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Notizen Oeslei'i'elckisckei' kevolutlonssckutt Aus Men wird uns geschrieben: Am 10. April 1933 Hut der christlichsoziale Unterrichtsministcr Dr. Rinie - l e n den genau vor 14 Jahren erschienenen Erlaß des so zialdemokratischen Unterstaatssckretärs für Unterricht Otto Glöckel aufgehoben, nach welchem es an den mitt leren und unteren Lehranstalten verboten war, irgend einen Zwang zur Teilnahme an den religiösen Uebungen auszuübrn. Ter Glöckel-Erlaß vom Jahre 1919 »var mehr als eine ministerielle Verfügung. Er war eine Fahne, die aufgezogen wurde, um zu dokumentieren, daß das neue im Jahre 1918 in Oesterreich geschaffene Regime mich mit der religiösen Erziehung in den Schulen bre chen wolle. Die Sozialdemokraten haben es damals auch aller Welt verkündet, bah nach den Thronen die Altäre gestürzt werden sollten. Glöckel hat danmls als ersten Schritt seinen in der Folgezeit viel umstrittenen Erlaß herausgegeben, der den Zwang zur Teilnahme an den religiösen Uebungen für die Schüler der mittleren und unteren Lehranstalten beseitigen sollte. Der Erlaß ist in den Schulen Wiens eigentlich in das Gegenteil verkehrt worden. Er wurde so gehandhabt, das; auf die Schul jugend ein Zwang in dem Sinne ausgeübt wurde, an den religiösen Uebungen überhaupt nicht teilzunehmen. Denn der Wiener Stadtschulrat ist noch weiter gegangen als der Unterstaatssekretär Glöckel, indem er verfügt hat, daß sich di« Schüler, wenn sie an den religiösen Uebun- gcn teilnehmen, nicht in den Schulräumen versammeln dürfen. In der Folgezeit wurde der Erlass des Unterstaats sekretärs Glöckel vom 10. April 1919 eigentlich nur in Wien duräMführt. In den Ländern hat man sich im wesentlichen an die Bestimmungen der bisherigen Vor schriften gehalten. Es wurde auch wiederholt verlangt, daß im Wiener Schulrayon der Erlab außer Kraft ge setzt werde. Diese Forderung scheiterte immer an den parlamentarischen .Kraftverhältnissen. Es war stets eine Kulturkampfmehrheit im Nationalrat vorhanden, die jedem Unterrichtsminister, der den Glöckelerlaß allster Kraft fetzen wollte, das Mißtrauen ausgesprochen hätte. Nun sind auch hinsichtlich dieser, ihrem Wesen nach als Kulturkampferlatz anzuset-enden Verfügung, durch die Ausschaltung des Parlamentes die Hemmungen wcgge- fallen. Unterrichtsminister Dr. Rintelen hat den Zeit punkt für gegeben erachtet, um den Erlaß des Unter staatssekretärs Glöckel aufzuheben und den alten Zu stand wiederherzustellen, der bis zum Jahre I9l9 gegeben war. Die Schulorgane werden somit in Zukunst wieder das Recht haben, die ihnen zur Erziehung anvertrauten Kinder zu den religiösen Uebungen anzuhalten. Der Glöckel-Erlaß vom Jahr« 1919 ist gefallen. Di« sftrhne, die Glöckel damals aufgezogen hat, ist wieder heruntergeholt worden. Immer deutlicizer zeigt es sich, daß die sogenannten revolutionären „Ernmgensäzaften" kurzlebige Erscheinmrgen gewesen sind, die der Zeit nicht standhalten können. stlslioasl« kki»e?f In dein evangelischen „Mutigen Christcntu m" svom 17. 4. 32) lasen wir ganz herrliche, christliche Worte über die Ehre. In einer Zeit, in der man sie einfachhin verabsolutiert, sie zum Moloch und Götzen macht, wirken sie geradezu wie Tau vom Himmel: „Noch schlimmer sieht es da aus, wo man mit viel Stimm aufwand und leider sehr ost mit ebensoviel Würdelosigkeit von der Ehre «tzse«o ganzen Volkes fvMt, »«8 es gibt Men schen, die Ihre völkische Selbstachtung fo hoffnungslos irgendwo ürautzcn in der Welt herumschwimmen und von bösartigen Feinden mißachtet sehen, daß sie sich unter dem Schlachtens „Rettet die Ehre- zufammenfchttehen. Wie Vie Vaterlandsliebe, so ist auch die Votksehor das Rescrvatrecht bestimmter Partei gruppen geworden. Mlt dem Schlagwort „Verständnislosigkeit für unseres Volke» Ehre" geht man denen zu Leibe, die noch an den von allen äußeren Gemalten unabhünaigen Wert und an die nur auf die innere Ueberzeugugg gegründete Selbstachtung der