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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.07.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110706021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911070602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911070602
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-06
-
Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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^czugs Preis lür L«cpzia und Boron, durch »n>er, Iroarr und EvedUrurr Lmal täglich in, Haus «edrachl *» Vf. monatU. L7U Ml. oieNtliährl. Bei »nfern Stlialrn a. An nahmestellen adaeholt 7s Vt. monatl- r.rsMk oteneliährl. Lar» »«« Volt: lnnerhall» Deullchlnnd» und der deutlchen Nolvncen oieNeljährl. 5.SU Mt., monall. 1LU Mk uuslchl Poktdritellaeld Ferner in Belgien, Dänemark, den Donauftaaten. Italien. Luremdura. Niederlande, Nor wegen Oesterreich»Ungarn Ruhland, Schweden^ Schwer» u Svanien. In ollen übrigen Staaken nur direkt durch die töclchäitastell, de» Blatte» erhältlich. Das üewiige, i.agedlau erichru» rmai täglich. Sonn. u. Feiertag» »ui morgens. Abonnemenls-Annahme Iohannisgall« 8, bei unieren Dragerir. Filialen Svebrreuren und Annahmestellen, towr, Boltämleni and Briefträgern. Etazaioerkoofspret» SOi. Abend Ausgabe. WMgrrTagMaü «el..L°sch^»Z-Handelszeitung. Nmlsvlatt des Aales und -es Notizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Lnzetgen-Prers Mr Snfora», m» Laiogt, «nd Umgebung U, IkalligePetiUril, !S«»_dt.R«Name. »»U« 1 M.: »mr «r»»ärt» SÜ Pf, Reklamen i2v VN., In Irrat, oon Behörden im amt, lichr, Teil Ua BeUtgrU, SO Pf. »«»chäftsanietgen nru Platzoorlchriften n in der Tbendausgab« t» Preis« «rhäht. Rabat»nachTarti. veUagrgebudrEefamr- auflag« S VN. ». laufend erkl. Postgebühr. Teildeila,« hoher. Fekertetlt» Aufträge können nicht «urück- a^ogen werde«. Für da» Srfcheinen an oesttäruUen Tage« and Plätzen wird kein« Darantt« übernommen, Angetgen - Annahme. 2»h»»i»gaff« 8, bei sämtlichen Filiale» u. allen Annon««» iirpedittonen de» In» and Au»In»d«i Bering »«, LM»,tg« lag«- tzlatte» E. Pol». Inhaber: Panl Niiefte«. NednMo» »u» ch«schäft»ft«ll,: Johanntsgall« S. -«»»»-Filiale D,e»deu: Seesträtz« < I (Telnuhon 4K2Q. llr. l8S. 105. Ishrgsng Vonnerslsy, üen 6. 3utt lSll Die vorlielzende Ausgabe umsaßl 6 Setten. Oie Mobilmachung Montenegros. Der gute Wille -er Türkei, die berechtigten Wünsche der Albanesen zu befriedigen, wird weder von diesen noch von den Montenegrinern anerkannt. Die mehr oder weniger offene Unterstützung, die die albanesischen Rebellen bei dem Volke der Schwarzen Berge finden, hat die Pforte veranlaßt, eine ansehn liche Truppenmacht an die montenegrinische Grenze zu schicken. Nicht etwa, um das kleine Königreich zu bedrohen, ober in Lettinje fühlt man sich gefährdet, man traut den Türken nicht und will für alle Fälle gerüstet sein. Di« daraufhin angeordnete teilweise Mobilisierung des montenegrinischen Heeres hat in Europa eine gewisse Beunruhigung hervorgerufen, denn sie ist geeignet, die Lage auf dem Balkan erheb lich zuzusp'tzen. Montenegro kann sich natürlich an Zahl seiner Truppenmacht nicht im entferntesten mit der Türkei messen, indessen ist es ja geschichtliche Tat sache, daß es das einzige Balkanland war, das von der Türkei nicht unterjocht werden konnte. Inzwischen ist aber die türkische Armee modern geworden und gut ausgebildet. Als Ende 1908 di« Balkankrise herrschte, wollte Montenegro, indem es alle Kräfte anzuspannen gedachte, eine Feldarmee von 35 bis 10 000 und eine