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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.05.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191105145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110514
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110514
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-14
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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Srnnttsy, Msl ISll Nr. t3Z. ;os. IaHryang Lelmiyrr Tayrdlsn die r», Die dritte Festvorstellung bot sehr bedeutende Ein drücke. der Hauptsache nach aber mebr Ei'nclresnltate al» ein eigentliches Gesamtergebnis. Nach dieser Leite hin blieb sie unvergleichlich weit zurück hinter Millenium glaubt. Im Gegenteil mehren Stimmen, die Deutschland recht geben, und William" ist nach wie vor L great ovs. für die freundliche Begrüssung, auch durch den Herrn Borredner, zu danken. Abends war die Schloßruine aus Anlaß der Tagung festlich beleuchtet. Herrn Käse. Jeder Einzelton ist bei ihm künstlerisch gebildet, von ausgewähltem Klang: die Deklamation tadellos und durchgeistigt, das Spiel würdevoll und belebt dazu. Hieße er nicht Alfred Käse, sondern zu fällig etwa Taruso, so würde man außer Rand und Band sein vor Entzücken . . . Die Venus der Frau Rüsche-Endorf war eine ihm durchaus adäquate Leistung; der Erscheinung nach imposant und mit nicht wenig männerverführendem Reiz ausgestattet: schauspielerischerseits alles Konventionelle meidend, gesanglich von höchster Schönheit und absolutester Jn- lonationsreinheit. Unter zwanzig Venusdarstelle rinnen reicht kaum eine an Cäcilie Rüsche-Endorf heran, die diese Partie als eine der allerschwierigsten eminent sicher beherrscht. Frau Fleischer-Edels Elisabeth war eine bildschöne Erscheinung — die noch junge Landgrafennichte, die ihre tiefe Herzensneigung mit dem Leden bezahlen muß. Dies keusch emp findende Mädchen stellte die Künstlerin überzeugend dar, ebenso die Unruhe und wachsende Angst und Be sorgnis ihrer Seele im Verlaufe von Tannhäusers Liedern, die zur Beichte wider Willen werden. Der schöne, reich timbrierte Sopran kam überall zu präch tiger Geltung. Einer der bedeutendsten Momente war der tief empfundene, herrlich klangvolle Vortrag des Gebets der Märtyrerin der Wartburg. Individuelle Züge verlieh Herr Griswold (Berlins dem Land grafen. auch gesanglich und musikalisch höchst sym pathisch berührend. In der Ansprache kam des Künstlers fein gebildeter, außergewöhnlich volu minöser Baß und durch Intellekt gehobener Vortrag zu wertvollster Geltung. Bemerkenswert traten als Walther von der Vogelweide und Biterolf die Herren Wolf l Münchens und Ermold (Dresdens hervor. Die Reihe der Minuesinger wurde durch die Herren Schönleber und Staudenmeyer aner kennenderweise ergänzt: der Hirt wieder non Frl. Merrem hübsch und frisch gesungen. Gewaltiger Beifall durchkoste das Haus am Ende der Vorstellung und ries die Künstler immer wieder hervor. bsvMv ^ognrtr. Mar * Der Verband der Evangelischen Arbeitervereine Deutschlands hat für die Zeit vom 6.