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Lsezugb Prcrb lür »nv <1»r»rr» vurch «U«re Iragei und Sordiirur» r»al täglich in» Pau» grdraav «i Pi. nionatl^ L7iiMt. ot«n«liährl B«> unl«rn FUtalen ». U». nahmekkllen adgrl»»U 7V Pt. «onatl. L.» VII »t.rtrliLhtl. »urch »«, Pott: innerhalb 7)rullchlanv» und oei denychrn Noionlen oieirellährl. r.w Ml., «onarl. l.St Ml au»lchl PoildritrUaeid Aerner In Leluirn, Danrmark. den Donauftaaten. Italien Luzemdura. 8li»d»rlandr, Uor» weftrn Oelirrrrich. Ungarn Sluiiland. Schweden Lchwelt u Evanien In alle» üdrigen Staaten nui direkt ourch die lbeickaitdlirU, de» Platte» erdäUltch. Da» Le>p,»g»i lagedlan erXdetm »mal täglich. Sonn- ». iZrierrag» nui morgen». <lbonnement»-Annadm« I»ho»»l»gali» 8, bei unseren Tragern. Arlrolen Sdedrleuria und Ännavineilellen. lowi« Pottämiern and Pneitragern. chtni«l»»rka»l»vr«t» dP. Abend-Ausgabe. KiWgcr T agMaü s 146S2 »«.»tuulchlu,» s 14«r l«-H-»)chl»tz) l.il4«S3 Trl.-^Uschl.il4W3 s 14 684 o s 146S4 Amtsölalt des Rates «nS -cs Volizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Luzetge» Preis Sn»«tgrn » Lunalnme. 2otzmi«t»,ag« 8, d«t länrUtche« Atltat«* u. alle» Annoncen» Lirxvtttono« de» Jeu- mch «»»lande» »o» vehSrden tm a»t- »U» « Pj. teenMtO»» mV vlatzoorlchrlsten n Nde»d«»«>d» «» vrrti» «rdöbt. XndattnachDnrtL veUagegedüdrSelamt» unslaa» S Mt. » Daulend «rkl. Poftgedühr. TeUdeUag» dätzer. gBenoMe «uktrLar können nicht zurück- WM DUUßMM NOA VktPltLOU lOWO» ALtt« G^POh. Inhadoe: O«t wirft«». .»Utnt« De«den: 4.1 (Tel-pH o« EU. Nr. 183. vlensmg, üen 4 Juli ISN. 105. Zshrgsng. Die vollieqende Ausgabe umsaßt 6 Seilen. Die Seeprilenbill. Der Kampf um vas Prisengerichtsabkommen und um die sogenannte Londoner Deklaration ist am Montag im englischen Unterhaus zum Abschluß ge kommen. Die Unionisten unter Balfours Füh rung hatten noch einmal alle Hebel in Bewegung ge setzt, um di« Annahme der Seeprisenbill zu verhin dern, aber Grey und der Ministerpräsident As quith verstanden die Mehrheit dahin zu bringen, daß sic die Bedenken Balfours nicht für stichhaltig ansah. Grey hob insbesondere die Vorteil« hervor, die England aus der Deklaration erwüchsen, und wußte schließlich mit der Bemerkung, daß in Kriegs zeiten leine Regeln Englands Vorgehen hemmen werten, eine günstige Wirkung zu erzielen. Daß er damit zugleich ein Urteil über den höchst problemati schen Wen internationaler Abkommen abgegeben hat, unterliegt keinem Zweifel. Ueber die Sitzung des Unterhauses und über die Vorgänge bei der Abstim mung, die der Regierung eine Mehrheit von 70 Stim men brachte, liegt folgende Drahtmeldung vor: London, 3. Juli. (Eigene Drahtmeldung.) Das Unterhaus nahm die Besprechung der Seeprisen- bill wieder auf. Balfour kritisierte im allge meinen die Politik, die der Londoner Deklaration zu grunde liegt, und führte aus, die Deklaration würde die britijli-e Regierung verhindern, die Stimme zu ihren Gunsten oder zugunsten anderer Neutraler zu erheben, wenn sie der Meinung wäre, daß rechtsgül tige Gesetze der Seekriegsführung verletzt wären. Alle Aenderungen begünstigten die großen Militär mächte. Er erklärte, England sei der Geschick lichkeit großer Kontinentalmächte im Verhandeln zum Opfer gefallen. Er forderte, daß diese wichtige Frage noch genauer unter sucht werde und schloß mit den Worten: Wir ver langen nicht, daß die Regierung ihr Werk zerstöre, aber wir verlangDn, daß die Entscheidung auf geschoben und die Ratifikation verweigert werde, bis die Deklaration einer genaueren Prüfung unter worfen worden ist. — In Erwiderung auf die Rede Balfours führte Grey aus, daß auch England als neutrale Macht rein deklarativen Vorteil habe, so z. B. bezüglich