Reservearmee von 25 000 Mann auf die Beine bringen, womit es seinen ganzen Bestand an waffenfähigen Männern bis zum 61. Lebensjahre erschöpft hätte. Die kriegerische Erziehung des mon tenegrinischen Volks sowie die Berge und Schluchten seines Landes sowie Albaniens verstärken zwar seine Wehrkraft, aber es darf nicht vergessen werden, daß die Bewaffnung nicht einheitlich, sondern bunt zusammengesetzt ist. Dazu kommt die große Uebermacht und Schulung der tür ¬ kischen Armee, so daß der Krumpf für Montenegro doch allzu gewagt erscheinen müßte. Jedenfalls aber würde der europäische Friede bei einem ernsten Konflikte der beiden Staaten arg gefährdet sein, denn eine Auf rollung der Balkanfrage könnte die schwersten Konse quenzen haben. Selbst wenn von russischer Seite jetzt zunächst erklärt wird, daß Montenegro nicht auf die Unterstützung des Zarenreiches rechnen dürfe, falls es gegnr die Türkei aggressiv vorginge, so können sich die Ansichten in Petersburg im Laufe der Ereignisse ändern, und um jo mehr haben die Mächte die Pflicht, in Lettinje beruhigend einzuwirken und den König Nikita oon tollkühnen Schritten abzuhalten. Im einzelnen liegen folgende Nachrichten vor: Berlin, 6. Juli. (Eigene Drahtmeldung.) Mon tenegro hat den Großmächten eine gleichlau tende Note über die Mobilisierung der Division Podgoritzka zugestellt. Die Note betont in entschiedener Weise die Unerträglichkeit der gegen wärtigen Erenzverhältnisse für Montenegro, ver sichert jedoch, daß die Mobilisierung lediglich eine Defensivmaßregel darstelle. Konstantinopel, 6. Juli. (Eig. Drahtmeld.) „Sabah" meldet: Die Albanesen haben sich mit gleichlautenden Beschwerden an die Mächte gewandt. Von den Mächten hat nur Rußland die Beschwerden zur Kenntnis genommen und in Konstantinopel vertrauliche Vorstellungen unter breiten lasten. London, 6. Juli. (Eig. Drahtmeld.) „News" meldet, daß der Kommandant des Gibraltargeschwa ders Auftrag zur Entsendung von zwei eng lischen Kriegsschiffen in die türkischen Gewässer erhalten hat. Das Londoner Kabinett ist bemüht, zwischen Türkei und Montenegro eine Verständigung herbeizuführen und hat sich an beide Regierungen gewandt. Jur Lage in Portugal. Die republikfcindliche Stimmung in Portugal hat, wie wir in der heutigen Morgennummer be richteten, einen stärkeren Umfang angenommen. Das beweist die Art, in der sich der portugiesische Minister des Auswärtigen Machido über die Anerkennung der Republik ausspricht. Eine Republik, deren An erkennung sich „stillschweigend" vollzieht, scheint nicht viel Anhänger zu haben. Weiter sprechen dafür auch die Kämpfe zwischen Militär und Bevölkerung in Lissabon. Besonders der Norden scheint der gegenwärtigen Regierung Sorge zu machen. Denn nicht genug damit, daß sie Truppen und 1000 Re servisten dorthin abgeschickt hat, proklamierte sie auch die Depeschenzensur für diese ganze Gegend. — Fol gende Drahtmeldungen liegen vor: Lissabon, 6. Juli. (Eig. Drahtmeld.) In der konstituierenden Versammlung erklärte der Minister des Auswärtigen Machado über die Anerkennung crkennung der Republik sei stillschwei gend vollzogen durch den Modus vivendi, der zwischen verschiedenen Mächten und der provisorischen Regierung abgeschlossen worden sei. Ferner sagte er, die Durchführung des Trennungsgesetzes voll ziehe sich ohne Widerstand. Die deutsche Re gierung habe den portugiesischen Konsul ermächtigt, den Nachforschungen an Bord des deutschen Dampfers „Gemma", der in Corcubion von der spanischen Behörde festgehalten werde, beizuwohnen. Lissabon, 6. Juli. sEig. Drahtmeld.) Etwa 1000 Reservisten, die mit den aktiven Truppen nach dem Norden abgehen sollen, durchzogen die Stadt, überall von patrioti chen Zurufen begrüßt. London, 6. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Di« Blätter melden: In Lissabon soll es gestern zu einem Kampfe zwischen Militär, einem Teil der Bevölkerung und von monarchistischen Agita toren angestifteten Seeleuten gekommen sein. Die Truppen hätten schließlich die Oberhand behalten. In Lissabon herrsche eine Panik. London, 6. Juli. (Eig. Drahtmeld.) „Morning- post" meldet aus Lissabon: Die Regierung hat für den Norden Portugals wieder die Depeschenzensur proklamiert. Es ist unmöglich, aus Oporto und Eavieo politische Telegramme zu erhalten. Nach Lissabonner Berichten war der inEavieo er- mordetemonarchistischeAbgeordneteein Privatsekretär Les verstorbenen Königs Carlos. Jur Lage in Marokko. Paris, 6. Juli. (Eigene Drahtmeldung.) Der Unterstaatssekretär des Innern Meloy empfing ge stern abend in Vertretung des Ministerpräsidenten mehrere Journalisten, die ihn über den gegenwär tigen Stand des Zwischenfalles von Agadir be fragten. Er erklärte ihnen, daß vor der am Sonnabend erfolgenden Rückkehr des Ministers de Selves keinerlei Entscheidung ge troffen werden würde. Paris, 6. Juli. (Eigene Drahtmeldung.) Die „Agencc Havas" meldet aus Arsila unter dem 5. Juli: Hier kam eine fpanisä>e Kolonne unter dem Befehl des Obersten Sylvestre morgens an und lagerte dort eine Stunde von der Stadt entfernt. Sylvestre ließ seinen Besuch bei Raisuli ankündigen. Paris, 6. Juli. (Eigene Drahtmeldung.) Der Ersatz des Kanonenbootes „Panther" durch den Kreu zer „Berlin" wird heute in mehreren Blättern er örtert. „Journal de Paris" meint, die deutsche Re gierung verstehe, die Effekte zu steigern. „Fi garo" sagt, die Maßnahme sei nicht ohneBedeu- rung, der „Panther" hätte nur schwer Landungs truppen liefern können. Gewiß, die Entsendung des Kreuzers „Berlin" beweise noch nicht, daß eine Landung vorgenommen werden solle, aber die Deut schen hätten nunmehr die Mittel dazu. Paris, 6. Juli. (Eigene Drahtmeldung. > Mel dung der „Agence Havas". Der Botschafter Jules Cambon wird am Donnerstag nach Berlin abreisen. politilche Nslhrilhten. Amerikanische Schiffssähnriche in Berlin. Berlin, 6. Juli. (Eig. Drahtmeld.) In einer Stärke von 500 Köpfen trafen gestern abend die Schiffsfähnriche und Seekadetten des zurzeit in Kiel vor Anker liegenden nordameri kanischen Geschwaders hier ein. Die Be sucher werden Berlin am Sonnabendmittag wieder verlassen. Englisches Oberhaus und die Betobill. London, 0. Juli. (Eigene Drahtmeldung.) Das Oberhaus nahm das von Lansdowne eingebrachte Amendement zur Vetobill trotz des energischen Widerspruchs der Regierung mit 253 gegen 16 Stim men an. In politischen Kreisen herrscht allgemein die Ansicht, daß nachdem das Unterhaus die Amendements zur Vetobill abgelehnt und Asquith die Absicht der Regierung kundgegeben haben wird, der Krone die Ernennung neuer Peers anzuraten, das Oberhaus nachgeben wird. Zum englischen Seemannsstreik. London» 6. Juli. (Eig. DrahlmcldO Die U n - ruhen in Manche st er dauern noch fort. Nach mittags fanden mehrere Zusammenstöße oon Strei kenden nnt Polizeimannschaften statt, wobei diese die Knüttel gebrauchten. Aus Birmingham wurden 50 Polizeibeamte requiriert. Zwei Vertreter vom Handelsamt begaben sich abends nach Manchester, um zu versuchen, eine Einigung der streitenden Parteien herbeizuführen. — Die Reeder in Leith gaben be kannt, daß sie keine Konzessionen zu machen gewillt seien. Der