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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.07.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110701023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911070102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911070102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-01
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Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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Nr. 180. »05. IaNrgrmy. wurde. Im Laus« der polizeilichen Untersuchung hat sich herausgestellt, daß Lüpfett start verschuldet war. Von den unterschlagenen 29 000 -4t Hai er durch brief liche Uebersendung von Geldbeträgen in Höhe von mehreren tausend Mark einige Gläubiger befriedigt. Es wird besonders darauf hingewiesen, daß Personen, di« von Lüpfert nach der Tat Geld übersandt bekommen haben, sich unverzüg lich bei der Kriminalpolizei melden mögen, da da» Verschweigen derartiger Umstände für die betreffenden eine strafrechtliche Verfol gung nach sich ziehen würde. Melden wollen sich alle Personen im Zimmer 116 der Kriminal-Ab teilung des Polizeiamts. * Da» Leipziger Krematorium im Monat Juni. Der vergangene Monat hat der hiesigen Ein- äscherunqsanlage wiederum einen erheblichen Zuwachs gebracht. Während im Monat Mai 71 Verbrennungen erfolgten, waren es im Juni 86. Diese Zahl (die höchste für Leipzigs ist bisher noch von keinem deutschen Krematorium erreicht worden. Wie eminent die Leipziger Anlage ihre Ziffern gesteigert hat. er gibt sich schon daraus, daß im Juni 1910 nur 08 Kremationen erfolgten. — Unter den Bestatteten befanden sich 12 Männer, 43 Frauen und ein Kind. Der Religion »ach entfielen aus das evanaelisch- lutherisch.' Bekenntnis 6t, 3 waren mosaisch. 2 römisch- katholisch 1 deutsch katholisch und .0 Dissident. Die stärkste Einäjchcrungszahl an einem Taae (7 Ver brennungen) erfolgte am 19. Juni. Von Leipzig und den Vororten wurden dem Krematorium 19, aus Preussen 32 sBerlin 1.">) und ans dem übrigen Sachsen 11 Leichname überwiesen. Im vergangenen Monat fand auch die Feuerbestattung des beim Runhflug verunglückten Obermonteurs Voß statt. Seit der Inbetriebnahme der Leipziger Einäscherungsanlag« erfolgten hier 903 Kremationen sim vorigen Jahre 178 und in diesem Jahre bis jetzt 423). * Die Chemische Untersuchungsanstalt der Stadt Leip.ia gibt soeben den Bericht über ihre Tätigkeit im Jahre 1910 heraus, der vom Direktor der Anstalt, Dr. Armin Röhrig, erstattet ist. Einen nicht un wesentlichen Zuwachs an Arbeit hat die Unter suchungsanstalt durch die im Berichtsjahr erfolgte Einverleibung von sechs Vorortgemeinden erhalten. Aber ohne wesentliche Acnderung der Organisation konnte die amtliche Nahrunasmittelkontrolle nach gleichem System und gleichem Umfang schon kurze Zeit nach der Einverleibung in den neuen Stadttenen zur Ausjührung lammen. Im ganzen sind im Be richtsjahre 10447 Proben zur Untersuchung gebracht worden. Es entfielen hiervon: auf das Städtische Ge sundheitsamt 9847, auf das Armenamt 49, die Markt halle 185, auf die Gerichte und anderen nichtstädtischen Betörden 34, auf die städtische Be.chaustelle für ausländisches Fleisch 94 und auf die zollamtliche Prüfung von Baumöl 142. Nach Art und Menge verteilt wurden untersucht u. a. von Fleisch (Hackfleisch) 1.34 Proben, von Wurstwaren IW Proben, von Fischwa ren und Krebslonserven 82, Milch-und Molkereierzeug nisse 6873 (darunter (W2 Proben von Kindermilchi, Butter, Margarine, Pflanzensette