—8. Juni d. I zur Delegiertenversammlung nach Leip z i g eingeladen. * Volksschulreform. Am Mittwoch, den 16. Mai, trat der Sch ul ausschuß des Nationalliberalen Deutschen Reichsvereins zu Dresden wiederum zu einer Sitzung zusammen, die einen starken Besuch auf wies. Der Ausschuß sprach sich in einer Reihe von Leitsätzen für die allgemeine Volksschule aus Dor zweite der vom Schulausschuß beschlossenen Vorträge über die Volksschulreform findet in einer öffentlichen Versammlung statt, die der Nationalliberalc Deutsche Reichsverein am Mittwoch, den 31. Mai. abends 8s/2 Uhr in Dresden in Meinholds Festsälen, Moritz, straße. abhält und in der Herr Pastor «mar. Dr. Sülze über den ..Religionsunterricht in der Volks schule in seinem Verhältnis zum Staat und zur Kirche" jener von „Figaros Hochzeit". Das alle eng ver knüpfende geistige Band schien zu fehlen, obwohl Herr Operndirektor Dr. Hans Pfitzner (Straßburgs sich aufs eifrigste bemühte Als Dirioent ist dieser Künstler für Leipzig kein Fremder mehr. Vielleicht geht seiner Orchesterleitung zuweilen der große, fas zinierende und zugleich aus das al Fresko der Bühne gerichtete Zug ein wenig ab. So war in der Ouver türe das erste Allegro anfänglich gar zu fein ab getönt auf Kosten der plastischen Wiedergabe und ohne Rücksicht auf den weiten, tonverlangenden Raum. Es fehlte an scharfer Herausarbeitung der rhythmischen Linie, die erst allmählich bestimmter Heraustral. Sehr schön und stimmungsreich wnr>" das Vor spiel des dritten Aktes vermittelt: ausgezeichnet gelang Herrn Dr. Pfitzner u. a. auch besonders die große Steigerung von Szene zu Szene im zweiten Akte. Auch wurde man auf der Bühne seinen Intentionen wohl zu allergrößtem Teil« voll gerecht. Der Chor stellte seinen Mann und bewährte sich. Rur im letzten Finale klangen die Männerstimmen gar hart und trocken. Schnier erfindlich war da übrigens, aus ivelchcm Grunde die den Chor Ergänzenden so eilig von der linken Seite auf die Szene gelangen. Etwas mehr Würde wäre besser am Platze. Der Regie des Herrn Dr. Loewcnfeld ward hier früher bereits lobendst gedacht. Trefflich wirkten u. a. wieder die buntbewegten Wartburgszenen, sehr fein auch die herbstlich gefärbte Tallandschaft: etwas konventionell hingegen (aus mich wenigstens) die Ltenusbergszenen als nicht sonderlich illusions fördernd. Daß die Säuger im ersten Akte »in Tann häuser lange Zeit hindurch einen Halbkreis bilden und ihn schließlich zwingen, permanent ins Publikum hineinzusingen, scheint seit Goldbergs und noch frül)eren Zeiten Tradition geworden zu sein. Eine Variante der Aufstellung wäre hier recht wohl am Platze. Herr Professor Dr. von Barn hatte vor einigen Jahren hier als Lohengrin wahren Enthusiasmus er regt. Sein Tannhäuser ist «ine große Leistung, auch wenn sie darstellerisch nicht ganz an die berühmte erwa eines Winkelmann heranreicht. Ergreifend spielte der Künstler die Szene des innerlickien Erwachens aus den wüsten Träumen des Hörselberges, noch ge waltiger jene des heimkehrenden Büßers Tannhäuser — psychologisch wahr und mit stärkstem Empfinden hingestellt und durchgeführt. Auch als Sänger gab Herr von Bary hier unstreitig das Beste, nachdem er im Sängerkriege, hier vor allem wieder in der Szene mit Elisabeth, sehr Bedeutendes geboten hatte. An fänglich klang die so schön« Stimme nicht völlig frei: einige flache, gepreßte Töne bezeugten das. Rein nach außen hin wirkte des Künstlers Erscheinung, mannigfaltiger Nuancen fähige Gestik und den Wechsel der Seelenstimmunqen scharf ausprägend«? Mienenspiel in hervorragender Weise. Von klassischer Schörcheit war di« Darstellung de, Wolfrain durch Deutsches Reich. Leipzig, 13. Neues Operettentheater. Zum ersten Male: „Dir kleine Prinzessin." Operette in 3 Akten nach einem vorhandenen Stoffe von Carl Lindau und F. A n t o n y. Musik von Bola von Ujj. Man muß schier erstaunen, welch geringen Wert die beiden eben genannten Textverfasser einem Ope rettenlibretto beimessen, denn sonst hätten sie es nicht gewagt, so wenig Wertvolles zu bieten: eine nur müh sam sich fortschleppend« Handlung voller Widersprüche und Unwahrscheinlichkeiten, unterbrochen