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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.04.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140401013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914040101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914040101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-01
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
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R.) * Der Eesamtvorstand des Reichsverbandes der nationalliberalen Jugend tritt am S. April in Frankfurt a/M. zusammen. (Siehe D. R.) * Ein englischer Dampfer ist durch einen Zusammenstoß mit einem dänischen Schoner im Kanal gesunken. (S. Nachr. v. Tage.) * Das Oesterreichische Museum für Kunst und Industrie beging am Dienstag das süpfzigjährige2ubiläum. (S. Nachr v.Tage.) -trnwbstM des Rates und despolirrürrrrtes der Stadt Leipzig n«s«m«« »»sEoft»««,-«dwwwead« «»>. « z«o»»»G,nu»»w, a» ,»em, ,«e« uus I4SM. der Reichstag ««- -ie Erledigung seiner Geschäfte. Bom Reichstagsabgeordneten Ernst Basser»,««. Die Parlamente sind in die Ferien gegangen und werden erst mit Frühlingsanfang -uriirkkehren. Dem Reichstage ist es nicht gelungen, den Etat fertlgzu- stellen; es mutzte ein Notgesetz erlassen werden. Es ist dies ein durchaus unerfreuliches Ergebnis und wohl der Untersuchung wert, welche Maßregeln er griffen werden können, um der Wiederholung »n tommendcn Jahren oorzubeugen. Was ist der Grund des schleppenden Geschäftsganges? Eine starke Ver zögerung der Beratungen im Plerulm stellt sich zu nächst regelmäßig beim Reichsamt des Innern heraus; dabei darf man anerkennen, daß die ein zelnen Redner sich kürzer ratzten, al» dies früher üblich war, aber die Zahl der Redner ist sehr groß; das ist begreiflich bei der großen Zahl der Fragen, «reiche bet dem Reichsamt des Innern zu behandeln find. Das Reichsamt des Innern ist heute Reichs-Handel». Ministerium; die Fragen de» Zolltarif», unserer handelspolitischen Beziehungen mit dem Auslande, der bestehenden und künftigen Handelsverträge wer den hier behandelt. Da» Reichsamt des Innern ist aber auch Landwirtschaftsministerium; die »ü Produktiv nsbedingungen unserer Landwtr Ackerbau und Viehzucht, Seuchengefahr und S« . polizei, Weinbau, Kali und andere Düngemittel, werden hier Jahr für Jahr besprochen. Düs Mich»» amt des Innern umfaßt da» Medizinalwesen, Schul, und Geisteskultur und es ist vor allem da» Mini sterium der Sozialpolitik mit ihren tausendfältige«, ewig wechselnden und im Flusse befindlichen Forde- rnnaen. So nimmt im Plenum die Behandlung diese» Etat, Wochen in Anspruch, »ährend andersett» hl« vudgetkommisston angesichts der erfreulichen Ent»ick. lung unserer deutschen Kolonialpolitik durch di« zahl politische Ueberlicht Zum wahlausfall in Sorna-Pegau äußert sich in sehr bemerkenswerter Weise die „S ä ch- fische Umscha u", das offizielle Organ des Natio nalliberalen Landesvereins. Mit Recht mißt cs einen Teil der Schuld an dem sozialdemokratischen Siege, wie wir dies auch schon taten, der mehr als eigentümlichen Kampfesweise der Rechtsparteien zu. Wir lesen da u. a.: „Des Rätsels Lösung liegt in den besonderen Verhältnissen des Reichstagswahlkreises Borna; in der Art, wie von denjenigen, deren Kandidat Herr von Lieber» war, um ihn gekämpft