und Oele 619, Brot, Backwaren, Mehl 346: von Zuckerwaren wurden 34 Proben untersuchi, von Honig 20, von Wein 39, von alkoholfreien Getränten 46, von Kakao und Schokolade (Suppenpuloer) 138 Proben. Wre bisher sind die llinersuchungen auf dem Gebiete der Ge sundheitspflege mit Ausnahme der Prüfung der Geheim- und Arzneimittel, insbesondere aber die für die Beaufsichtigung des Wasserwerks und der Kläranlagen notwendigen chemischen und bakterio logischen Arbeiten dem hygienischen Institut der Universität übertragen. desgleichen sind auch die gerichtlichen toxikologischen Unter suchungen dem an die Universität angegliederten Institut für gerichtliche Medizin ständig über wiesen. Ergibt sich schon hieraus eine wejent- Leipziger Tsyrdirm. liche Verschiebung in der Verteilung der Unter- suchungsgegenstände — von 10 447 Proben kommen allein 9721 — 93 Proz. auf Nahrungsmittel und Genuhmittel — gegenüber anderen städtischen Unter- suchungsanstalten, so kann als weiterer Beweis für die Eigenart der Tätigkeit unserer Anstalt gegenüber anderen, die in den hiesigen Verhältnissen liegende starke Betonung der aus die Prüfung der Milch und der Geheimmittel gerichtete Tätigten hervorgehoben werden. Entfielen doch von 9721 untersuchten Nahrunas- und Genußmittrln allein 6873 — 77 Proz. auf Milch und Molkereiprodutte, und nicht weniger als 159 auf Heil- und Gehcimmittel. Auch in der von den Organen der Ratswache ausgeübten Beauf sichtigung der Margarineverkaufsstände, der Besichti gung der Fleischerei- und Bäckcreiläden. der Ueber- wachung der Einfuhr von Fleisch, dem Dienst in der Markthalle, der Beaufsichtigung der Meßständcs der Arbeit der Milchhygienischen Untersuchungsstelle findet im letzten Grunde die Tätigkeit der Kontrolle der Nahrungsmittel, Genußmittel und Gebrauchsgegen stände erne nicht unwesentliche Erweiterung. Aus der gesamten Ueberwachung des Verkehrs mit Nah- rungsmitteln gingen folgende Anzeigen hervor: 1881 Anzeigen durch die Ratswache, 2346 Anzeigen durch die Untersuchungsanstalt, 222 Anzeigen durch die Markthalle. 47 Anzeigen durch die Milchhygienische Untersuchungsstelle. Der weitaus grösste Teil der von der Anstalt dem Gesundheitsamte zur weiteren Bearbeitung übergebenen Beanstandungen fand im Wege der einfachen Verwarnung, oft auch nur durch schriftliche Mitteilung des Untersuchungsbefundes Erledigung. * Die Zentralstelle für deutsche Personen- und Famikiengeschichce kielt am 28. Juni unter der Leitung ihres Vorsitzenden Rechtsanwaltes Dr. Dreymann- Leipzig eine außerordentliche Generalversammlung ab. Zunächst berichtete der Generalsekretär der Zentral stelle, Oberregierungsrat Prof. Dr. Heydenreich, über „Stand und wünschenswerte Entwickelung der Arbeiten der Zentralstelle." Eine lebhafte Debatte schloß sich diesem Bericht an, an der sich namentlich Vertreter des Zentralvereins aus Berlin, Dresden, Weimar, Halle a. S. und Leipzig beteiligten. Hieraus wurden die neuen Satzungen beraten und end gültig angenommen. 