von Epi soden, die mit ihr durchaus in keinem Zusammenhang« stehen, dazu ein Dialog ohne sonderlichen Witz und der Versuch unternommen woede», die Mauern de, alten Königsschlosses irgendwie zu »renovieren". E» wäre auch ewigschade darum. Fast ebenso schade, wie der Dau des »Memorial-Denkmals" ist. Ueber den Geschmack läßt sich bekanntlich streiten. Ich fürchte, sehr viele Mensche, werden das Denkmal nicht besonders schön finden. Rechts und links und vorn und hinten Reliefs und speiende Brunnen, hoch oben eine Statue (Golds, die auf den ersten Blick ein« Kopie unserer Siegesgöttin im Berliner Tier garten zu sein scheint. Halbwegs zwischen oben und unten auf einem Absatz die sitzende Figur der Königin Viktoria. Das Ganze reichlich groß. So weit ganz gut. Aber das Denkmal ist in Weiß gehalten. Und wenn man den Mall — eben jenen schönen, großen Boulevard — hinunterblickt, dann sieht man nichts weiter als diesen weißen Fleck. Nicht» mehr von dem schönen schwarzen Schloß, nichts mehr vom schönen Grün. Das Schloß ist verdeckt, alles andere totgeschlagen. Es ist greulich. Vielleicht wird die Zeit das weiße. Werk mit Patina bedecken, werden der Staub und der Ruß Londons ein übriges tun. Und vielleicht werden dann die Londoner selbst den Verstand haben, das Monument nicht zu „reinigen". Dann wird die ganze Szenerie vor dem Schloß am Ende anders.wirken. Bis dahin aber wird das „Queen Victoria Monument" eine Ge, schmacksverirrung sein und bleiben. Wie schon erwähnt, steht das Festprogramm für den 15. Mai, den Tag der Enthüllung, bereits fest, und die Zeitungen veröffentlichen spaltenlange Berichte namentlich in bezug auf den kaiserlichen Be such. So geben sie zum Beispiel genau die Namen derjenigen Mitglieder des Hofes und derjenigen Staatsbeamten, die bei den dorischen Säulen des Palastes zum Empfang gruppiert sein werden. Auch welche Kleider Kaiser und Kaiserin tragen werden, ist genau mitgeteilt. Alles das zeigt jedenfalls das Interesse, das dem Besuch allgemein entgegengebrochl wird. Uebrigens tritt gerade bei dieser Gelegenheit zu tage, wie wenig die Orgien der Londoner „gelben" Preffc anläßlich Deutschlands „Nein" auf Präsident Tafts Abrüstungsvorschlag gefruchtet haben. Kein Mensch denkt noch daran. Die Verhandlungen mit Amerika gehen weiter. Die Presse ist mehr oder weniger weiter entzückt. Ich hab« es aber noch nicht zustande gebracht, einen einzigen Menschen z» finden, der auch nur annähernd an ein bevorstehendes Millenium glaubt. Im Gegenteil mehren sich d^ Kaiser Die Opernfestspiele iiir Ktndttheater. Dritter Abend: „«Tannhäuser." In oer Tiefe webte di« Phantasie des Volkes fort an aen uralten Sagen und Mythen und wußte vom iränkifchen Ritter Tonn hä»-er zu berichten, dem in den Armen der Frau Holl« im Hörselberg o«r Jahre sieben wohl wie «in Tag vergingen Gleich ihm waren ein Wirnt von Gravenberg und Frauen lob solch rätselhafte Gesellen, die im Ledensstrudel untertauchten und von der Sage verklärt wie der emporsticgeu. Richard Wagner war es, der Tannhäusers Gestalt in «in neues und dauerndes Da «ein nirückries. In der Manessischen Handschrift ist dieser Minnesinger als Landsahrer und Kreuzritter abgrbildet. In der Tat der Hörselberg, die Wart bürg und die ewige Roma sind die drei Stationen, die den eigentlichen Lebenslauf des Hßlden kenn ieichnen. Heidentum und Christentum stehen in ichorscm Gegensätze zu einander: Geistiges und Sinn liches bekämpfen sich, und bilden divergierende Linien der Empfindungen: körperliche Kraft und seelische Gefühlsstärke ringen um die Herrschaft. Mit l>ewun derungswürdiger Anschaulichkeit bot Wagner