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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.07.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110704028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911070402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911070402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-04
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Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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Nr. 183. ISS. Zsyryany. Wetterbericht der KSnial. Stichs Laudeswetterwatte »« Dreedea. Voraussage für Mittwoch, den 5. Juli. Westwinde, heiter, warm, trocken. Pöhl der«: Glänzender Sonnenunter- und «aufgang. Himmelssärbung orange. Fichtelberg: Nachts schwacher Nebel, matter Sonnenuntergang. Abendrot. * Auszeichnungen Der Kaiser hat dem pensio nierten Eiienbahntelegraphiften Hel bin zu L.- Reudnitz sowie den pensionierten Bahnwärtern Franz Funke zu Hartmannsdorf und Gustav Panster zu PriestäbUch das Allgemecne Ehrenzeichen oe.liehen. * Hochschule für Frauen. In der Königstraße leuchtet jetzt den Passanten von einem Neubau in großen, goldenen Lettern die Inschrift entgegen „Hochschule für Frauen". Wir haben schon vor einiger Zeit über dies« Ncuschöpsung berichtet, die der „Verein für Familien- und Dolkserziehung" unter dem Vorsitz der verehrungswürdigen Frau Henriette Dr. Goldschmidt ins Leben gerufen hat. Die Bauleitung liegt in den bewährten Händen des Architekten Fritz Schade, der mit anerkennenswertem Geschick aus der ehemaligen Villa, di« ein edler Gön ner der neuen Hochschule geschenkt hat, eine moderne Lehranstalt schuf. Es verlautet, daß später auch das Nachbargrundstück ^Nr. 20) mit für die Hochschule verwendet werden soll. Eine große Anzahl Herren von der Universität hat sich schon jetzt bereit erklärt, mit Beginn des Wintersemesters Vorlesungen an der neuen Hochschule zu halten, die von allen gebildeten Frauen besucht werden können, die das 18. Lebens jahr erreicht haben. So ist denn Leipzig in der glück lichen Lage, in Zukunft seinen nach Bildung streben den Frauen etwas zu bieten, was in ganz Deutsch land nicht seinesgleichen hat. Hoffentlich findet das junge Unternehmen überall in der Bevölkerung wärmste Sympathien zur Ehre unserer Stadt und unserer grauen. * Wettbewerb unter Schülern und Schülerinnen der höheren Schulen Sachsens. Mit Genehmigung des Kultusministeriums veranstaltet der Verein für Säch sische Volkskunde unter den Schülern und Schüle rinnen der staatlichen höheren Schulen Sachsens einen Wettbewerb, um den Sinn für bäuerliche und klein städtische Kunst und Bauweise sowie für die Volks kunst alter und neuer Zeit zu wecken und zu pflegen. Die jungen Leute sollen durch den Wettbewerb ver anlaßt werden, volkskundlich wichtige Gebäude, Ge bäudeteile, Geräte n. a. m. in der Zeichnung festzu halten oder plastisch nachzubilden. Es werden Ar- beiten gefordert, die nicht im Zeichenunterricht und nicht unter Anleitung des Lehrers entstanden find. Dabei wird aber gehofft, daß die den Zeichenunter richt erteilenden Damen und Herren die Anregung zu den Arbeiten geben und sich dadurch neu« Ver dienste um die heimatliche Kunst und Bauweise er werben werden. Die gefertigten Arbeiten sind an die Geschäftsstelle des Vereins für Sächsische Volks kunde, Dresden-Ältst., Wallstraße 9, I, bis zum Ib. April 1912 cinzusenden. Als Preise sollen von einen im Verein gebildeten Ausschuss« von Fachleuten