2m Anschlag hieran fand in der Universität ein genealogischer Abend statt. Nach einleitenden Worten von Rechtsanwalt Dr. Drey mann hielt Oberregierungsrat Prof. Dr. Hey den- reich einen Vortrag mit Lichtbildern über „Das Bruderschafts- und Wappenbuch Sancti Lhristo- phori aus dem Arlberg in Tirol." Hier wurde am Ende des vierzehnten Jahr hunderts unter Beihilfe zahlreicher geist licher und weltlicher Fürsten ein Unterkunftshaus zur Rettung der durch die Schneestürme in Lebens gefahr geratenden Reisenden gegründet. Vornehme und Geringe entgingen dadurch einem sicheren Tode und traten der Bruderschaft bei. Die Mitglieder listen enthalten nicht nur die Namen, sondern auch die Wappen der Mualieder. Auf solche Weise haben sich ungefähr 4000 Wappen erhalten. Viele Ge schlechter nrcht nur Tirols, sondern auch Italiens und namentlich der Rheinaegeud und Böhmens fin den hier genealogisches Material an Namen und Wapven. Eine Reihe von Lichtbildern erläuterte das Material. Hierbei wurde darauf hingewiesen, daß der im 2. Jahrhundert entstandene und durch Vermittelung der irischen und angelsächsischen Mis sionare nach Deutschland gebrachte Poysiologus auf die heraldische Gestaltung der Tierbilder von grü nerem Einflug als die Tiersage gewesen ist. Zum Schlug erörterte der Vortragende, inwiefern überhaupt die Wappen den Genealogen Material an dte Hand geben. Es wurden insbesondere die Brisüren erörtert, welche zur Unterscheidung einzelner Linien eines Geschlechtes dienen. Für Deutschland wurden die Differenzierungen der Helmkleinode an der Heraldik der Familie von Strantz erläutert. Hierauf sprach Geh. Hofrat Prof. Dr. Ostwald über Geschichte als Wissenschaft mit Berücksichtigung der genealo gischen Probleme. Er erzählte eingangs, wie er ein Anhänger der neuaufstrebenden Genealogie geworden sei, und beleuchtete dann die Beschaffenheit der Gene rationen, die vor und nach einer regierenden und einer gelehrten Persönlichkeit liegen. Er zeigte, daß die wissenschaftliche Forschung den Menschen mehr und rascher erschöpfe als die Regenten tätigkeit, was sich auch in ihrer Nachkommenschaft äußere. Die großen, genialen Forscher haben meist einen Later oder väterlichen Freund gehabt, der ihnen ein bedeutendes Gut auf den Lebensweg mit gab, so daß sie schon mit durchschnittlich 23 Jahren ihre höchsten Lerstunaen vollbrachten. Redner er örterte sodann die Vererbungserscheinunaen. Eie entziehen sich heute einer gesetzmäßigen Behandlung: jedenfalls habe das Genie eine harmonische Ver einigung aller einzelnen Vererbungsstücke seiner Eltern und Ahnen aufzuweisen. Schließlich kam Redner auf die Stellung der Genealogie und der Geschichte im System der Wissenschaften zu sprechen und zog in geistvoller Weise Verbindungslinien zwischen den einzelnen Disziplinen und den grund legenden Wissenschaften. — Schriftliche oder münd liche Anmeldungen zum Beitritt zum Zentralstellen verein nimmt die Kanzlei der Zentralstelle, Leipzig, Univerfitätsstraße 2, jederzeit entgegen. Der Mit gliedsmindestbeitrag beträgt jährlich 5 * Vom Reichsgerint. Der Rcichsgerichtsrat Freiherr Sprecher v. vernegg tritt am 1. Oktober in den Ruhestand. * Erweiterter Lprechverkebr. In Wendishain bei Leisnig ist am 1. Juli eine Telegraphenanstalt mit öffentlicher Fernsprechstelle eröffnet worden. Die neue Anstalt hält beschränkten Tagesdienst ab. * Eine Verhaftung in der Dresdner Mordsache ist in den letzten Tagen in Leipzig vorgenommen worden. Von der Stttonabteilung der Leipziger Polizei war vor einige Zeit eine Frauensperson fest genommen worden, die man im Verdacht hatte, mit den in Betracht kommenden Mördern begannt zu sein. Die Dresdner Kriminalpolizei wurde davon benach richtigt und entsandte zwei Beamte hierher, die diese Frauensperson in der Arbeitsanstall vernahmen. Diese Vernehmung gab die Grundlage zu einer Verhaftung, die am Donnerstag vorgenommen wurde. Der Ber- I-afret« ist «in 1887 geborener Schlaffer, der vorläufig noch bestreitet, mit der Mordsache in Zusammenhang zu stehen. * Elektrische Kraftdroschken. Wie wir hören, ist infolge einer Anregung aus Stadtoerordnetenkreisen den Besitzern von elektrischen Kraftdroschken gestattet worden, während der Dauer des Mitteldeutschen Bundesschießens (2.