das alles in dem Rahmen seiner Tannhäuserdichlung. Der «ast ungeheuerlichen Kraft des Helden, der in seinem vergehenden brünstigen Begehren an Faust und Don Juan erinnert, stellte der Poet i« magüliche Reinheit der Elisabeth gegenüber und gewann somit einen Dualismus, aus dem sich dramatische Komplikationen ganz von selbst ergalren. Wunder wirkt di« Wand lung der fürstlichen Maid zur wissenden Frau, die den Missetäter begreif: und entschuldigt und, getrieben von Glauben und schwärmerischer Wlellentjagung, ihm den einzig noch möglichen Weg zur Wiedergewinnung «eines ScelenheUs zeigt. Hier kulminiert das Drama nach rein realer Seite hin. Aber Wagner übertraf sich gleichsam selbst, indem er seine Dichtung noch einem weiteren Höhepunkt, dem rein geistigen, zuführt«. In Rom findet Tannhäuser keine Entsühnung. Er kehrt zurück mit dem verzlveifelten Wunsch, zum andern Male, aber nun für immer in den verwunschenen Berg einzugeltzm Des ferne weilenden Geliebten ge dacht« Elisabeth in seelischer Versunkenheit und brünstig geistlicher Hingabe an den Parallel. Ihr Geist umschwebt jetzt den irrenden Ritter und ihr Nam«, von Wolfram, Tannhäusers getreuem Eckart, in höchster Not gerufen, bringt ihm zeitliche Rettung and ewige Erlösung . . . gen dres« Vräfte weiter wirken zum Segen für die Ge samtheit ukiser«, Volkes. Beide Sieden fanden großen Beifall, ebenso die Begrüßung des Prorektors, des Geheimrat» Pro fessor» v. Duhn, des badischen Ministers des Innern Fre-iherrn von und zu Bodman. des preußischen Handelsministers Sydow. des Präsidenten der Eisenbahntarifkommission Rüdlin, ferner des Präsidenten des Hansa- bnndes. Geh. Rats Rießer. de» Ausfchnßmitglje des des deutschen Landwirtschaftsrates Sänger - Diersheim, des Vorsitzenden der deutschen Handwcrkr- nnd Gecoerdekcrmmer Obermeisters Plate-Han nover sowie der Vertreter der auswärtigen Hondcls- kcmmern, Präsidenten Olsen-Kopenhagen, Le- grand-Partze, T o in a l i n - London und R u o s f- Rotterdam. Ferner sprach noch Geh. Kommerzienrat Vogel- Chemnitz. Nach einer .dreistündigen Sitzung ab sich Versammlung gvgen 2s/? Uhr zum FeVmrüU in üer Slaültislle. Während des Mahles hielt der Reichskanzler Dr. v. Bethmann Hollweg folgende, von wiederholtem Beifall unterbrochene Rede: „Lassen Sic muh der Freude darüber Ausdruck geben, daß ich den hemtigen, für den deutschen Handel so denkwürdigen Tag iv' Ihrer Milte verbringen kann, in einer Stadl, in der ams Deuljchlands Geschichte, sein schmerzlichstes Unglück, sein« Schönheit und geistige Größe, sein leidenschaftliches Hoffen und Ringen um Einheit so lebendig ist: in einem Lande, dessen Fürstenhaus wir imnuer mit besonderer Verehrung nennen, wenn wir von unserer nationalen Einigung sprechen. Auf die Anfänge dieser Einigung führen uns die Erinnerungen des heutigen Tages zurück. Ihr verehrter Herr Präsident hat in seiner Fest rede die Verworrenheit der wirtschaft lich en Zustände geschildert, in der der deutsche Kaufmann vor fünfzig Jahren bei jedem Schritt seinen Fuß verstrickte. Er hat gezeigt, wie aus der Not unserer politischen Zerrissenheit das Bedürf nis zum Zusammenschluß des deutschen Handels, wie der Deutsche Handelstag erwuchs. Mit Stolz dürfen Sie sagen, -aß die Geschichte des Deutschen Handelstages ein S t ii ck d e r G e s ch i ch 1 e unserer Einheit geworden ist, daß die Forde rungen. die hier vor .'