des Versenkens neutraler Schiffe von dem internationalen Prisengericht. Es hat mit der Mehrheit der Neutralen viel bessere Chancen als vor dem Gerichtshöfe der Krieg führenden. Gegenüber der Kritik, daß England nur einen Vertreter beim Internationalen Prisen- aericht erhalten solle, und daß keine andere Großmacht mehr erhalten solle, meinte er, wieviel Vertreter England denn bei dem Gerichtshof eines der Kriegführenden haben würde. (Heiterkeit.) Sodann besprach Grey ausführlich die Blokade. frage und erklärte, England erzielte hierin ein Ab kommen, das die Möglichkeit einer fremden Ein mischung, wenn England Krieg führe, vermindere. Wenn England andere Konzessionen machte, würden Liese weitaus durch die Annahme des englischen Standpunktes in der Blockadefrage ausgewogen. Wenn England in Kriegszeiten die See für den eng lischen Handel freihalten könne, so könne sie auch von den Neutralen freigehalten werden. Wenn die eng lische Flagge von der See vertrieben werde, könne England sich nicht vor der Aushungerung bewahren, indem es sich auf die Neutralen verlasse. Ohne Deklaration laufe England Gefahr, daß die Nahrungsmittel als unbedingte Kon terbande erklärt würden. Die Vereinigten Staa ten haben keine Schwierigkeiten gemacht, oie Dekla ration und die Pnsengerichtsabkommen zu zeichnen und haben dadurch ihr lebhaftes Interesse an der Er richtung eines internationalen Pnsengenchtshofes be wiesen. Nach ihrer Meinung sei die Annahme der Deklaration die Bedingung zur Einrichtung und zum wirksamen Arbeiten des internationalen Gerichts hofes. Der Glaube, daß die Vereinigten Staaten dke Politik des Prisengerichtsabkommens und die Dekla ration mit Gleichgültigkeit betrachteten, sei ein sehr gefährlicher Irrtum, den er beseitigen wolle. Er halt« es nicht für wahrscheinlich, daß England in Kriegs zeiten in seinem Vorgehen gegen Kriegführende werde behindert werden. „Auch ich bin der Meinung", er klärte er, „daß es in Kriegszeiten keine Regeln geben sollte, die unser Vorgehen hemmen, weil schon in alten Zeiten unsere Seemacht uns gegen die ganze Welt ge holfen hat." Nach weiteren Ausführungen Greys und dem Schlußwort des Ministerpräsidenten wurde die zweite Lesung der Seeprisenbill ange nommen. Der Antrag der Opposition, die Londoner Deklaration einer Kommission von Sach verständigen zu überwerfen, wuroe mit 301 gegen 231 Stimmen abgelehnt. Die Abstimmung rief eine heftige Kundgebung auf den Bänken der Unionisten hervor. Man hörte Rufe wie: „Verräter! Ihr spekuliert mit der Nahrung des Volkes!" Llnnatlme üer französischen wstrlrelormvorlage. Gestern hatten die Proportionalisten und Anti- proportionalisten ein Kompromiß geschlossen, dahin gehend, daß „die Mitglieder der Deputiertenkammer zu wählen seien nach der Listenwahl mit Vertretung der Minorität gemäß den folgenden weiteren Be stimmungen". Die vermittelnde Formel stammte von Millerand. In dieser Kompromißfassung ist nunmehr mit 566 gegen 4 Stimmen die Wahl reformvorlage angenommen worden. Zwar bekämpften Jaures, Lemire und andere die vorgeschlagene Fassung, da sie die Proportional reform wieder in Frage stelle, aber die Kommission war der gegenteiligen Ansicht, und so wurde die Vorlage angenommen. — Die radikale Presse ist na türlich mit der Einigung aller Republikaner in der Wahlreform frage sehr zufrieden, während die ge mäßigten Blätter beklagen, daß eine große Anzahl Deputierter von der Sache des Verhältniswahl systems abgefallen sei. — Folgender Bericht liegt vor: Paris, 3. Juli. (Eig. Drahtmeld.) In der Be ratung der Wahlreformvorlage schlug Dumenil folgende Fassung vor: Die Mitglieder der Depu tiertenkammer werden gewählt durch Listenwahl mit