-9. Juli), falls sie im Besitze eines Benzinwagens sind, diesen als Kraftdroschke in Be- trieo zu nehmen. * Personalien vom Polizeiamt. Am 1. Juli wurden befördert Wachtmeister Schmidt IV zum Oberwachtmeister und Vorstand des 14. Polizeibezirks in L.-Neustadt, ferner die Kriminalschutzleute Henjes und Lange zu Wachtmeistern der Exe kutivabteilung. Durch Polizeidirektor Dr. Wagler wurden vier Schutzleute in Pflicht genommen. * Verhaftungen. Verhaftet wurde ein 20 Jahre alter Arbeitsbursche von hier, der wegen Eigentums delikten schon schwere Freiheitsstrafen verbüßt hat. Jetzt brach der Unverbesserliche in einem Geschäfts- lokal der Aeußeren Höllischen Straße in Gohlis ein und plünderte die Ladenkaffe. — Dasselbe Schicksal erreichte einen 18 Jahre alten Buckdruckergehilfen, der kürzlich aus einer Wohnung in L.-Volkmarsdorr 2 Sparkassenbücher mit Einlagen in Höhe von 360 und 840 /z gestohlen hatte und damit geflüchtet war. Ferner fielen dem jugendlichen Diebe noch etwa 120 in die Hände. Von den Büchern hob er rasch 150./L und verjubelte das Geld auf einer Vergnügungs reise. — Ferner wurde verhaftet ein 45 Jahre alter Buchhalter von hier, der sich eines Sittlichkeitsver brechens schuldig gemacht hatte. Die Handlungs weisen verübt der Unhold schon seit geraumer Zeit. — Beim Verkauf eines Fahrrades wurde in Dahlen ein 31 Jahre alter Tffchler aus Blankenburg ange halten und sestgenommen. Es stellte sich heraus, daß das Rad am 28. Juni aus einem Hofraum in der Johannisgaffe gestohlen war. Der Dieb wurde nach Somisvenü, l. 3uU lSN. Leipzig transportiert. — Beim Verkauf eines An zuges wurde ein 18 Jahre alter Kontorist abaefaßt und festgenommen. Wie sich dann auch herausstellte, hatte der Bursche, der in einem Abzahlungsgeschäft tätig war, nach und nach 3 Anzüge gestohlen. Der Festgenommene ist trotz seiner Jugend wiederholt vorbestraft. * Diebstähle. Gestohlen wurde in der Neustädter Straße «ine aolden« Damerrremonloiruhr Nr. 282 232, auf der Rückseite das Monogramm „8. L.", im Werte von 100 aus einer Wohnung in der Weststraße eine goldene Damenremontoiruhr Nr. 94603, auf deren Rückseite sich das Monogramm „Ll. stl." be findet, eine goldene feingliederige Damenuhrkette und eine golden«, mit Brillant besetzt« Brosche. Der Ge samtwert der Schmucksachen beträgt etwa 300 ^l. * Sturz vom Heuboden. In einem Grundstück der Sellerhäuser Straße in Anger-Crottendorf fiel gestern ein sechsjähriger Knabe vom Heuboden etwa 5 Meter herab, zog sich aber nur leichte Verletzungen au» Kopfe zu. * Lebensmüde. In ihrer Wohnung im Alte» Amtshofe hat sich gestern nachmittag eine 59jährige Witwe wegen körperlicher Leiden erhängt. * Flüchtig geworden. Nach amtlicher Mitteilung aus Nürnberg ist von dort nach Unterschlagung vou 600 /L flüchtig der Monteur Rudolf Vlumtritt, geboren am 21. Mai 1876 in Mertendorf in Böhmen. Blumtritt ist mittelgroß, untersetzt, hat blondes Haar und roten, englisch gestutzten Schnurrbart. Man vermutet, daß sich Blumtritt nach Leipzig gewandt hat. Sus Sschlen. Pegau, 1. Juli. (F. W. Steckner ft) Am Sonnabendvormittag verschied im Alter von 95 Jahren der älteste Bewohner unserer Stadt, Privatmann Friedrich Wilhelm Steckner, Bruder des Be gründers der Firma Gustav Steckner in Leipzig. * Chemnitz, 1. 