eigenen Nation glauben. Und „Mangel an Ehrgefühl" wirst man dem vor, der seinen Volksgenossen letzte eigene Schuld erkenntnis und Gerechtigkeit dem Gegner gegenüber zumutet, auch wo ste die größere Schuld bei den anderen zu sehen glauben und das eigene Vaterland ungerecht behandelt wähnen. — Vielleicht sind wir hiermit einer rechten Deutung des Ehr begriffs, wie sie unserer gelt not tut, nährrgekommen." Ueber einen Roman von A. v. Gersdorff, der in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts viel ge lesen wurde, steht als Motto: „Es gibt im Heiligtum der Ehre ein Allerheiligstes: Des anderen Ehre!" Gehen wir diesen Worten nach, so befreien wir unseren Ehrbegriff von seiner Ichbezüglichkelt, in die wir mit der Hochkon junktur unseres Standesdünkels und unserer Prestige». Politik hineingeraten sind. ktn ereignete sich in Dänemark, der zugleich ein bezeichnen des Schlaglicht auf die moralische Verfassung der dortigen Kat-oMen und eugenische Sterilisierung Trier, 8. Mai. (E. M.) Mit der Frage der eugeni schen Sterilisierung, über di« gegenwärtig ein Reichs gesetz vorbereitet wird, hat sich auf der Taguiy; der Ka tholischen Akademiker Ende April in Trier Prof. Dr. Mayer-Paderborn in einem eingehenden Vortrag beschäf tigt. Die Befürworter der Sterilisierung erstreben be kanntlich die eventuell auch zwangsmähig vorzun«h- mende Unfruchtbarmachung geistig Minderwertiger, Ge wohnheitsverbrecher und Alkoholiker mit der Begrün dung, daß dies zum Schutze des deutschen Erbgutes not wendig sei. Professor Malier führte dazu aus, daß, während die protestantische Theologie fast ausnahmslos die sittlicl« Erlaubtheit der staatlichen Zwangssterilisierung bejahe, der Katholik durch di« Richtlinien der Enzyklika Cafti Counubii im Gewissen gebunden sei. Auch nach katho lischer Anschauung dürfe der Staat diese Patienten aus dem Fortpflanzungsprozeß der Nation dadurch ausschal ten, daß er sie z. B. in entsprechenden Anstalten unter bringe. Ein unmittelbares Recht zum Eingriff in die Fortpflanzungsorgane und deren Funktionen und somit in die intimste Lebcnssphäre eines Patienten fei nach katholischer Auffassung aber nicht zu rechtfertigen. Auch der Papst wünsche «ine eingehende Ehebera tung zur Verhütung unglücklicher Ehen von Geisteskran ken und Schwachsinnigen. Es sei nachweisbar, daß auch die Katholiken zum Schutze der Volkserneuerung Gro ßes geleistet hätten. Bei Erlaß und Durchführung eines Stcrilisierungsgesetzes würden die deutschen Katholiken der evangelischen Mehrheit im Volke Rechnung tragen und der Durchführung eines solchen Gesetzes keinen Wi derstand entgegenbringen. Wohl aber würden sie für die katholischen Anstalten di« gleiche Gewissensfreiheit bean spruchen. Fischerbevölkerung wirft und in ganz Dänemark einen Sturm der Entrüstung hervorgerusen hat. Vor der Haderslebener Förde war ein großer Blau wal erschienen, ein außerordentlich seltenes Vorkommnis in Europa. Die Fischer trieben das Tier an den Strand, wo es hilflos liegen blieb und in bestialischer Weise ab geschlachtet wurde. Es war ein Koloß von 24 t; Meter Länge. Die Flensburger Nachrichten erzählen: Die Fischer gingen Längsseit und hieben kurzerhand ihre Anker in das Fleisch des lebenden Tieres, um ihre Schisse fes'.zu machen. Sie schlugen ihm eiserne Stangen in die Atem löcher und stopften Säcke und andere Stosse hinein, die aber das Tier mit blutgeröteter Atemmolke wieder her- ausstieh. Die Ebbe kam, es kam die Nacht und das Tier lebte immer noch. In der Nacht kämpfte es Stunde um Stunde, man konnte den Lärm auf Kilometer in d.r Runde, ja bis nach der Insel Aarö hören. Am Samstag ging das Morden weiter und das Tier lebte immer noch. Mit Stangen und Schmiedehämmern wurde ein großes Loch in die Seite des Körpers geschlagen und erst nach zwanzigstündigem Martyrium war das Tier getötet. Der Bürgermeister von Hadersleben erstattete selbst Anzeige wegen dieser scheußlichen Ucbeltat, aber wie zu erwarten, kamen die dänischen