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Theodor Freiherr v Cramer-Klett Glück des Himmelsbrotes viel naher gebracht haben. Die göttlichen Waffen und Hilfsmittel des übernatürlichen Pius X. Lebens der Kirche sollten die Menschheit wappnen gegen die Gefahren der Zeit, sollten die zarten Seelen der Kin der kräftigen, bevor sie hinaus in den Kampf des Lebens schritten. Was märe aus der Kirche geworden, wenn diese Der große Papst der Zeitenwende beiden großen Taten Pius X. den furchtbaren Erschütte rungen des Weltkrieges nicht vorangegangen wären! lln- Während der zwanzig Jahrhunderte der Kircl)«n- geschichte finden wir stets, wenn der Uebergang zu einer neuen Epoche bedrohliche Wolken über dem Altar des Glaubens zusammenzog, gewaltige Gestalten, man möchte fast sagen Engel, die der Herr gesandt hat, seine Kirche zu schützen. Bei Beginn der großen Zeitabschnitte, deren Anfangsbuchstaben mit Blut und Verderben geschrieben waren, sehen wir Benedict von Nursia. Franziskus und Dominikus, Ignazius von Loyola als Helfer und Strei ter des Herrn, die Scharen der Gläubigen durch Flammen und Fluten, über Basilisken und Felsen führen. In allen s wichtigen Epochen der Weltgeschichte standen große Päpste am Steuer des kirchlichen Schiffes: Gregor der Große an der Wende zwischen Altertum und Mittelalter; Inno zenz lll. in den schauerlichen Gefahren, die das Ende des kohen Mittelalters gebracht hat; Martin V., der auf den Trümmern des Schismas denWiederaufbau begann; end lich die geivaltigen Päpste aus der Zeit des Tridentinums und vor dem Kreuzweg des 19. Iahrhunders Pius VI. und Pins VN., die Dulder in der dreisaö-en Krone, lind in dem jetzigen gewaltigen Wechsel der Zeiten, dessen Stöße und Kataklysmen wir alle erfahren, sehen wir das nie dagewesene Schauspiel einer Gruppe non fünf großen Päpsten, die strahlenden Gestirnen gleich am Himmel der Kirche leuchten, in ihrer Mitte Pius X. Die Welt hat ihn während seiner Negierung nicht ganz erfaßt und auch heute, wo so viel Nntselhastes unter dessen klar geworden ist, möchten noch viele ihm unter den Titanen auf dem Thron Petri gern de» letzten Platz auEisen. Pius X. hat wenig in die politischen Verhält nisse eingegriffen und doch weist die ganze Erde die Spuren seiner Negierungszeit auf. Der 44. Psalm sagt so schön und richtig: „Alle Herrlichkeit der Königstochter ist im Innern" und diesen Glanz hat der große Pius erneuert. Es gibt kein einfältigeres und sinnloseres Wort als den so oft gehörten Ausdruck. Leo XIII. oder Bene dikt XV. waren „politische Päpste", Pius X. ein „reli giöser". Jeder Papst ist in erster Linie religiös; aber es gibt Päpste, die durch die Unbill der Zeit gezwungen waren, sich viel mit äußeren Dingen zu besclmstigen und da solch« der Menschheit näher unter den Augen liegen, so macht die Wirksamkeit des Papstes aus diesem Gebiete meist einen größeren Eindruck auf die breite Menge als die rein innerlici)« religiöse Arbeit. Wenn die Welt zum Beispiel von Pius IX. spricht, wird sie selten daran den ken. daß er nach Jahrhunderten zum erstenmal ein neues Dogma aufgestellt hat: die unbefleckte Empfängnis. Sein politischer Kampf um den Kirchenstaat springt der Welt mehr in die Augen und höchstens das Vatikanum lind die Iniallibilität. di«, so unpolitisch sie war, auch politisch ausgcschlachtet