2uli. (Fabrikbrand.) Am Donnerstagabend entstand in der Filiale der Säch sischen Maschinenfabrik vorm. Wiede ein größeres Schadenfeuer. Es brannte das Dach der Wertzeug schlosserei und Härterei in größerer Ausdehnung. Auch auf das Dach der Nebenräume war das Feuer, das große Rauchmassen entwickelte, schon über gesprungen. Die durch den Melder der Fabrik alar mierte Feuerwehr nahm sofort zwei starke Schlauch, leitungen von zwei Straßenzügen vor. Die Ent- stehungsursache dürfte zu suchen sein, daß Holzkohle», die zum Härten dienten, m Brand geraten sind. Icr. Meerane, 30. Juni. (Verschiedenes.) Hier wurde ein Verkehrs-Verein gegründet. Sein Zweck ist, den Fremdenverkehr zu heben, wie über haupt die nach außen bin wenig bekannten Schön heiten unserer Stadt weiteren Kreisen durch geeignete Propaganda bekanntzumachen. — Auf der Crim- mitschauer Straße wurde ein 4jähriges Mädchen von einem Spediteurwagen überfahren. Das Kind war sofort tot. — Der am 16. Juli stattfindende Margaretentag wird mit einem großen Marktfest am Sonnabend eingeleitet. Sonntag großer Festzug und Konzerte. Bis jetzt sind an Spenden ca. 4000 bar eingegangen. * Oberlungwitz, 1. Juli. (Unfall.) Ein Ein wohner im oberen Ort bekam auf der Dorfstraße einen epileptischen Krampfanfall und stürzte rn den Lungwitzbach. Der Bedauernswerte hat sich dabei eine größere Wunde am Kopfe zugezogen und mußte besinnungslos in seine Wohnung gebracht werden. * Hohendorf i. S. (Pfarrerwähl.) Zum hie sigen Pfarrer wurde Subdiakonatsvikar E. Sinz in Leipzig gewählt * Radeberg, 30. Juni. (In einem Anfalle geistiger Umnachtung) bat die 34 Jahre alte ledige Olga Jünger sich den Hals durchschnitten. Die so gräßlich aus dem Leben Geschiedene war schon längere Zeit gemütskrank und sollte eo. in einer Anstalt untergebracht werden., Sus üen Grilinerungen ües üsuslehrers von Issnsrs poljans. Interessante neue Beiträge zur Kenntnis des Wc >ns Tolstois bringt ein demnächst in Rußland erscheinendes Wert des Prioatdozenten an der Uni- oeijuät Odessa Lazurski, des langjährigen Haus lehrers der Kinder Tolstois. Unmittelbar vor Erscheinen der berühmten „Kreuzerjonale' machte in der russischen Aristokratie bereits das Gerücht die Runde, daß Tolstoi in diesem Roman eine dichterisch freie Schilderung seines eigenen Eheledens geben werde, und daß er ins besondere darin die Oualen deu Eifersucht darstclle, die er selbst erlitten habe. Jedenfalls hat die Ver öffentlichung dieses Werkes un Zusammenhang mit den umlaujcnden (Gerüchten im Schoße der Familie Toistois manage Missstimmung hervorgerufen; Lazurski berichtet sogar, daß die Gräfin Tolstoi als Antwort auf die „Kreuzersonatc" einen eigenen Roman verfaßt habe, d«r den Titel führte: „Wer ist der Schuldige?" und den die Gräfin schrieb, „um sich vor ihren Kindern zu rechtfertigen". Tolstoi und die Kinder brachten die Gräfin übrigen» davon ab, dieses Buch ihrer Absicht getreu zu veröffentlichen: Lazurski, dem die Gräfin damals das Manuskript zu lesen gab, jaflldert als den Inhalt der Handlung das traurige Schicksal eines edlen, reinen, vornehm gesinnten unschuldigen jungen Mädchen, das von einem brutalen, genußfreudigen älteren Manne, der ein Leben voll Ausschweifungen hin sich hat, geheiratet wird und schuldlos, in ein furchtbares Eheleben ver strickt, zugrunde geht. Die Gräfin vertrat stets den Standpunkt, daß bei jeder unglücklichen Ehe ohne weiteres der Mann als dec schuldige Teil anzusehen sei, während Tolstoi selbst darüber ganz anders dachte. Er sprach oft mit seiner Frau über Vorzüge