künstlerisch ausgeführte Anerkennungsurkunden ver teilt werden. * Neue Telegraphenanstalt. In Leckwitz bei Strehla, Elbe, ist am 4. Juli eine Telegraphen anstalt mit öffentlicher Fernsprechstclle eröffnet worden. Die neue Anstalt hält beschränkten Tages dienst ab. —f. Billiger Sonderzug nach Dresden und der Sächsischen Schweiz. Sonntag, den 9. Juli, wird vom Lewrtyer Tageblatt. Dienstag, 4. Juli 1911. Dresdner Bahnhof der erste diesjährig« Sonderzug zu ermäßigten Preisen nach Dresden und Schan dau abgelasscn. Der Zug. der zur Aufnahme von Teilnehmern auch in Paunsdorf-Stünz, Borsdorf und Wurzen hält, verkehrt ab L« pzig <1.40 früh, ab Paunsdorf-Stünz 4.48, ab Borsdorf 4.58 und ab Wur den 5.19 Uhr und trifft in Dresden-Altstadt 7.24 und in Schandau 8.45 vormittags ein. Zum Absetzen von Reisenden wird der Zug auf allen Zwischenstationen von Pirna bis Schandau halten. Di« Fahrpreis« be tragen von Leipzig nach Dresden-Neustadt oder Alt stadt 3,20 in 2. und 2,20 -4t in 3. Kl., nach Pirna 3,70 bzw. 2,50 -tl nach Obervogelgcsang, Pötzscha Weh len oder Rathen 4,— bzw. 2,80 .tl und nach König stein oder Schandau 4,20 bzw. 2,90 <4t. Die Rüa- fahrt von Schandau bis Dresden ist mit gewöhnlichen Zügen und mit gewöhnlichen Fahrkarten auszu führen. weil auf dieser Strecke ein Sonderzug nicht verkehrt. Die Rückfahrt des Sonderzuges erfolgt ab Dresden Altstadt 11.00 abends und die Ankunft in Leipzig Dresdner Bahnhof 1.51 nachts. Die Fahr karten sind erhältlich von Donnerstag, den 6. Juli, bis Sonnabend, den 8. Juli, abends 7 Uhr bei den bekannten Verkaufsstellen. Die Fahrkarten für die Rückfahrt sind gleich bei der Lösung derjenigen für die Hinfahrt mit zu entnehmen. * Zm Paulinerkonzert, Donnerstag den 6. Juli abends s/>8 Uhr im Konzertsaal Bonorand, werden Herr Alfred Käse, das Leipziger Philhar monische Orchester und Frau Rein-Mem- minger (Hcnfe) Mitwirken. * Die Maul- und Klauenseuche in Sachsen. Am 30. Juni ist die Maul- und Klauenseuche im König reich Sachsen in 97 Gemeinden und 218 Gehöften amtlich sestgestellt worden. Der Stand am 15. Juni war 61 Gemeinden und 139 Gehöfte. * Platzmusik. Am Mittwoch, den 5. Juli, findet die militärische Platzmusik vor der Dienstwohnung des Garnisvnältesten, Thomasring 2, durch das Trom peter-Korps des Ulanen-Regiments Nr. 18 statt. Be ginn 11 Uhr 15 Min. vormittags. Programm: Dee Großen Kurfürsten Reitermarsch von Moltke: Alt niederländisches Dankgebet von Valerius: Fanfare militaire von Ascher: Waldteufeleien, Potpourri, von Rsckling; Liebestraum nach dem Balle, Intermezzo, von Czibulka; Leipziger Palmengarten-Marsch von Nadecke. - Beendeter Ausstand. Der Streik in der Fabrik für Holzbearbeitung im Osten Leipzigs, der am 1. Juli ausbrach, weil der Arbeitgeber die geforderte Ver kürzung der Arbeitszeit für di« Maschinen arbeiter nicht schriftlich anerkennen wollte, ist bei ge l e g 1. Nach Zustandekommen einer Einigung haben di« Streikenden am Dienstag di« Ar ¬ beit wieder ausgenommen. * Luftschisfahrtslottcrie. Dre Ziehung der aroßen Luftschiifahrtslotteric findet am 7. und 8. Juli in Dresden statt. Es kommen 3772 Gewinne im Werte von 32000 ./<. zur Verlosung. Lose L 1 ./< sind noch zu haben bei Friedrich Käthe, Leipzig, Nürnberger Straße 5 und Heinrichstraße 3, und Heinrich Schuster, Peterssteinweg 11. * Selbstmordversuch und Selbstmord. In seiner Wohnung in der Broahausstraße versuchte sich Mon tag abend ein 60jähriger Zimmermann zu erhängen. Sc.ne Ebefrau vereitelte noch rechtzeitig die Aus führung der Tat und schnitt den Lebensmüden ab. Er ist schwer krank und wurde in behördliche Obhut genommen. — Wegen körperlicher Leiden hat sich rn ihrer Wohnung in der Bayerschen Straße eine 45jährige Frau vergiftet. * Ei» Zechpreller. Wegen Zechbetrugs erfolgte die Festnahme eines 17 Jahre alten Schreibers aus L.