worden ist. Dieser Borwurf trifft insbesondere die Konservativen und ihren (tzeneralsetretär, den Bund der Land wirte, einige sogenannte Handwerker sekretäre und den Reichsocrband gegen die Sozialdemokratie, welch letzter^ außer dem das Geld, das er immer noch auch aus national- liberalen Kreisen bekommt, in Borna-Pegau dazu verwandt hat, eine nationalliderale Kandidatur zu bekämpfen. Möge doch dies jenen nationallideralen Geldgebern zu denken geben. Das aber nur nebenbei. Die Anhänger de» Herrn von Liebert haben von An fang an bei ihrer Agitation in dem Tone sich voll ständig vergriffen. Wenn sie recht hätten, denn das ließe sich an Hand einer ganzen Anzahl von Fällen beweisen, gäbe es auf Gotte» Erdboden keine schlech teren Menschen al» die Nationalliberalen; von den Fortschrittlern gar nicht zu reden. Und dann ein Novum: In Ostindien gab es vor langer Zett einen 10». Jahrgang »*»2 » 0t- »«kcheftsa«,-««, »N platz»,rs<vrM»» v,«n, «r»»»». ».»«« ««Ü. V«tt«„». »«samtauN. »MS«, »«es«,» «n,»»t. p,N«*»Ltz«. Morgen - Ausgabe »»- v«««t» -«ch «aser» nre* SwMMsNch U,» D«»«cht, »leewMchellch r.7» «. »«» »er «elchllwfteUe. »s«n «tU»' M., vt»E«HNlch » Nl. ' ÄschÄ»Nch^«N»«ÄÄ2 S»«l,l»«l. wsmarck. Leipzi-, 1. April. rst Im nächsten Jahre tverßen' tote den hundertsten Geburtstag Bismarcks feiern. Schon jestt rüstet man' zu einem nationalen Feste und sinnt, wie man den großen Toten am würdigsten ehre. -Dieses Pegehren und Trachten ist eine gegeben von dem Gefühl -einer Dankesschuld, di- durch die Zeit nicht gemindert wurde. Im Gegenteil: je mehr wir voranschreiten in der Geschichte des Reiches, um so mehr werden wir dessen inne, was er uns war. Die geschichtliche Wucht seiner Persönlichkeit muß wachsen, je län- ger sich sein Werk bewährt. Je mehr wir dar- über klar werden, daß er ein einziger war, ein Jahrhundertsmann, um so mehr haben wir Grund, ein Geschick zu preisen, das ihn zu wir ken berief, als nur ein bevorzugter Geist Gro ßes zu wirken vermochte. Es wird — wir füh len es — so bald keiner kommen, der unserem Volke ein gleicher Helfer sein wird. Es gab eine Zeit, wo seine Gegner glaüb- tcn, am Ende ser alles, was er Gutes und Großes vollbrachte, nur ein Ergebnis günstiger Umstände gewesen. Er habe eben Glück gehabt. Diese Meinung war falsch: sic ist längst wider legt durch die geschichtliche Forschung. Diese bestätigt auf Schritt und Tritt, daß nur an wenigen Stellen ihm das Glück das Leitscil in tue Hand warf. Auch von ihm gilt das Wort, daß das Leben dem Manne zwar Früchte bringt, „doch hangen sie selten rot und lustig am Zweig, wie uns ein Äpfel begrüßt". Fast alle Erfolge von jenem 24. September 1862 an hat er dem Geschick hart und schwer abgc- runaen, bis er schließlich an jenem trüben 18. März 1890 nach einem Leben voller Arbeit einen vollen Kelch der Bitternis leeren mußte. Ist er jemals so recht ein glücklicher Mann ge wesen? Blättert man in dem kürzlich erschiene nen, liebevoll geschriebenen Buche der Sophie Charlotte von Sell über Bismarcks Frau, so findet man wohl bestätigt, daß „ihr treuer Mann" innerlich alle Anlagen zu einem starken Genießen der Lebens freuden hatte, daß es aber während seiner langen Amtszeit nur gar kurze Pausen gab, die ihn aufatmen ließen; gar oft lesen wir von der Sorge um seine Standfestigkeit und von Tagen