und Nachteile der Ehe und über die Rolle der Frau im sozialen Leben. Dabei spottete Leo Tolstoi über die Romanschreiber, die unweigerlich ihr« Helden im letzten Kapitel vor den Altar treten lassen, als ob mit dieser Zeremonie flüe Pforten des Glückes sich öffnen und jedes Leid entschwindet. „Lassen wir diese alten Klischees", sagt« er, „die Heirat ist kein Fest, sondern eine Beerdigung." Die Gräfin pflegte dann stets die Ehe als Jnsfi. tvtion in Schutz zu nehmen, aber Tolstoi antwortete ihr einmal: „Es versteht sich von selbst, daß, wenn ich allein durch s Leben schreite, ich frei bin. Doch wenn der Schritt einer Frau meinen Schritt begleitet, so würde ich sie mitschleppen müssen, und das würde mich hindern." „Warum hast du dann geheiratet?" „Es war mir nicht zweifelhaft, was mich er- wartete." Und als di« Gräfin mit gutem Humor lächelnd sagte, »r wechsle fortwährend seine Anschauungen, antwortete Tolstoi sehr ernst' Nein, ich habe stets geglaubt, daß jedes menschliche Wesen seiner Vervollkommnuna zu streben soll. Ich persönlich habe mich über mein Familienleben nicht zu beklagen, im Gegenteil, alles fit wohlgeordnet, und ich kenne auch viele Ehemänner «nd -frauen, die einander gut verstehen und glücklich leben. Aber trotzdem, das wiederhole ich, die Heirat ist kein Fest. Zwei Wesen begegnen einander und vereinen sich, um sich gegenseitig zu stören." »Ich glaube", sagte die Gräfin, „daß sie sich be gegnen, um einander zu helfen." „Und worin Helsen sie sich?" meinte Tolstoi. „Man vergleicht so gern Mann und Frau mit zwei parallel lausenden Linien. Welcher Irrtum! Ich habe stets daran festgehalten, daß es fast unmöglich ist, bei zwei einander kreuzenden Linien Parallelen zu finden, und ebenso schwer ist es, einen Mann und eine Frau zu entdecken, die übereinstimmen. Die Ehe fit di« Kreu zung zweier Linien, und von dem Augenblick an, da sich sich gekreuzt haben, entfernen sie sich nach ent gegengesetzten Punkten. Gewiß werde ich jedem, der zu heiraten wünscht, sagen: Heirate! Vielleicht ge lingt es ihm, sein Leben harmonisch einzurichten. Trotzdem aber würde ich ihm zu bedenken geben, daß er die Ehe eher als einen Absturz betrachten muß, denn er müßte fortan alle seine Kräfte auf ein einziges Ziel richten: das gemeinsame Leben so glück lich als möglich zu gestalten. Ze älter Tolstoi wurde, j« mißtrauischer stand er dem Einfluß der Frauen auf die Gesellschaft gegenüber. Als man eines Tages über die Art und Zveise sprach, wie seine weiblick-en Schüler seine Lehren anwandten, lehnte er es ab, sich darüber zu äußern und zog sich mtt einem Scherze aus dem Ge spräch: „Um euch zu antworten, werde ich auf den Augenblick warten, an dem ich schon einen Fuß im Grabe habe. Dann strecke ich meinen Kopf aus der Grube und sage euch schnell alles, was ich darüber denke, um mich dann schleunigst wieder hinzuleaen." Und ein andermal sagte er von den Frauen: Mas sehen wir überall? Di« Frau hat andere physio logische Ziel« und Fähigkeiten als der Mann, und man kann n priori daraus schließen, daß diese Ziele und Fähigkeiten auf Kosten anderer ausgeuvt werden. Ich weiß, daß ich unrecht tue, so zn sprechen, und Laß heute jeder, der gefallen will und Beifall heischt, sich zum Verteidiger der Frauenrechte aulwerfen soll. Aber trotzdem muß ich sagen, daß e» in der intellektuellen Entwicklung der Frau eine Grenze gibt, di« sie nicht zu überschreiten vermag..." Rlrelnlsgenlplele ln Rüüeshelm. Da» neue Naturtheater in Rüdesheim ist mit Spielmanns Sagenspiel „Gisela