Helden mit Geldstrasen davon. Nur England hat bis jetzt auf greuelvolle Tier quälerei Zuchthausstrafen gesetzt (es ist kein Schreibfehler für Gefängnisstrafen) und dies mit Recht. Bischof und Hirtenpflicht Eine zurückgenommene Anzeige gegen den Erzbischof von Prag. Prag, 8. Mai. (E. M.) Als vor einigen Tagen Papst Pius XI. einen von den» Prager Erzbischof Msgr. Kaspar geführten tschechosloivakischen Pilgerzug empfing, rich tete er cm die Pilgcrsäzar, vor allem an den Erzbischoi, eine Ansprache, die man in Prag viel beachtet hat. Es hieß darin: „Wir möchten Euch Unsere ganze Genug tuung, Unseren tiefen Trost über das, was Ihr zur Ehre Gottes und der Kirche getan habt, zum Ausdruck brin gen. Wir wünschen auch zu bezeugen nicht nur unser väterliches Wohlwollen, sondern ein eindeutiges Lob, so wie es Eure Taten verdienen und alles das, was Ihr zu leiden hattet als Folge dieser Taten." In diesen Sätzen des Papstes ist eine feine, aber deutliche Anspielung enthalten auf Vorgänge, die den Prager Erzbischof eine Anklage vor der Staatsanwalt schaft eingetragen l-atten. Es handelt sich um folgendes: Ein katholisches Abendblatt hatte vor etlici)en Wo- cl»en gegen das Institut Masaryk den Vorwurf erhoben, in Filmvorstellungen für Kinder nicht bloß solche Filme vorgesührt zu haben, die das religiöse Gefühl der Katho liken verletzten, sondern auch direkt unmoralische Filme. Am A>. März veröffentlichte der Erzbischof in der Lidove Listy einen entschiedenen Protest gegen die Praktiken des Instituts Masaryk, das in etwa mit einer deutschen Volkshochschule zu vergleichen ist. Das Institut erklärte die Vorwürfe des Erzbischofs als unberechtigt, erstattete Anzeige gegen ihn und verlangte Einleitung eines Ge richtsverfahrens. Die Vorgänge erregten starkes Auf sehen. Die katholische Aktion nahm die Vorgänge zum Anlaß, um einen allgemeinen Feldzug zur Reinigung des öffentlichen Unterrichts und gegen die öffentliche Un moral anzukündigen. Der Zwischenfall selbst wurde aller dings einig« Zeit später bcigelegt. Nachdem der Erz bischof erklärt hatte, seierscits keinen Angriff gegen den Steine und Schicksale Boman von visri» von Kanstein (Nachdruck orrdoir») ik. Iorllelmng) „Drei Monate sind eine lange Zeit, jetzt rommt der Winter, und da wird es besser werden. Ist auch nicht so schlimm, ich habe in den Abendstunden Zeit, laste eben die Heimarbeit für Groß rveg und helfe euch hier. Wir müssen den Auftrag für Berlin schaffen und wenn wir Tag und Nacht arbeiten. Bater, du darfst jetzt den Kopf nicht ver. lieren." Ste wirft Oskar einen bittenden Blick zu, und dieser versteht. „Ich werde morgen zu Wilde gehen, der hat eins Stanze leer stehen. Vielleicht erlaubt er, daß ich bei ihm arbeite." Der Vater greift nach dem Strohhalm. „Das lväre vielleicht ein Ausweg . . /' In der Nacht findet Johanna keinen Schlaf und denkt angestrengt nach. Eie weiß ja iwch viel mehr als Vater und Bruder, hört so manches in der großen Fabrik. Immer schlechter werden die Zeiten, nur billigste Marktware fin. bet im Augenblick Absatz, nur der Großbetrieb kann sich noch halten. Was nutzt es, wenn auch der Wechsel ver« löngert wird? Dann denkt ste an Wilhelm Walds Worte. Er ist ein tüchtiger Arbeiter, freilich, er ist auch ein Großmaul. Sitzt gern in der Kneipe und hat einen lauten Mund redet von politischen Dingen, von denen er nichts versteht. Immerhin, Wilhelm Wald hat sicheres Brot. Groß würde st« auch als Frau behalten, und der Wilhelm ist im Grund« genommen ein gutmütiger Kerl. Wenn es wirklich daheim schief ginge? Etwas mehr unterstützen könnte sie als Wilhelms Frau die Eltern schon, und vielleicht gelänge es, wenigstens Oskar in der Fabrik mit unterzubringen. Vie wjrd klug sein und den Wilhelm nicht von sich stoßen, wird versuchen, sich an den Gedanken zu gewöhnen AM Madel find ja hinter ihm her, und hübsch ist er auch Ei« sucht sich selbst zu überreden und doch ist etwas in ihr, was st« innerlich hsnrmt. Dann wirst ste sich