de» förmlichen Zusammenbruchs. Nein, es wurde ihm nichts geschenkt. Ein Günstling des Glückes war er nicht. Es ist einfache schlichte Erkenntnis seines Schicksals, wenn er an seine Nagende Frau schreibt: „Wir sind nicht aus dieser Welt, um glücklich zu sein und zu genießen, sondern um unsere SchuUngteit zu tun, und je weniger meine Lage eine selbstgemachte ist, um so mehr erkenne ich, daß tch das Amt versehen soll, in da» ich gesetzt bin." Diese Auffassung, die gewiß lich echt war, widerlegt auch die andern Makeler, die an ihm alle Züge eines kühnen Abenteurers . finden wollten, die, weil er 1866 aus einen un glücklichen Ausgang gefaßt und bereu war, sein Leben zu beschließen, eine Spiclernatur in ihm vermuteten und die darin bestärkt wurden, durch die berühmten redaktionellen Striche, roomit er die „Emser Depesche" in eine Fanfare verwan delte. Er selbst hat später darüber gesagt: „Um» große Ereignisse windet sich immer ein Legenden kranz, und das ist gut." Auch dieser Ausspruch ist chm verübelt woroen, denn man sah darin den Wunsch nach einer Verdunkelung seines eigenen Handeln», und wiederum zeigte man damit nur, wie schlecht man seine Natur kannte. Bickmarck wgr in jener geschichtlichen Stunde nicht der Dramatiker, der einen guten Einfall hat; er reichen Bahnprojekte, di« Fragen des Baumwoll baues. der Eingeborenenbehandlung und der sani tären Verhältnisse der Kolonien, genötigt ist, viele Tage auf den Kolonialetat zu verwenden; dasselbe gilt für den Mllitäretat mit seinen gewaltigen Summen, die eine Prüfung im einzelnen erforderlich machen. In wachsendem Matze nimmt sodann das Aus wärtige Amt die Tätigkeit der Budgetkommission in Anspruch, und zwar mit Recht. Ze bedrohlicher die auswärtige Lage wird, je unsicherer es ist, ob der Friede dauernd erhalten werden kann, desto wichtiger wird die Pflicht des Reichstages, sich in eingehender Weise mit den Erfolgen und Mißerfolgen unserer aus wärtigen Politik zu befassen. Das Ergebnis dieser Stoffanhäufungen in allen Etats ist die unerfreuliche Tatsache, daß die Fertigstellung des Etats auf den 81. März nicht erfolgt ist. In diesem Jahre tritt die Besoldungsoorlage und die Neuregelung der Ge hälter der Auslandsdeamten hinzu, bei der eine Reihe berechtigter, nicht berücksichtigter Wünsche unserer Beamten Stoff zu Diskussionen zunächst in der Vudgetkommisston gibt. Man zerbricht sich den Kopf, wie diesem unlieb samen Zustande abzuhelfen ist. Nach meiner Auf fassung wird der Reichstag zu spät einberufen. Es mußte möglich sein, die erste Lesung des Etats so früh, spätestens zu Mitte November stattfinden zu lassen, so daß die Vudgetkommisston vor Weihnachten zwei bis drei Wochen Zeit für ihre Beratungen hätte. Dann wäre es möglich, beispielsweise den Militär etat und den Kolomaletat vor Weihnachten in der Vudgetkommisston zu erledigen und damit dem Plenum paraten Stoff für das Plenum nach Weih nachten zu schaffen. Dann müßte eine bessere Disposi tion in der Vorlegung von Gesetzentwürfen vonseiten der verbündeten Regierungen stattfinden. Es liegt eine Erschwerung darin, daß in vollständig planloser Weise immer neue Gesetze seitens der Regierung vor gelegt werden, so daß wir es heute zu zwei Dutzend und mehr Kommissionen gebracht haben. Die ersten Lesungen dieser Gesetzentwürfe müssen in die