Schiffsverkehr ist beinahe lahmgelegt, da die Kohlentrimmer ebenfalls die Arbeit eingestellt haben. London, 6. Juli. (Eigene Drahtmeldung. ) Nach Manchester sind zur Aufrechterhaltung der Ord nung 100 Mann Infanterie von Lichfield entsandt worden. — Gestern abend sind die Mann schaften von elf auf der Themse bei London liegenden Dampfern der Allgemeinen Damvfschiffahrtsgesell- schaft in den Ausstand getreten. York, 6. Juli. (Eigene Drahtmeldung.) Eine Schwadron des hier stehenden zweiten Dragoner regiments ist nach Manchester abgegangen, um bei der Aufrechterhaltung der Ordnung zu helfen. Sus Leipzig unü Umgegend. Leipzig, 6. Juli. Wetterbericht der König!. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 7. Juli. Schwache Luftbeweguna, heiter, warm, trocken. Pöhlberg: Berg nevelsrei, Nebel rings umher, glänzender Sonnenunter- und aufgang, Himmels- särbung gelb. Fichtelberg: Glänzender Sonnenunter- uns -ausgang. Abend- und Morgenrot. TemperatuL des FluHwasirrs. 5. Juli abds. V Uhr 6. Juli früh L Uhr 6. Juli mI!gs.I2llhr Eermaniabad (Pleiße) 19,5" 6 17,5° 6 19,0 ° 0 Schwimmanstalt (Elster) Leipziger Sport- 15,0° ll 14,5° k 15,5 ° ll platz bad (Luppe) Gemeindebad 18,5° 6 , 19,0 ° 0 20,0 ° 6 Schönefeld (Parthe) 12,0° ll 12,0 i: 12,0° L * Ordensverleihung. Der Kaiser hat dem Direktor des stäötisck)en Museums für Völkerkunde und Pro fessor an der Universität Dr. Carl Weule in Leipzig den Roten Adlerorden 1. Klasse verliehen. t^ Universitätsnachrichten. An der ersten juristi schen Staatsprüfung jn Leipzig im Soinmerscmcster 1911, deren schriftlicher Teil vom 1. bis 6. Mai und deren mündlicher Teil vom 19. Juni bis 1. Juli d. I. abgehalten wurde, beteiligten sich 76 Kandidaten der Rechte. Von diesen fielen 10 in der schriftlichen Prü fung durch und 11 traten oon der mündlichen Prü fung zurück, so daß sich an der vollen Prüfung 55 Kan didaten beteiligten. Davon bestanden die Prüfung mit Zensur I (mit Auszeichnung) 1, mit Zensur II (gut) 13, mit Zensur III (befriedigend) 19, mit Zen sur IV (bestanden) 16, während 6 Kandidaten die Prüfung nicht bestanden haben. * Jubiläum. Auf die Ehrentafel der betannren Zigarrenfabrit I. G. Quandt k Mangelsdorf, Leipzig, konnte wiederum ein Jubilar eingezeicbnet werden. Herr Julius Rudo feierte heute sein 25jähriges Reisejubiläum in genanntem Hause. Aus diesem Anlaß wurde er durch Ueberreichung von Eedentblatt und Jubiläumsspende in würdiger Weise geehrt. * Der Kirche zu Taucha ist ein neues Orgelwerk gestiftet worden. Zum Einbau dieses Werkes und gleichzeitig zur notwendig gewordenen Ausbesserung der Kirche hat der Kirchenvorstand von Taucha bc- Lie schöne Erzellen;. 34 > Roman oon L. Tschiirnau. tNachürucl verbot««.) In Saschas Nähe überkam ihn allemal ein Frie den. den er nirgends fand — ein Frieden wie der Weihnachtsfrieden der fernen Kindheit! Wenn er mit kühner Hand das Glück zu erfassen suchte, da» Glück, das ihn da anlachte aus unergründlichen großen Märchenaugen? Wie verzaubert hingen Gülzows Augen an dem liebreizenden Gesicht des jungen Mädchens. „Arrak?" fragte sie. „Ja." „Wieviel? „Zwei Teelöffel voll. So, eins, zwei. Danke Cousinchen. Nun den Zuckerl" Sie nahm mit der Zuckerzange eines der großen Stücke aus der Büchse und ließ es vorsichtig in die Taste fallen. „Genug?" Er prüfte sehr lange und sehr umständlich, nur weil es ihm Vergnügen machte, sie vor sich stehen zu sehen, mit großen, erwartungsvollen Augen und der Zuckerzange in der erhobenen Hand. „Wenn ich sie doch nur so malen könnte!" darbte er. aber er sagte es nicht. „Danke, es