-Plagwitz, der, ohne ini Besitze von Barmitteln zu sein, in einem Lokal der inneren Stadt Speisen und Getränke entnahm und dann eimilch verschwinden wollte. * Die Heimlehr des Betrügers. Festgenommen wurde ein 56 Jahre alter Hilfsheizer von hier, der im April von einer Frau ein Sparkaffenbuch mit einer Einlage von 960 zur Abrechnung von Zinsen anvertraut erhielt. Der Unehrliche enthob aber den ganzen Betrag, flüchtete und kehrte jetzt, nachdem er das Geld verbaucht hatte, wieder zurück. ' Wem gehört das Rad? In Verwahrung der Kriminalpolizei befindet sich ein älteres Fahrrad ohne Markenschild mit der Nr. 130103, ohne Frerlauf, das vermutlich im Jahre 1910 oder schon früher ge stohlen jein dürfte. Der Eigentümer kann sich melden. * Ermittelte Spitzbuben. Während Abwesenheit der Bewohner wurden kürzlich aus einer Wohnung in der Tauchaer Straße eine Anzahl Schmucksacl)en und Kleidungsstücke gestohlen. Die Gegenstände, die einen Wen von über 1000 -<t haben, wurden teils bei Tröd lern verkauft teils als auf dem Leihl-aus versetzt vorgefunden. Jetzt wurde der Dieb in einem 19 Jahre alten, vorbestraften Arbeiter aus Halle ermittelt und verhaftet. — Einem polnischen Arbeiter waren kürz lich aus einer Wohnung in Leipzig-Plagwitz 110 ^tl gestohlen worden. Der Verdacht lenkte sich auf zwei jugendliche Landsleute. Gestern wurden die Be schuldigten auf dem Schützenplatz verhaftet. Den Be trag hatten sie gemeinschaftlich bis auf 3,50 ver jubelt. * Diebstähle. Auf einem Straßenbahnwagen ward einem Herrn eine goldene Uhrkette — Vicrzipfel —, bestehend aus querliegenden Stäbchen, die netzartig durch goldene Drähte verbunden sind, gestohlen. — Ferner wurden gestohlen aus einer Wohnung in der Turnerstraße eine goldene Damenschlüsseluhr, eine goldene lange Uhrkette mit Schieber, der mit einem Opal verziert ist, ein goldenes Kollierkettchen und sechs neue Handtücher; aus einer Stallung in der Bornaischen Straße drei junge, gelbgefiederte Enten. Der Dieb hat am Tatort ein großes Schlüsselbund zurückgelasscn: aus einem Hofraum eines Waren hauses im Brühl ein vierräderiger, zusammenklapp barer Kindersportwagen, nußbraunfarbig mit grünem Ledcrausschlag: an verschiedenen Teilen befindet sich der einqeschlagene Buchstabe Id. An seiner Stelle ist ein bedeutend älterer, dunkelgrünfarbiger, vier räderiger Sportwagen zurückgelassen worden. — Eine Unbekannte, etwa 23—24 Jahre alt, von übermitt lerer, kräftiger Gestalt, mit dunkelblondem Haar und breiter Nase, bekleidet mit schwarzem Kleid, gleich farbigem Mantel mit Matrosenkragen, schwarzem, vorn hochgeschlagenem Hut, die sich in einer Woh nung in L.-Reudnitz aufhielt, ist verdächtig, eine schwarzlederne Brieftasche, enthaltend einen Hundert markschein, eine Legitimations- und verschiedene Vi sitenkarten gestohlen zu haben. * Ein Leid angetan? Aus ihrer elterlichen Woh nung in der Eisenbahnstraße in Leipzig-Neustadt wird seit 30. Juni die Schneiderin Helene Gertrud Schneider, geb. am 9. April 1895 in Gablenz bei Chemnitz, vermißt. Sie hat sich unter Umständen entfernt, die daraus schließen lassen, daß sie sich ein Leid angetan hat. Die Vermißte ist von mittlerer, schmächtiger