wurde, wird von der Welt heute erwähnt. Von Leo XIII. kennen wir in erster Linie seine großen sozialpolitischen Enzykliken, aber niemand denkt daran, daß an ihrer Spitze die wichtig« Enzyklika über das Stzidium der Philosophie und Theologie des heiligen Thomas von Aguin steht, die ihm die einzig richtige Grundlage zur Behandlung und Lösung sozialpolitischer Problems war. In den heißen Sommertagen des Jahres 1903 stand die katholische Welt in banger Erwartung um die Six tinische Kapelle: Mer wird das Erbe Leo XIII. antreten? Aus dem vermauerten Vatican-Palast drang kein« Nach richt und in den ersten Tagen quoll aus dem, den Stand des Konklaves anzeigenden Blechrohr des Kamins immer die schivarze Wolke, die kündete, eine Einigung sei nicht erzielt worden. Endlich kam die weiße „Sfumata", das „gaudium magnum": Josef Sarto, Patriarch von Venedig, ist gewählt! Schon lange l>atte man, nicht ohne Bangig keit, das Konklave erwartet. Wer von all den Purpur trägern würde fähig sein, des großen Leo Nachfolger zu werden? Als der Name Sarto durch die Welt erklang, empfanden viele eine gewisse Enttäuschung. Ein guter zühlige sind durch sie gerettet worden und gerade die scheinbar intransigente Haltung der Kirche in allen wich tigen Fragen der Lehre hat ihr den imposanten Auf schwung gesichert, den sie wäbrend und nach dem schreck- liä^n Völkerringen nahm. Wir dürfen auch ruhig sagen, daß die gewaltige Wirkung dieser vielleicht oft schroffen und unerschütterlichen Stellungnahme des Papstes weit über den Bereich der Kirci>e hinausging. Alle Dewe- gungcn in den dissidentischen Gemeinschaften und in den dem Christentum fremd gewordenen Kreisen zu metaphy- sisci)«n Dingen hin. die Abkehr von dem krassen Mate rialismus des 19. Jahrhunderts, das Forschen und Suchen so vieler irrender Seelen nach den übernatürlichen Din gen, die in unser irdisches Leben hineinragen, alles das Bischöft. Ordinariat zum Pressemvnat Wie in den Vorjahren, wird im Monat April für die katholiscl)« Presse in unserem Bistum geworben werden. Wir verkennen nicht die geldlicl)en Schwierigkeiten, die dem Einzelnen es fast unerschwinglich machen, eine katho lische Tageszeitung zu halten, andererseits aber werden viele trotz manch bitterer Einschränkung, eine Zeitung oder ein Wochenblatt nur ungern entbehren; gehören doch diese fast zur alltäglichen geistigen Kost. Leider sind es nicht selten Zeitungen oder Wochenblätter, die nicht unsere Weltanschauung vertreten. An jene wenden wir uns heute besonders und bitten sie, der katholischen Tageszeitung oder dem katholiscl>en Sonntagsblatte den Vorzug zu geben. Unsere Sächsische Volkszeitung und das St. Bennoblatt müssen noch weit- inehr wie bisher unsere Führer sein. — Wir ersucl-en die hochwiirdigen Herren, an einem Sonntage im April über die Bedeutung der katholischen Presse zu predigen und die Pressewerbung in bestmöglicher Weise wirksam zu fördern. Bischöfliches Ordinariat. (Aus dem Kirchlichen Amtsblatt für das Bistum Meißen, Nr. 3, vom 30. März 1933.) Hirt, ein ausgezeichneter Diözesanbischof, ein vortreff- licl;er Seelsorger, ein gütevoller Vater, aber ein Nach folger Leo XIII.? Niemand ahnte die Gröhe dieses Mannes, aber gar bald fühlte der Erdkreis, mit wem er es zu tun habe. Eine elfjährige Arbeit begann. Pius X. bestieg nach zwei gewaltigen Vorgängern den