ist genug", erwiderte er erst nach ge raumer Weile. Sie setzte sich, und dann plauderten sie, traulich, lebhaft ungezwungen, zuweilen unterbrochen von den Kindern, die ihre Aufmerksamkeit für das im Ent stehen begriffene Kunstwerk forderten. „Werden Sie manchmal an mich denken, Sascha, wenn ich nicht mehr hier bin?" fragte Gülzow plötzlich. ..Wenn Sie nicht mehr hier sind?" Sie hatte eben die Taste zum Munde heben wollen: bei seinen letzten Worten setzte sie das zier liche Gerät erschrocken wieder nieder. „Wollen Sie denn wieder fort?" fragte sie schüchtern. Die siebende Frage in den reinen Kinderaugen tat ihm woblex als die süßeste Schmeichelei. Es gab also doch jemand auf der Welt, der ihn vermist-n würde, wenn er nicht mehr da war und dieser jemand war ein so liebliches, holde« Geschöpf, ein so unschuldvoller Engel, daß es den leichtherzigen. weltersahrenen Mann wie Rührung überkam. als er sie ansah. „Wenn sie wüßte, wie ich in Wirklichkeit bin, so würde sie nicht länger wünschen, daß ich bei ihr bleibe", dachte er bei sich. Laut sagte er: „Ja, ich will fort, nicht heute und morgen, aber in vier bis sechs Wochen. Ich habe mit einem englischen Freund ein Zusammentreffen in Rom verabredet: wir wollen von dort aus Sardinien und Korsika bereisen uno dann während der ersten Frühlingsmonate auf de: Jacht meines Bekannten an der dalmatinischen Küste und im Aegäischen Meere kreuzen." „Und hierauf?" „Da fragen Sie mich zu viel, kleine Fee! Ich gehöre zu denjenigen Menschen, die nie über die nächsten Wochen und Monate hinausdenken. Ich möchte nur wissen, ob Sie mich, falls ich wieder viel leicht für Jahre fortbleibe, nicht völlig vergessen werden." Sie sprach nicht sofort, aber ihre lieblichen Augen waren mit einem beinahe feierlichen Ausdruck auf ihn gerichtet: sie sah ernst und traurig aus. „Ich vergesse meine Freunde nie", sagte sie. „Ich werde oft, sehr oft an Sie denken!" „Aber die Gesellschaften, Sascha, die Bälle. Ihre vielen Bewunderer! Versprechen Sie nur nicht zu viel. Petite. Es wird Ihnen gar keine Zeit für Er innerungen bleiben!" „Ich mache mir nichts aus meinen Bewunderern", sagte sie. die feinen Brauen ein wenig zusammen ziehend, so daß gerade über dem zierlichen Näschen zwei sehr ernsthafte, würdige Falten saßen. „Ich wünschte, ich hätte keine!" Gülzow lachte herzlich. „Ein seltsamer Wunsch für eine Dame, die sieb zehn Jahre zählt und eben erst in die Welt einge- treten ist. Ist's Ihnen wirklich Ernst damit, Sascha?" „Freilich: würden Sie cs hübsch finden wenn man Ihnen fortwährend fade Schmeicheleien sagte?" „O, das ist etwas ganz anderes. Ich als Herr komme niemals in die Verlegenheit, mir schmeichelt man nicht" „Da können Sie Gott danken." „Aber Ihnen — hm. das ist nun einmal Sitte " „Eine reibt abscheuliche Sitte'" ..Die meisten jungen Damen würden an Ihrer Stelle sehr zufrieden sein." „Ich bin es aber nichr! Diese steten Schmeicheleien sind nur m den Tod zuwider." „Nun — lassen Sre uns einmal vernünftig reden, Kleine. Was bringt Sie eigentlich jo auf? Man findet Sie >ehr reizend, und mail sagt Ihnen das ans alle nur mögliche Weise. Ist das Schmeichelei?" Sascha war zu ehrlich, um jene gewlsse falsche Bescheidenheit zur Schau zu tragen, Lie von jungen, wohlerzogenen Mädchen eigentlich verlangt wird. Sie wußte sehr genau, daß sie hübsch sei. Ihr Spiegel zeigte «hr diese Tatsache täglich in klarste». Deutlichkeit, und die Menschen wiederholten ihr das Faktum in allen Tonarten. Warum sollte sie es also ableugnen? Das war ihr sehr angenehm, ohne daß sie doch