Minderheitsvertretung. Painlevo erklärte, die Fassung sei vor der Sitzung durch die vereinigten Vertreter aller Gruppen der Linken ausgearbeitet worden, die von der Richtigkeit des Prinzips der Proportionalvertretung durchdrungen seien, wie es durch die voraufgeaangenen Abstimmungen gebilligt sei, und die so hofften, die Unterstützung der größt möglichen Zahl von Republikanern der Linken zu erhalten. Lemire verlangte Rückverweisung an die Kommission. Millerand bekämpfte die vor- geschlageire Fassung, die geeignet sei, die ganze Pro- portionalreform wieder in Frage zu stellen, da ihr die Klarheit fehle. Thomson sprach sich für di« Fassung aus, während Jaurees sie lebhaft be kämpfte. Der erste Teil des Amendements Dumenil: „Die Mitglieder der Deputiertenkammer werden durch Listenwahl gewählt", wurde mit 535 gegen 28 Stimmen, der zweite Teil „mit Minderheitsver tretung" mit 303 gegen 214 Stimmen angenommen, ebenso das Amendement im ganzen mit 566 gegen 4 Stimmen, nachdem die Kommission sich damit einverstanden erklärt hatte, da es nach An gäbe seiner Urheber das Proportionalvrinzip ent halte. Darauf wurde die Sitzung geschlossen. Paris, 4. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Die radikalen Blätter geben in lebhaften Worten ihrer Be friedigung darüber Ausdruck, daß in der Wahl reformfrage eine Einigung aller Republikaner er zielt worden sei. Nunmehr könne die republikanische Mehrheit zielbewußt die Leitung der Verhandlungen in dieser Frage in die Hand nehmen und diese be deutungsvolle Neuerung durchführen. Die gemäßig ten republikanischen und konservativen Zeitungen beklagen sich darüber, daß das Schlagwort „repu blikanische Einigkeit" von einer großen An- zghl Deputierter dazu benutzt worden sei, um ihren Abfall von der Sache des Verhältniswahl- systems zu motivieren. politische Nachrichten. Geheimrat von Kirchbach Mitglied der Ersten Kammer. „Wolffs Sächs. Landesdienst" meldet: Der Geh. Studienrat und Domherr von Meißen Dr. phil Hermann Peter wird seinen Sitz in der Ersten Kammer als Vertreter des Hochstiftes Meißen aufgeben. An seine Stelle dürfte, wie wir nunmehr erfahren, der Präsident a. D. v o n Kirchbach treten. Damit hat also die von uns vor einiger Zeit ge brachte, von anderer Seite bestrittene, Meldung ihre Bestätigung gefunden. Weitere Austritte aus dem Hansabunde. Der bisherige Vorsitzende des Zentralvcreins des Hansabundes für Altona, Ottensen und Um gegend, Emil Seidler, Stadtverordneter und Mit glied der Altonaer Handelskammer, hat seinen Aus tritt aus dem Hansabunde erklärt. Mit ihm ist den „Hamburger Nachrichten" zufolge eine Reihe ange sehener Industrieller, die Mitglieder des Altonaer Zweigvereins des Bundes waren, aus diesem aus geschieden, so Geheimer Kommerzienrat Volckens, Kommerzienrat Joh. A. M e n ck, Präsident der Han delskammer zu Altona, H. Bösch, der 2. Vorsitzende des Zweigvereins undFabrikantOlof Michaelsen. Weitere Austritte stehen dem Vernehmen nach bevor. Die türkische Studienkommission in Köln. Köln, 4. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Zu Ehren der türkischen Studienkommission fand gestern abend in der glänzend illuminierten „Flora" ein von der Stadt Köln und der Kölner Handels kammer veranstaltetes Festmahl statt. Regierungs präsident Dr. Stein meister bewillkommnet« die türkischen Gäste als Vertreter der Regierung und brachte einen Trinkspruch auf den Kaiser und den Sultan aus. Namens der Stadt begrüßte Beigeord neter Regierungsrat Z s ch l r n t die Gäste. Der Präsi dent der Handelskammer Geh. Kommerzienrat Dr. Neven-Dumont toastete auf das Gedeihen der Türkei und die guten Beziehungen zwischen beiden Staaten. Chefredakteur Prof. A h m e o I h s a m B e i sprach den Dank für das freundliche Willkommen aus. Dementi. Wien, 4. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Die Gerüchte über den Rücktritt des Kriegs Ministers Schoen aich werden von maßgebender Seite als jeder Grundlage entbehrend bezeichnet. Die Marokkofrage im englischen llnterhause. London, 4. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Der Ab geordnete Lyttleton (Kons.) fragte in der gestri gen Sitzung des Unterhauses, ob die Negierung über das Vorgehen Deutschlands in Marokko irgendwelche Mitteilungen zu machen habe Premier minister Asquith ersuchte jedoch, die Anfrage auf heute zu verschieben, wo Sir Edward Grey sie beantworten werde. Vom Exkaiser von Korea. London, 4. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Der Ex kaiser von Korea ist schwer erkrankt, nach an deren Meldungen liegt er bereits im Sterben. Er war an einer Lungenentzündung erkrankt, die sich überraschend schnell zumn Schlimmen gewendet hat. Abrüstung an der mexikanischen Grenze. New York, 4. Juli. (Tel.) Die Abrüstung der an der mexikanischen Grenze stehenden mobilisierten Armee der Vereinigten Staaten hat Sonnabend be gonnen. Die drei ersten Reservejahrgänge sind aus der Mobilisierung entlasten worden. Die Abrüstung der Flotte hat bereits vor 8 Tagen begonnen. Verschwörung in Paraguay. Buenos Aires, 4. Juli. (Eigene Drabimeldung.) Nach Blättermeldungen und Telegrammen aus As- sumption in Paraguay ist Lott eine Verschwö rung entdeckt worden. Präsident Jara dekretierte die teilweise Auflösung des Kongresses. Mehrere Senatoren, Deputiert« und Beamte wurden festge nommen: die Minister Les Innern und des Aeußern gaben ihre Entlastung. In Astumption wurde der Belagernngszustand auf drei Monate erklärt. Nus Leipzig unü Nmgegenü. Leipzig, 4. Juli. Temperatur des Flutzwassers. 2. Juli abds. 8 Uhr 3. Juli früh 5 Uhr ». Lull mltgs.lLUHr Eermaniabad (Pleiße) 19,0 " 0 17,5° 0 18,0° T Schwimmanstalt (Elster) Leipziger Sport- 15,0° It 14,5° It 15,0 ° l! platz bad (Luppe) Gemeindebad 15,0" 1t 14,5' k 15,5» 11 Schönefeld (Parthe) 13,5° It 12,0° It 11,5° k mir auch nicht die leiseste Veranlassung, mehr zu hoffen. Künftig werde ich übrigens vorsichtiger sein und mich, so schwer mir das auch fällt, möglichst fern von der reizenden Frau halten, um nicht Mutmaßun gen zu bestärken, die, wenn sie der Dame zu Ohren kämen, jedenfalls ihr höchstes Mißfallen erregen wür den. Sie würden mich verpflichten, lieber Dahlen, wenn Sie dieseni total falschen Gerückt mit größter Bestimmtheit entgegentreten wollten!'^ Der Legationsrat wußte seiner Verlegenheit kaum Herr zu werden; seine Augen waren auf das ange legentlichste mit der Form und Farbe seiner Hand schuhe beschäftigt, und sein rundes Antlitz glänzt« wie ein reifer Granatapfel. Das war eine nette Geschichte. Gestern hatte er allen seinen Bekannten versichert, daß Gülzow selbst ihn, seinen intimen Freund, als ersten mit der Tatsache seiner Verlobung bekannt gemacht habe, und heute sollte er den Leuten das genaue Gegenteil beteuern. Noch dazu durfte er keine Zeit verlieren: denn mit Gülzow war, das wußte er sehr genau, in solchen Dingen durchaus nicht zu spaßen. Er verwünschte Gülzows Leichtsinn, der ihn — wie er die Schuld von sich abwälzte — auf die falsche Fährte geführt hatte, und er verwünschte vor allem seine eigene, schwatzhafte Zunge. Warum hatte er den Mund nicht halten können? Wußte er nicht längst, daß dieser Gülzow ein Don Juan war, der nie Ernst machte? Er rückte unruhig aus seinem Sessel hin und her. Gülzow kam ihm zu Hilfe. „Gestehen Sie nur gerade heraus, daß Sie gestern abend von meiner nahen Vermählung mit der schönen Exzellenz als von einem kait