Stuhl Petri, der von ihnen zu einer geistigen Groß macht erhoben worden war. Er konnte es sich daher leisten, die Politik in die zweite und dritte Linie zu stellen und, getrieben von heiligem Geiste, sich ganz den rein theologischen und religiösen Fragen zu widmen. „Omnia instaurare in Christo" war sein Leitsatz. Mit gewaltiger Hand, sich nicht um die Welt und ihr Geschrei kümmernd, wies er dem Schiff Petri seinen Weg auf das Uebernatür- liche hin, das die kirchlichen Gelehrten und Wissenschaft ler aus einer falschen Nücksicht auf ihre weltliä)sn Kol legen in den letzten Jahrzehnten gar zu gern beiseite ge schoben hatten. An erster Stelle entbrannte der gewaltige Kampf gegen den Modernismus, der schon in vielen Schulen die Lehren der Kirche zu verwässern drohte. Dicht daneben stehen die herrlichen Kommuniondekrete des Papstes für Erivachscne und Kinder, die allen Gläubigen das große geht auf Pius X. zurück, der diese Sehnsucht, die in der Menschheit allenthalben geruht hat. wachrief. Aber wieviel wichtige, die Kirä)e erneuernde Dinge hat dieser große Statthalter Christi neben den Triumphen der Instauratio in Christo noch geschaffen! Sein Befehl, nicht i n der Messe, sondern d i e Messe zu beten, ver breiterte die liturgische Bewegung, die bis dahin eigent lich das Neservatum klösterlicher Gemeinschaften war, über das Gebet aller Gläubigen. Die Erziehung des Klerus, besonders in Italien, wurde streng geregelt und reformiert; ferner die Codifizierung des kanonischen Rechts begonnen, ebenso die Revision der Schristtexte der Vulgata. Im Zusammenhang mit der großen liturgischen Bewegung, der er Leben und Entwicklung gab. begann die Reform der Kirchenmusik. Er schuf die Reform des Breviers und eine neue Verwaltung der römischen Kon gregationen. Unerschöpflich waren die Schätze, die der ,.einsacl)e Landpfarrer" der katholischen Welt sclpnikte Er war gewissermaßen der Engel, den Gott geschickt hatte, um die Welt ans die furchtbare Zeit vorzubereiten, in die sie stürzend über Katarakte hinalxzleiten sollte. So steht die Erinnerung an diesen großen Papst und Licht träger vor dem Eingang in unsere neueste Zeit, deren Rätsel vielfach noch im Dunkel gehüllt vor uns liegen. Angns« der Starke und seine Zeit Ein Nnndgang durch die Ausstellung im Residenzschlos^ Die Eröffnung der langvorbereiteten Ausstellung bat sich, wie liereits kurz in der Freitagausgabe berichtet, mit großem Glanz vollzogen, in Gegenwart aller Persön- I chkcitcn des Dresdner öffentlichen Lebens. An die osfi- z.elle Eröffnungsfeier schloß sich ein Rundgang durch die Ausstellung der 40 Säle, die sich im 2. Stockwerk des ehemaligen Nesidcnzschlosses befindet und einzig und allein dem An denken an August den Starken gewidmet ist. Dabei hat ii'ni keinen Augenblick die Empfindung, in einer ..Aus stellung" zu sein. Denn hier ist alles Leben und man imrd völlig i» das Zeitalter des großen Kurfürst-Königs hineinversetzt. Die meisten Räume zeigen heute noch das äußere Bild von einst, als August der Starke darin schal tete und waltete. Was an baulichen Veränderungen not- nendig war, hat Oberregierungsrat Koch vom Lmidbauamt Dresden besorgt. Man steigt die vornehme englische Trep;ie empor und betritt die Schloßräume durch die französische Gale rie, schreitet nun weiter von Saal zu Saal mit nie erlah mendem