Gestalt, hat dunkelblondes Haar, volles, gesundfarbiges Gesicht, rundes Kinn und war beklei det u. a. mit blauem Muffelinkleid, schwarzen Leder hausschuhen und hatte keine Kopfbedeckung. * Die neuen Mieter. Bei einer Vermieterin in der Lampefttahe erschienen zwei junge Männer, die angblich um zu mieten di« WohnrLum« besichtigten. Sie verstanden di« Aufmerksamkeit der Vermieterin auf kurze Zeit alyulenken und dabei stahlen sie ein Opernglas im schwarzen Futteral mit Lederriemen und der Firmenbezeichnung „Tornier, Leipzig", sowie ein vierteiliges, silbernes, innen vergoldetes Ziga- retten-Etui, auf dessen Jnnendeckel sich ein ovales Glas zur Aufnahme einer Miniatur-Photographie befindet. Die beiden Unbekannten werden beschrieben als Anfang der 20er Jahre, etwa 1,70 Meter groß, schlank, der eine mit hellgrauem Iakettanzug und wei ßem Strohhut, der andere mit schwarzem Iackettan- zug und schwarzem Hut bekleidet. Offenbar die selben Unbekannten haben kürzlich unter demselben Vorwand Einlaß in eine Wohnung eines Pensionats erhalten und daraus eine silberne Tortenschaufel „M. v. K. 27. 6. 1862" graviert, gestohlen. Jedenfalls versuchen die Beiden in gleiclser Weise weiter zu operieren. * Verscheuchte Einbrecher. Gestern vormittag hatten Einbrecher verschiedene Türen in der 4. Etage eines Grundstückes der Grassistraße beschädigt und eine Bodentür geöffnet. Zur Mitnahme hatten sie schon ein Fahrrad zurechtaestellt. Jedenfalls sino sie aber bei der Arbeit gestört worden. Sie ließen ecnen Zettel zurück, worauf sie mitteilten, daß sie den Be such später abstatten würden. * Fahrraddiede stahlen in der Hospitalstraße ein Keschäftsrad, Marke „Bravour", Nr. 375638, das einen roten Anstrich hat, aus der Hohen Straße ein „Nowa"-Rad, Mod. 45a, und aus der Leipziger Straße in Schönefeld ein „Neckarsulmer Pfeil"-Rad. * Brände. In einer Holzkohlenhandlung in der Roschcrstraße geriet Montag abend ^>11 Uhr eine größere Partie Holzkohlen sowie Kohlenstaub in Brand. Di« Feuerwehr vom Hauptdepot beseitigte bald jede weitere Gefahr. — Ein größerer Küchen brand fand in einer Wohnung in der Elisabcth- straße 23 durch Umstoßen eines brennenden Petro leumkochers statt. Es gelang hier jedoch den betref fenden Wohnungsinhabern selbst, den Brand, der doch einen bedeutenden Schaden angerichtet hat, selbst zu beseitigen. — Heut« früh ^8 Uhr wurde aus einer Tischlerei am Körnerplatz 5 Feuer gemeldet. Als die Feuerwehr der 3. Bezirkswache dort eintraf, fand sie einen größeren Essenbraad vor, dessen Beseiti gung ihr bald gelang. Mitteldeutscher Schützendunü. Unter Vorsitz des Herrn Carl L ü d e cke - Leipzig wurde gestern abend im Saalbau des Schützen hofes di« diesjährig« Hauptversammlung abgehalten und der«-, Tagesordnung in ausgedehnten Debatten erledigt. Aus der von Herrn Gustav Scheibe vorgele^-m Zahresrechnung ging hervor, daß die Bundeskaffe einen Bestand von 6017,01 .si auswcist, der Reservefonds 3926,06 beträgt und die Trietscyler-Stiftung über 1332,29 und die Lüdecke- Stiftung über 1340,71 «4l verfügt. Die Mitglieder zahl betrug 2136. Die erschienenen Mitglieder ge nehmigten einstimmig das Rechnungswerk und sprachen die Entlastung des Schatzmeisters aus. Bei den Wahlen zum Vorstand wurden die Herren Carl Lüdecke - Leipzig, Otto Höffler - Leipzig, Gustav Scheibe - Leipzig, Gustav Sturm- Leipzig, Kaiserl. Geheimer Bankrat Paul Wolf-Berlin, Dr. phil. Paul Rummel- Hall« a. S„ Sanitätsrat Dr. med. S p i r t h o f f - Mühlhausen