Etats- . beratungen ei «geschoben werden und nehmen diesen die Zeit hinweg. Würde hier planmäßig und mit weiser Selbstbeschränkung oorgegangen, würden die Gesetzentwürfe alsbald bet Wiederbeginn der Session vorgelegt, so könnten die ersten Lesungen vor Weih nachten stattfinden, so daß die Zett zwischen Weih nachten und Ostern in der Hauptsache der Etat beratung frei bliebe. Zwischen Ostern und Pfingsten könnten dann die neben dem Etat eingebrachten Ge setzentwürfe erledigt werden. Natürlich muß eine größere Selbstzucht der Fraktionen zu diesen Maß regeln hinzutreten, und ie stärker und häufiger von konservativer Seite Angriffe auf den Reichstag er folgen, desto mehr hat er die Verpflichtung, Selbst beschränkung zu üben und die Länge und Zahl der Reden einzuschränken, um künftighin auch dadurch die rechtzeitig« Fertigstellung des Etats zu ermög lichen. Es ist wirklich nicht nötig, in jedem Zahr beim Reichsamt des Innern dieselben Materien zur Ver handlung zu bringen. Die Bedeutung einer Frage wird nicht dadurch gehoben, daß man sie durch ein tönige Wiederholung verlanaweilt. Das Interesse des Publikums aber wird durch die heutige Art und Länge der Debatten ertötet. Statt Rede und Gegen rede lösen sich die Monologe der Fraktionsredner ab, ohne daß die Redner aufeinander Bezug nehmen, was die Verhandlungen nicht schmackhafter macht. Es ist dringend notwendig, daß Wandel geschaffen wird. Unter dem beutigen Zustande leidet das An sehen des Reichstages, die Geschäktserlediaung ist ge hindert und die parlamentarischen Verhandlungen machen einen unerfreulichen Eindruck. war der geniale Staatsmann, der sich voller Verantwortung fühlte und den Augenblick er griff. Gewiß, ein anderer hätte wohl gezagt, hätte, ehe er das Stück Papier an die Presse gab, nach diplomatischen Wendungen gesucht, um einem harten Entschluß auszuwelchen und Zeit zu gewinnen. Was hilft es deute noch zu streb- tcn, ob in jener Stunde die Möglichkeit ge- gegeben war, einen Krieg zu meiden. Das ist doch wohl die Tatsache, an die wir uns zu halten haben: die Entscheidung, die er herbciführte, ist zu unserem Heile ausgefallen. Und war es nicht die reinste, kühlste Ueberlegung, die ihn leitete, war es wirklich ein Griff ins Ungewisse — einerlei, die Geschichte gab ihm recht, und der Erfolg krönte die Tat. Er wäre nicht der ge wesen, der er war, hätte er damals in einem Augenblick, wo ihm die Gottheit näher war als sonst, den Mut zur Entscheidung über ein Völker geschick nicht gefunden. Nicht als Abenteurer handelte er, sondern als Mann von echtem Hoch gefühl. Wir sind es heute gewohnt, unsere Zeit schel ten zu hören. Man klagt über das rasche Ver sinken unseres Staatslebens in ein schwächliches Dahindämmern, über das Vorwalten der Mittel mäßigkeit. Ja, man fürchtet, von dem großen , Bismarckschen Fruchtacker werde bald nichts mehr übrig sein als ein verödetes Sandfeld. Das sind Uebertreibungen, die zwar erklärlich sind, die aber unserer staatsbürgerlichen Erziehung wenig Ehre machen. Wir können uns auch des Gefühls nicht erwehren, daß gewisse Politiker, deren Rede Anfang und Ende stets der Ruf nach Bismarck ist, nicht den Bismarck herbeiwünschen, der uns das Deutsche Reich geschaffen, nicht den über ragenden Staatsmann, der des deutschen Sonder geistes Herr wurde und dafür dem