Brömser von Rüdes heim" eröffnet worden, und damit ist dem Rheingau kein« speziell rheinische Freilichtbühne gegeben. Denn st« soll die Aufgabe lösen, der reichen rheinischen Sage wieder zur Auferstehung zu verhelfen, echt rheinische Volksspiele zu bringen, um so das er sterbende Volkstum zu stärken durch heimatliche Stoffe, durch die Darstellung der Tugenden. Lebens- schicksale, Sagen und Märchen dieses Stamme». Zum Vorbild dienten die Dokksfestspiele, wie sie Rothenburg in seinem „Meisterttunk" und Dinkelsbühl in seiner „Kinder,zeche" hat. Der Hof der efeuumrankten Ruin« derBr 8 mser- hurg ist geschmackvoll zur Naturbühne gestaltet, die hier nn Herzen des Rheingaue», in dem alte« wein hohen Rheinstadtche», d«, Hauptveiz schon au» dieser lieblichen, vom Zauber der Romantik und der Historie umwobenen Rheinlandschaft empfängt. Das Festspiel behandelt die bekannte Sage vom Ritter Hans Brömser, der im Morgenland« gefangen genommen wird und das Gelübde ablogt, falls er frei werde, daheim ein Kloster zu bauen und ihm seine einzige Tochter zu weihen. Nach seiner Befreiung widerletzt sich Gisela dem väterlichen Willen und stürzt sich in den Rhein. Der Dichter hat die Sage poetisch verklärt und ihr «inen versöhnenden Abschluß gegeben. Dem Verfasser hat es leider an der bezwingerrden poetischen Kraft gefehlt, um mit unerschöpflicher Phantasie den Stoff dramatisch wirksam zu gestalten. Der volks- tiimlick>e Einschlag wenigstens ist gewahrt worden. Ungemein reizvoll und sich mit pittoresker Har monie in das Milieu einsügend sind die farbenfrohen Bilder, die neben dem Einzug des Ritters, der Huldi gung von Rittern, Bürgern und Winzern, die auch mit einem echten Springtanz überraschten, noch di« kirchlich-feierliche Zeremonie der Klosterweihe boten. August Bungert, der rheinische Komponist, hat die Musik zu dem Spiel geschrieben und den Winzerreigen nach mittelalterlichen Motiven komponiert. Die Hauptrollen spielten Künstler aus Wiesbaden und Mainz unter der geschmackvollen Leitung des Direk tors Rauch vom Wiesbadener Residenztheater und des Schriftstellers Wilhelm Clobes. Der Erfolg wäre der Bühne, die zur Kulturstätte rheinischen Volkstums werden soll, schon zu wünlcken um. des wohltätigen Endzwecks willen, der Schaffung eines Winzerheims. Kunst unü Dillenlchalt. * Richard Strauß bat die Leitung eines Teiles der Münchener Mozartfestspiele übernommen. Es hat aber dazu einer telegraphischen Adresse Münchener Kunstfreunde an den im Westerland weilenden Meister bedurft, um ihn zu dieser Zusage zu be wegen. Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern der bei dem Festspiel im Orchester am ersten Pult mitgeigt, und der Münchener Oberbürgermeister Dr. von Borscht sind an der Spitze dieser in ihrer Art wohl einzig dastehenden Adresse. Strauß, der sich inzwischen nach Hamburg begeben hat, erklärte dort prinzipiell seine Bereitwilligkeit, einen Teil der Münchener Mozartfestspiele zu übernehmen. * Im Paulinerkonzert mit Alfred Käse als Solisten (am 6. Juli im Konzcrtsaal Bonorand) wer den außer »-cmppofia - Thören und Baritonsoli zwei neue Chorwerke mit Orchester zum ersten Male aufge- führt: „Lied der Pappenheimschen Reiter" von F. Mohaupt und „Seerosen" (mit Baritonsolo) von R. v. Prohazka, dem Komponisten der Märchenoper „Das Glück". ' Da» Epieljahr 1910/11 in den Dresdner Hof theatern. In der abgelaufenen Spiefteit der Dresdner Königlichen Hofthectter find in der Hofoper an 279 Spieltagen 49 verschiedene Opern aufaeführt worden, an 15 Abenden