>6 Jahren von den Vätern des Handclstages ausgestellt wurden, das G-erüst waren, in das der Bau unseres Wirtschaftslebens hinein wuchs, nachdem uns die politische Einheit g« Ichaffen war. Und doch wird nicht einer non den Männern, di« den ersten Deutschen Handelstag einberiefen, die Entwickelung geahnt Haden, die der deutsche Handel in diesen 50 Jahren genommen hat. Die Zahlen unserer Handelsbewegung, die uns so mich lern und selbstverständlich erscheinen, hätten jener Heidelberger Versammlung wie ein Märchen ge klungen. Die Zeit lag ja noch nicht weit zurück, wo man die deutschen Kaufleute im Auslände in milder Verachtung den Hühnern verglich, die in der Streu die Körner auspickten, die edle Pferde ans der Krippe fallen ließen. Das Zaubermittel, durch das das Märchen Wirklichkeit wurde, hieß Einigkeit. Nur weil zuerst das Allgemeine sichergrstellt wurde durch die gemeinsame begeisterte Arbeit aller Stände, jo Hot alles einzelne auf festem Grund und in ge sicherten: Rahmen wachsen können. Die alte» Probleme der wirtschaftlichen Einheit sind gelöst, neu« sind an ihre Stelle getreten Heute sieht der deutschc Kaufmann mitten in organisa torischen Aufgaben, von denen man vor >0 Jahren auch nicht einmal eine Vorstellung batte. Mit lausend Fäden ist er in di« W e l t w i r t s ch a f t verknüpft: den Gönnern früherer Zeiten steht er als gleichberechtigter Partner gegenüber: das Deutschc Reich ist ein« Hirma geworden, zu der man sich mit Stolz bekennt. (Lebhafter Beifall.) Und doch, nuinc Herren, die »ns Deutschen jo besonders sympatzhische Abneigung gegen den Racker von Staat ist, wrnn ich nicht irre, auch aus einem Teile der Kcmfma-.nnschaft noch nicht gewichen. Der alte Gegensatz zwischen Individualismus und Staat wird immer noch bzirch die Bücher geschleppt, als ob der Posten noch unverändert validierte. (Heiterkeit.) In Wirklichkeit laufen die Interessen und Pflichten der Privatbetriebe so mit den Interessen und Pflichten des Staat e? ineinander, daß der Gegen sah. wo er konstruiert wird, ein gekünstelter ist Kein privates Erwerbsgeschäft ist heutzutage noch reines Geschäft, es ist in gewissem Sinne zugleich Amt. lSehr richtig!) In der Sorge für seinen Betrieb und für die rn ihm tätigen Personen erfüllt der Land wirt so gilt wie der G-ew<rdetreikende und der Kauf mann Pflichten gegenüber der Allge meinheit, ohne die wiv uns unser heutiges staat liches Leben nicht denken können. Man kann da nicht mehr scheiden. Das Ansehen Deutschlands in der Well ist dem deutschen Kaufmann in reichem Maße zugute gekommen. Aber wo bliebe das Ansehen des deutschen Namens im Auslände, wenn der deutsche Kaufmann da draußen es njcht verstünde, sein An sehen hochzuhalten? (Zustimmung.) Wer privates Gut verwaltet, soll es heutzutage tun in Prokura der Allgemeinheit. (Bravo!) Darum können Staat und Privatwirtschaft nur gedeihen, wenn sie sich gegenseitig von dem gleichen Geiste durchdringen lassen. Man rühmt baulicher Staatsauffassung Pflichtbewusstsein und Rechts gefühl als treibende Kräfte nach. Kann unser Han del ohne diese Tugenden prosperieren, wäre er ohne sie zu seiner jetzigen Blüte gelangt'? llnd wiederum. Nüchternes Kalkulieren, Rechnen mit realen Größe,:, frei von allem Phrasentum und doch oroße Ziele im Auge, nur so kann der deutsche Kaufmann seinen Platz in der Zstelt erobern und behaupten. Kann unser Etaatsleben unter anderer Flagge ,egeln? Und noch eins! Wirtschaftliches Leben ist ohne Egoismus undenkbar. So auch das staatliche Le den, so auch das politische Leben der Parteien. Aber es gibt kurzsichtigen und weitsichtigen Egois mus. Kein verständiger Kaufmann dünkt sich zur Alleinherrschaft berufen, und ebensowenig gibt er um vereinzelten augenblicklichen Profits willrn notwendige Verbindungen und Beziehungen für die Zukunft preis. Solcher lsieist. Blick auf das Ganze, nicht Hasten am