i. Th., Stadttat Richard Jünger-Gera und Uhlig-Hall« a. S. in ihr Amt berufen, während zur Prüfung der Abrechnung des 26. Bundesschießens m Leipzig die Herren Rau - Zgsülr. Agadir, der kleine Hafen, der südlichste an der Küste von Marokko, der durch die Entsendung des deut chen Kanonenbootes „Panther" in den Mittel punkt des diplomatischen Interesses gerückt ist, hat eine uralte Vergangenheit und, wie wir annehmen dürfen, eine nicht unbedeutende Zukunft. Der Ur sprung ter Stadt geht auf eine feste Burg zurück, die ein Portugiese erbaute, um den Seefahrern, die an dieser Küste wegen ihres Fischreichtums sich aufhiel ten, eine Zuflucht zu gewähren. Er nannte die Burg und das sich allmählich darum bildende Oertchen Santa Cruz. Durch Kauf ging dann Santa Cruz in den Besitz des Königs von Portugal über, bis es 1536 von den Marokkanern erobert wurde. Agadir, wie es nun genannt wurde, entwickelte sich zu einem bedeutenden Hafenplatz, da es an der Mündung eines der größten Ströme des Landes, des Sus, gelegen ist und der natürliche Hafenort für die an Naturpro dukten reiche Provinz Sus und die dahintergelegenen Wüstenprovinzen war. Aber 17M fand seine Blüte ein jähes Ende. Die Provinz Sus empörte sich da mals gegen den Sultan sidi Mohammed Ben Abdalla, und die Rache, die der Herrscher an den unoetreuen Untertanen nahm, war grausam und schrecklich, wie es ja auch jetzt noch bei den marokkanischen Herr schern üblich ist. Er zerstörte Abadir, den Herd des Aufruhrs, sperrte den Hafen und vernichtete auch jede Hoffnung für die Zukunft, indem er etwa 150 lcm nördlich auf den Ruinen einer kleinen portugiesischen Niederlassung eine neue Stadt gründete, Mogador, wohin auch die Bewohner von Agadir übergcsührt wurden. Seitdem war Agadir dem europäischen Handel fast völlig unzugänglich, während Mogador aus seinem Niedergang den Grund für sein mächtiges Aufblühen zog. Die alte Feste verödete, und in ihren heutigen, noch von einstiger Kraft und Größe erzählenden Mauern wohnen kaum mehr als tausend Einwohner, die größtenteils von Fischerei leben. Aber ein Um schwung dürfte nah« sein, und vielleicht wird Agadir wieder das Glück lächeln, das es dereinst zur blühen den Hafenstadt machte. Keiner der acht marokka nischen Küstenplätze, die jetzt hauptsächlich dem europäischen Handel dienen, verfügt nämlich über einen so vorzüglichen Hasen wie Agadir. Schon 1887 erklärte ein >o genauer Kenner Marokkos wie der trübere Konsulatssetretär Viktor I. Horowitz, daß Agadir bestimmt sein dürfte, „in nicht zu ferner Zeit wieder ein hervorragender kommerzieller Platz -u werden, jedenfalls aber eine politische Rolle zu spielen". Die Stadt besitzt, wie gesagt, den besten Hafen Marokkos, der geräumig, tief und gut geschützt ist. Als der äußerste südliche Hasenort des Landes ist sie viel bester als Mogador geeignet, als Handels zentrum für das ganze Hinterland zu bietin. Die Umgebung der Stadt ist zwar gebirgig, aber iebr fruchtbar: der bedeutendste Stamm in seiner Nähe sind die berderischen Ait-Vumara. MoM über ttte muMrsttlchen /rauen. Felip Mottl, der große Dirigent und Komponist, verstand es wie kein anderer, den musikalischen Sinn und das Musikbedürsnis der Frauen entsprechend zu würdigen. Er gerade, der unter den Frauen eine bedeutende Anhängerschaft hatte, wurde oftmals nach seinem Urteil gefragt, ob er der Meinung sei, daß cs mehr musikalische Frauen als Männer gäbe Ls wird den Frauen ja bekanntlich der Vorwurf ge macht. daß unter der großen