uooompli gesprochen Haven", sagte er lächelnd. Der Legationsrat atmete auf. Wenn Gülzow so leichthin darüber sprach, hatte er jedenfalls nicht die Absicht, ihn für seine Indis kretion zur Verantwortung zu ziehen. „Ich qlaube allerdings", stottert« er „das beißt — ich glauot« zu bemerken — und dann Ihr Schweigen auf meine Neckereien — Ihr glückstrahlendes Gesicht — Sie können es mir kaum verdenken, daß ich auf falscke Ideen kam." „Vielleicht nicht! Nur hätten Sie dies« Ideen für sich behalten sollen, das wäre galanter und freund schaftlicher gewesen Mir selbst kann ja bas Gerücht nur schmeichelhaft sein, das mich mit der reizendsten ! Frau der Stadt in Verbindung bringt; ober die I schöne Exzellenz würde Ihnen, iürchte ich, Lies« Kol Oie schöne «rzellenz. 30 i Roman von T. Tschürnau. (Nachdruck verboten.! „Ah, Sie spielen also immer noch den Geheimnis vollen? Sehr unrecht von Ihnen! Wozu hat man seine guten Freund«, wenn man ihnen nicht ver- rrauen will? Da bin ich anders. Bei mir heißt es: „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über!" Selbst gestern, als alle Welt bereits an tuit war, mußie ich mich mit einem stummen Geständnis be gnügen." Gülzow wollte auffahren; er besann sich zu rechter Zeit, daß dies sehr unklug gewesen wäre. Die geladene Pistole, der Bruch des Verhältnisses, den der Zorn des verschmähten Bewerbers nur be stätigt hätte — der scklaue Legationsrat würde aus dem allen seinen Schluß gezogen haben, gegen den Gülzows stolz sich gewaltig sträubte. Die lächelnde, selbstgefällig« Prosa, die ihm da in Dahlens rundlicher Gestalt gegenüber saß, wirkte auf ihn wie eine kalte Douche; sie ließ ihn seine Be sinnung behaupten; das glitzernde Ding da drinnen im Geheimfach des Schreibtisches wäre ihm jetzt nicht mehr gefährlich gewesen. Der Moment der Versuchung war vorüber; er schämte sich der feigen Regung, die ihn beinahe ver anlaßt hätte, ein erbärmliches Leben durch einen noch viel erbärmlicheren Tod zu beschließen. Und Las alles um eines koketten Weibes willen, die nicht wert war, daß ein ehrlicher Mann auch nur einen Gedanken an sie verschwendete, für die er nichts mehr empfand, mit der er so vollkommen fertig war, als habe sie nie die Macht gehabt, sein Herz höher schlagen zu lasten. Nein, so gleichgültig ihm Las Gerede der Welt auch im allgemeinen war, für ein Opfer der schönen Erzellenz wollte er weder dieser selbst, noch anderen gelten. So lachte er denn nur so gleichmütig. „Ein stummes Geständnis?^ wiederholte er. „Da hat Ihnen, scheint es, Ihre lebhafte Phantasie wie der einmal einen Streich gespielt! Weil ich gestern abend der schönsten Frau der Residenz — denn Ihr« Bemerkungen zielen doch wohl auf Exzellenz Dan- deeren? — ein weniß stark den Hof gemacht habe, soll ich durchaus mit ihr verlobt sein? Da sind Sie denn doch zu eilig in Ihren Schlüssen gewesen Ich stehe der schönen Exzellenz durchaus nicht näher als jeder andere ihrer zahlreichen Bewunderer. Sie gibt portage gar nicht bestehender Tatsachen nie verzeihen. Dauernde Ungnade wäre die unausbleibliche Folge. Das macht Ihnen nun jetzt vielleicht nickt ganz den niederschmetternden Eindruck, den es Ihnen vor gestern gemacht hätre. Wie aber, wenn Ihre neueste Leidenschaft ausgebrannt ist und Sie wieder zu der bisherigen Herrin Ihres Herzens zurückkehren?" Der Legationsrat war wieder im rechten Fahr wasser; seine Aeuglein glänzten verklärt, und er fal tete die Hände über die Magengegeno. „Mein Los ist entschieden!" beteuerte er. ^.Dieses holde Kind ist mein Sckicksal! Wenn sie mich ver schmäht, bin ich der unglücklichste Mensch unter Gottes Sonne. Haben sie vielleicht eine Ahnung, Gülzow, wo ich Ihre liebliche Cousine heute