Kleinen und Kleinlichen, weit herziges Erfassen alles Tüchtigen sollte auch unser politijches Leben erfüllen. In diesem Sinne akzeptiere ich die aus Ihren Reihen jo oft er hobene Forderung: Mehr kaufmännischer Geist in unsere öffentlichen Zu stände. Die treuesten Wünfckr« für Sie und in Ihnen für unser Vaterland fasse ich in den Ruf zusammen: Der Deutsche Handelstag hoch hoch, ho ch." (Lebhafter, lang anhaltender Beifall.) Es sprachen ferner der Prorektor der Universität Heidelberg Dr. o. Duhn über das Zusammengehen von Gelehrsamkeit und Kaufmannschaft, der badische Ministerpräsident namens der badischen Regierung und der preußische Haitdelsiniinstar Sydow, dessen Rede in dem Satze gipfelte, daß nur, wenn Handel und Jitdustrie geschlossen vorgingen, ihnen politisch und wirtschaftlich der Einfluß gesichert sei, der ihnen nach ihrer Bedeutung zukomme. Aus der Fülle der weiteren Ansprachen sei noch eine von feinem Humor durchtvehte Red« des Chemnitzer Kommerzienrats Vogel erwähnt, der dem Reichskanzler und den übrigen Negierungsvertretern für ihr Erscheinen dankte. Der badische Finanzminister Rheinboldt er hob sich nunmehr sofort zu einer Erwiderung, nm Lonüonrr Ssllerreile. (Von unserem Londoner Spezialkorrespondenten.) London, 10. Mai. London steht im Zeichen der Vorbereitungen: Vor bereitungen für den Empfang Kaiser Wilhelms, Vorbereitungen für die Krönungs- seierlichteitcn. Die letzteren namemlich werfen ihre Schalten mächtig voraus. In der City lassen Hoflieferanten die alten, schwarz gewordenen Wappen neu vergolden, Kirchen werden mit riesigen hölzernen Tribünen umbaut — denn der Londoner ist immer Geschäftsmann, selbst in der Kirchenverwal tung —, an den Privathäufern werden die Fassaden „auf Neu" geputzt, die Hotels vermieten bereits ihre Fenster und schon jetzt sind Zuschauerbilletts unter 1 Guineen — 81 — kaum noch zu haben. Hand in Hand damit gehen die Vorbereitungen für den Empfang des Kaisers und der Kaiserin, die in Begleitung der Prinzessin Viktoria Luise und des Prinzen Joachim am 15. M ai hier erwartet werden. An diesen Vorbereitungen nimmt die Bevölkerung im allgemeinen allerdings weniger Anteil. Man freut sich auf den Kaiser, der hier wirklich beliebt ist, überläßt aber alles aridere, „den Höchsten, die da sind". Und diese Mächte lassen auch, wie sich das ziemt, den alten, schönen Bucking ham Palace gründlich instand setzen. Etwa hundert Menschen stehen dauernd vor den herrlich geschmückten Bronzetoren und „sehen zu", ohne das geringste zu sehen. Am Morgen der Ankunft des Kaiserpaares werden der König und die Königin von England sowie der Prinz von Wales und die Prinzessin Mary ihre kaiserlichen Gäste am Bahnhof erwarten und dies« dann in „Semi State" nach dem Buckingham Palace geleiten. Der König und die Königin werden mit dem Kaiser und der Kaiserin in einer offenen, mit vier Rappen bespannten, von Postillionen gerittenen Landauer fahren, eine gleiche Equipage ist für die Prinzen und Prinzessinnen vorbereitet. Dieser Be such gilt in der Hauptsache der Enthüllung des „Königin Viktoria - Memorial-Denk mal s". Ein Wort über dieses Denkmal. Wenn man in den prächtigen weiten Boulevard einbiegt, der durch den St.