weißt du auch warum?" „Nein," entgegnete der Kapitän kühl, „ich rate keine Rätsel." „Weil ein anständiges Mädchen deine Schwelle nicht übertreten durfte," brach Sylvia leidenschaftlich aus, „weil ich mit einem Blick wahrnahm, daß diese liebevolle Pflegerin, diese aufopferungsfreudige Mutter noch nähere Be ziehungen zu dir gefunden haben mußte. Ja, ver zerre nur deinen Mund, und blicke mich an, als ob du mich töten wolltest, das gilt nrir gleich. Ich kann dich nicht nur immer anbcten, ich habe auch gewisse Forderungen an dich, wie sie Män ner und Frauen unseres Standes zu stellen be rechtigt smd. Und deshalb antworte mir frei und unumwunden: „Soll diese zarte Seelen freundschaft zwischen dir und deiner Familie nun anhalten, so daß ich gezwungen bm, mir von dieser sogenannten Mutter segnend die Stirn küssen zu lassen und, so oft sie es wünscht, mit Papa und Mama am Kaffeetisch zu sitzen? — Na türlich, ich trenne mich ja nur deshalb von den Freuden und dem Glanz meines jetzigen Lebens, damit ich später in den Abendstunden meine Häkelei nehmen und dieser allgemein verachteten Familie Gesellschaft leisten kann?!" Ein erstickter Wutschrei unterbrach sie. Mit einem Sprung stand der Kapitän neben ihr und umklammerte ihren Arm, daß sie den Schmerz kaum ertragen konnte. Seine Augen ioaren ihm stier ans dein Kopf getreten, kalter Schweiß perlte auf seiner Stirn, und aus der arbeitenden Brust drang ein heiseres Keuchen. So hatte ihn das Mädchen noch nicht gesehen, aber gerade diese rücksichtslose Wut verschärfte den aufflammendcn Haß. „Machen wir es kurz," sagte sie kalt, wäh rend sie sich hastig frei machte, „ich verspüre keine Lust, einer Familie von Gesunkenen anzugehüren. Ich will zu einem Betrüger nicht Vater, noch zu seiner Frau Mutter sagen. Dir aber, der du dich scheinbar von deiner Familie losgerungen hattest, gab ich einmal mein Wort, und will es unter dieser einzigen Bedingung halten!" Sie richtete sich herrisch auf. „Schwöre mir, daß deine Eltern, und alles, was zu ihnen ge hört, für dich tot sein sollen, daß du nncli niemals mit ihnen in Berührung bringen willst, und daß alle deine Pflichten gegen sie hiermit auf hören! Dann will ich es versuchen, alle Ent behrungen auf mich zu nehmen, die deiner Gattin bevorstehen." Bei den letzten Worten hatte das zitternde Mädchen den kalten Ton aufgegeben, aller Lieb reiz, dessen sie fähig war, verschönte ihre Züge. Ein entsetzliches Gelächter gellte ihr als Ant wort entgegen, und im selben Augenblick nahm sie wahr, daß der Kapitän von fürchterlichem Lachen förmlich geschüttelt wurde. Halb ungläubig streckte sie die Hand nach ihm aus, er aber wich ihrer Berührung aus, als ob sic ihm widerwärtig wäre, und starrte mit erblaßten Wangen in den Wipfel des Baumes hinauf. Oben säuselte der Wind leise in den Blättern, und über das Stück blauen Himmels, das durch die Bäume zu ihm herunterlcnchtete, zog eine seltsam geformte Wolke. Seine überreizte Phantasie schuf schnell ein bekanntes Antlitz daraus. Das war keine Wolke, es waren die milden Angen Mariens, die ihm aus den Himmeln Trost zuwinkten und eine Träne des Mitleids auf sein Haupt gossen. Aber die Wolke verschwauo, und wieder hörte der Unglückliche jenes Wort in sich nachklingcn, das ihn so tief verwundet hatte. „Ich will keiner Familie von Betrügern angenhören!" Ge ¬ wiß, das konnte man einem jener fein erzogenen Mädchen nicht zumutcn. Wie oft hatte er das selber gedacht und rücksichtslos ausgesprochen, aber jetzt, da er es zum erstenmal aus fremdem Atunde hörte, da es ihm von dem Weibe gesagt wurde, das er liebte, oder wenigstens zu lieben meinte, da erhielt jedes Wort einen eisernen Stachel, der ihm die Brust aufriß und bis an das Herz drang. Etwas Ungeahntes, Niegcfühltes stieg in ihm auf, eine schmerzliche, wild-trotzige Lieibe für (Fortsetzung in der Abendausgabe.) diese Mißachteten bemächtmte sich seiner, und mitten durch Hohn und Wehe erhob sich der starke Glaube, daß er zu diesen Verkonrmenen gehöre, unauflöslich dauernd. „Heinrich, so kann ich dich nicht sehen, sprich ein Wort, nur ein einziges zu mir!" schluchzte Sylvia fassungslos. Als die Stimme an sein Ohr schlug, er mannte sich Holstein. Aber seltsam, ihm war es, als ob seine Augen das Mädchen vor ihm jetzt zum erstenmal erblickten; diese vor das blühende Gesicht gepreßten Hände rührten ihn nicht, und durch ihr Schluchzen hörte er immer wieder jene Stimme heraus, oie vorhin über Marie so erbarmungslos den Stab gebrochen hatte. Hastig schritt er auf sie zu und rief der ängstlich Zurückweichenden mit kaum zurück gehaltener Wildheit zu: „Freuen Sie sich, Freifräulein von Parchim; Sie haben mich überzeugt, und ich will der Tochter des allmächtigen Landrais die Ent behrungen nicht mehr zumuten, die sie an meiner Seite erwarten. Denn, es ist wahr, ich bleibe eben ewig und immer der Sohn des Betrügers, hören Sie, will es bleiben, und hier schwöre ich es Ihnen, daß ich von jetzt an mit jeder Faser meines Herzens an meiner Familie hängen und nur noch für sie denken und arbeiten werde." Er trat einen Schritt rückwärts und nnnktc heftig mit der Hand. „Leben Sie wohl, Fräu lein von Parchim, grüßen Sie Ihren Vater und sagen Sie ihm: Der Landrat auf Dangerow sei ein Ehren mann, der alte Holstein aber ein Betrüger. Das ist nun einmal so in der Welt. — Im übrigen jedoch seien Sie froh, der Gefahr für diesmal so leicht entgangen zu sein, denn bei Gott, hätte nrich nicht vorher eine Kugel so ungeschickt ge troffen, Zo war ich einmal beinahe drauf und dran, Sie mit Gewalt vor den Altar zu schleppen." Maine-7aye bis 4. April Man benutze die Gutscheine an der Freitagsnummer d. Bl. SuUsi'-lEunrv, k'erngprecder 11251. 31» k'srnsprevksr 11251. Auznsllnle-frem bis 4. April Man benutze die Gutscheine au» der Freitagsnummer d. Bl.
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