nationalen Gedanken Bahn brach, sondern einen Bismarck ihres Sinnes zu ihren Zwecken. Ihr Sehnen > wird schwerlich erfüllt werden, und wenn es ihnen mit den Künsten Fausts gelänge, den wahren Geist Bismarcks heraüsznboschwören, so würde er ihnen verntutlich antworten: „Du gleichst dem Geist, den d u begreifst, nicht mir." Wenn im deutschen Volke heute eine Bismarck sehnsucht lebt, so spricht sich darin das Verlangen nach einer tatenfrohen Kraft aus, die uns vor wärts bringt, aber nimmermehr das Verlangen nach einer blutigen Reaktion. Es ist auch in alle Wege nicht wahr, daß unserem Volke von Bismarck nichts geblieben sei. Das kann nur behaupten, wer das Nachwirken großer Männer an der Oberfläche des Voltsganzen sucht; aber selbst da sollte es ihm an belehrenden An zeichen nicht fehlen. Die Annahme der letztest großen Wehrvorlage und der Erfolg, mit dem die OpferwuZgteit der Bürger angerufen wurde, deuten diese Vorgänge nicht auf ein Nachwirken Bismarckscyen Geistes?! Ja, Bismarck lebt im deutschen Volke. Er lebt nicht bloß in den Festen und in den Ehrungen seines Gedächtnisses; er lebt in deni Geiste, den er uns einprägte, in der Wertung des Vaterlandes. Wird das nicht jeden Tag sichtbar, haben wir uns zu placken mit politischen und sozialen Nöten und Beschwer nissen ohne Ende, so hoffen wir doch zuver sichtlich, daß die Kräfte, die wie elektrische Ströme aus seiner verklärten Gestalt, seinem Leben und seinem Werke in unser Volksleben übergingen und noch fortdauernd übergehen, sich in der Stunde der Gefahr zu unserem Heile offenbaren werden. Vie Verlegung -er Tierärztlichen Hochschule nach Leipzig. (Stimmungsbild aus der Zweiten Kammer.) rx. Dresden, 31. März. In der Zweiten Kammer ging es beute leb haft zu. Zwei Dinge waren cs, die allgemeines Interesse beanspruchten: die Verlegung der Tierärztlichen Hochschule von Dresden nach Leipzig und der konservative Antrag auf ein Schächtverbot. Der konservative Abgeord nete Harter hat einen sehr eingehenden, aus gezeichneten schriftlichen Mehrheitsbericht er stattet, in dem er für die Verlegung nach Leipzig eintritt. In längerer, von großer Wärme getragener Rede brachte der national liberale ALg^ Anders die Gründe zur Sprache, die für das Verbleiben der Anstalt inDresdcn sprächen. Auf die Gründe Für und Wider ein zugehen, erübrigt sich. Die Angelegenheit ist in der Presse geniiasam erklärt worden. Immerhin schien cs der Regierung nicht bequem zu sein, daß der Berichterstatter der Minderheit den Nach weis führte, daß ein früherer Minister des In neren sich in feierlicher und verbindlicher Weise gegen den Gedanken einer Verlegung der Tier ärztlichen Hochschule verwendet habe. Minister Graf Vitzthum v. Eckstädt ent- gegnetc darauf, daß die Regierung unter allen Umständen veränderten Zeitverhältnissen Rech nung tragen müsse und unterstrich noch ein mal die sachlichen Gründe für die Verlegung. Gleichzeitig erklärte er, daß die Dresdner — als fcl-wachen Ersatz für den Verlust der Hoch schule — eine Tierklinik erhalten sollten. Dieses Zugeständnis hat sicher dazu beigerragen, noch einige Gegner für die Verlegung uinzustimmcn, wemgstenS ging das Ziemlich deutlich aus den Ausführungen de» konservativen Abg. Frenze! hervor. Zwar verwendeten sich die Abgg. Dr. «r. iss Hä hnel, Hettner und Spieß noch einmal