Anzahl derer, die sich für Musik interessieren, nur ganz ielten eine Kom ponistin gefunden wird, die Anspruch daraus erbeben könnte, Werke hinterlassen zu haben, an denen sich die Nachwelt stets erneuen wird. In der Gesellschaft musitverständiger und musikbegabter Menschen äußerte Felix Mottl sein Urteil über das Musikverständnis der Frauen folgendermaßen Es mag wohl sein, daß den Frauen das Schöpfe rische auf dem Gebiete fehlt, oder daß cs sich bisher noch nicht zu entwickeln vermochte. Die musikalischen Befähigungen der Frauen sind jedoch trotz dieser Tatsache nicht anzuzweifeln. Man hat sich sehr viel damit beschäftigt, wie die Frauen die Musik empfinden, und man ist zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Musik am meisten zu dem Gemüt und dem Herzen der Menschen spricht. Bei den Frauen über wiegt fast ausnahmslos das Herz, die Handlungen der Frauen werden nahezu stets durch das Gefühls leben regiert, also ist es auch kein Wunder, wenn sie sich zu der Kunst am meisten hingezogen fühlen, welche dieser Regung entspricht. In der Musik leben die Frauen ihr Leben aus, die Musik bietet ihnen Ersatz für das bewegte Dasein, das sie nicht führen können. Die Musik ist wie die Liebe, man liebt sie um ihrer selbst willen. Der Mann, der ja weit realistischer ist, gibt sich dem Genuss« der Kunst in der Musik auch mit Entzücken hin. aber wie die Liebe ist sie ihm mehr Episode als Lebens bedürfnis. Die Konzerte — so sagte Mottl, wie uns von einem Ohrenzeugen berichtet wird — geben den Beweis dafür, in wie hohem Maße sich die Frauen für die Musik interessieren. Sie sind fast ausschließlich von Frauen besucht, während die Männer, die man in den Konzerten trifft, immer Kritiker, Künstler selbst oder ausübende musikalische Personen sind. Männer der Arbeit und Wissenschaft hingegen findet man im Konzertsaal verhältnismäßig selten." Gin falscher Tolstoi. In Sibirien ist, wie uns aus Petersburg ge- schrieben wird, eine recht große Bewegung entstanden, an deren Spitze ein alter Mann steht, der sich für Tolstoi ausgibt und von seinen Anhängern auch dafür gehalten wird. Unter den Bauern von Iah- naja-Poljana batte sich bald nach Tolstois Tode die Meinung erhalten, daß Tolstoi gar nicht gestorben sei, sondern daß statt seiner eine andere Person be erdigt worden sei. Dieses Gerücht hat sich unter den Bauern weiter verbreitet, und ein Betrüger hat es zu benutzen verstanden, um sich für Tolstoi auszu geben und auf Kosten der Bauern zu leben. Die Anhänger dieses Pseudo-Tolstoi sind der Ueberzeu gung, daß Tolstoi mit Hilfe Tschertkows seiner Familie entflohen sei, um in Sibirien ganz seinen Idealen leben zu können. Der Pseudo-Tolstoi wird bei seinem Auftreten durch eine allerdings recht große Aehnlichkeit mit dem verstorbenen Dichter unterstützt, so daß es ihm leicht wurde, den Dauern, die Tolstois Bilder kennen und in ihren Wohnungen hängen haben, einzureden, er sei Tolstoi. Die Geschichte von Tolstois Flucht, die durch die gan'e sibirische Presse aing, läßt seine Angaben noch glaubhafter erscheinen. Die Anhänger dieses neuartigen Tolstoi sind be geisterte Verehrer ihres Führers. Besonders im Kreise Tjumen und Jaluterowsk sind die Tolstoi- Anbänger sehr zahlreich, da der Pseudo-Tolstoi sich in Tjumen niedergelaffen hat. Die Behörden, die von dem Treiben des Pseudo- Tolstoi Kenntnis erhalten haben, haben schon mehr fach Versuche gemacht, das leichtgläubige Volk auf- zuklärcn, ohne daß es ihnen bis jetzt gelungen ist. So