irgendwelchen besonderen Wert darauf gelegt Härte. Dazu war sie noch viel zu kindisch. Sie dachte kaum je an rhr hübsches Oiesicht, und es fiel ihr gar nicht ein, länger vor dem Spiegel zu verweilen, als für ihre Toilette eben nötig war. „Schmeichelei oder nicht — es ist jedenfalls sehr langweilig", erwiderte sie deshalb sehr entschieden. „Ich habe das auch Herrn von Dahlen, der es damrt am ärgsten treibt, schon gesagt. Aber was nützt es mir? Er will nicht hören. Wenn ich dann böse werde, sieht er gleich so traurig aus daß er mir leid tut. Kaum aber behandle ich ihn wieder freundlich, jo ist's die alte Geschichte. Ich wünschte. Sie sagten es ihm einmal, daß er vernünftiger sein soll, viel leicht hälfe das." Gülzow schüttelte lächelnd den Kopf. „Das glaube ich nicht", sagte er. „Sie haben es ihm nun einmal angetan. Wahrscheinlich wird er Sie eines schönen Tages fragen ob Sie seine Frau werden wollen." Er hielt es für das beste, sie zu warnen; wenn sie wußte, wie es tatsächlich stand, konnte sie leichter dem kommenden Unheil vorbeugen. Sascha hatte sich in ihrem Sessel gerade gesetzt. In ihrem Gesichtchen kam und ging die Farbe in schnellem Wechsel: in ihren Augen blitzte der Zorn. „Da« ist empörend?" sagte sie heftig. „Glauben Cie wirklich, daß er etwas so Abscheuliches wagen könnte''" Gülzow nickte gemütlich. „Freilich, Petite Cousine, er wird s tun. früher oder lväter. wenn Sie ihm nicht sehr deutlich zeigen, daß er nichts, aber auch wirklich gar nichts zu hoffen hat." „Das soll Herr oon Dahlen erfahren", jagte Sajcha jo finster entschlossen, daß Gülzow doch einiges Mitleid mit dem ahnungslosen Legationsrat empfano. „Seien Sie nicht gar zu streng", bat er. „Du mein Himmel, ein Staatsverbrechen ist's doch eigent lich nicht, wenn er Sie um Ihre Hand bittet. Erne lunge, hübsche Dame muß auf etwas Derartiges ge faßt sein. Sie gefallen ihm eben sehr gut." „Ich will ihm aber nicht gefallen", erwiderte Sascha mit der ganzen gefühllojen Hartherzigkeit, die junge, siebzehnjährige Damen bei solchen Ge- legenheiten zu entfalten pflegen. „Ich habe ihn bis jetzt nur lächerlich gefuiiden. künftig werde ich ihn gar nicht mehr leiden mögen und ihm das so deutlich zeigen, als ich nur rrgeno kann. Seine Frau! Ich nähme lieber aus der Stelle Gift, das mögen Sie mir glauben. Es ist unerhört. Laß er überhaupt noch ans Heiraten denkt! Solch ein alter Mann, mindestens vierzig Jahre alt!" „Fllnfunddreißig. Cousinchen, netto zwei Monate jünger als ich!" Sascha zuckte geringschätzig die Acheln. „Sie und er! Als ob das überhaupt zu vergleiche i wäre! Sie werden noch imposant und stattlich aus sehen, wenn Sie einmal achtzig Jahre zählen. Dichter werden überhaupt nie alt? „Aber Sascha, ich bin doch kein Dichter!" Ihre wundervollen Augen strahlten in Heller Be geisterung „O dock, Sie sind ein Dichter und ein sehr großer dazu. Ihre Schilderungen find farbenprächtig wie Freiligrathsche Lieder und Ihre Sprache ist wie Musik!" „Sascha, Kind, Sie übertreiben!" „Ich sage nur was ich denke und meine!" „Ich weiß das wohl, aber Sie find eine kleine Enthusiastin, bei der das Herz stets mit dem Kopfe durchgeht. Weil Sie den Autor gern haben — ich darf doch annehmen, daß dies der Fall ist?" Sie nickte eifrig. „Ich habe Sie sehr, sehr gerne!" „Run wohl, infolgedessen ist Ihr Urteil befangen. Sie übertragen Ihre Vorliebe für den Verfasser auf das Werk und waren, ehe Sie das Buch lasen, im voraus entschlossen, es hübsch zu finden." (Fortsetzung in der Morgenausgabe)
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