ans die ander« Seit«. — < „Unglaublich, daß er nicht einmal Abschied von ihr genommen hat!" Da hat sie nun wieder an August Ark, den blonden, frischen Jungen gedacht. Der aber ist an diesem Morgen, zerschlagen von der ersten Reise, die «r allein unternommen hat, in Karls, ruhe angekommen. Morgens sechs Uhr war es, er mußte im LVartesaal sitzen und warten, dann lief er noch viele Stunden in den Straßen umher, und endlich stand er zit ternd vor unwillkürlicher Scheu im Direktionsbüro der Kunstschule. Professor Werdenfels hörte ihm zu, sah die preisge krönte Lehrlingsarbeit prüfend an und las den Bries des Präsidenten Falz. „Haben Sie sonst noch gezeichnet?" August erschrickt vor der Frage und reicht ihm ein Heft. „Sie haben entschieden Talent, aber jo geht das na türlich nicht. Sie müssen den Bau des menschlichen Kör« pers studieren, müssen noch viel und fleißig lernen. Aber immerhin es kann etwas werden — diese Muttergottes ist nicht schlecht empfunden. Haben Sie denn etwas Geld?" .Leider gar nichts. Ich hatte gerade noch das Reise geld nach Karlsruhe." (E Der Professor lachte auf. „Das ist freilich wenig. Und Ihr Bater?" „Ist nur ein Achatschleifer und kann mir nichts geben." „Unglaublicher Mensch! Da fahren Eie ohne einen Pfennig nach Karlsruhe? Ja, wie Lenken Sie sich denn das?" „Ich bin gestern bei der Lehrlingsprüfuny Graveur« geselle geworden. Ich dachte, ich könnt« vielleicht irgend eine Stelle finden und dann am Abend lernen?" „Selbstverständlich, es gibt ja hier, wo noch da,zu dis Kunstschule ist, keine Graveure, und die Meister warten alle darauf, daß der Herr August Ark aus Oberste!» her kommt und ihnen seine geschätzte Kunst anbietet! Nee. junger Freund, so leicht ist das denn dock nicht." August steht vor ihm und schämt sich, weil er es nicht verhindern kann, daß ihm die Tränen in dir Augen treten. „Ich möchte doch so gern «tu»ae lernen. Ich fühle, daß ich es kann." Professor Werdenfels weiß selbst nicht, rvarum er an diesem frischen sympathischen Menschen plötzlich Anteil nimmt. Ist es dieser jetzt so selten reine Glanz in den Hellen Augen? „Ich will Ihnen etwas sagen. Versprechen kann ich Ihnen natürlich nichts. Eine Freistelle siir die Abend kurse, die kann ich allenfalls auf den Empfehlungsbrief hin verantworten. Er steht ein dankbares Aufleuchten in Augusts Blick. Im übrigen hab' ich da eine Adresse — der Briet ist eben gekommen, die Firma Stenzel u. Hammer sucht einen jungen Graveur auf sechs Woche» zur Aushilfe. Gehen Eie hin und versuchen Eie es. Eigentlich ist es recht schlecht von mir, daß ich einen Fremden schicke, anstatt der vielen, die hier in der Kunstschule nach einer solchen Etel- lung jampeln. Aber was soll ich mit Ihnen anfangen, ich kann Ihnen doch nicht aus meiner Tasche das Reisegeld nach Oberstein zurückzahlen. Hier ist die Adresse. Ver suchen Sie es wenigstens." Er gibt August einen Zettel und kann es nicht ver. hindern, daß dieser ihm in plötzlich aufwallendem Glücks« gefühl dir Hand fast zerdrückt. „Also, wenn's nichts ist, sagen Sie mir Bescheid. Sonst heute abend um acht in meiner eigenen Klasse für An fänger. Ach so! Sie haben natürlich keine Wohnung. Waren Sie schon In Karlsruhe?" „Nein, Herr Professor." „Der Pedell hat Adressen und wird Ihnen raten. Also Hals- und Beinbruch." Erst als August wieder auf der Straße steht, wagt «r den Zettel zu lesen: „Mit Empfehlung. Werdenfels." Es ist ihm, als hielte er bereits da» große Los in der Tasche, und trotzdem finkt ihm wieder das Herz in di« Hosen, als er in dem Kontor der vornehmen Firma steht und einem bebrillten mürrischen Manne feine Papiere hin« reickt. „Eie sind aus Karlsruhe? Ach nein, ich sehe, Sie haben in Oberstein gelernt. Ausgeschlossen, bei den viele» Arbeitslosen hier." Alle Fell« find wicker fortg«schwommen. „Bitte, versuchen Ste es doch mlt mir, Ich will dir Kmqtschule hier besuchen, schicken Ei« mich nicht wieder fort." Li» <u»d««k Herr tR.tzsttms«tr«te» (Fortsetzung folgt.)