wirkt das Andenken dieses großen Mannes noch jetzt in den Seelen der Dauern nach. Gin altes Thestergeletz. Von einem beinahe hundert Jahre alten Theater gesetz spricht Pietro Pecchiai im „Corriere Toscana", nämlich von den durch ihn wieder aufgefundenen „Jnstruzioni del Eoverno per il regio teatro dei Costanti di Pisa". Die Academia dei Costanti wurde im Jahre 1822 gegründet, und aus derselben Zeit müssen die „Anweisungen" für das Theater dei Costanti stammen. Es ist interessant zu sehen, wie tief sie in das künstlerische Leben des Theaters ein greifen. So ist z. B. dem Direktor verboten, den Sängern und Tänzern Arien, Rezitative und Tänze ohne vorhergehende Einsichtnahme und Zustimmung eines dazu bestimmten Aussichts beamten zu ändern oder zu streichen. Dieser Auf- sichtsdeamte hatte auch die Aufgabe, die Leitung der Theaterbälle zu überwachen, bei denen der Direk tor kein andres Amt hatte, als sie „mit der schul digen Eleganz und Wohlanständigkeit" vorzubereiten. Der Theaterleiter hatte ferner jede Woche im voraus dem Präsidenten der Akademie das Repertoir der Schauspiele und Lustspiele vorzulegen, die er in der kommenden Woche aufführen wollte. Der Präsident hatte das Recht, selbstherrlich über die Wohlanstän- digkett und überhaupt die Zulässigkeit der vorge legten Stücke zu entscheiden. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung während der Theatervorstellungen hatten die Aufsichtsbeamten das Recht, militärische Macht hi nzuzuziehen. Diese militärische Macht bestand in einer Schar Soldaten, im allgemeinen aus 7 Mann, 1 Unteroffizier und 6 Gemeinen, die aber bei außergewöhnlichen Um ständen, wie Festen, Bällen usw., auf 8 oder auch 12 vermehrt werden konnten. Andere Soldaten konnten adkommandiert werden zur Leistung von Diensten auf der Bühne oder auch zur Vergrößerung des Statistenpersonals. Genaue Regeln gab es ferner über Anfang und Ende der Vorstellungen; im Früh ling und im Sommer mußte das Theater spätestens um 11 Uhr abends geschloffen werden, und es war die Aufgabe des Direktors, auf Grund von Be sprechungen mit der Akademieleitung früh genug den Anfang neuer Vorstellungen so festzusetzen, daß sie zu der genannten Zeit zu Ende sein konnnten. Neuentüecktr werkr von Tharckersg. Zu dem bevorstehenden hundertsten Geburtstage Tbackeravs bringt eine englische Monatsschrift, das „Cornhill Magazine", eine ganze Thackeray-Nummer, die den Literarhistorikern deswegen besonders will kommen sein wird, weil darin neuentdeckte, bisher völlig unbekannte Arbeiten Thackerays abgedruckt sind. Es handelt sich um das Bruchstück eines Romans und ein Reisetagebuch. Beide Manu skripte stammen aus dem Besitze der Tochter Thacke rays, der Lady Ritchie, aber auch diese wußte von ihrem Vorhandensein bislang so gut wie nichts, denn sie lagen in einen alten Mahagonischreibtisch eingeschloffen, den Thackeray vor 50 Jahren von seinem Verleger George Smith zum Geschenk erhal ten hatte. Ueber den Roman, der jetzt veröffentlicht wird, wußte man bisher nichts weiter, als daß Thackeray daran gearbeitet hatte; auch hatte Thackeray einmal darüber mit einem Freunde gesprochen und u. a. er zählt, er habe „einen Roman aus der Zeit Hein richs V." entworfen. Der Roman trägt den Titel The Knights of Borsellen" und umfaßt nur 30 Seiten. Lady Ritchie vermutet, er stamme aus dem Jahre 1841, jedenfalls aus der Pariser Zeit Thackerays; dafür sprechen auch die zahlreichen Bleistiftzeich nungen, die Thackeray dazu gefertigt hat, denn