abend treffen könnte?" „Auch nicht Sie leiseste Idee." „Schrecklich! Mir scheint es eine Ewigkeit, seit ich sie nicht gesehen hab«. Ich irre umher, ruhelos, getrieben von meiner Sehnsucht. Nun wieder Liesen endlosen Abend! Was fangen wir nun an?" „Was Sie wollen!" „Im Zirkus ist nichts los, seit L'e Dufour gestürzt ist, und im Theater — „Tannhäuser" ist nicht mein Genre! Ich liebe diese großen, romantischen Opern nicht. Unter uns gesagt, ich liebe Li« Tonkunst mehr in ihrem leichteren, gefälligeren Gewand«, als Ope rette, als Vaudeville, eventuell auch, natürlich inner halb gewisser Grenzen, als Tingeltangel. Waren Sie schon in der „Walhalla"?" „Nein, ich erinnere mich noch von früher her mit Schrecken an diese verräucherte Götterhalle." „Verräucherte Götterhalle! Warum nicht gar! Sie werden sich wundern. Das Lokal ist neu aufge baut, der Saal ist unbedingt der schönst« der Stabt; gute Küche und das vorzüglich« Münchner, das hier zu haben ist." „Außerdem tritt gerade in diesem Monat ein vor zügliches Künstlerpersonal in der „Walhalla" auf. Allerliebste Vorträge!" versichert« der Legationsrat. „Mit solchen sind wir doch, denk« ich, gestern abend zur Genüg« abgefütt«tt worden," erwiderte Gülzow. „Hier ist d-ie Zubereitung pikanter. Kommen Sie nur, Sie werden es nicht bereuen. Di« Fisi von den Gaitös ist eine allerliebste klein« Hexe." Gülzow nickte. „Meinetwegen denn!" Im Grunde war ihm alles recht; er befand sich in einem Gemütszustände, in dem er selbst die schlech teste Gesellschaft seiner eigenen vorgezogen haben würde. Dennoch blieb er unwillkürlich einen Moment stehen, als er mit Dahlen die „Walhalla" betrat. Dieser große Saal, dicht gefüllt mir einer lachenden, lärmenden, mit Bierseideln klappernden Menschen menge. in den Logen geschminkte Frauengesichter und über dem allen eine aus Bierdunst und Tabaks qualm gemischte Atmosphäre — es war ein Ensemble, das einem gebildeten Menschen nicht eben ver lockend erscheinen konnte. „Sic haben einen spottschlechten Geschmack, Dah len," sagte er ärgerlich. „Was wollen Sie? Tomjouro panlttx! Man sehnt sich nach Abwechselung. Wenn Sie erst wieder drei Monate in unserer langweiligen Gesellschaft zuge bracht haben, werden Sie das begreifen." „Aber dieses Gemisch von schlechter Luft und schlechter Gesellschaft!" „Oo rr'est «pro tü prswior paa girr ooüto. Kommen Sie nur! Wir werden herzlich lachen!" Während Dahlen im Hintergrund« der Loge mit dem Kellner verhandelte, trat Gülzow an die Brü stung und sah auf die Bühne hinab. Eine Arabergruppe gab soeben ihre Gaukler künste zum besten — Pseudo-Arader, er ernannte die» sofort. — Das Schauspiel erinnert« ihn an ein ahn. liches und doch so ganz anderes, dos er einst vor Jahren im Hofe eines tunesischen Eafähauses mit angesehen halt«. Im Geist« sah er rckieder di« ganze seltsam« Sze- necke, d«n von Dattelpalmen umstandenen, grell vom Mond« beschienenen Platz, di« unter den Bäumen hockenden, in ihr« w«it«n Bebuiuemnäntel gehüllten Zuschauer und inmitten des Hofe» di« halbnackten Ge- stalten d«r arabischen GaUAer. Er sah wieder die Messerklingen im Mondlichte blitzen, sah wild« Augen rollen, sah schlank«, braun« Glieder in geschmeidiger Bewegung; immer wilder wurde der Tain, immer hef tiger die Sprünge und Drehungen; die Messer zuckten nach den Gesichtern, den Armen, der offenen Brust der Tanzenden. Dan» Wut, Geschrei, wahnwitziges Gebaren, ein furchtbare», abschreckendes und doch wild-schönes Durcheinander — Menschen, die an die prächtig Raubtiere ihrer Wüste erinnerten und diesen Gauklern hier so wenig gstchen, wie dos bunte, abenteuernd« Leben, das er selbst dort drüben ge führt hatte. (Fortsetzung i» der Morgenausgabe.)