sanden Konzerte der Königlichen Musi- kaliscken Kapelle statt. Es wurden zum ersten Male aufgeführt: „Der Rosenkavalier" von Richard Strauß (Uraufführung, 32 Wiederholungen). Kaskels „Der Gefangene der Zarin" (Uraufführung, 7 Wieder-.), „Der Musikant" von Julius Bittner (7 Wieder-.). Außerdem rmnd« die Operette „Der Zigeunerbaron" von Johann Strauß zum ersten Male aufgeführt und erlebte 31 Wiederholungen. Am stärksten waren wie derum die Werke Richard Wagners im Spielplan ver- treten: mit 57 Aufführungen, Richard Straufi kam mit „Rosenkavalier" und „Salome^ an 36 Aoenden zu Wort. Im Königlichen Schauspielhaus wurden an 277 Abenden und 20 Nachmittagen im ganzen 60 dramatische Werke aufgeführt. Zum ersten Male aufgeführt und neu einstudiert wurden 25 Werke. Die folgenden 12 Wette wurden zum ersten Male gegeben: „Der verlorene Vater" von Sbaw, „Der alte Pavillon" von Wied (Urauff.), „Psbrand" von Fr. van Ecden, „Verrauschte Seelen" von W. v. Scholz, „Die Kinder" von Bahr (Urauff.), „Hans Sonnenstößcrs Höllenfahrt" von Apel (Urauf führung), „Die sittliche Forderung" von Hartleben, „Glaube und Heimat" von Schönsten, „Ninon de Lenclos" von Paul Ernst (Urauff.), „Line Abrech nung" von Wied, „Erster Klaffe" von Thoma, „Fran cois Villon" von Leo Lenz. Die höchsten Aufführungs ziffern erreichten: „Glaube un- Heimat" (21), „Dte Stützen der Gesellschaft" (15), ^Die Kinder^ (14), „Psbrand" (12). „Der verlorene Vater" (12), „Hans Sonnenstößers Höllenfahrt" (12), „Wallenstein» Lager", „Die Piccolomini" (9), „Wallensteins Tod" (9). Von den Klassikern war wieder Schiller mit 50 Aufführungen am meisten im Spielplan vertreten, dann folgen Hebbel mit 11 und Shakespeare mit 10 Aufführungen. Am Margaretentag wurde von Mitgliedern des Hoffchauspiels das Schäferspiel „Sylvia" im Nymphenbad des Zwingers aufgeführt. * Internationale Bereinigung für Krebsforschung. Am 7. und 8. August wird zu Dresden di« Mitglieder versammlung und Dorstandssitzuna der Internatio nalen Vereinigung für Krebsforschung zur Neuwahl des Vorstandes, Aenderung der Satzungen, Beschluß fassung eines Internationalen Statistischen Frage bogens veranstaltet. Bei dieser Gelegenheit w'crd auch eine Sitzung der Kommission für eine Inter nationale Nomenklatur der Geschwülste stattfinden, und es werden wissenschaftliche Demonstrationen und Führung durch dte Ausstellung unternommen. * Eine Unioersalkünstkervereiaigung. Unter dem Namen Künstlervereinigung „Sima" hat sich in München eine freie Gesellschaft von Angehörigen der verschiedenen Künste, von Malern, Architekten, Schriftstellern und Komponisten, gebildet, die weniger soziale und wirtschaftliche Berufsintercffen, als viel mehr gemeinsame kulturelle und künstlerische Ziele verfolgen will. Das wesentliche Merkmal der neuen Vereinigung soll darin liegen, daß sie das künst lerische Zusammenarbeiten der verschiedenen Künste und ihrer Vertreter ins Auge fassen will. * Saint-Saens in Heidelberg. Saint-Säens, der Nestor der französischen Komponisten, wird sich im Oktober an d«r Heidelberger Zentenarfeier für Franz Liszts mit einem Klaviervortrag beteili gen. Saint-Saens war bekanntlich mit Listzs per sönlich befreundet. * Wilbrlm Kienzl' bat in Aussee die Partitur seines neuen musikalischen Schauspieles in drei Auf zügen „Der Kuhreigen" vollendet. Das Buch stammt von Dr. Richard Batka nach der Novelle „Die kleine Blanchefleur^' von Rudolf Hans Bartsch. Das Stück spielt in der Zeit von 1792/1793.
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