Interesse und in schier überwältigender Weise kommt hierbei die überragende Persönlichkeit Augusts des Starken zur Geltung. — Wir lernen ihn in seinem persönlichen Leben kennen, die Pracht seines Hofes wird vor uns lebendig, der große Staatsmann, der Soldat und Feldherr, der geniale Bauherr und Förderer seines Lan des in weitestem Ausmaß, der Begründer von Manifak- luren, der Mäzen für Kunst und Kunstl>aiidwerk, ersteht vor unseren Augen in seiner ganzen Größe und Bedeu tung. An den Wänden der Säle reihen sich die Bilder des Herrschers und seiner Familie, sowie der tslersönlichkeiten seiner Umgebung. Den Mittelpunkt der Ausstellung bil- Prunkgeschirre und Zaumzeug aus Edelsteinen mit pracht vollen Emaille-Arbeiten, wie sie die Pferde zur Zeit Augusts des Starken zu Festen und Turnieren trugen. det die Gestalt des Königs, die seine nach dem Leben ge formten Züge trägt. Angetan mit dem kostbaren Krö nungsornat, steht er aufrecht vor dem großen Thronsesscl Im imposanten Prunksaal und Blickfeld beider Saal fluchten. Im Marmorsaal vor lichter Wand stel)«n die Por trätbüsten des Königs, im folgenden Raum am Fenster, mit dem Blick auf die Augustus-Brücke, sehen wir seinen Schreibtisch, der mit wertvollen historischen Dokumenten bedeckt ist. — Blätter aus dem berühmten Atlas Royal sind ausgestellt, an den Wänden hängen di« schönen alten Landkarten, die für den Heimatforscl)er eine einzigartige Gelegenheit darstellen. Man durchschreitet ein türkisches Prunkzclt aus dem Besitz des historischen Museums, das hier zum ersten Male gezeigt wird. Im großen Ballsaal lernen wir den Kurfürst-König als Bauherrn kennen, sehen Darstellungen der Festlichkeiten und Turniere. Noch niemals vielleicht hat man die berückende Schön heit des Porzellanes in solchem Maße erkannt, wie hier an historischer Stätte. Das Turmziinmer enthält die l>e- kannte Porzellanfammlung des Schlosses, im Bankettsaal sind drei große Wände mit den auserlesensten Stücken der Porzellansammlung geschmückt. Wir sehen die Pracht vasen der Meißner Höroldzeit. Leuchtender Glanz umgibt die alten Glaspokale und die Rnbingläser Böttgers. Goldsckmiedearbeiten von unerhörter Schönheit. Elsen« beinschnitzereie», Kostbarkeiten aller Art liegen aus. — Wir lietreten das Schlafzimmer des Herrschers, das ganz in seinem alten Zustand verbliebe» ist. bewundern ein entzückend ausgestaltetes Lackkabinett, freuen uns an den zarten, anmutigen Pastcllbildern. an den mit gold gelbem Seidenbrokat l^spannten Wänden. Auch ein an schauliches Bild des Postwesens jener Zeit wird uns ge boten Die Meißner Porzellan-Mannfaktur füllt einen ganzen Saal mit Werken moderner Künstler. Mit feinsinnigstem Verständnis und liebevollster Mühe ist hier eine Schau aufgebaut morden, die wohl als größte ihrer Art anzusel)en ist, die bisher in Dresden ge zeigt wurde. Wie denn überhaupt in Deutschland wohl kaum jemals eine Ausstellung stattgefunden hat. die in solchem Ausmaß einer einzigen Persönlichkeit und deren Zeit gewidmet war. Dabei hat man nie und nirgends das Gefühl, eine zusammenge'ragene Ausstellung zu besuä>en. Sondern es wird hier, im Nahmen der historischen Räume, der Geist jener großen Epoche Sachsens lebendig gemacht, deren Träger August der Starke ist. lieber die Einzel heiten der grandiosen Schau wird später noch zu berich. ten sein. M. N. W.