da- > mals widmete er sich nicht nur der Schriftstelleret, sondern auch der bildenden Kunst. In seinem Ro man erkennt man deutlich, wie er sich auf die Lek türe Frotffarts und Monstrelets stürzt, Chronisten, die er nach Angabe seiner Tochter mit arosiem Eifer gelesen hat. Vermutlich hatte er sich bei ihrer Lektüre in das Mittelalter geradezu verliebt, äbn- lich wie es Walter Scott und auch Victor Hugo ge gangen war; wenn man aber die wenigen Kapitel dieses mittelalterlichen Romanes liest, kann man doch ganz damit zufrieden sein, daß Thackeray den Plan ausgcgeben und sich an seiner Stelle dem „Vanity Fair" und dem „Esmond" zugewandt hat. Von dem Vorhandensein des Reisetagebuches wußte man bisher überhaupt nichts; es trägt den Titel „Cockney Travels" und behandelt in sieben Kapiteln in anmutiger Form eine Reise, die Thackeray allein, teils mit der Eisenbahn, teils im Wagen von London aus nach Bristol, nach Shepstow, nach Hert- ford, nach Chester und von da durch Nordwales hindurch vis nach Dublin ausgeführt hat. Das Tage buch reicht übrigens nur bis nach Chester. Der In halt des Tagebuches besteht hauptsächlich in Land- schaftseindrücken, Studien über die Bevölkerung, Be merkungen über gotische Architektur und Erzählungen von Kindern. Gin neuentüecktes Werk von Ghsüowleckl. Ueber ein bisher nicht bekanntes Originalwerk von Daniel Chodowiecki, dem großen Berliner Maler und Zeichner des 18. Jahrhunderts, macht der Be sitzer, ein Nachkomme des Meisters. Georg Chodo wiecki. im „Cicerone" interessante Mitteilungen. Das im Jahre 1766 gemalte Bild stellt die Familie des Künstlers dar, ein Sujet, das er öfters und stets mit besonderer Liebe behandelt hat. Während der Maler selbst im Hintergrund an einer Staffelei beschäftigt ist, haben sich dre zahlreichen Familien mitglieder in der Mitte des Zimmers um einen Tisch gruppiert. Das Bild erbte nach Thodowieckis Tode sein Sohn Wilhelm, und von diesem ging es aus dessen Sohn Albert, den Großvater des jetzigen Be sitzers, über. Es wurde dann von dem Vater Georg Thodowieckis mit nach Valparaiso genommen und kam im Jahre 1907 nach Deutschland zurück in recht schlechtem Zustande und sehr der Restauration be dürftig. Diese wurde jetzt mit gutem Erfolge vor genommen und so stellt sich denn das Bild nun in seiner alten Schönheit wieder dar. Das Werk soll im Besitz der Familie bleiben und wieder nach Valparaiso zurückgeyen. * Zu Mottls Hinscheiden. Von Cosima Wagner war in den letzten Tagen vor seinem Tode an Mottl ein sehr herzlicher Brief eingegangen, über den der Kranke sich sehr gefreut hatte. Seinem Wunsche gemäß wird Isoldes Liebestod an seinem Sarge vor der Ueberfllhrung gespielt werden. Die bereits in die Ferien gereisten Mitglieder des Münchener Hof orchesters sind telegraphisch zur Ausführung der Trauermusik zurückberufen worden. Der verstorbene Künstler hätte heute noch eine Ehrung erfahren sollen, die nun leider zu spät gekommen ist. Die philosophische Fakultät der Universität zu Heidel berg wollte ihn zum Ehrendoktor ernennen. DieselVe Ehrung hätte Mottl in nächster Zeit auch von der Münchener Universität erfahren sollen. * Professor Max G«isberg vom Kupserstichkabinett in Dresden wurde zum Direktor des westfälisch« Landesmuseums in Münster gewählt. Nietzsches Eccc homo" ericheint im Herbst btt Kröner in Leipzig in der neuen Ausgabe des fünf« zehnten Bandes von Friedrich Nietzsches Werken, GroA- Oktav-Ausgabe.
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