eindringlich für das Verbleiben der Hochschule in Dresden. Aber sie wußten wohl von vorn herein, daß ihnen kein Erfolg beschieden sein würde. Der Gedanke der Verlegung hatte die überwiegende Mehrheit für sich. Es konnte nur noch das Stimmenverhältnis interessieren, mit der sie beschlossen werden würde. Aus Antrag >eS Abg. Rentzsch gab es namentliche Ab- timmung. Für das Verbleiben der Tierärzt- ichen Hochschule in Dresden votierten 9 Kon- ervative, 8 Nationallibcrale, 2 Fortschrittler und 1 Sozialdemokrat, alle übrigen Anwesenden, 65 an der Zahl, also die v o llc Z w e id r i t te l Mehrheit, stimmten dem Mehrheitsgutachten und damit der Verlegung nach Leipzig zu. In der allgemeinen Erregung, die dieses Resultat auslöste, hatte der Abg. Schmidt (Kons.) Mühe, das Haus sür seinen Antrag, das Schachtverbot, zu interessieren. Es lva« recht klug von ihm, daß er betonte, ihm komme cs weniger aus die Vorberatung im Plenum an, als auf eine möglichst gründliche Erörterung in der Deputation. Troy allem schildert er mit behaglicher Breite und ziemlich drastisch, warum er ein geschworener Gegner des rituellen Schlich tens sei. Die Regierung nahm keine end gültige Stellung zu dem Anträge an, sic will die Entscheidung abhängig machen von einem neuerdings eingeforderten Sachverständigengut achten. Der einzige Debatteredner der Fort schrittlichen, Abg. Koch, beeilt sich weiteres für die Deputation vor. Darau, ging der Antrag Schmidt an die Beschwerdedeputation. Kultus-ebatte ia -er Ersten Kammer. (Stimmungsbild aus der Ersten K ammer.) rs- Dresden, 31. März. In der Ersten Kammer gab es beim Kultusetat ein absonderliches Moment. Graf Schönburg-Glauchau brachte den Kultus Minister durch eine ausgemachte Zentrums rede in Verlegenheit. Zentrumsreden sind ja seit den Chemnitzer Tagen des Herrn Dr. Mang ler nichts Fremdes mehr in Sachsen. Aber- Graf Schönburg findet noch ganz andere Töne als der Zentrumsfreund aus Freiberg. Die sehr dankenswerten Ausführungen der nationallibe ralen Abgeordneten Dr. Kaiser und Dr. Züphel bei der Beratung des Kultusetats in der Zweiten Zkammer haben ihn verschnupft. Es war eine sehr gewagte Logik, die es ihm er möglichte, die veiden nationalliberalen Redner der Störung des konfessionellen Friedens zu bc zichtigen. Natürlich sind sie seiner Memung . nach allermindestens große Ignoranten, denen das Wesen des Katholizismus im allgemeinen und die Segnungen der Ordcnstütigkeit im bc sonderen völlig unbekannt geblieben sind. Bc scheiden, wie die Ultramontancn nun einmal sind, hatte Graf Schönburg auch ein kleines Anliegen an den Kultusminister: er forderte nichts mehr und nichts weniger als die Aufhebung des Kongregation sgesetzes von 187b, das in fernen Augen ern volles Ausnahmegesetz gegen die katholische Kirche bedeutet. Kultusminister Dr. Beck konnte ihm kein Entgegenkommen in Aussicht stellen. Im übrigen verwies er aus seine in der Zweiten Kammer ab gegebene Erklärung. Ob er damit den Grafen befriedigt hat? Es mußte auffallen, daß die anwesenden Vertreter der protestantischen Kirche diesen Angriffen gegenüber schwiegen, um so mehr, als einer von ihnen das Wort er griff, aber sich ängstlich hütete, auch nur mit einer Silbe auf die Ausführungen des Grafen Schönburg zu kommen.
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