-James-Park nach dem Buckingham Palace führt, so sieht man schon von weitem die alters geschwärzte Maner des Palastes, das heißt, man sah sie. Es war ein prächtiges Bild, das schöner und schöner wurde, je näher man kam. Rechts und links der große, an die schönsten Teile des Berliner Tier gartens gemahnende Park. Vorn der wuchtige Dau, di« glatte, gerad«, ununterbrochene Front, in weiter Entfernung von einem schmiedeeisernen Gitter um geben, das den Gesamtblick in keiner Weise hindert. Dann die beiden rotgekleideten, strammen Leib gardisten mit ihren merkwürdigen halbmeterhohen Bärenfellmützen. Und vor all dem der schöne, runde, freie Platz mit den hohen sandsteinernen Eingangs portalen zu beiden Seiten: einen Abschluß des Boulevard bildend und einen Vorplatz zum Palast Die dunkle Bronzefarbe des Palastes — von weitem ist der Eindruck in der Tat der eines monu mentalen Vronzebaues —, die das Baumaterial nicht mehr erkennen läßt, steht in harmonischem Einklang mit der ganzen Umgebung, mit dem Dunkelgrün der Bäume, dem Schwarz der Gitter, ja dem Rot der Soldaten. Aus diesem Gefühl heraus ist wohl nie Deist, sowie Verse, nicht besser und nicht schlechter, wie die der meisten unserer neueren Operetten. Jobst-Marie, eines Färbers Tochter, heiß geliebt vom Schneider Kilian Kipfl, will gar hoch hinaus, ja, möchte am liebsten Prinzessin sein. Die Pnnzessin Irene erfährt von Kivfl davon und verspricht, den Hochmut der Marie dadurch ru brechen, datz sie deren Willen erfüllt. Durch ein Pulver in «men tiefen Schlaf versenkt, wird sie nach dem Schlöffe getragen und erwach: hier als kleine Prinzessin, von allen aus Befehl der Herzogin Irene als solche begrüßt. Gleich zeitig hat sich Prrnz Waldemar eingefunden, um, als Kammerherr verklerdet, wovon nur der Gras Daggeje unterrichtet ist, Irene kennen zu lernen. Diese nun gibt ihm :m Scherze den Befehl, als Prinz um die Hand der kleinen Prinzessin anzuhalten. Auch Schnei der Kipfl erscheint, behandelt die Jobft-Mane immer als Hoheit, merkt aber bald mrt Erstaunen, daß ihr Prinz Waldemar, der in Wirklichkeit Irene liebt, den Hof macht. Nach mancherlei Hin und Her lock sich alles, wie immer, in Wohlgefallen auf: die Prin zessin Irene erfährt von üer wahren Herkunft d«-- verkleideten Kammerherrn und reicht Prinz Wold« mar mit Freuden die Hand. Und daß nun auch Schneider Kipfl und die Jobst-Marie e:n Paar wer den, ist wohl selbstverständlich. Die Musik stammt von dem erblindeten Bola von Ujj. Ihr Wert ist nur gering. Daß der Kom ponist bemüht gewesen, den anspruchslosen Melodien eine unaufdringliche, klangvolle Instrumentation zu geben, sei gern anerkannt. In der Hauptsache werden Tanzrhythmen bevorzugt, und zwar bekommt man neben Polonäse, Mazurka. Polka und Rheinländer vor allem den Walzer in den verschiedensten Zeit maßen zu hören. Bis auf wenige Ausnahmen ist alles auf einen frohen Ton abgestimmt. Originalität der Erfindung ist nicht gerade des Komponisten stark-- Seite. Gar manche Stelle weckt die Erinnerung an bereits vorhandene Weisen, manches klingt gesucht und geschraubt. Daß die Novität dennoch mit Beifall au: genommen ward, lag vor allem an der ausgezeichneten Wiedergabe. Herrn Oberregiffeur Kretschmer wie Herrn Kapellmeister Bradsky gebührt in gleicher Weis« Dank und Anerkennung wie den Hauptdarstellern: Fräulein Miet als Jobst-Mari--, die sich gar nicht in die Gewohnheiten einer Prin zessin bineinfinden konnte, dafür aber um so schöner sang und mit Herrn Gfall er als Schneider Kipfl darstellerisch sehr Lobenswertes bot Letzteres gilt in besonderem Maße auch von Herrn Bertram als beständig Medikamente einnehmender, böchst devotr' Kammerherr Graf Baggese. Auch Fräulein Rößner als Prinzessin Irene und Herr Elstorfs als Prinz Waldemar wußten ihren Partien in jeder Weise durchaus gerecht zu werden. Doch auch die V.-r tret« der kleinen Rollen lagen bei Frau Sigl (Barbara) und Herrn Klemm (Jobsti in besten Händen. Ourt Zorruurw. mmr MNlü 8. persi-Lsr6.
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